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eigenen Lehnsgericht zusammentraten. Diese Ein- richtung wurzelte in dem Grundsatze der altgerman. Volksgerichte, nach welchem alle Teilnehmer am Ge- richt freie Männer und Teilnehmer der Volks- genossenschaft sein müssen. Jedermann soll von «Seinesgleichen» in diesem Sinne gerichtet werden (.juäicium Mrium). ?ar68 re^ni war noch später die regierende Klasse geistlicher und weltlicher Herren, welche in Beteiligung an den Staatsgeschäften eine engste höchste Rechtsgenossenschaft bildeten. In Deutschland [* 2] haben sich aus diesen großen Vasallen die Reichsstände hervorgebildet, in welchen das Lehnswesen des Mittelalters den Grundsatz der Selbstverwaltung in großartigstem Stil und in dauerhaftester Gestalt entwickelte.
Diese Reichs- vasallen trugen die ordentlichen Lasten der Staats- und Rechtsverwaltung aus den Einkünften ihres Kammerguts. Sie stellten das Reichsheer. Sie versahen wesentlich alle Funktionen des mittel- alterlichen Staates. Die Ungleichheit des Besitzes und Einflusses aber, von den größten Fürsten und Erzbischöfen bis zu sehr kleinen Reichsgrafen und Äbten herab, war eine so große, daß der Gedanke einer vollen Rechtsgleichheit (Pairie) sich hier nicht entwickelte.
Die drei größten Erzbischöfe und die vier größten weltlichen Fürsten sonderten sich indessen im 14. Jahrh, als «Kurfürstenkollegium» mit dem Vorrechte der Kaiserwahl und andern hohen Privilegien von ihren Standesgenossen ab. Rechtlich bestätigt wurde dieses Verhältnis durch die Goldene Bulle (s. d. sowie Kurfürsten und Fürst). Es war dies eine Pairie in höchstem Maßstabe, ob- gleich jener Ausdruck dafür niemals üblich war. In Frankreich war beim Aussterben der Dy- nastie Karls d. Gr. eine große Zahl geistlicher und weltlicher Grundherren in fast souveräner Stellung vorhanden, welche aus ihrer Mitte (987) Hugo Ca- pet als ihren neuen König mit sehr beschränkten Ehrenrechten wählten.
Die Erzbischöfe, Bischöfe und Abte, die Herzöge, Grafen und andere Seigneurs waren zwar sehr ungleich in Besitz und Macht, be- trachteten sich aber doch im ganzen als Standes- genossen den indessen auch damals schon die größten unter den Kronvasallen angesehen, nämlich: Hugo Capet selbst, die Herzöge von Burgund, Aquitanien und Normandie und die Grafen von Flandern, Tou- louse und Champagne. Diesen Pairs fügte Capet den Erzbischof von Reims [* 3] als ersten Kirchenfürsten, desgleichen die Bischöfe von Laon, Veauvais, Noyon, Ludwig VII. den Bischof von Chalons hinzu.
Diese alte Pairie trat zuweilen als Ge- richtshof in Lehnsirrungen, Verbrechen der Großen und Streitigkeiten mit der Krone als engster Kreis [* 4] der Großvasallen aus der größern Zahl der Prä- laten und Barone hervor, erlosch aber bis auf die geistlichen Pairs allmählich durch die Vereinigung der großen Lehen mit der Krone. Gegen Ende des 13. Jahrh, schuf man nunmehr neue Pairien, erst zu Gunsten der königl. Prinzen, dann auch anderer. Zu den Reichsversammlungen wurden aber neben den Pairs auch die übrigen mächtigen Barone und geist- lichen Würdenträger zugezogen.
Philipp IV. berief seit 1302 auch die Abgeordneten der Städte in die Reichsversammlung, die nun mit den beiden andern Ständen die Nat8 ^nei-aux (s. d.) bildeten. Die Privilegien der höchsten Adelskaste bestanden jetzt nur noch darin, daß sie in der (Fi-anäe cliamdre des Parlaments Sitz und Stimme besaßen, ihren Gerichtsstand bei diesem Gerichtshofe hatten und sich mehrerer Ehren- und Hofrechte erfreuten. Die älteste Familie solcher Art war die der Montmorency (seit 1551). Beim Ausbruch der Revolution gab es 38 weltliche Pairs, die sämtlich den Herzogstitel führten. In England wurden unter den normann.
Kö- nigen zuerst alle unmittelbaren Lehnsmannen des Königs als Peers bezeichnet, doch wurde der Name später nur für diejenigen unter ihnen angewandt, welche in den Großen Rat (s. Englische [* 5] Verfassung und l^oräZ, Ü0U86 of) berufen wurden: die sog. VaronLZ M3.M-63. Auf diese Weise wurde die Viit- glieoschaft im Großen Rate identisch mit der Pairs- würde, und als die Könige später auch andere an- gesehene Männer wegen ihrer persönlichen Eigen- schaften oder ihrer amtlichen Stellung zur Teil- nahme an den Versammlungen beriefen, wurden auch diese als Pairs bezeichnet.
Auf diese Weise ent- stand der Unterschied zwischen der Pairswürde, die den großen Grundbesitzern als solchen zustand l?66r^6 d^ tellnik) und der Pairswürde durch Berufung (?66i-aF6 d^ viit). Die Pairswürde wird jetzt immer durch Patent verliehen und in diesem Bestimmung über die Vererbung getroffen; in der Regel geht die Würde auf den ältesten männlichen Descendenten des ältesten männlichen Stammes über, doch vererben sich einige 1^66i'^63 auch in der weiblichen Linie.
Die engl. Peers sind jetzt alle Pairs des Vereinigten [* 6] Königreichs; schottische Pairs kön- nen seit 1707 nicht mehr ernannt werden; ein irischer Pairs wird stets ernannt, wenn drei I66i-^68 durch Aussterben der Erben erloschen sind, und dies wird fortgesetzt, bis die Zahl auf 100 gesunken ist. Im übrigen ist die Zahl der Pairs nicht beschränkt. Die einzigen wertvollen Privilegien der Pairs sind Rang und Titel und der Sitz im Hmi86 ok I^oräs (der schottischen und irischen Pairs nur zusteht, wenn sie erwählte Vertreter ihrer Körperschaft sind, s. I^oräs, Ü0U86 ok).
Das Recht des freien Zutritts zum Souverän wird jetzt nicht mehr beansprucht, und das Recht des ^uäicwin ^rinni (des Gerichtsstandes der Peers vor dem Oberhause) hat auch keine Be- deutung mehr. Durch die Revolution ging die alte Verfassung Frankreichs zu Grunde und erst mit der Restau- ration der Vourbonen wurde durch die Artikel 24 -34 der Charte 1814 eine neue erbliche Pairs- kammer eingeführt, die neben der Teilnahme an der Gesetzgebung auch der Gerichtshof für die Staats- verbrechen und Ministeranklagen sein sollte.
Der König ernannte 200 Pairs; allein die Elemente zn einer Würde nach dem Muster der englischen fehlten. Die Regierung sah sich deshalb genötigt, mit der Pairswürde Pensionen zu verbinden und die Erb- lichkeit der Würde an die Bedingung einer Fami- lienstiftung zu knüpfen, was aber nur zum Teil ausgeführt wurde. So konnte die Pairie von An- fang an kein selbständiges polit. Leben gewinnen. Nach der Iulirevolution versuchte man der Pairie, als dem Princip der Stabilität, neues Leben ein- zuhauchen. Die strengere Doktrin suchte die Erb- lichkeit der Pairswürde zu retten. Die Deputier- tenkammer hingegen erklärte sich mit großer Ma- jorität für die Pairie auf Lebenszeit, erteilte jedoch dem Könige das ausschließliche Recht, die lebens- länglichen Pairs zu ernennen. Häufige Ernennungen steigerten bis 1848 die Zahl der Mitglieder auf 300. Die Februarrevolution von 1848 beseitigte auch die Pairskammer. In dem Senat, den die ¶