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die brit. Truppen in Indien mit dem Magazingewehr ausgerüstet sind, haben sämtliche ind. Regimenter im Laufe der letzten Jahre Henry-Martini-Gewehre erhalten. Die Kavallerieregimenter sind meist mit Lanze (zuweilen nur das erste Glied), [* 2] Karabiner oder Pistole oder Säbel bewaffnet und tragen Reiterstiefeln, verschiedenfarbige, langschößige Blusen und Turbans; die irregulären Reiterregimenter tragen Nationaltracht und werden von eingeborenen Offizieren befehligt.
Die Kavallerie remontiert sich aus Belutschistan, Afghanistan [* 3] und Kaschgar, bezieht jedoch auch Pferde [* 4] aus den ind. Landgestüten. In Adschmir besteht ein besonderes, mit Kamelen berittenes Ordonnanzkorps (Camel Sowars). Die wenigen leichten Feld- und Gebirgsbatterien werden aus Europäern und Gebirgsbewohnern ergänzt und von Engländern befehligt. Die Gebirgsbatterien führen 4 siebenpfündige Stahlgeschütze von 200 Pfd. Gewicht. Die eingeborenen Offiziere gehen aus den Unteroffizieren hervor.
Stäbe, taktische Ausbildung und Organisation im Kriege sind entsprechend wie in der brit. Armee. Eine Infanteriebrigade besteht in der Regel aus 1 brit. und 3 eingeborenen Bataillonen. Die Befehlsverhältnisse der drei Armeen haben seit dem Weggang des bisherigen Oberkommandierenden, Generals Roberts, eine Änderung erfahren. Während die Armeen von Madras [* 5] und Bombay [* 6] bisher unter direkter Oberaufsicht der bezüglichen Verwaltungspräsidenten standen, sind sie aus diesem Verhältnis heraus dem direkten und alleinigen Oberbefehl des Oberkommandierenden, Befehlshabers der Armee von Bengalen, General White, unterstellt worden.
Die ind. Truppen verursachen nur verhältnismäßig geringe Ausgaben. Im Durchschnitt betrugen die Heeresbudgets der neuesten Zeit wenig über 21 Mill. Pfd. St., in dem Budget für 1893/94: 23,01 Mill. Pfd. St. Die Unterhaltungskosten (Sold, Bekleidung, Ausrüstung, Krankenpflege u. s. w.) eines Infanteriebataillons stellen sich im Frieden auf 183651, eines Kavallerieregiments auf 327816 Rupien jährlich. Nach Abzug der hohen Besoldungen und sonstigen Bezüge der brit. Offiziere kostet durchschnittlich ein ind. Soldat, einschließlich der ind. Offiziere, jährlich bei der Infanterie 225 M., bei der Kavallerie mit Einschluß der Remontierung 651 M. Aber der ind. Soldat steht sich dabei doch erheblich besser und ist besser verpflegt, bekleidet und untergebracht als der Arbeiter, und genießt noch mancherlei andere Vorteile, unter anderm freie Eisenbahnfahrt bei Beurlaubung, Soldzulagen beim Weiterdienen. Die ind. Offiziere beziehen zwar viel geringeres Diensteinkommen als die britischen, sind jedoch ungefähr so wie der wohlhabendere Bürgerstand gestellt. Sowohl die Offiziere wie die Mannschaften sind deshalb zufrieden, und es würde leicht eine bedeutend größere Zahl tauglicher Ersatzmannschaften in Indien angeworben werden können, falls die Regierung eine Verstärkung [* 7] des Heers für notwendig halten sollte.
Die Kriegsflotte für Britisch-Indien zählte Ende 1895 folgende Schiffe: [* 8] 2 im J. 1870 gebaute zweitürmige Panzermonitors, 2 Torpedobootzerstörer, 1890 und 1891 erbaut, 7 Torpedoboote erster Klasse, 1 Radaviso, 8 Truppentransportschiffe, ferner 9 Raddampfer, darunter 1 Jacht, 3 Flußdampfer, 1 Vermessungsschiff, 2 Schlepper und 2 Flußkanonenboote mit Heckrad.
Unterrichtswesen. Von der Gesamtbevölkerung waren 246 Mill. erwachsene Analphabeten, 3,19 Mill. wurden unterrichtet, für 25 Mill. fehlte der Ausweis. Die Bemühungen der Regierung, der städtischen Behörden und Privaten zeigen sich am deutlichsten in dem Anschwellen der Ausgaben für öffentlichen Unterricht, diese betrugen 1858: 394000, 1865: 671000 und 1893/94: 32,5 Mill. Rupien. Seit 1883 versucht man die Gründung von Privatschulen zu fördern, Mädchenschulen, die bisher vernachlässigt waren, und solche für Mohammedaner, die fast ganz fehlten, zu errichten.
Doch sind die Erfolge noch sehr gering; nur etwa 21 Proz. der Knaben und etwa 2,2 Proz. der Mädchen im Schulalter haben Unterricht. Es bestehen für Knaben 91785 Primär-, 4665 Sekundär- und 575 höhere Fachschulen mit mediz., gewerblichen, technischen Kursen u. s. w. Für Mädchen sind die Ziffern 5613, 432 und 53. Dazu kommen 42822 und 1489 Privatunternehmungen. Auch hat man Normalschulen als Lehrerseminare errichtet. Die fünf Universitäten in Kalkutta, [* 9] Bombay, Madras, Allahabad und im Pandschab sind nur Prüfungsbehörden, denen aber zahlreiche Colleges (152 für männl., 4 für weibl. Studenten) affiliert sind. (S. auch Hindubewegung.)
Zeitungswesen. Die Presse [* 10] hat in der neuesten Zeit einen bedeutenden Aufschwung genommen. In ganz Ostindien [* 11] erscheinen ungefähr 1180 Zeitschriften, Zeitungen, Magazine u. s. w. An eigentlichen Zeitungen werden 750 gezählt. 290 Zeitungen werden in engl. Sprache [* 12] gedruckt, während gegen 547 in den verschiedenen Landessprachen erscheinen, hauptsächlich in Hindustani, Mahrati, Tamil, Urdu, Telugu und einige in Sanskrit und in arab. Sprache. Ungefähr 60 Zeitungen sind zweisprachig.
Die engl. Zeitungen stehen der Bedeutung und der Auflage (2-4000) nach obenan. Sie werden mit wenigen Ausnahmen von Engländern redigiert. Einige stehen unter ind. Leitung, z. B. «The Indian Mirror» in Kalkutta, und dienen dann meistens der Opposition. Die leitende Stelle nimmt die Presse von Kalkutta ein, besonders: «The Calcutta Englishman», 1821 als «John Bull in the East» begründet, und die seit 1864 erscheinenden «Indian Daily News». In Bombay sind die «Bombay Gazette» und die «Times of India» die täglichen Zeitungen. In Puna erscheint täglich «The Deccan Herald and Daily Telegraph» [* 13] und «The Poona Observer». Im Pandschab giebt es nur eine tägliche engl. Zeitung «The Tribune» (1500 Exemplare).
Die 1868 gegründete «Madras Mail» und die 1856 ins Leben getretene «Madras Times», «The Allahabad Morning Post» und der 1856 begründete «Allahabad Pioneer'» sind tägliche Blätter. In Dehli erscheint die tägliche «Delhi Gazette» und in Lakhnau dreimal wöchentlich der «Lucknow Express». Diese angloind. Blätter, obwohl verschiedener Parteirichtungen, sind regierungsfreundlich. Die ind. Blätter («The Vernacular-Press») sind durchweg regierungsfeindlich und antienglisch.
«Indien für die Indier» ist ihr Schlachtruf. Meistens sind diese Blätter der Billigkeit und der umständlichen Schriftzeichen halber nur lithographiert. Beinahe allwöchentlich entstehen und vergehen neue Blätter. Nur 30 dieser Blätter haben Auflagen von über 2000 Exemplaren. Sie erscheinen meist einmal wöchentlich. Das wichtigste Blatt [* 14] für die Eingeborenen ist der «Bangabasi» in Kalkutta (angeblich 20000 Exemplare). In Bombay ist der 1851 begründete «Rast Goftar» sehr angesehen ¶
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(5000 Exemplare). Vorzüglich redigiert ist der unparteiische, in Lakhnau erscheinende «Oudh-i-Akbar» sowie die «Achbar-e 'amm» in Lahaur.
Von religiösen Blättern in engl. Sprache sind anzuführen: «The Indian Christian Herald», «The Mahomedan Observer», «The Indian Freemason» in Kalkutta;
«The Catholic Examiner» in Bombay.
Fachblätter sind: «The Indian Jurist» in Madras, «The Planter's Gazette» in Kalkutta, «The Indian Statesman» in Madras, und täglich in Lahaur erscheinend «Civil and Military Gazette». Von Zeitschriften, teils monatlich, teils vierzehntägig und vierteljährlich, sind die bekanntesten: «The Bangalore Spectator», «The Voice of India» (beide monatlich),
ferner «The Indian Review» in Kalkutta;
«The Indian Annals» in Bombay, «The Indian Church Quarterly Review» in Kalkutta, «The Indian Journal of Arts, Science and Manufactures» in Madras und «The Indian Law Magazine» in Bombay.
Litteratur zur Geographie und Statistik. Thornton, A Gazetteer of the territories under the governement of the East-India Company (2. Aufl., Lond. 1857);
H., A. und R. von Schlagintweit, Results of a scientific mission to India and High-Asia, undertaken between the years 1854 and 1858 etc. (4 Bde., mit Atlas, [* 16] Lpz. 1860-66);
Schlagintweit-Sakünlünski, Reisen in Indien und Hochasien (3 Bde., Jena [* 17] 1869-72);
Duncan, Geography of India (Madras 1876);
Haeckel, Indische Reisebriefe (3. Aufl., Berl. 1893);
Mantegazza, India (2 Bde., deutsch Jena 1885);
Werner, Das Kaiserreich Ostindien (ebd. 1884);
Baden-Powell, The land systems of British India (3 Bde., Oxf. 1892);
Oldham, A manual of the geology of India (Kalk. 1893);
die Reisehandbücher von Murray, Bradshaw.
Das wichtigste Werk ist: Hunter, The Imperial Gazetteer of India (14 Bde., 2. Aufl., Lond. 1885-87), wovon Bd. 6 als The Indian Empire (2. Aufl., ebd. 1893) separat erschienen ist. Constable, Hand [* 18] Atlas of India (Westminster 1893); Johnston, Atlas of India (1:325000; Edinb. und Lond. 1894).
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II. Hinterindien [* 19] ist von Meridiangebirgen durchzogen, die vom östl. Tibet her durch die Halbinsel streichen, im N. durch tiefe Längsthäler voneinander geschieden, aber im einzelnen noch ungenügend erforscht sind. Nicht einmal der Ursprung der großen Ströme ist mit voller Sicherheit festgestellt. Malaka ist als eine landfest gewordene Insel anzusehen. Jetzt ist das Land im W. in engl. Besitz und wird zu Britisch-Indien gerechnet. (S. Assam, Birma, Manipur, Malaka und Straits Settlements.) Die selbständigen oder von Frankreich abhängigen Teile sind unter Annam, Siam, Cochinchina, Kambodscha und Tongking [* 20] behandelt.
Entdeckungsgeschichte. Während Britisch-Indien, insbesondere Vorderindien genau erforscht und topographisch aufgenommen ist, ist Hinterindien von allen Ländern Asiens den Europäern am spätesten bekannt geworden; am thätigsten waren dabei Missionare und polit. Agenten. Die erste Karte von Annam und Cochinchina, aus dem J. 1635, rührt von dem Pater Alexander de Rhodes her. Am Ende des 17. Jahrh. hatte nur Siam noch Beziehungen zu Europa. [* 21] Erst durch die Reisen Tochards 1685 und 1687 erfuhr man, wie fehlerhaft die Längenbestimmungen des Ptolemäus für diese Länder seien.
Erst am Ende des 18. Jahrh. wurden die Küstenumrisse genauer aufgenommen. Colonel Symes kam 1795 als Gesandter nach Ava, 1821 John Crawfurd in gleicher Eigenschaft nach Hue und 1826 nach Ava. Lieutenant MacLeod drang 1837 zu Lande zur Hauptstadt von Laos, Xiang-tong, vor. 1824 eroberte England Arrakan, 1852 Pegu; darauf folgte 1855 die Gesandtschaft Phayres nach Amarapura; den Bericht darüber schrieb der Gesandtschaftssekretär H. Yule (s. d.). Unter den kath. Missionaren, die um diese Zeit thätig waren, sind zu nennen Pallegoix, Miche, Combes, Bigandet, Taberd und Bouillevaux. 1861 erforschte Mouhot, von Bangkok [* 22] ausgehend, den Me-kong bis Luang Prabang, 1862 wurde die franz. Niederlassung an der Mündung des Flusses gegründet, 1864 das Protektorat auf Kambodscha ausgedehnt. A. Bastian (s. d.) bereiste 1861-63 Birma, Siam, Kambodscha und Cochinchina. Das bedeutendste Unternehmen war die franz. Expedition zur Erforschung des Me-kong, welche unter de Lagrée und nach dessen Tode unter Garnier 1866-68 von Cochinchina den Me-kong aufwärts bis nahe an die chines. Grenze verfolgte, dann durch Jün-nan zum Jang-tse-kiang ging und 1872 zurückkehrte. Garnier wurde bei Untersuchung des Tongkingflusses ermordet. Harmand besuchte 1875 Kambodscha, 1876-77 die Laoländer.
Das Bestreben der Engländer, einen Landweg für den Handel zwischen Indien und China [* 23] aufzufinden, hat zu mehrern Forschungsreisen Anlaß gegeben, unter denen hervorzuheben sind die von Williams 1867, Sladen 1868, Cooper 1868 und 1870, Lowndes 1871, Browne 1874, Margary 1874-75, MacCarthy 1877. Die weitere Erforschung haben sich ganz besonders die Franzosen angelegen sein lassen. Dutreuil de Rhins erforschte 1876-77 die Küste des Reichs Annam und ganz besonders die Umgegend von Hue;
den Song-ka, den Hauptfluß von Tongking, untersuchten Dupuis 1870 und Kerjaradec;
Harmand überschritt 1877 als erster europ. Forscher die Wasserscheide zwischen dem Me-kong und der chines. Südsee;
Neis und Gautier bereisten 1880-82 die Gebiete der Moï-Stämme zwischen Annam, Siam und Cochinchina.
Aumoitte ging Juli und Aug. 1881 in Tongking von Ha-noi über Langson nach That-ke; 1882 durchwanderten die Missionare Blanck, Cudrey und Satre das Land Tran-Ninh (Trane-Ningh), westlich vom südl. Tongking. Prud'homme bereiste 1882 das südl. Kambodscha; Aymonnier den zwischen dem Me-kong und dem großen See Bien-ho belegenen wenig fruchtbaren Teil dieses Landes und 1883/84 die Lao. In Siam drang 1881-82 Bock [* 24] von Bangkok bis Xieng-mai vor. Neiß erforschte seit Ende 1882 die Gebiete zwischen dem Me-kong, Tongking und der chines. Provinz Jün-nan und kehrte im April 1884 nach Bangkok wieder zurück. 1884 bereiste Holt Hallet von Malmen aus die Schan-Gebiete. 1882-84 wurde Tongking von den Franzosen, 1886 das Königreich Birma von den Briten erobert. Colquhoun untersuchte seit Juli 1886 die Grenzstriche zwischen Oberbirma und Assam. 1893 trat Siam das linke untere Me-kong-Ufer an Frankreich ab. Seit 1894 wurde die Festlegung der Grenze zwischen Oberbirma und China begonnen. Der Plan, die Halbinsel Malaka im Isthmus von Krah zu durchstechen, um die Fahrt von Vorderindien nach China abzukürzen, veranlaßte Deloncle und Harmand sowie Fraser und Forlong zu Untersuchungen an dieser Stelle.
Geschichte Ostindiens. Die älteste Geschichte von Vorderindien ist durchaus dunkel. Die ¶