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durch das üppige Leben am Zofe und die Kriegs- steuern ausgesogen wurde. 1338 beschloß die Reichs- versammlung, daß die Steuern nur mit Bewilligung der Stände ausgeschrieben werden durften. Philipp half sich durch Münzverschlechterung', auch bewilligten die Stände 1345 eine Trank- und Salzsteuer (^a- deiik). 1349 brachte Philipp die Dauphins an sich; in demselben Jahr kaufte er die Grafschaft Montpellier [* 2] von Jakob von Majorca, schon früher hatte er Anjou und Maine, das Erbe seiner Mutter, mit der Krone vereinigt, ebenso Vrie und Champagne; nur Navarra gab Philipp an Iobanna, die Tochter Ludwigs X., zurück. Philipp starb Ihm folgte Johann (s. d.) der Gute, ältester Sohn von seiner Gemahlin Jo- hanna von Burgund; in zweiter Ehe war er seit 1349 mit Vlanca von Navarra vermählt. -
Vgl. Gaillard, Ili^toirs äs 1a huei'öllo äs I^IiilippL äs ValoiL et ä'^äouarä III (Par. 1774; 2. Aufl. 1819).
Philipp I., der Großmütige, Landgraf von Hessen [* 3] (1509 - 67), geb. folgte seinem Vater, dem Landgrafen Wilhelm II., unter der Vormundschaft seiner Mutter Anna von Mecklenburg [* 4] und trat 1518 die Regierung selb- ständig an, zu einer Zeit, wo ein Teil der Hess. Äitter- schaft im Bunde mit Franz von Sickingen die fürstl. Gewalt erschütterte. So war die erste Waffenthat P.s im Verein mit dem Erzbifchof Richard Greiffen- klau von Trier [* 5] und Ludwig V. von der Pfalz gegen Sickingen gerichtet.
Schon 1524 durch Melanchthon für die Reformation gewonnen, führte Philipp diese 1526 in Hessen ein, nachdem er 1525 an der Unterdrückung des Bauernkrieges teilgenommen hatte. Die evang. Politik brachte ihn mit Herzog Georg von Sachsen, [* 6] dessen Tochter Christine er 1523 heimgeführt hatte, auseinander und fesselte ihn an Kursachsen, mit dem vereinigt er fortan der Schützer der neuen Lehre [* 7] wurde. Schon 1526 fchlossen beide deshalb mit einigen gesinnungsverwandten Ständen das Tor- gauer Bündnis; 1527 gründete Philipp die erste evang. Universität, Marburg, [* 8] führte auf dem Reichstag zu Speyer [* 9] 1529 seine Partei und lud, in der Hoffnung, die abweichende oberdeutsch-schweizerische und die norddeutsch-sächs. Richtung zu versöhnen, die Führer beider Parteien zum Religionsgespräch nach Mar- burg ein (1. bis Der Versöhnungs- versuch scheiterte, und Philipp schloß sich nun um so enger an Zwingli an. Mit ihm kam er überein, einen großen evang. Bund zu stiften; aber das Erscheinen Karls V. im Reich und die Reaktion der Waldstädte gegen Zwingli vereitelte den Plan.
Der Augsbur- ger Reichstagsabschied jedoch näherte wieder die Lutheraner den Hessen und Oberländern und führte 1530 zur Gründung des Schmalkaldifchen Bun- des, in dem Philipp mit dem Kurfürsten von Sachfen die Leitung hatte. 1534 führte Philipp durch den Sieg bei Lausfen den verbannten Herzog Ulrich von Württemberg [* 10] in fein Stammland zurück. 1536 brachte er die Wittenberger Concordie zu stände, wodurch die von Vucer geleiteten oberdeutschen Städte enger an Sachsen und den Schmalkaldifchen Bund geschlossen wurden. 1539-40 wirkte er ver- gebens für ein großes Defensiv- und Reformbünd- nis sämtlicher deutschen Stände, selbst Bayern [* 11] nicht ausgenommen, gegen den wieder ins Reich kehren- den Kaiser.
Aber Philipp selbst sah sich durch seine be- rüchtigte, von den Wittenberger Reformatoren ins- gehenn gebilligte Nebenehe mit einem sächs. Hoffräulein eben jetzt zu einer An- näherung an den Kaifer genötigt, um sich Straf- losigkeit zu sichern. So unterblieb nicht ohne schwere Mitschuld P.s ein rechtzeitiges Vorgehen der Schmal- kaldener gegen den Kaiser. Philipp, der 1542 den kath. Herzog Heinrich von Vraunsckweig verjagt und 1545 gefangen hatte, führte mit Kurfürst Johann Friedrich das Vundesheer an, das Karl V. an der Donau gegenübertrat und im Nov. 1546 durch Hun- ger, Kälte und den Verrat Herzog Moritz' von Sach- sen, dem Philipp 1541 seine Tochter Agnes vermählt hatte, auseinander gesprengt wurde. 1547 ließ Philipp sich zur Unterwerfung unter den Kaiser verlocken, was für ihn eine fünfjährige äußerst harte Gefangenschaft zur Folge hatte.
Durch den Passauer Vertrag (s. d.) wieder in Freiheit gesetzt, heilte Philipp in vorsichtiger Zurückhaltung die dem Lande geschlagenen Wun- den, ohne doch in seinem prot. Eifer zu erkalten. So hat er, indem er für eine Union aller prot. Parteien eintrat, zuerst 1562 eine finanzielle und militär. Un- terstützung der Hugenotten aus Deutschland [* 12] durch- gesetzt. Philipp starb nachdem er sein Land unter seine vier legitimen Söhne Wilhelm, Georg, Ludwig und Philipp geteilt hatte. Von seiner Nebenfrau Margarete von Säle hatte er sieben Söhne und eine Tochter. Am Lutherdenkmal zu Worms [* 13] steht sein fast 3 in hohes Bronzestandbild. -
Vgl. Rommel, Philipp der Großmütige, Landgraf von Hessen (3 Bde., Gießen [* 14] 1830);
Briefwechsel Land- graf P.s des Großmütigen von Hessen mit Bucer, hg. von Lenz (3 Bde., Lpz. 1880-91);
Wille, Philipp der Großmütige von Hessen und die Restitution Ulrichs von Württemberg (Tüb. 1882);
W. Falcken- heiner, Philipp der Großmütige im Bauernkriege (Marb. 1887);
Heidenhain, Die Ünionspolitik Landgraf P.s von Hessen (Halle [* 15] 1890).
Philipp I. von Heinsberg, Erzbischof von Köln [* 16] (1167-91), wurde in Köln und Reims [* 17] zum Geistlichen erzogen, später Propst in Lüttich [* 18] und schließlich Dekan in Köln, dessen Diöcese er wäh- rend der Abwesenheit des Erzbischofs Reinald mit Kraft [* 19] und Geschick verwaltete. Er nahm am dritten Römerzug Kaiser Friedrichs I. teil, wurde Ende 1166 zum Reichskanzler ernannt und nach Reinalds Tode (1167) zum Erzbischof von Köln erwählt. Als solcher wurde Philipp zu mehrern diplomat.
Sen- dungen verwendet, nahm 1174 wieder am Zuge des Kaisers nach Italien [* 20] teil und wendete sich nach seiner Rückkehr 1178-79 energisch gegen Heinrich den Löwen, [* 21] der seine Gewalt auch über das Erz- bistum auszudehnen strebte. Nach dem Sturze Heinrichs erhielt Philipp 1180 auch die herzogl. Ge- walt in Westfalen. [* 22] 1181 kämpfte er wieder gegen Heinrich und ging 1184 in diplomat. Geschäften nach England, zerfiel aber allmählich mit dem Kaiser und wurde nun der eifrigste Vorkämpfer des Papst- tums in dem Streite zwischen Friedrich 1. und Ur- ban III., der ihn 1186 zum päpstl. Legaten und Stellvertreter für ganz Deutschland ernannte. In Norddeutschland schuf Philipp einen mächtigen Bund weltlicher und geistlicher Fürsten gegen den Kaiser, versöhnte sich mit Heinrich dem Löwen und beugte sich erst nach Urbans III. Tode der drohenden Gewalt des Kaisers. Philipp beteiligte sich im Winter 1189 wie- der an dem Feldzuge gegen Heinrich den Löwen und führte 1190 das Heer König Heinrichs VI. nach Italien, wo er an der Pest starb. -
Vgl. Keussen, De I^ilippo H6in8d6i-Z6N8i (Krefeld [* 23] 1856);
Hecker, Die territoriale Politik des Erz- bischofs Philipp I. von Köln (Lpz. 1883).
Philipp, Herzöge von Orlsans, s. Orleans. ¶
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Philipp, Name mehrerer Könige von Spanien. [* 25] P.I., s. Philipp I., Konig von Castilien (S.85d). Philipp II. (1555 - 98), der Sohn Kaiser Karls V. und Isabcllas von Portugal, das weltlicke Haupt der europ. Gegenreformation, war zu Valladolid «geboren. Durch die von Geistlichen geleitete Erziehung erhielt sein Charakter früh das Gepräge ^un Nnbeugsamkeit und Bigotterie, die sein spateres Leben beherrschten. Schon im 16. Jahre mit Maria von Portugal, dann 1554 mit der gleich- gesinnten Maria I. von England vermählt, ver- einigte Philipp den wichtigsten Teil der burgund.-habs- burg. Macht mit der span. Monarchie. In Deutsch- land wurde er allerdings nicht als Kaiser gewählt, und auch der Einfluß auf England ging schon mit dem Tode Marias verloren (1558). Immerhin war die Macht, welche Karls V. Abdankung im Herbst 1555 dem jungen König in die Hand [* 26] legte, groß genug, um das Übergewicht in Europa [* 27] zu behaupten. Die schönsten und reichsten Länder (Spanien mit seinen Kolonien, die niederländ.-burgund. Pro- vinzen, Mailand, [* 28] Neapel, [* 29] (^icilien und Sardinien), [* 30] die geübtesten Heere, die besten Feldherren jener Zeit standen Philipp zu Gebote. Nachdem der erste Krieg mit Frankreich 1556-59 durch den Frieden von Cateau- Cambrösis mit der Herstellung des frübern Besitz- standes beendet war, entwickelte sich P.s System zunächst gegenüber den Niederlanden. Diesen sich kommunaler Selbständigkeit erfreuenden Landen sollte die Einheit der span. Kabinettsregierung und die kath. Glaubenseinheit aufgedrungen werden. Vergebens suchte seine Halbschwester, die Herzogin Margarete von Parma, [* 31] der die Statthalterschaft übertragen worden war, Philipp zu gemäßigtern An- sichten zu bestimmen. Die Opposition, die, von der Aristokratie des Landes ausgehend, allmählich die ganze Bevölkerung [* 32] in tumultuarische Bewegung ver- setzte, gaben dem König den erwünschten Vorwand zu Gewaltmaßregeln. Die Sendung Albas (1567), die Einsetzung des berüchtigten Vlutrats, dann die Aussaugung der Provinzen riefen einen Aufstand hervor, den Alba [* 33] selbst so wenig beendigen konnte als der mildere Nequesens und dessen Nachfolger Johann von Österreich [* 34] und Alexander von Parma. Seit der Utrechter Union (1579) war der Abfall der nördl. Provinzen entschieden. Glücklicher war Philipp in seinen Kämpfen gegen die Türken, die von seinem Halbbruder Johann von Österreich bei Lepanto 1571 geschlagen wurden. Auch gelang es ihm, beim Tode des Königs Se- bastian von Portugal seine Erbansprüche zur Gel- tung zu bringen und 1581 Portugal mit seiner Krone zu vereinigen. Am verhaßtesten unter seinen Gegnern erschien ihm Elisabeth von England, gegen die er 1588 eine gewaltige Flotte, die Armada, aus- rüstete; aber diese ging durch Sturm zu Grunde, und die Engländer rächten sich durch erfolgreiche Angriffe auf den Sechandcl und die Kolonien Spa- niens. Nicht glücklicher waren P.s Bcmübungen, in Frankreich die Erhebung Heinrichs IV. zu hindern und im Bunde mit den Guisen und der kath. Liga (s. d.) der eigenen Dynastie den Weg zu bahnen. "Heinrich behauptete sich, und der Krieg, den er mit Spanien führte, gab P.s Macht den letzten (^toß, während die sieben niederläno. Provinzen die Unabhängig- keit vollends erfochten. Unterdes siechte Philipp hin,'bis er starb. Er hinterlieh die Finanzen zerrüttet, Handel, Schiffahrt und Gewerbsteiß zer- stört, während die Kirche übermäßig bereichert war; insbesondere hatte der Prachtbau des Escorial un- geheure Summen verschlungen. Philipp war viermal vermählt. Aus der ersten Ehe stammte der Infant Don Carlos (s. d.), der, mit dem Vater entzweit und eingekerkert, 1568 starb.
Die Ehe mit Maria von England blieb kinderlos. Zum drittenmal (1559) ver- mählte sich der König mit Elisabeth, der Tochter Hein- richs II. von Frankreich, welche ihm die Infantin Clara Eugenia gebar, aber schon 1568 starb. Seine vierte Gemahlin Anna, Tochter Kaiser Maximi- lians II., gebar ihm Philipp III., seinen Nachfolger.
Vgl. Gackard, ^orrsLponäHnce äo I'llilipps II 8ur 168 assaii'68 ä68 IH78-Va8 (5 Bde., Vrüfs. 1848 -79); Prescott, lli^oi^ ol tli6 l6iFn ok^ilip II, kinF ok äpain (4 Bde., Boston [* 35] 1855-56 u. ö.' deutsch von Scherr, Lpz. 1856-59);
Gachard, von c^i-Io8 et I^i1ipp6 II (2 Bde., Vrüss., Lpz., Gent [* 36] 1863; 2. Aufl. 1867);
Cabrera de Cordoba, [* 37] lüswrik äk I^klipe I11'6)' (16 N8PHN3. (neue Ausg. von Graf Torreno, 4 Bde., Madr. 1876-78);
Morel-Fatio, I^8pa3N6 au XVI° et XVII" 3i6ci6 (Heilbr. 1878);
Wenzelburger, Geschichte der Niederlande, [* 38] Bd. 1 u. 2 (Gotha [* 39] 1879 - 86);
Forneron, IIi8toii-6 äe ?ki- Npp6 II (4 Bde., Par. 1881 - 82);
Philippson, Westeuropa im Zeitalter von Philipp II., Elisabeth und Heinrich IV. (Berl. 1882);
Gachard, I^ttr68 äe i^iiili^pL II 3. 863 K1163 168 IlitHNt8 183.1)6116 6t(^t1i6 rin6 (Par. 1884);
^ori-^rwnt^nciH ä6 ^6iip6 II C0N 8118 6In1)aM(1oi'68 6Q lg. 001^6 ä6 IHFikt^rrH) 1558-84 (4 Bde., Madr. 1888).
Philipp III. (1598-1621), geb. als der Sohn des vorigen, stand ganz unter dem Einstuft des Grafen Lerma (s. d.) und schlug durch die Aus- treibung der Morisken aus Granada [* 40] 1609 dem Wohlstände Spaniens die unheilbarste Wunde. Un- ter seiner Negierung ging das Übergewicht Spaniens völlig an Frankreich verloren. Philipp war vermählt mit Margarete, einer Schwester Kaiser Ferdinands II. Er starb -
Vgl. Philippson, Hein- rich IV. und Philipp III. (3 Bde., Äerl. 1870-76).
Philipp IV. (1621-65), geb. als der Sohn des vorigen, war ein willenloses Werkzeug in den Händen seines Günstlings, des Herzogs von Olivarez (s. d.). Portugal riß sich 1640 wieder von Spanien los, in dem Westfälischen Frieden erlangten die Niederlande 1648 endgültig ihre Unabhängigkeit, und in dem Pyrcnaischcn Frieden (s. d.), der 1659 den langwierigen Krieg mit Frankreich beendete, er- litt Spanien ebenfalls erhebliche Einbuhe. Philipp starb Er war zweimal vermählt:
1) mit Isabella (gest. 1644), Schwester Ludwigs XIII. von Frankreich, die ihm zwei Töchter gebar, Maria Theresia, Gemahlin Ludwigs XIV., und Margareta Theresia, Gemahlin Kaiser Leopoldsl.;
2) mit Maria Anna, Tochter Kaiser Ferdinands III., von der er einen Sohn, Karl II., hatte, mit dem die span. Linie des Hauses Habsburg 1700 erlosch. -
Vgl. Canovas del Castillo, NZtndioL dei i-einaäo ä6 I^6iii)6 IV (Bd. 1 u. 2, Madr. 1888-90).
Philipp V. (1701-46), srüher Herzog von Aniou, geb. in Versailles, [* 41] war der zweite Sohn des 1711 verstorbenen Dauphin Ludwig und somit der Enkel Ludwigs XIV. von Frankreich. Das Testament des letzten span. Habsburgers, Karl II., berief ihn auf den span. Thron, [* 42] der freilich erst indem sog. Spanischen Erbfolgekriege (s. d.) erkämpft werden mußte. Im April 1701 zog Philipp in Madrid [* 43] ein und ward al5 Konig anerkannt. Zwar fand sein österr. Gegenkönig Karl (als Deutscher Kaiser Karl VI.) in ¶