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Was die 63 Theater [* 2] anlangt, so ist Paris [* 3] hierin allein maßgebend für ganz Frankreich. Näheres s. Französisches Theater.
Auch das Zeitungswesen des Landes ist von dem der Hauptstadt abhängig; nur hier erscheinen bedeutende Blätter. (S. Frankreich, Zeitungswesen.)
Vergnügungsstätten niederer Art sind die 180 Café-Concerts und die 250 öffentlichen Tanzlokale. Von den Café-Concerts sind zu erwähnen: Folies Bergères, Casino de Paris, Olympia, Scala, Eldorado;
im Sommer: Concerts des Ambassadeurs, de l'Horloge und de l'Alcazar.
Künstliche Eisbahnen bieten der Palais de Glace und der Pôle Nord. Größere Tanzlokale sind: Bal Elysée-Montmartre, Jardin de Paris und Moulin-Rouge. Als Cirkus [* 4] sind zu bemerken: Nouveau Cirque, Cirque d'Hiver, Cirque d'Eté. Besuchte Rennbahnen sind zu Longchamps, Auteuil, Vincennes, Chantilly, Enghien und Maisons-Laffitte. Vergnügungsorte sind ferner: Saint [* 5] Denis, Fontainebleau, Versailles, [* 6] Saint Germain-en-Laye, Saint Cloud, Sceaux, Montmorency, Sèvres, Ville d'Avray, Charenton-le-Pont, Meudon, Asnières und Argenteuil (s. die Einzelartikel), ferner Robinson, Fontenay-aux-Roses, Joinville-le-Pont u. a.
Verwaltung. Paris ist Sitz eines Erzbischofs, sämtlicher Ministerien und aller andern höchsten Staatsbehörden, des Kassationshofs, eines Appellationsgerichts, Tribunals erster Instanz, Gewerbegerichts und der 20 Friedensgerichte. Die Garnison der Stadt bilden 9 Infanterieregimenter, 4 Bataillone Marineinfanterie, 2 Kavallerieregimenter und 2 Batterien Artillerie. Die Verwaltung der Stadt wird durch den Préfet de la Seine, den Préfet de la Police, und in jedem der 20 Arrondissements durch einen Maire und 3 Adjoints geleitet, welche sämtlich vom Präsidenten der Republik ernannt und nicht zu Mitgliedern des Conseil municipal gewählt werden können.
Der Conseil municipal besteht aus 80 durch absolute Stimmenmehrheit auf vier Jahre gewählten Mitgliedern, d. i. für jedes Quartier ein Mitglied. Es finden vier öffentliche Sessionen statt. Der Seine- und der Polizeipräfekt müssen auf Verlangen gehört werden. Die Polizei teilt sich a. in die Police municipal für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Sicherheit der Einwohner, für die Gefängnisse und Irrenanstalten mit dem Chef de la Police municipale, 20 Officiers de Paix, 7500 Gardiens de la Paix und 860 Bigadiers und Sous-brigadiers; b. die Police de Sûreté, geleitet von einem Chef und Sous-chef de la Sûreté, die der deutschen Geheimpolizei entspricht.
Ferner existieren in Paris 106 Commissaires de Police als ständige Vertreter des Präfekten in besondern Fällen, vor allem gerichtlicher Art. -
Die Garde Républicaine (131 Offiziere und 3890 Mann), welche seit ihrer Gründung (1790) neunmal den Namen gewechselt hat, ist aktive Militärtruppe, ausschließlich für den Nachtdienst der Stadt. Militärisch ist auch die Feuerwehr (Sapeurs-Pompiers) organisiert; näheres s. Feuerlöschwesen (Bd. 6, S. 736). Es existieren 7 große Gefängnisse: Maison d'arrêt et de correction cellulaire, Boulevard Mazas, 1850 gegründet, mit 1200 Gefangenen;
Maison de correction de St. Pélagie, eine Art Arbeitshaus mit 600 Gefangenen;
Prison de la Santé, Zellengefängnis für 1000 Gefangene;
Maison d'arrêt et de correction de St. Lazare, mit 1000 weiblichen Gefangenen;
Maison de Justice, Conciergerie, Quai de l'Horloge, unter Ludwig IX. gegründet, für Untersuchungsgefangene;
Maison d'Education correctionnelle oder Petite Roquette, seit 1896 in Montesson bei St. Germain, mit 300 jugendlichen Gefangenen;
Grande Roquette oder Dépôt des Condamnés für 400 Gefangene, Depot für die zu Zuchthaus und Deportation verurteilten Sträflinge und zum Tode Verurteilte.
Dieses und Mazas sollen aber durch die im Bau begriffenen Prisons de Fresnes les Rungis ersetzt werden. Außerdem sind zu nennen: das Dépôt de la Préfecture de Police, das Arbeitshaus in Nanterre sowie die Maison de correction et de détention militaire. - Die Stadt besitzt sechs Wasserleitungen (die vier bedeutendsten sind: Canal de l'Ourcq und die Aquädukte de la Dhuis, de l'Avre und de la Vanne), ferner zwei artesische Brunnen in Grenelle (s. Bohrbrunnen) und Passy von mehr als 500 m Tiefe, 20 Hebewerke mit 41 Dampfmaschinen [* 7] und 22 hydraulischen Motoren von zusammen 4000 Pferdestärken. Es existiert in Paris eine doppelte Leitung.
Für die Haushaltungen sind die Quellwasser der Dhuis, Avre und Vanne, für den öffentlichen und industriellen Dienst die Wasser der Marne, des Canal de l'Ourcq und der Seine bestimmt. Die 20 an den höchsten Stellen der Stadt erbauten Reservoirs aus Mauerwerk können über 500000 cbm fassen. Die Länge der Leitungen beträgt 2067 km mit 17000 Verteilungsvorrichtungen auf den öffentlichen Wegen und Anlagen und 50000 Wassermessern für die 66000 Abonnenten. Der Wasserbedarf der Stadt beläuft sich auf 560000 qbm pro Tag.
Die Zahl der auf öffentlichen Wegen der Stadt brennenden Gashähne betrug (1891) 58382, die Zahl der in den staatlichen und städtischen Behörden und im Privatgebrauch verbrauchten Kubikmeter betrug 223810, die Zahl der Pariser Abonnenten 220129, die Anzahl der Gasmesser [* 8] etwa 33000. In den Theatern wird ausschließlich elektrisches Licht [* 9] verwendet und es verdrängt das Gaslicht auch von den öffentlichen Wegen. Eine größere Lichtcentrale ist in den Kellern der Halles Centrales.
Finanzen. Das Budget der Stadt betrug 1801: 12, 1850: 53, 1873: 197, 1887: 303, 1893: 331, 1896: 337 Mill. Frs. Die hauptsächlichsten Einnahmequellen sind: der Stadtzoll (octroi), welcher durch 3000 Beamte an sämtlichen Barrieren, auf allen Bahnhöfen, in den Häfen der Seine und auf den Entrepots von Bercy erhoben wird, mit 1896: 153 Mill. Frs.;
Anteil an den Staatssteuern (Centimes communaux, 1896: 35 Mill. Frs.);
besondere Einschätzungen;
Grundzins der Pariser Beleuchtungs- und Gasheizungsgesellschaft;
Wasserleitungsabonnements;
Markthallen; [* 10]
öffentliches Fuhrwesen (Droit de stationnement);
Berechtigungen auf den Friedhöfen zur Vermeidung der Umgrabung;
Viehhöfe;
Vermietungen auf öffentlichen Wegen.
Die ordentlichen Ausgaben umfassen: Tilgung der städtischen Schuld 111 Mill. Frs.;
Elementar- und höherer Unterricht;
Centralverwaltung der Präfektur, Stadtkasse und Mairien;
Lasten der Stadt gegen den Staat;
Stadtzollverwaltung;
Conseil municipal;
Beitrag zur Unterhaltung der Garde Républicaine;
Wasserleitung, [* 11] Kloaken und Abfuhrwesen;
Unterstützungswesen;
Pflasterung und Ausbesserung der Wege.
Der Wert der unverkäuflichen Immobilien läuft sich auf ungefähr 1 Milliarde und 60 Mill. Frs., darunter ist das Hôtel de Ville, die 20 Mairies ^[ergänzt, Faksimile beschnitten], 81 Kirchen, die Pompes funèbres, 152 Schulgebäude, 3 städtische Theater, 20 Kasernen, Krankenhäuser u. s. w., 19 Kirchhöfe, 44 Parks und Squares, die ^[ergänzt, Faksimile beschnitten] ¶
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Kanäle und Wasserwerke, Statuen und Fontänen. Am besaß Paris infolge verschiedener Anleihen eine Schuldenlast von 2410 Mill. Frs., wovon bereits 469 Mill. Frs. zurückgezahlt waren. Die Grundschuld betrug 6461182 Frs., worauf die Stadt 1533017 Frs. zurückgezahlt hat.
Wohlthätigkeitsanstalten. Die Organisation der Pariser Armenpflege ist durch Gesetz vom geschaffen. Nach dem Budget von 1889 betrugen die Einnahmen und Ausgaben je 41417600 Frs. Im gleichen Jahre betrug die Zahl der in Paris unterstützten Personen 406213, nämlich: in den Krankenhäusern (11739 Betten) behandelte Kranke 137900, Schwache oder Greise in den Hospizen, Maisons de retraite und Fondations (10444 Betten) 12441 Personen, in Depot gegebene Kinder (604 Betten) 8000, Geisteskranke 2200, Enfants assistés a. im Hospice dépositaire (146 Betten) 4500; b. auf dem Lande 30000; verwahrloste Kinder 3600, unterstützte Kinder 9000, zu Haus unterstützte Arme 92248, zu Haus behandelte Kranke 87300, zu Haus Entbundene 11400, bei den städtischen Hebammen Entbundene 7624. Die Krankenhäuser der Assistance publique, mit Ausnahme dreier für Kinder bestimmter Anstalten zu Berck, Forges und La Roche-Guyon, sämtlich in Paris belegen, zerfallen in Hôpitaux généraux zur Behandlung akuter Krankheiten, Hôpitaux spéciaux und Hôpitaux d'enfants.
Die wichtigsten Hôpitaux généraux heißen: Hôtel-Dieu (559 Betten), Hôpital de la Pitié (700), Charité (516), St. Antoine (687), Beaujon (415), Lariboisière (700), Tenon (805), Laënnec (608 Betten);
Specialkrankenhäuser sind: St. Louis (855 Betten), Ricord (327), Hôpital Broca (225, für Frauen), Maison et École d'accouchement und Maison de santé (344 Betten), letzteres für zahlende Kranke.
Kinderkrankenhäuser bestehen 5. Die Hospices sind für Greise und Unheilbare reserviert, sowie für gewisse Kategorien unentgeltlich zugelassener Kinder. Die Maisons de retraite sind Anstalten, in welche nicht aller Hilfsmittel entblößte Personen gegen Zahlung eines geringen Pensionspreises aufgenommen werden. Die Fondations sind durch Spenden geschaffen. Die Zahl der Hospices beträgt 5: Bicêtre (s. d.), lange Zeit Vieillesse-Hommes genannt, mit 2680 Betten;
die Salpêtrière (s. d.) mit 3864 Insassen;
Hospice d'Ivry mit 2040 Insassen beiderlei Geschlechts;
Hospice de Brévannes mit 100 Insassen beiderlei Geschlechts;
das Hospice des enfants assistés mit 750 Betten oder Wiegen, nebst einer in Thiais (Seine) belegenen Filiale.
Von Maisons de retraite sind zu nennen: die Ménages in Issy, La Rochefoucauld und Ste. Périne. Die Anzahl der Irrenanstalten für die aus Paris oder dem Depart. Seine stammenden Geisteskranken beträgt 7: Ste. Anne und Salpêtrière in Paris; ferner zu Vaucluse und Evrard (Seine-et-Oise); Charenton (St. Maurice), Villejuif und Bicêtre (Seine). Auch das Institut Pasteur ist hier zu nennen. 20 Bureaux de bienfaisance sind damit beauftragt, hilfsbedürftige Familien mit Unterstützungen zu versehen.
Das Blindeninstitut Hospice national des Quinze-Vingts, 1260 durch den König Ludwig den Heiligen gegründet, zählt 300 Interne, besitzt jedoch die Mittel, um 1750 in der Stadt lebende Blinde unterstützen zu können. Die Institution nationale des jeunes Aveugles, 1791 von Ludwig XVI. gegründet, ist zum Unterricht für völlig Erblindete beiderlei Geschlechts bestimmt. Institution nationale des Sourds-Muets, 1760 durch den Abbé de l'Epée gegründet und von der Regierung unterstützt, nimmt taubstumme Knaben auf. Asile Vacassy ist zur Aufnahme von Armen und Arbeitern bestimmt, die Unfälle erlitten haben. Sehr zahlreich sind auch private Wohlthätigkeitsvereine aller Art.
Industrie und Handel. Paris ist eine der ersten Industriestädte der Welt. Seine Industrie zeichnet sich namentlich durch die unübertreffliche Eleganz und Geschicklichkeit der Ausführung aus. Vom Gartenbau bis zum Maschinenbau findet sich hier alles vertreten. Bemerkenswert ist die geringe Anzahl großer Fabriken, die Vielseitigkeit der kleinen Unternehmen und die Teilung der Arbeit. Die Volkszählung von 1886 ergab 75143 industrielle Etablissements und Arbeitgeber sowie 43666 Angestellte und 999496 Arbeiter männlichen und weiblichen Geschlechts.
Hauptzweige sind: Weberei [* 13] mit 60000 Spindeln (1575 Betriebe), Minen, Steinbrüche und Salinen (97 Betriebe), Metallindustrie (3514), Herstellung der Rohmetalle (645), Lederindustrie (1373), Schiff- und Wagenbau (2091), Töpferei (694), Fabrikation von Chemikalien (994), Baugewerbe (9257), für Beleuchtung [* 14] (519), Wohnungsausstattungen (5111), Kleidungs- und Toilettegegenstände (34246), Nahrungsmittelindustrie (5906), Papierfabrikation, [* 15] Buchdruck und Buchbinderei (4024), Luxusindustrie, Uhrmacher, Schmuckwarenhändler u. s. w. (5027) und die staatlichen Gobelins-, Pulver-, Tabak- und Waffenfabriken (70 Betriebe).
Die industriellen Etablissements, welche Dampfkraft benutzen, beliefen sich auf 3164 mit 3250 Maschinen, 5508 Dampfkesseln und 29647 Pferdestärken. In einem Bericht von Spuller wurde das Ergebnis der industriellen Produktion in Paris 1884 auf 3 Milliarden 369 Mill. Frs. geschätzt, d. h. ein Viertel der gesamten industriellen Produktion Frankreichs. Aufs höchste entwickelt ist das Kunstgewerbe, eine Specialität sind auch die Articles de Paris, d. h. die feinern Spiel-, Schmuck- und Luxussachen in Metallen, Holz, [* 16] Schildkrot, Elfenbein, Bernstein, [* 17] Marmor, Alabaster, Meerschaum, Leder, Kautschuk, Pappe u. dgl. -
Paris ist auch der kommerzielle und finanzielle Mittelpunkt des Landes. Den ersten Platz nimmt der Geldmarkt ein, dann folgt der Handel mit edeln Metallen. Der Handel mit Nahrungsmitteln zählt 23516 Geschäfte mit 76661 Personen; die Möbelbranche 3186 Geschäfte mit 20367 Personen; der Handel mit Kleidungsstücken und Toilettegegenständen 9500 Geschäfte mit 71661 Angestellten. Die Anzahl der Hotels, Restaurants, Cafés, Weinhändler beträgt über 30000, welche über 100000 Personen, hierunter 8 Proz. Frauen, ernähren.
Die größten Gegensätze stellt die Straßenindustrie und der Kleinhandel der Austern- und Gemüsehändler, der Böttcher, Schuster, Trödler, Kartoffel- und Kastanienverkäufer u. s. w. und die großartigen Warenmagazine dar, die wie Magasin du Louvre, du Printemps und Au Bon-Marché weltbekannt sind. Von Messen sind zu erwähnen die Foire aux Jambons, in der Charwoche auf dem Boulevard Richard-Lenoir und die Foire au Pain d'épice auf der Place de la Nation und dem Cours de Vincennes, nach Pfingsten. Mittelpunkt des Handels mit Lebensmitteln sind die Halles Centrales, von Eisen [* 18] und Glas [* 19] erbaut, welche gegen 60000 Personen beschäftigen. (S. Markthallen.) Specialmärkte sind 7 Blumenmärkte (der wichtigste an der Madeleinekirche) und der ¶