heilte sie. Nun erlegte Philadelphia
[* 2] den
Paris,
[* 3] und
Troja
[* 4] wurde erobert. Auf seiner Heimkehr nach
Italien
[* 5] verschlagen, baute er Petelia
in
Lucanien und Krimissa bei Kroton. In einem Kampfe gegen die frühern Einwohner fiel er. Die Geschichte des Philadelphia, von
dem bei
Homer nur wenig erzählt wird, hat
Sophokles in dem nach Philadelphia benannten und noch vorhandenen
Trauerspiel
dargestellt. Von den gleichnamigen
Stücken des
Äschylus, Euripides und anderer
Tragiker sind nur Fragmente übrig. Auch die
bildende Kunst hat die Sage vielfach dargestellt. Berühmt war namentlich ein Philadelphia von dem Bildhauer Pythagoras
und von dem
Maler Parrhasios. -
Vgl.
L. A. Milani, Il mito di Filottete nella letteratura classica e nell’
arte figurata (Flor. 1879), und Nuovi monumenti (in den «Annali
dell’ Instituto»,
Rom
[* 6] 1881).
(grch.), eigentlich soviel wie Liebe zu Reden, Gefallen an Unterhaltung;
wenn sich aber
Sokrates bei
Plato einen
Philologen nennt, so sind in engerm
Sinne die wissenschaftlichen
Unterhaltungen verstanden, in denen sich noch ohne schulmäßige Abgeschlossenheit die
Philosophie des
Sokrates dialektisch
bewegte. Als später mit
Aristoteles der
Ausbau der
Philosophie und der Wissenschaften überhaupt begründet, aber auch die
Kraft
[* 7] des griech.
Geistes ermattet war, nährte sich das geistige Leben vorzugsweise an den Schätzen
der Vergangenheit, die man sammelte, erläuterte und von Entstellungen reinigte.
Diese wissenschaftliche Thätigkeit von überwiegend reproduzierendem Charakter, ohne
Beschränkung auf ein einzelnes Fach,
hieß in den letzten
Zeiten des
Altertums bei den Griechen Philologie, und in demselben
Sinne kam das Wort zu den
Römern.
Encyklopädische
oder vermischte, auf vielerlei Fächer
[* 8] bezügliche
Schriften wurden philologische genannt. Nachdem bei
den
RömernMarcusTerentius Varro neun Einzelwissenschaften in eine
Encyklopädie zusammengefaßt hatte, bildete sich mit der
Zeit unter
Ausschluß von zweien, der
Medizin und
Architektur, der
Inbegriff der sog. sieben
Freien Künste (s. d.).
Wenn auch der
Name Philologie im Mittelalter nicht gebräuchlich war, so blieb doch jene
Begrenzung und
Gliederung
des Unterrichts dieselbe. Aber die antike Philologie war nun in einen ihr ganz fremden
Boden verpflanzt. Der durchgängige Grundzug
des Mittelalters ist neben dem unbedingten Autoritätsglauben in
Religion und Wissenschaft der davon unzertrennliche völlige
Mangel an histor.
Sinn und histor. Kritik; Sage und Geschichte,
Dichtung und Wahrheit mischten sich unbewußt,
selbst in den Erscheinungen der
Heimat und der Gegenwart; noch viel mehr erschien das
Altertum in nebelhafter Gestalt. Wenn
von einer Philologie des Mittelalters die Rede sein kann, so ist diese nicht als Altertumsforschung, sondern als ein
der kirchlichen
Lehre
[* 9] und der scholastischen Wissenschaft dienstbares
Studium zu betrachten.
Die
Antriebe, die über diesen Zustand hinausdrängten, gingen von
Italien aus. Hier führte das niemals außer Gebrauch gekommene
röm.
Recht in
Verbindung mit dem Aufschwung des städtischen Lebens und des
Handels auf das
Studium der altröm. Rechtsquellen
zurück; die Kreuzzüge, der gesteigerte Verkehr mit dem
ByzantinischenReich, die Verhandlungen über
die
Vereinigung der röm. und griech.
Kirche brachten manche Kenntnis aus griechisch redenden Gegenden nach
Italien und erweckten
Liebe zur griech. Litteratur.
Die Gründung von
Universitäten in
Italien schuf neue Sammelplätze für ausgedehntere wissenschaftliche
Studien und erweckte
das
Bewußtsein, daß die griech. Litteratur einen noch weit größern
Schatz von Kenntnissen aller Art als die lateinische berge,
den der immer unfruchtbarer gewordene Scholasticismus des
Abendlandes
nicht gewähren oder ersetzen könne. (S.
Humanismus.) Als
Philologen, die sich zunächst um die
Sprachreinigung Verdienste
erwarben, sind in
Italien nach Petrarca und
Boccaccio vor allen zu nennen: Franciscus Philelphus, Laurentius
Valla,
Angelus Politianus u. a.;
in
Deutschland
[* 10] Jak. Wimpheling,
H.
Bebel, Konr.
Celtis, Herm.
Buschius (von dem Bussche), Langen u. a.
Während die
Philologen roman.
Stammes, namentlich die
Italiener, sich bald mit der formalen Philologie begnügten und ihre Gewandtheit,
sich die antiken Formen der Prosa und
Poesie anzueignen, ihnen ausreichende Befriedigung gewährte, hatte
die Wiedergeburt der Wissenschaften in
Deutschland, England und zum
Teil auch in
Frankreich viel tiefer eingreifende Wirkungen;
sie wurde auf den Mittelpunkt aller Wissenschaft, auf die Kirchenlehre und die
Philosophie bezogen und wirkte wesentlich mit
zur kirchlichen
Reformation. Je mehr aber die Wissenschaften fortschritten, desto mehr machten sich auch
die modernen Elemente darin geltend.
Weil der alte
Begriff damit verlassen wurde, erklärte man die Philologie auch wohl bloß für einen
Teil der Polymathie, den man als
Kenntnis der
Sprachen
(Grammatik, Rhetorik, Metrik) und des gesamten
Altertums oder aber auch der Geschichte
überhaupt und ihrer Hilfswissenschaften zu bestimmen versuchte, so daß also die formalen und realen
Bestandteile darin verknüpft
wurden. Scheinbar konsequenter war die
Ansicht, wonach die Philologie bloß
Sprachwissenschaft sein sollte, ihre Hauptteile demnach
Grammatik, Kritik und Hermeneutik.
Diese
Auffassung der Philologie als einer bloß formalen Wissenschaft oder Fertigkeit war lange
sehr allgemein. Ihr letzter großer
Vertreter war Gottfr.
Hermann. Noch einseitiger war der Standpunkt, den Hemsterhuis und
seine Schule einnahmen; nach ihm war der
Philolog nichts anderes als Kritiker. Im 16. Jahrh. sind in
Italien als hervorragende
Philologen zu nennen Philologie Bembus, Sadoletus, Nizolius, Philologie Manutius und Sigonius. Unter den
Franzosen waren im 16. Jahrh. namentlich von Bedeutung R. und H.
Stephanus, Pithöus, vor allen aber Casaubonus und als der
größte
Meister von umfassendstem
Wissen Justus Scaliger, ferner der gelehrte Cl. Salmasius, die beiden letztern hauptsächlich
in
Holland thätig.
Aus der großen Zahl der zum
Teil in
Deutschland geborenen niederländ.
Philologen ragen außer G. H.
Vossius
im 17. Jahrh. besonders hervor: Dousa, Meursius und der auch als Begründer der Rechtsphilosophie,
des
Staats- und
Völkerrechts und als Staatsmann berühmte H. Grotius, im 18. Jahrh. Fr. und Jak.
Gronov,
Burman, Heinsius,
Drakenborch, und endlich die an Hemsterhuis sich anschließenden
Ruhnken,
Valckenaer und
der
SchweizerWyttenbach. Weniger zahlreich sind die engl.
Philologen, aber an ihrer
Spitze steht einer der größten Kritiker
aller
Zeiten:
Bentley;
außer ihm wirkten im 18. Jahrh.
Potter, Markland, Musgrave und besonders Porson. Zu den schon genannten
deutschen
Philologen sind noch folgende hinzuzufügen: aus dem 16. Jahrh.
Erasmus, Reuchlin,Melanchthon;
Beim Aufblühen der deutschen Litteratur im 18. Jahrh. blieben die Philologen hinter der auf Erkenntnis des künstlerisch Schönen
gerichteten Bewegung nicht zurück; Christ, Klotz, Ernesti, Sachse, Heyne u. a. zogen die Archäologie und die Kunst in den
Kreis
[* 13] ihrer Studien, und Heyne wollte sogar die Philologie mit der Ästhetik verbinden und aus beiden eine eigene Fakultät bilden.
Aber es fehlte noch immer der Zusammenhang zwischen den einzelnen Fächern, die zusammenfassende Idee. F. A. Wolf war es,
der die Aufgabe der Philologie in diesem Sinne faßte. Er machte das gesamte Altertum, wie es sich in allen Erscheinungen
seines äußern und innern Lebens darstellt, zum selbständigen Gegenstande der Philologie und nannte sie Altertumswissenschaft,
um die einseitigen Auffassungen, die sich mit dem Namen Philologie verbunden hatten, zu beseitigen.
Auch verschaffte er der Philologie eine selbständige praktische Lebensstellung, indem besonders durch
seine Einwirkung der propädeutische Unterricht für alle höhern Wissenschaften, den bis dahin hauptsächlich die Theologen
besorgt hatten, Männern überwiesen wurde, die diesen Unterricht als ihren Lebensberuf, nicht aber als Anhang des geistlichen
Amtes oder als bloße Vorbedingung zu diesem betrachteten; und da der Unterricht in den klassischen Sprachen nach wie
vor als der wesentlichste Bestandteil der Gymnasialbildung angesehen wurde, bildeten die Philologen den Kern dieses neuen Standes
von Schulmännern.
Am entschiedensten hat A. Böckh, namentlich in seiner berühmten «Encyklopädie und Methodologie der philol. Wissenschaften»
(2. Aufl., Lpz. 1886), die von Wolf begründete Auffassung der Philologie systematisch durchgeführt. Das SystemBöckhs
zeichnet sich vor dem Wolfs namentlich dadurch aus, daß er mit größerer Konsequenz den Unterschied zwischen Sprach- und
Sachkenntnis aufhebt. Die bedeutenden ArbeitenBöckhs (und seiner Schule) richteten sich zwar vorwiegend auf die histor.
Realien, aber doch auch auf Metrik und die lange versäumten griech. Inschriften; die Sprache
[* 14] trat allerdings
bei vielen allzusehr in den Hintergrund. Auch O. Müller stand wesentlich auf dem Wolfschen Standpunkt. G. Bernhardy lieferte
eine im einzelnen sehr verdienstliche Encyklopädie der Philologie, gleichfalls vom Wolfschen Standpunkt, ohne mit dem Versuch einer
neuen Anordnung der einzelnen Teile durchzudringen. Auch F. Ritschl, obschon hervorgegangen aus der Hermannschen Schule,
stellte ein Schema der Philologie von ähnlichem Umfang auf, wie Wolf und Böckh; und so hat sich denn die von Wolf vertretene Richtung
als die wahrhaft fruchtbare bewährt.
Freilich haben die neuern Philologen, auch wenn sie mit voller Überzeugung der Auffassung der Philologie als Altertumswissenschaft
zustimmen, in ihrer gelehrten Thätigkeit sich beschränken müssen. So war WolfsSchüler I. ^[Immanuel]
Bekker gleich den beiden Dindorf, den SchülernHermanns, fast ausschließlich als Kritiker thätig, viele haben sich überwiegend
der Philologie im engern Sinne, der Grammatik und Metrik, Kritik und Exegese, zum Teil in Verbindung mit der Litteraturgeschichte, gewidmet,
wie außer G. Hermann und H. Ritschl Reisig, Lachmann, Meineke, Lehrs, Spengel, Haase, Haupt, Ahrens, Halm,
Schneidewin, Bergk, Köchly, Teuffel, Nipperdey, Bernays, Bonitz, Studemund, Sauppe, Hertz, Nauck, Kirchhoff, Westphal, Ribbeck,
Vahlen, Christ, Wölfflin, Usener, Bücheler, L.Müller, Rohde, Blaß,
von Wilamowitz, Diels, Schenkl, Gomperz, von Hartel, während
andere ihre Arbeiten auch oder vorzugsweise auf die realen Disciplinen ausdehnten, dabei aber, wie auch
viele der eben genannten, in der Regel sich naturgemäß dem einen oder andern der klassischen Völker überwiegend zuwandten,
wie den Griechen Buttmann, Lobeck, K. F. Hermann, E. Curtius, Wachsmuth, den RömernNiebuhr, A. Becker, Marquardt, Mommsen, Jordan,
Nissen. Auch Frankreich und England haben in neuester Zeit tüchtige Philologen hervorgebracht. In Dänemark
[* 15] ragt hervor Madvig.
Nach dem Muster der klassischen Philologie haben sich im 19. Jahrh. auch eine orientalische
Philologie (s. Orientalische Litteratur und Sprachen) und eine Philologie der neuern Sprachen zum Range selbständiger Wissenschaften erhoben.
Diese gliedert sich wieder je nach dem Forschungsgebiete in verschiedene Zweige, so Deutsche
[* 16] Philologie
(s. d.), romanische Philologie (s. Romanische Sprachen), slawische Philologie (s. Slawische Sprachen), englische Philologie (s. Englische Sprache)
[* 17] u. s. w.
(S. auch Sprachwissenschaft.)
Vgl. Voigt, Die Wiederbelebung des klassischen Altertums (3. Aufl., 2 Bde., Berl.
1893);
L.Müller, Geschichte der klassischen Philologie in den Niederlanden (Lpz. 1869);
Bursian, Geschichte der
klassischen Philologie in Deutschland (19. Bd. der «Geschichte
der Wissenschaften», Münch. 1884).