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817 Die Ebenen tragen Weizen, Gerste, [* 2] Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Kafferkorn (Durra), Sesam, Mais, Hirse; [* 3] an Gemüse wachsen vortreffliche Melonen, Gurken, Paradiesäpfel, Griechenkorn (Hibiscus esculentus L.), Eiergewächs. Zwiebel u.s.w. Der Anbau der Baumwollstaude (besonders bei Nabulus) hat sehr abgenommen. Die Flora besteht vielleicht zu zwei Dritteln aus südeurop. Arten; tropische Formen finden sich am Jordan und am Toten Meer, auch Steppen- und Wüstenpflanzen.
Die Höhen sind kahl. Wald giebt es nur an wenigen Stellen. An Baumarten kommen vor die Aleppokiefer (Pinus halepensis Mill.), Kermeseiche (Quercus coccifera L.), Knoppereiche (Quercus aegilops L.), Terebinthe (Pistacia terebinthus L.), der Erdbeerbaum (Arbutus), die Mastixpistazie (Pistacia lentiscus L.) und der wilde Johannisbrotbaum (Ceratonia siliqua L.). Grüne Matten sind selten. Die Viehzucht [* 4] steht auf einer niedrigen Stufe. Der Hund ist nicht Haus-, sondern Straßentier, das vom Abfall und Unrat lebt.
Katzen [* 5] leben ebenfalls mehr wild als zahm. Über die in Palästina [* 6] vorkommenden wilden Tiere s. Syrien. Die wissenschaftliche Erforschung P.s hat im Laufe des 19. Jahrh. bedeutende Fortschritte gemacht. Auf die Reisen von Seetzen 1806 fg. (4 Bde., Berl. 1854–59) und J. L. Burckhardt 1810–12 (englisch 1822; deutsch von Gesenius, 1823 fg.) folgten 1838 und 1852 die Forschungen E. Robinsons (s. d.) aus Neuyork [* 7] und des Schweizer Arztes T. Tobler 1835 fg. und 1845 fg., 1857, 1865. Die Werke dieser Männer, zugleich die Forschungen des Amerikaners W. M. Thomson, der Deutschen H. von Schubert und Russegger, des Schotten J. Wilson und des Engländers William verarbeiteten Karl Ritter und Karl von Raumer.
Der 1865 begründete English Palestine Exploration Fund hat seit 1866 mehrere größere und kleinere Expeditionen nach Palästina ausgerüstet, begründete 1869 die Quarterly Statements, ließ 1872–77 das Westjordanland, 1881–82 einen Teil des Ostjordanlandes aufnehmen und in Jerusalem, [* 8] 1890 in Tell el-Hasi sowie 1894 wieder im Süden von Jerusalem Ausgrabungen machen. Hauptwerke: Ordnance survey of Jerusalem (1865), Recovery of Jerusalem (1871), Map of Western Palestine (26 Blätter, 1880), Survey of Western Palestine, Memoirs (7 Bde., der letzte, Jerusalem, mit einer Beigabe von 60 großen Tafeln), Survey of Eastern Palestine, 1 (1889). Über die Arbeit der Gesellschaft berichtet Twenty-one years' work in the Holy Land (1886); vgl. auch G. A. Smith, The historical geography of the Holy Land (Lond. 1894). Die wichtigsten franz. Werke sind: Guérin, Description géographique, historique et archéologique de la Palestine (7 Bde., Par. 1868–80);
Duc de Luynes, Voyage d'exploration à la mer Morte, à Petra et sur la rive gauche du Jourdain (3 Bde. und Atlas, [* 9] Par. 1874–76; in Bd. 3 Geologisches u.s.w. von Lartet).
Der Deutsche [* 10] Verein zur Erforschung P.s, 1877 mit dem Sitz in Leipzig [* 11] gegründet, giebt seit 1878 die «Zeitschrift des Deutschen Palästinavereins» in vierteljährlichen und seit 1895 «Mitteilungen und Nachrichten des Deutschen Palästinavereins» in zweimonatlichen Heften heraus. 1881 vollzog Professor Guthe in Leipzig im Auftrage des Vereins Ausgrabungen bei Jerusalem (beschrieben im 5. Bande der Zeitschrift, Sonderausgabe, Lpz. 1883); Dr. Schumacher in Haifa und Dr. Noetling nahmen 1885, ersterer auch 1891, 1894 und 1895, Teile des Ostjordanlandes auf (9., 16. und 18. Band [* 12] der Zeitschrift), Dr. Blanckenhorn 1894 Judäa und die Umgebung des Toten Meers.
Deutsche Werke: Sepp, Jerusalem und das Heilige Land (2. Aufl., Schaffh. 1872–76; neue Ausg., Regensb. 1878);
Fr. Ad. und O. Strauß, [* 13] Die Länder und Stätten der Heiligen Schrift (2. Aufl., Lpz. 1877);
Ebers und Guthe, Palästina in Bild und Wort (2 Bde., Stuttg. 1883; neue Ausg. 1886–87);
O. Ankel, Grundzüge der Landesnatur des Westjordanlandes (Frankf. a. M. 1887);
R. Röhricht, Bibliotheca geographica Palaestinae (Bibliographie der Palästinalitteratur von 333 bis 1878, Berl. 1890);
Schlatter, Zur Topographie und Geschichte P.s (Calw und Stuttg. 1893);
Buhl, Handbuch der alten Geographie P.s (Freib. i. Br. 1896).
Der russ. Palästinaverein (seit 1882), Pravoslavnoje palestinskoje obščestvo, hat sich gelehrte Arbeiten und Forschungen, die Unterstützung der orthodoxen Pilger und die Pflege des orthodoxen Glaubens im Heiligen Lande zur Aufgabe gestellt. Er hat 1883 im Osten der Grabeskirche Ausgrabungen vornehmen lassen und bereits eine stattliche Reihe von Schriften veröffentlicht, darunter das heftweise erscheinende Sammelwerk Pravoslavnyi palestinskij sbornik seit 1883. Reisehandbücher: Baedeker, Palästina und Syrien (2. Aufl., Lpz. 1880; 3. Aufl. 1891);
Liévin de Hamme, Das Heilige Land und seine Heiligtümer, deutsch von Costa-Major (3 Bde., Mainz [* 14] 1887);
Meyers Reisehandbücher: Ägypten, [* 15] Palästina und Syrien (3. Aufl., Lpz. 1895).
Die beste Handkarte ist die von H. Fischer und H. Guthe bearbeitete (Lpz. 1890); Bibelatlas von Rieß (3. Aufl., Freib. i. Br. 1895), Th. Menke (Gotha [* 16] 1868).
Geschichte. Die ältesten Nachrichten über Palästina ergaben neuerdings die Funde assyr. und ägypt. Inschriften (Fund von El-Amarna, s. d.). Die semit. Bevölkerung [* 17] lebte in kleine Gebiete zerteilt unter Stadtkönigen, die schon früh von kriegerischen und friedlichen Einflüssen Babyloniens abhängig waren. Dann unterwarf sich die 18. Dynastie der ägypt. Könige etwa um 1500 v. Chr. das südl. Syrien und scheint es auch gegen die Hethiter (Cheta) in Nordsyrien behauptet zu haben.
Eine aus Kleinasien und Griechenland [* 18] hervorbrechende Völkerwanderung machte im 12. Jahrh. dem Reiche der Hethiter ein Ende, wurde jedoch von der ägypt. Grenze durch Ramses Ⅲ. zurückgeschlagen und ließ vielleicht an der Südküste P.s, das noch einige Zeit unter ägypt. Oberhoheit blieb, das Volk der Philister (s. d.) zurück. Die Israeliten, die etwa seit 1150 allmählich zur Herrschaft über das Land gelangten, fanden keine Spur einer ägypt. Vorherrschaft vor, sondern nur kleine Gebiets- oder Stadtkönige, die nacheinander unterworfen oder getötet wurden.
Über die weitere Geschichte des Landes unter Israel s. d. Infolge des Aufstandes der Juden (66 n. Chr.) wurde Palästina eine eigene, von Syrien getrennte Provinz des Römischen Reichs unter dem Namen Judäa (s. d.). Der kaiserl. Statthalter wohnte in Cäsarea. Seit Hadrianus kam der Name Syria Palästina auf, seit Severus der kürzere Palästina. Um 300 wurde eine andere Einteilung vollzogen. Palästina prima umfaßte das Westjordanland südlich von der Ebene Jesreel und dem Karmel bis Beerseba samt der Küste und einem kleinen Teil des Ostjordanlandes Jericho gegenüber bis zu den heißen Quellen am Wadi Zerka Main; Palästina secunda war durch Phoenice vom Meere getrennt und umfaßte die Ebene ¶
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818 Jesreel, das alte Galiläa, den Dscholan und den nördl. Teil des alten Gilead; Palästina tertia oder salutaris umfaßte das Land zwischen den beiden Meerbusen des Roten Meers im S. bis Beerseba im N. und dem Wadi Zerka Main im O. des Toten Meers. Nach der Teilung des Römischen Reichs (395) gehörte Palästina zu dem östl. Teil. Der Chalif Omar entriß es 636 den Byzantinern, worauf Palästina die Militärbezirke Filastin und el-Urdunn (Jordan) bildete. Jener umfaßte die südl. Gebiete (Hauptstadt Ludd, dann er-Ramle), dieser die nördl. Gebiete (Hauptstadt Tabarije).
Seitdem 1096 die Kreuzzüge (s. d.) begonnen hatten, bildeten sich auf dem Boden P.s christl. Feudalstaaten, von denen das Königreich Jerusalem (s. d.) der bedeutendste war. Als dieses 1187 zusammenbrach, entstanden mehrere kleinere, von Ägypten abhängige Herrschaften in Damaskus, in Gaza, in Kerak und Safed. Im 14. Jahrh. war Palästina in die beiden Bezirke Filastin (Hauptstadt Ilija, d. i. Aelia, Jerusalem) und Hauran (Hauptstadt Tabarije) geteilt. Durch innere Unruhen und durch die Einfälle der Mongolen kam Palästina sehr herunter. 1518 fiel es an die türk. Osmanen.
Die Ägyptische Expedition der Franzosen führte Napoleon Ⅰ. auch nach Palästina, wo er Jaffa eroberte, Akka vergeblich belagerte und den Türken auf der Ebene Jesreel eine Schlacht lieferte. 1831 besetzte Mehemed Ali von Ägypten Palästina, bis es 1840 durch Englands und Österreichs Vermittelung wieder den Türken zurückgegeben wurde. Das schwache Regiment der Türken hat zu verschiedenen Malen den Versuch zur Gründung kleiner selbständiger Reiche gestattet, so den des Drusenfürsten Fachr ed-Din im Anfang des 17. Jahrh., des Zahir el-Amr um 1750 und nach ihm des Ahmed ed-Dschezzar und seiner Nachfolger (1775–1832) in Akka.
Ungefähr seit 1840 hat jedoch die türk. Regierung sich eine festere Stellung im Lande zu schaffen gesucht und manche Reformen eingeführt. Schulen sind gegründet, Straßen gebaut, sogar Konzessionen zum Bau der Jaffa-Jerusalemer Eisenbahn (s. d.) und der von Beirut sowie von Haifa nach Damaskus erteilt. Das hauptsächliche Verdienst um die Hebung P.s gebührt den Missionen der verschiedenen christl. Kirchen, unter denen die prot. Amerikaner, Engländer und Deutschen die ersten waren.
Die Deutsche Tempelgesellschaft hat seit 1868 vier Kolonien in Palästina gegründet: in Jaffa, Sarona, Haifa und Jerusalem. Neuerdings macht der Palästinaverein der Katholiken Deutschlands [* 20] ähnliche Versuche. Die türk. Verwaltung ist gegenwärtig folgende: der südl. Teil des Westjordanlandes bildet das Mutesarriflik el-Kuds oder Jerusalem;
der nördl. Teil des Westjordanlandes steht unter dem Wali (Statthalter) von Beirut, während das Ostjordanland zu dem Wilajet Damaskus gehört.