am Rande stehender
Gewässer oder auf sumpfigen Wiesen häufige gemeine Schilfrohr,
Teichrohr, Ried oder Schilf (Phragmites communisTrin.), das aus der
Spitze des
Halms eine große, vielästige, rotbraune oder gelbliche, durch lange, seidenartige
Haare
[* 2] silberglänzende
Rispe trägt. Die 1,25 bis 5,10 m langen
Halme werden zum
Berohren der
Wände und
Decken, zu Weberlädchen
in Weberschützen, zu Schattendecken, zur Feuerung und auch zur Streu für das Vieh verwendet. Die
Blätter eignen sich nur
ganz jung zum Futter, die großen Rispen getrocknet sehr gut zu
Bouquets.
in der
Musik die Kunst, die grammatische
Einteilung eines Tonstücks beim Vortrag zum
Ausdruck zu bringen. Sie setzt beim
Spieler, Sänger oder Dirigenten eine klare Erkenntnis des Formenbaues voraus und wird
hauptsächlich durch richtige Accentuierung und lebendige elastische Dynamik vermittelt. Die ältern
Komponisten überließen
es der
Bildung der ausführenden
Musiker fast vollständig, die richtige Phrasierung zu finden; erst vom 17. Jahrh.
ab kamen sie durch Zeichen
(Bogen,
[* 5] Punkte) zu Hilfe, am sorgsamsten die
Franzosen. Die
Theorie der Phrasierung, schon im 18. Jahrh. durch
die Werke von Ph. Em.
Bach, Türck,L.Mozart u. a. berücksichtigt, ist in neuerer Zeit sehr eifrig ausgebaut worden durch
Lussy, die
StuttgarterSchule (Lebert,
Stark), H. von
Bülow,
Germer und
Riemann.
im alten
Athen
[* 6]
Name der großen Unterabteilungen der alten vier Geschlechtsphylen,
in die die Bürgerschaft in ältester Zeit zerfiel. Jede
Phyle hatte drei Phratrien, jede Phratrie 30 Geschlechter, die ihre Abkunft
von einem Stammvater herleiteten, gemeinsame Kulte und Opfer besaßen. Als
Kleisthenes (s. d.) Ende des 6. Jahrh.
v. Chr. den Geschlechterstaat brach und zehn polit.
Phylen einrichtete, die sich wieder in
Demen gliederten, behielt er doch
die Phratrien als eine Art von Kirchsprengel bei und erhöhte ihre Zahl wahrscheinlich von 12 auf 30. Die Phratrie
hatte ihre Opfer, Versammlungen, ihr Vermögen, ihre Vorsteher (Phratriarchen), Priester. Jährlich wurden
in
ihr am Fest der
Apaturien (s. d.) die in dem vorausgehenden Jahre geborenen Bürgerkinder
in die Phratrie eingetragen und damit bürgerlich legitimiert.
(vom grch. phrēn, Zwerchfell, dann
Geist,
Sinn), die von
Gall (s. d.) in die Wissenschaft eingeführte Vergleichung
der geistigen Kräfte der
Tiere und
Menschen mit deren Schädelformen (daher Schädellehre,
[* 7]
Kranioskopie
oder
Kraniologie). Dieselbe bezweckt eine wissenschaftliche und diagnostische Feststellung der Funktionen des
Gehirns, gegründet
einerseits auf genaues
Studium der
Anthropologie sowie sorgfältige
Beobachtung der
Menschen und
Tiere in ihren verschiedenen
Situationen, andererseits auf genaues
Studium der Hirn- und Schädelformen, auf anatom.-physiol. Untersuchungen des
Gehirns
von
Tieren undMenschen sowohl Gesunder wie
Kranker.
Die Hauptlehren der Phrenologie sind folgende: Das Organ des
Geistes, ohne welches eine Äußerung geistiger Thätigkeit nicht stattfinden
kann, ist das
Gehirn.
[* 8] Dieses erzeugt jedoch die Äußerungen geistiger Thätigkeit nicht als ein einziges, mit all seinen
Teilen allemal vereint wirkendes Organ, sondern als eine zu einem Organ verbundene Mehrheit von Organen,
welche verschiedenen geistigen Fähigkeiten als
Substrat dienen. Die geistigen Fähigkeiten treten hervor, nehmen zu oder
werden geringer, je nachdem die sie vertretenden Hirnteile sich entwickeln, vergrößern oder verkleinern.
Die Phrenologie behauptet hiernach, daß die
Energie eines Seelenvermögens (z. B. der Kindesliebe, des Eigentums- oder des Bekämpfungstriebes)
in gleichem Verhältnisse zu der räumlichen
Entwicklung der betreffenden Hirnpartien stehe, daß die letztern (die sog. Organe)
durch ihre
Größe aus die äußere Form der Schädelknochen wirken, und daß man insbesondere an gewissen Erhabenheiten (Hervorragungen,
Buckeln) oder Vertiefungen der Schädeldecke das Vorhandensein oder
Mangeln gewisser Seelenvermögen (gewisser geistiger
Anlagen oder Grundkräfte des
Geistes) unterscheiden könne. Solcher Grundkräfte nebst dazugehörigen Hirn- oder
Schädelpartien unterscheidet die Phrenologie einige 30, wobei sie die Möglichkeit gestattet, daß noch mehr existieren.
Ein unbefangener
Blick auf diese
Lehren
[* 9] zeigt, wie in diesen
Sätzen einiges
Wahre und Wahrscheinliche mit viel Willkürlichem
und Unerwiesenem vermischt ist. Der Grundgedanke, die
Lokalisation der einzelnen Hirnfähigkeiten zu suchen,
entspricht vollkommen den Bestrebungen, ja zum
Teil den Ergebnissen der exakten
Physiologie. Diese unterscheidet gegenwärtig
eine Anzahl innerer Sinnesorgane (Sehsphäre, Hörsphäre, Riechsphäre u. s. w.) in der
Hirnrinde und daneben vier große Gebiete, welche (nach Flechsig) dem
Gedächtnis, der Verknüpfung, Zusammenordnung von Sinneseindrücken
dienen, so daß im ganzen neun verschiedenwertige
Provinzen die Großhirnoberfläche zusammensetzen.
Von
Gall ist annähernd richtig nur ein Vermögen lokalisiert worden, nämlich das der artikulierten
Sprache, welche nach den
Untersuchungen von
Broca und andern in der linken dritten Stirnwindung des
Gehirns, also in der linken Schläfengegend ihren
Sitz hat, wohin
Gall es verlegte.
Alle übrigen
Lokalisationen der Phrenologie sind reine
Phantasmagorien. Am wenigsten
steht der
Satz fest, daß gewisse Schädelerhöhungen bestimmten geistigen
Anlagen entsprechen, schon um deswillen nicht, weil
die äußern Schädelkonturen den innern Hirnkonturen durchaus nicht entsprechen. Die alte Phrenologie hat jetzt trotz
mancher begeisterter
Apostel, wozu in neuerer Zeit namentlich Scheve gehörte, nur wenig
Anhänger mehr.
Früher wurde sie in
Deutschland
[* 10] lebhafter betrieben, namentlich durch Noël, durch den Anatomen Seiler, durch Hirschfeld,
Struve u. a. m.