mehr
chronologisch unmöglich, und unerweislich ist auch, daß Petrus
überhaupt nach
Rom
[* 2] gekommen sei, daher auch sein angeblicher
Märtyrertod zu
Rom auf unverbürgter Überlieferung beruht. Auch im ersten Petrus
brief tritt diese Überlieferung nur erst
in seltsamer Verhüllung auf, indem
Rom
«Babylon» genannt wird.
Von den neutestamentlichen zwei Petrinischen Briefen ist der zweite unecht und spät verfaßt. Derselbe kennt bereits eine Sammlung Paulinischer Briefe, deren Rechtgläubigkeit Petrus beglaubigen soll. Aber auch der erste Brief stammt sichtlich aus Paulinischen Kreisen und läßt erkennen, daß die Christen bereits gerichtlichen Verfolgungen ausgesetzt waren, aber in den Formen der Zeit des Trajan. Die Gemeinden, an die er gerichtet sein will, gehörten zum Missionsgebiete des Paulus. Übrigens ist der Brief reich an tiefen und schönen Gedanken und will die Christen auf die nahe Wiederkunft Christi durch Ermahnungen vorbereiten. Dagegen gehört der dem ersten sonst vielfach nachgebildete zweite Brief bereits einer Zeit an, wo die Hoffnung auf die Wiederkunft Christi im Erlöschen war. - Kommentare verfaßten zum 1. Brief: Steiger (Berl. 1832), Usteri (Zür. 1887);
zu beiden Briefen: Schott (Erlangen [* 3] 1861 u. 1863), De Wette (3. Aufl., von Brückner, Lpz. 1865), Kühl (in H. A. W. Meyers «Kommentar»; 5. Aufl., Gött. 1887),
von Soden (im «Handkommentar zum Neuen Testament», Bd. 3, Freib. i. Br. 1890).
Vgl. noch Seufert, Die Abfassungszeit des ersten Petrusbriefs (in der «Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie», 1885);
Spitta, Der 2. Brief des Petrus und der Brief des Judas (Halle [* 4] 1885).
Außer diesen Briefen sind dem Petrus noch andere Schriften beigelegt (s. Petrusapokalypse und Petrusevangelium). Die sog. «Predigt des Petrus» war eine judaistische Tendenzschrift, welche die Grundlage der sog. Clementinischen Homilien (s. Clemens Romanus) gebildet zu haben scheint. Außerdem sind noch apokryphische Akten des Petrus und Akten des Petrus und Paulus in griech., lat., syr., slaw., kopt. Sprache [* 5] erhalten. -
Vgl. Mayerhoff, Einleitung in die Petrinischen Schriften (Hamb. 1835);
Weiß, Der Petrinische Lehrbegriff (Berl. 1855);
F. Chr. Baur, Paulus (2. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1866);
ders., Der erste Petrinische Brief (in seinen «Theol. Jahrbüchern», 1856);
Holsten, Zum Evangelium des Paulus und des Petrus (Rostock [* 6] 1868);
Lipsius, Die Quellen der röm. Petrussage (Kiel [* 7] 1872);
ders., Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden, Bd. 2, 1. Hälfte (Braunschw. 1887).
Die röm. Kirche verehrte schon seit dem 2. Jahrh. in dem «Apostelfürsten» Petrus ihren Stifter und ersten Bischof, dessen Amtsdauer sie auf die J. 42-67 bestimmt. Unter Berufung auf Matth. 16, 18. betrachtet sie ihn als das Oberhaupt der Christenheit, eine Würde, die er auf seine Nachfolger auf dem röm. Bischofsstuhl vererbt habe. Bereits zu Ende des 2. Jahrh. zeigte man in Rom die Todesstätten des Petrus und Paulus, jene in den Neronischen Gärten auf dem Vatikan, [* 8] diese an der Straße nach Ostia.
Bischof Sixtus II. von Rom ließ die (vermeintlichen) Gebeine des Petrus und Paulus 29. Juni 258 aus den Katakomben aufheben und an diesen Stätten beisetzen. Seitdem wird der Peter-Paulstag jährlich 29. Juni gefeiert und zwar, wie man schon im 4. Jahrh. meinte, als Todestag der Apostel. Über dem Grabmal des Petrus wölbt sich die Kuppel der Peterskirche (s. Tafel: Italienische Kunst III, [* 1] Fig. 2), unmittelbar über dem Grabe steht das von Bernini ausgeführte kostbare Tabernakel (s. Tafel: Altäre II, [* 1] Fig. 5); im Mittelschiff in der Nische des vierten (Kuppel-)Pfeilers befindet sich die wahrscheinlich aus dem 5. Jahrh. stammende Bronzestatue des Petrus auf weißem Marmorsessel (s. Tafel: Altchristliche Kunst I). Seit dem 5. Jahrh. feiert die röm. Kirche am 18. Jan. die Errichtung des römischen, 22. Febr. die des antiochenischen Bischofsstuhls durch Petrus (Petri Stuhlfeier). Das jüngste der Petersfeste ist Petri Kettenfeier. Der Tradition nach soll die Kaiserin Eudoxia, Gemahlin Theodosius’ des Jüngern, die Ketten zum Geschenk erhalten haben, die der Apostel im Gefängnis zu Jerusalem [* 9] getragen hatte. Diese Ketten soll später der Papst, nebst den Ketten, die Petrus im Gefängnis zu Rom getragen, aufbewahrt und zu ihren Ehren das Fest der Kettenfeier Petri (festum Petri ad vincula) für den 1. Aug. angeordnet haben.