mehr
dem ältern Fortgürtel und den neu angelegten verschanzten Lagern. Die Kernumwallung und die ältern Forts wurden in dem kurzen Zeitraum von vier Jahren (1840-44) erbaut; erstere umschließt die Stadt auf beiden Seineufern in geraden Linien als großes unregelmäßiges Viereck [* 2] (36 km Umfang) und besteht aus 94 bastionierten Fronten, davon 67 auf dem rechten Ufer, von denen die Nordostecke zwischen Pantin und Aubervilliers und der vorspringende Winkel [* 3] im Südwesten bei Point-du-Jour leicht umfaßbar sind.
Das Wallprofil ist einfach, 3-4 m hoch, 15 m breiter, trockner Graben mit gemauerter Eskarpe. In einer wechselnden Entfernung von 1,5 bis 4,8 km von der Umwallung liegen in einer Ausdehnung [* 4] von 70 km die 16 ältern Forts und 8 Redouten von bastioniertem Grundriß, mit Ausnahme der Befestigung von St. Denis mit trocknen, an beiden Wänden mit Mauern bekleideten Gräben. Gegen einen förmlichen Angriff mit den heutigen Belagerungsmitteln sind sie nicht mehr widerstandsfähig.
Die Linie der 10 Forts des rechten Seineufers beschreibt einen Bogen, [* 5] der sich mit seinen Enden auf Charenton und St. Denis stützt. Das Fort von Charenton deckt die dortige Brücke [* 6] und beherrscht die Straße nach Basel; [* 7] ihm schließen sich die Redouten de la Gravelle und de la Faisanderie an, die in den Verschanzungen von Saint [* 8] Maur zusammengefaßt sind, welche die Halbinsel gleichen Namens abschließen und rückwärts durch das Schloß von Vincennes verstärkt werden;
die Forts von Nogent, Rosny, Noisy und Romainville beherrschen alle Straßen zwischen Marne und Ourcqkanal;
die Ebene nördlich von diesem Kanal [* 9] wird vom Fort Aubervilliers und den Werken von St. Denis verteidigt;
letztere umfassen die drei Forts de l'Est, Double Couronne-du-Nord und La Briche.
Auf dem linken Seineufer zieht sich die Linie der Forts auf dem Höhenzuge zwischen der Marne und Meudon hin, es sind dies die Forts Ivry, Bicêtre, Montrouge, Vanves und Issy, welche die Straßen von Nizza, [* 10] Bayonne und Brest schützen. Die Westfront hat nur ein einzelnes, sehr großes und starkes Fort auf dem Mont-Valérien (s. d.), welches den ganzen Zwischenraum und den Lauf der Seine zwischen Issy und St. Denis zu decken hat. Seit 1872 sind vor diesem alten Fortgürtel weitere ausgedehnte Befestigungen hergestellt, und zwar 7 Forts erster Ordnung für je 1200 Mann und 60 schwere Geschütze, [* 11] 16 Forts zweiter Ordnung für je 600 Mann und 24 schwere Geschütze und etwa 50 Batterien und Redouten zu je 200 Mann und 6 Geschützen.
Der Umkreis dieser neuen Befestigungen betrügt annähernd 130 km bei einer durchschnittlichen Entfernung der Forts von der Stadt von 15 km. Hierdurch sind drei große verschanzte Lager [* 12] gebildet worden und zwar: a. Das Nordlager zwischen dem rechten Seineufer unterhalb Paris [* 13] und der Ebene von Aubervilliers. Dasselbe umfaßt besonders die Stellung Montlignon-Domont, welche auf allen Seiten durch untergeordnete Befestigungen flankiert wird. In dieser Stellung sind besonders die Forts Montlignon, Domont und Montmorency von Bedeutung; im Westen wird sie durch das Fort Cormeil, die Redoute [* 14] Franconville und mehrere Batterien verteidigt, die alle aus der Halbinsel von Houilles liegen.
Östlich von der Centralstellung, befindet sich das Fort d'Ecouen mit den Batterien du Moulin und des Sablons. Endlich beherrscht im Süden bei Stains das Fort de Garges die Ebene von St. Denis und verbindet, gestützt auf die Batterie de la Butte-Pinçon, das Nordlager mit der Hauptbefestigung. b. Das Ostlager, von der Ebene von Aubervilliers bis zum rechten Seineufer oberhalb der Stadt, enthält als Hauptstützpunkte die Forts von Vaujours und Villeneuve St. Georges; dazwischen liegen die Forts Chelles, Noisy-le-Grand, Villiers, Champigny, Pontault und Sucy. c. Das Westlager, das ganze linke Seineufer umfassend, hat als wichtigste Punkte die Forts von Palaiseau, St. Cyr und de Bois d'Arcy.
Mit diesen in gleicher Linie liegen die
Forts Villeras,
Haut-Buc und
Bouviers; in zweiter Linie liegen die
Forts bei Châtillon und Hautes-Bruyères, die aus einer Anzahl von
Batterien und einem Reduit bestehende befestigte
Stellung
im
Bois de Verrières und die Befestigungen des Plateaus von
Marly-le-Roi. Zahlreiche
Batterien neben und zwischen den
Forts
sind überall vorhanden. Zur
Verbindung dieses Lagers mit dem Ostlager sind verschiedene Werke (Redouten,
Batterien und kleine
Forts) bei Ablon und den
Buttes
Chaumont errichtet worden; außerdem sind solche vorhanden bei Saclay zwischen
den
Forts Palaiseau und Villeras; bei
Saint
Marc zwischen
Fort Villeras und
Haut-Buc, und endlich
bei La
Celle-Saint Cloud.
Die Ausdehnung der Werke ist so bemessen, daß Paris mit allen Vorstädten nicht nur gegen ein Bombardement vollständig gesichert ist, sondern daß es auch jedem Angreifer unmöglich gemacht werden soll, die Einschließung auf allen Seiten durchzuführen.
Geschichte. Ursprünglich war Paris Wohnsitz des gallischen Volksstammes der Parisii und wurde Loutouhezi genannt, sodann von den Römern in Lutetia latinisiert, mit dem Zusatze Parisiorum, wovon der heutige Name herkommt. Zu Cäsars Zeit war es auf die Insel in der Seine, jetzt die Cité, beschränkt, aber doch schon von Bedeutung; Cäsar hielt daselbst einen gallischen Reichstag und ließ hier seine brit. Flotte bauen. Constantius Chlorus errichtete während seines Aufenthalts in Gallien (292-306) auf den Anhöhen des linken Seineufers einen Palast mit Gärten, ein verschanztes Lager, ein Amphitheater und Bäder. 358 hatte Julianus Apostata in Paris seine Residenz. Gleich wichtig war die röm. Ansiedelung für die Franken, und Chlodwig befestigte seine Herrschaft durch die Besetzung von Paris, wo er sich in den Thermen einquartierte (508). Seine Nachfolger zogen nach der Cité, wo sich jetzt dem Königssitze gegenüber am rechten Ufer eine frank. Vorstadt bildete.
Diese Entwicklung erlitt einen Stoß durch den Übergang der königl. Gewalt an die Karolinger, die ihre Erhebung dem austrasischen Adel verdankten und deshalb nur im Nordosten des Fränkischen Reichs verweilten. Bei der Vereinigung aller deutschen Stämme im karoling. Staatssystem wurde Paris Sitz eines Grafen und, wie das Reich Karls d. Gr., eine Beute abenteuernder Seeräuber. Die Normannen belagerten 885 die Stadt und wurden nur durch hohes Lösegeld zum Abzug bewogen.
Das linke Ufer der Seine blieb jetzt sehr zurück gegen den am rechten Ufer der königl. Residenz gegenüber liegenden Stadtteil, der schnell beträchtlich anwuchs. Das große Châtelet auf der Nordseite war der Sitz des Burgvogts (prévôt du roi), der im Namen des Königs die Justiz und Polizei handhabte. Auch in der Glanzepoche des franz. Mittelalters, unter Philipp August und Ludwig dem Heiligen, verschönerte und erweiterte sich Paris besonders in der Cité und auf dem ¶
mehr
rechten Ufer. Obgleich in engen Grenzen [* 16] eingeschlossen (die von Philipp August aufgeführte Ringmauer hatte etwa 6 km im Umfange), war Paris am Ende des 13. Jahrh. doch schon durch seine Bevölkerung [* 17] von ungefähr 150000 E. und seine Universität eine der wichtigsten Städte Europas.
Unter den Valois zerteilte sich die Stadt noch mehr. Als die königl. Macht den rebellischen Parisern die Oberhand wieder abgewann, verlegte sie ihren Wohnsitz aus der Cité nach dem rechten Seineufer, wo die siegreiche Bürgergemeinde in der Person ihres Kaufmannsvogts, Etienne Marcel (s. d.), gethront hatte (1357). König Karl V. verwendete bei seiner Thronbesteigung (1364) den Ertrag der von den Aufrührern erhobenen Geldstrafen und Güterkonfiskationen zur Anlage einer königl. Domäne, des Hôtel St. Paul.
Unter Karl VI. kam es 1382 wegen der Erpressungen des Regenten Ludwig von Anjou zum Aufstand des mit Hämmern bewaffneten Volks (Maillotins), das aber bald unterdrückt wurde. 1411 rissen die Cabochiens (s. d.) die Herrschaft in Paris an sich, wurden aber 1413 vom Grafen Bernhard VII. von Armagnac (s. d.) überwältigt. 1418 kam Paris mit dem größten Teil von Frankreich (s. d., Geschichte) an England, wurde aber 1436 von Karl VII. zurückerobert. Zur Zeit der Hugenottenkriege war Paris der Schauplatz der Bartholomäusnacht (s. d.). Als im Mai 1588 der Herzog von Guise mit Truppen der kath. Liga in Paris einzog und 12. Mai auch Marschall Biron mit königl. Truppen einrückte, kam es zum Barrikadenkampf, der mit der Besiegung König Heinrichs III. endete.
In den J. 1590-94 belagerte Heinrich IV. (s. d.) wiederholt die Stadt, bis sie ihm, nach seinem Übertritt zum Katholicismus, die Thore öffnete. Unter Ludwig XIII. nahm die Vergrößerung und Verschönerung der Stadt mit jedem Jahre zu. Die Türme und Mauern wurden weggerissen, Wälle und Gräben geebnet; daraus entstand die älteste Linie der Boulevards (s. d.). Am fand bei Paris ein Treffen statt zwischen den Truppen der Fronde unter Condé und den königl. Truppen unter Turenne (s. Fronde). Eine besondere Glanzperiode entfaltete sich für Paris unter Ludwig XIV. und seinen Nachfolgern. Unter Ludwig XV. wurde zu Paris ein Friede (s. Pariser Friede) zur Beendigung des Kolonialkrieges geschlossen. Unter Ludwig XVI. wurde Paris zur Verhütung des Schmuggels abermals mit Mauern umgeben. Der Umfang der Stadt betrug damals etwa 25 km. 1789-95 war Paris der Hauptschauplatz der Revolution.
Seit den Kriegen mit England im 14. und 15. Jahrh. hatte Paris (abgesehen von den Reiterscharen des bayr. Generals von Werth 1636) keinen äußern Feind mehr vor seinen Thoren gesehen, bis 1814 und 1815 die Verbündeten die Stadt besetzten. Während Napoleon I. 1814 nach den Niederlagen bei Laon und Arcis-sur-Aube (s. Russisch-Deutsch-Französischer Krieg von 1812 bis 1815) nach dem Rhein marschierte, erschienen die Verbündeten, etwa 100000 Mann stark, vor Paris. Am 30. März früh nach 5 Uhr [* 18] begann die Schlacht mit dem Angriff der Russen unter Barclay de Tolly von Pantin und Romainville aus.
Gegen 10 Uhr nahm Wittgenstein Montreuil; Barclay de Tolly eroberte Pantin und drang sogar bis an die Barrière Pantin von Paris vor. Unterdessen hatte auch der Kampf Blüchers gegen Morgen begonnen. Nach 3 Uhr nachmittags entschloß sich Marmont, einen Waffenstillstand nachzusuchen, der ihm sogleich auf zwei Stunden bewilligt wurde. Um 6 Uhr abends begaben sich die Grafen Nesselrode, Orlow und Paar nach Paris, wo die Kapitulation 31. März früh um 2 Uhr zu stande kam. Am 31. März gegen 11 Uhr zogen der Kaiser von Rußland und der König von Preußen [* 19] an der Spitze von 36000 Mann in Paris ein. Am 23. April schloß die Provisorische Regierung mit den Verbündeten einen Präliminarvertrag, dem 30. Mai die Unterzeichnung des Friedens mit den einzelnen Mächten folgte (s. Pariser Friede). Am 1. Juni räumten die fremden Truppen die Hauptstadt.
Als nach der Schlacht bei Waterloo [* 20] die Heere der Verbündeten abermals den franz. Boden betraten, übernahm Davout den Befehl über die noch 60000 Mann zählende Armee zur Verteidigung der Hauptstadt. Am 30. Juni trafen die Streitkräfte Blüchers vor Paris ein, ihnen folgte Wellingtons Heer. Noch am selben Abend rückte Blücher nach St. Germain, überschritt die Seine und versammelte sein Heer bei Versailles. [* 21] Von hier aus griff er 2. Juli den die Höhen von Meudon und Sèvres verteidigenden Feind an, warf ihn und nahm nach heftigem Gefecht Issy.
Vandamme machte 3. Juli noch einen letzten Versuch, die Stadt zu halten, indem er mit 10000 Mann gegen Issy vordrang; nach
mörderischem Gefecht wurde er aber zurückgeworfen. Noch denselben Abend kam zwischen Davout, Blücher und Wellington zu St.
Cloud eine Militärkonvention zu stande, wonach die franz. Truppen binnen drei Tagen Paris verlassen und hinter
die Loire zurückgehen mußten. Nachdem 5. Juli der Montmartre, am 6. alle Thore übergeben worden waren, zog am 7. das erste
Korps Blüchers durch die Barrière der Militärschule, ein Teil von Wellingtons Armee durch die von St. Denis ein. Nach langen
Verhandlungen wurde endlich
20. Nov. der zweite Pariser Friede (s. d.) unterzeichnet.
Im J. 1830 führte die Julirevolution zu einem dreitägigen Straßenkampf in Paris (27. bis 29. Juli), der mit dem Rückzug der königl. Truppen unter Marschall Marmont endete und den Sturz der ältern Bourbons zur Folge hatte. Bei der Februarrevolution von 1848 kam es in der Stadt nicht zum ernstlichen Gefecht, weil König Ludwig Philipp dem Marschall Bugeaud alsbald Befehl zur Einstellung des Feuers gab. Ein Aufstand socialistischer Tendenz im Juni desselben Jahres wurde nach einem blutigen Kampf 23. bis 26. Juni von General Cavaignac niedergeschlagen.
Nach dem Regierungsantritt Napoleons III. erhielt das hauptstädtische Bauwesen und die damit zusammenhängende Fürsorge für die gemeinnützigen Anstalten einen Impuls, der alles bisher dafür Geschehene weit hinter sich ließ. (S. oben S. 896 b.) Beträchtliche Teile von Stadtvierteln wurden von dem Seinepräfekten Haußmann (s. d.) niedergerissen, um breite Zugänge von allen Seiten zu gewinnen und bei Volksaufständen der Artillerie freie Bahn zu schaffen, vorzüglich in den volkreichen Quartieren des Centrums und der Faubourgs. Eine Verordnung vom erweiterte die Grenze bis zu den Wällen der unter Ludwig Philipp gebauten Festungswerke. 1855 fand die erste, 1867 die zweite große Weltausstellung statt, wurde zur Beendigung des Orientkrieges der dritte Pariser Friede (s. d.) geschlossen.
Im Deutsch-Französischen Kriege von 1870 und 1871 (s. d., Bd. 5, S. 104) rückten nach dem Siege ¶