mehr
1 Mill. E. und Österreich [* 2] 45922 qkm mit mehr als 1 Mill. E. Stanislaus August erhielt ein Gnadengehalt, das er in Petersburg [* 3] verzehren mußte, wo er 1798 starb.
4) Polen
nach der
Teilung bis zur Gegenwart. Die Ausbreitung der Napoleonischen Macht, für die eine poln.
Legion unter Dombrowski (s. d.) gestritten, gab einem
Teile von Polen
wieder eine scheinbare nationale Existenz. Aus dem
Tilsiter Frieden und den
Abtretungen
Preußens
[* 4] ging 1807 das
Herzogtum Warschau
[* 5] hervor, welches in König
Friedrich
August I. (s. d.) von
Sachsen
[* 6] seinen
Regenten erhielt und nach franz.-rheinbündischen
Grundsätzen organisiert ward. Der
Wiener Friede (Okt. 1809) vergrößerte das Herzogtum durch die Erwerbung
von Neugalizien, und es erwachte die Hoffnung, Napoleon werde mit der Wiederherstellung P.s Ernst machen.
Wie unbegründet diese Erwartung war, erwies sich im Feldzuge von 1812, indem Napoleon nur
Soldaten aus Polen
ziehen wollte und
an eine Entflammung des Nationalgeistes nicht dachte. Das Herzogtum Warschau fand durch die
Katastrophe
von 1812 sein rasches Ende. Nach der Bestimmung des
Kongresses zu
Wien
[* 7] sollte fortan die Stadt Krakau
[* 8] mit ihrem Gebiet eine
selbständige Republik bilden, der 1810 an
Rußland abgetretene
Tarnopoler
Kreis
[* 9] an das österr. Königreich Galizien zurückfallen,
der Kulmische und Michelauische
Kreis,
Thorn
[* 10] mit seinem Gebiete, ferner
Posen
[* 11] und
Teile von Kalisch
[* 12] unter
dem
Namen eines Großherzogtums
Posen an
Preußen
[* 13] abgetreten, alles übrige aber mit dem
Russischen
Reiche als Königreich Polen
vereinigt
werden.
Eine
Verfassung, die
Kaiser
Alexander I. erließ, versprach den Polen
eine aus zwei Kammern bestehende Landesvertretung
und eine eigene
Verwaltung, die in
Abwesenheit des
Zaren ein
Statthalter führen sollte. Zwar wurde der
erste
Reichstag eröffnet, aber durch die Zusatzakte zur Konstitution (Febr. 1825) ward die Preßfreiheit
beschränkt und die zweijährige
Periodicität und Öffentlichkeit der Reichstagsverhandlungen aufgehoben. Der
Tod des
Kaisers
Alexander verschlimmerte das Verhältnis.
Der russ. Militärgouverneur Großfürst Konstantin herrschte unbeschränkt, und seit 1826 wurde die Statthalterschaft nicht wieder besetzt. Unter diesen Verhältnissen gewann der Gedanke, die russ. Herrschaft abzuschütteln, immer mehr Anhänger im Lande. Geheime Verbindungen unter der Jugend, im Heere, zahlreiche litterar. Vereine u. s. w. waren die Träger [* 14] jener Idee. Unter den Gelehrten war es namentlich Lelewel (s. d.), unter den Dichtern Mickiewicz (s. d.), welche die Pflege dieser nationalen Opposition auf dem geistigen Gebiet leiteten.
Infolge der Nachrichten von den gelungenen Revolutionen in
Frankreich,
Belgien
[* 15] u. s. w. brach die
Insurrektion in
Warschau aus. Ein Häuflein
Akademiker und Fähnriche überfiel am
Abend das
Belvedere, die Residenz des
Großfürsten,
und dieser verließ mit einem
Teile der
Truppen (die andern waren übergegangen) die Hauptstadt. Bis zum hatten
die
Russen das Königreich Polen
vollständig geräumt, und das ganze Land erklärte sich einmütig für die
Bewegung.
Den Oberbefehl über die Armee erhielt General Chlopicki (s. d.); auch ward eine provisorische Regierung unter dem Vorsitze des Fürsten Adam Czartoryski (s. d.) bestellt. Während aber die Demokraten offenen Bruch mit Rußland wollten, dachte die Aristokratie und namentlich Chlopicki an eine friedliche Ausgleichung mit dem Zaren. Letzterer drang jedoch auf unbedingte Unterwerfung, woraufhin Chlopicki seine Stelle niederlegte; Fürst Michael Radziwill ward an seiner Statt zum Oberbefehlshaber des Heers gewählt.
Nunmehr sprach der seit Dezember versammelte
Reichstag die Absetzung des Hauses
Romanow vom poln.
Throne aus. Aber
unterdes war der russ. Feldmarschall Diebitsch-Sabalkanskij (s. d.)
mit 120000 Mann über den
Bug gerückt und drang gegen Warschau vor. Vom 14. Febr. an folgte
Gefecht auf
Gefecht.
Nachdem die
Vereinigung der verschiedenen russ.
Armeekorps trotz aller Hindernisse bewerkstelligt worden war, kam es 25. Febr. bei
Grochow zur
Schlacht. Nach tapferster Gegenwehr mußten die Polen
sich über die Weichsel nach Warschau zurückziehen.
Radziwill legte das Kommando nieder und erhielt zum Nachfolger den
General
Skrzynecki. Die Hauptarmeen standen
sich darauf wochenlang beobachtend gegenüber, bis 26. Mai eine zweite Hauptschlacht bei
Ostrolenka (s. d.) ohne
Entscheidung
erfolgte. Zu der beiderseitigen Erschöpfung kam noch der
Ausbruch der
Cholera, die in Polen
auf die furchtbarste
Weise wütete
und im Juni auch Diebitsch und den
Großfürsten
Konstantin hinwegraffte. So fand abermals eine längere
Waffenruhe statt. Inzwischen waren die diplomat.
Agenten der Warschauer Regierung im
Auslande bemüht, für Polen
Unterstützung
nachzusuchen; aber sie fanden überall nur unfruchtbare
Sympathien.
Der neue Befehlshaber der russ.
Armee, Paskewitsch (s. d.), bewerkstelligte 27. bis 29. Juli den Weichselübergang
bei Wroclawek, unweit der preuß. Grenze; dann rückte er auf dem linken
Ufer langsam gegen das auf dieser Seite schlecht befestigte Warschau vor. Da
Skrzynecki eine
Schlacht anzunehmen zögerte,
ward er (10. Aug.) des Oberbefehls entsetzt und
Dembinski zu seinem Nachfolger ernannt; aber auch dieser mied die
Schlacht und
zog sich auf Warschau zurück. Unter dem Eindruck dieser Vorgänge erfolgten dort die blutigen Scenen
der Nacht vom 15. zum 16. Aug.; mehrere gefangene
Generale, des Verrats bezichtigt, wurden aus den Gefängnissen gerissen und
ermordet. Die Regierung, an deren
Spitze noch immer Fürst
Czartoryski stand, dankte ab, und der
Reichstag ernannte 17. Aug. den
General Krukowiecki zum Regierungspräsidenten, während
General Malachowski den Oberbefehl über das
Heer
erhielt. Paskewitsch rückte mit seiner ganzen Macht gegen Warschau vor. Am 6. und 7. Sept. stürmten die
Russen die Stadt; die
Polen
leisteten verzweifelten
Widerstand, aber die Übermacht war zu groß. Da schloß Krukowiecki 7. Sept. morgens eine Kapitulation
mit Paskewitsch, der gemäß Polen
unter Ausbedingung einer
Amnestie sich unterwarf. Allein der
Reichstag
wollte diesen
Vertrag nicht genehmigen, worauf Krukowiecki abdankte und Niemojewski Regierungspräsident wurde. Dieser schloß
am
Abend des 7. Sept. eine bloß militär. Kapitulation, wodurch Warschau und Praga den
Russen übergeben wurden; dagegen erhielten
die poln. Regierung,
Reichstag und
Armee freien
Abzug nach der Festung
[* 16] Modlin. Von dort aus wurden nochmals
Unterhandlungen mit Paskewitsch angeknüpft; dieser forderte unbedingte Unterwerfung und Eidesleistung für den
«Kaiser»
Nikolaus.
Lieber aber gingen die Polen in die
Verbannung. Der Rückzug ward von Modlin über Plock nach der preuß. Grenze fortgesetzt.
Am 25. Sept. traten Regierung und
Reichstag
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hinüber, 5. Okt. folgte Rybinski mit der Hauptarmee, worauf auch die letzten poln. Festungen Modlin und Zamosc (9. und 24. Okt.) sich den Russen ergaben.
Die Amnestie, die verkündigt wurde, enthielt zahlreiche Ausnahmen. Die Konstitution von 1815 wurde aufgehoben, und an die Stelle der Verfassung trat das Organische Statut vom 14. (26.) Febr. 1832. Dasselbe hob den Reichstag auf und ersetzte ihn durch einen Staatsrat, dessen Mitglieder, die nicht geborene Polen zu sein brauchten, der Kaiser ernannte. Die oberste Leitung der Verwaltung wurde einem Administrationsrate übertragen, der unter dem Statthalter Paskewitsch stand.
Mit diesem System eng verbunden war die Strenge polizeilicher Überwachung, die Absperrung des Landes vom Verkehr mit dem Auslande, die Hemmung jeder nichtruss. Thätigkeit in der Presse. [* 18] Die alten Lehranstalten wurden in russ. Sinne umgestaltet, niemand sollte auf russ. Universitäten zugelassen werden, kein poln. Edelmann ins Militär eintreten können, überhaupt seit 1840 niemand ein öffentliches Amt erhalten, der nicht der russ. Sprache [* 19] mächtig sei. Die Woiwodschaften wurden in Gubernien umgewandelt. Das poln. Münzwesen [* 20] wurde durch einen Ukas von 1842 auf den russ. Fuß gesetzt und überhaupt die Umwandlung der poln. Verhältnisse ins Russische [* 21] konsequent durchgeführt.
Indessen waren die poln. Emigrierten, besonders die demokratische Partei in Paris, [* 22] unermüdet thätig, eine neue Erhebung vorzubereiten. Zwischen dem 17. und sollte dieselbe stattfinden. Aber der zum Lenker des poln. Aufstandes bestimmte Mieroslawski (s. d.) ward bei Gnesen gefangen, viele Verdächtige in Posen und Westpreußen [* 23] wurden verhaftet. Krakau verlor infolge des Aufstandes, vermöge einer Verabredung der östl. Mächte, seine Unabhängigkeit und ging im Nov. 1846 an Österreich über.
Durch die Revolution von 1848 erhielt die kaum beschwichtigte Bewegung in Polen einen neuen Anstoß. In Krakau ward gleich nach dem Ausbruch der Wiener Märzrevolution von 1848 eine Amnestie verkündigt. Rasch strömten nun Emissäre und Ausgewanderte nach dem österreichischen Polen, und als die Behörden dem weitern Zuströmen wehren wollten, brach 26. April eine Bewegung los, die nur nach heftigem Kampf unterdrückt ward. In Preußen waren infolge der Berliner [* 24] Märzrevolution die gefangenen Führer der Polenverschwörung von 1846 befreit worden, und eine poln. Deputation, die um nationale Reorganisation Posens petitionierte, erhielt die Verheißung, daß ihr Verlangen erfüllt werden sollte.
Eine königl. Kabinettsorder vom schied das Gebiet des Großherzogtums in ein östliches, zur poln. Reorganisation bestimmtes, welches eigene konstitutionelle Verfassung, nationalen Schulunterricht, Gerichtsverfassung und Verwaltung erhalten sollte, und in ein westliches, mit der Festung Posen, welches zur Aufnahme in den Deutschen Bund bestimmt war. Indessen dauerten die aufrührerischen Bewegungen fort, bis General Pfuel Mitte Mai 1848 dem Aufstande ein Ende machte.
Die Politik der Restauration machte 1850 alle Zugeständnisse an die Polen wieder rückgängig. In Russisch-Polen schritt die Politik der Einverleibung rücksichtslos fort, und 1851 fiel auch die Zolllinie zwischen Polen und Rußland. In Österreich ward 1850 und 1851 die Gesamtstaatspolitik auch auf Galizien angewandt und das Land auf österr. Fuß organisiert. Die poln. Emigration fand zwar in den ungar. Kämpfen von 1848 und 1849 einen neuen Schauplatz ihrer Thätigkeit; aber die Hoffnungen, die sie an die Thronbesteigung Napoleons III. knüpfte, erwiesen sich schon während des Orientkrieges als trügerisch.
Im Königreich Polen machte sich die nationale Opposition zu Ende 1860 wieder bemerkbar. Am als dem Jahrestag der Schlacht bei Grochow, ward in Warschau eine großartige Prozession veranstaltet, bei welcher Gelegenheit es zu Konflikten kam, die trotz des strengen Militärregiments unter General Lüders fortdauerten; die Bewegung pflanzte sich sogar über die poln. Grenze fort, so daß auch im Gubernium Wilna [* 25] der Belagerungszustand erklärt wurde. Am Todestage Kosciuszkos kam es in Warschau wiederum zu blutigen Demonstrationen.
Mehrere Tausende aus allen Ständen, die sich bei der Bewegung hervorgethan hatten, wurden eingekerkert oder in das innere Rußland und Sibirien deportiert, und der Belagerungszustand ward mit größter Strenge gehandhabt. Am wurde der Bruder des Kaisers, Großfürst Konstantin Nikolajewitsch, zum Statthalter des Königreichs Polen ernannt und ihm Wielopolski als Chef der Civilverwaltung und Vicepräsident des poln. Staatsrats zur Seite gestellt; 3. Juli fand ein Mordversuch gegen den Großfürsten, 7. und 15. Aug. auch gegen Wielopolski statt.
Der offene Ausbruch einer neuen poln. Insurrektion ward durch eine Rekrutierung beschleunigt, die die Warschauer Regierung besonders gegen die aus Anlaß der letzten Unruhen «schlecht Notierten» vornehmen ließ. Es kam zu blutigen Gefechten zwischen den willkürlich Ausgehobenen und dem russ. Militär, und bald war der Kampf allgemein. Das geheime Warschauer Centralkomitee trat jetzt als Nationalregierung auf und rief durch Proklamation vom 22. Jan. das poln. Volk zu den Waffen; [* 26] doch konnten weder Mieroslawski, noch Langiewicz, noch Czechowski Erfolge gegen die Russen erzielen.
Dagegen kämpften die Aufständischen siegreich bei Ponin (21. März), bei Kalisch (22. März) und bei Warka (25. April). Im Königreich Polen konnte die russ. Militärmacht alle größern Städte in Unterwerfung erhalten und jede Organisation stärkerer Insurgentenmassen verhindern. Ende März 1863 wurde General Graf Berg zum Adlatus des Großfürsten-Statthalters und nach dem Rücktritt Wielopolskis (7. Juli) zum Vicepräsidenten des poln. Staatsrats bestellt. Der Großfürst Konstantin verließ Warschau und wurde 31. Okt. auf Ansuchen seines Amtes enthoben, worauf Berg definitiv zum Statthalter und Oberbefehlshaber in Polen ernannt wurde. Dieser schritt mit äußerster Energie ein. Entscheidend für den Ausgang der Insurrektion war, daß es der russ. Regierung gelang, den Bauernstand vollends auf ihre Seite zu ziehen. Zuerst in Litauen dann in Rotrußland und endlich im Königreich Polen erhielten die Bauern durch kaiserl. Ukas ihre bisherigen Pachthöfe zu freiem Eigentum verliehen; sie wurden von allen bisherigen Leistungen an die Gutsbesitzer befreit und sollten nur eine verhältnismäßig geringe Grundsteuer an die Staatskasse bezahlen. Die Entschädigung der Grundbesitzer übernahm der Staat. Zu Anfang 1864 war die Insurrektion im ganzen erloschen, und die geheime Nationalregierung stellte seit Februar ihre Thätigkeit allmählich ein. Ein Ukas vom ¶