früher ein deutsches Fürstentum, das ursprünglich die niederländ.
Provinz Groningen (außer der Stadt Groningen), das nördl. Oldenburg
[* 2] und das hannov.
Friesland umfaßte und später auf letzteres
beschränkt wurde, welches, im nordwestl. Winkel
[* 3]
Deutschlands
[* 4] gelegen, jetzt mit dem
Harlingerland (s. d.) den preuß. Reg.-Bez.
Aurich
[* 5] bildet. Die Ostfriesen haben aus der Urzeit und dem Mittelalter viel
Germanisches festgehalten,
namentlich die Selbständigkeit des Gemeindelebens.
Die fries.
Sprache
[* 6] ist jetzt fast ganz durch das Plattdeutsche verdrängt worden. (S. Friesen,
Friesland, Friesische
Sprache
und Litteratur.) Hauptzweige des Erwerbs sind
Ackerbau, Viehzucht,
[* 7] Seefahrt.
Der Ackerbau unterscheidet sich vorteilhaft von
dem in Oldenburg, Meppen und weiterhin; blühend ist er in der
Marsch, wo viele
Bauernhöfe Edelsitzen
gleichen. Die Viehzucht wird durch den Graswuchs, dieser durch das feuchte
Klima
[* 8] gefördert. Hauptprodukte sind
Pferde,
[* 9] schweres
Rindvieh, fette
Gänse, Getreide,
[* 10] Raps,
Torf. Bedeutend ist der Fischfang; der Heringsfang bei
Schottland ist in
Verfall,
die Industrie
ist gering. - Das Land war im Mittelalter in viele Herrschaften geteilt; in kirchlicher Hinsicht gehörte
der Nordosten zum Erzbistum
Bremen,
[* 11] der Südwesten zum
BistumMünster.
[* 12]
Der Häuptling Edzard Cirksena von Greetsiel vereinigte mit Zustimmung des
Volks um 1430 den größten
Teil von Ostfriesland. Sein
Bruder
wurde 1454 Reichsgraf, ein anderer Nachfolger, EnnoLudwig, 1654 Reichsfürst. Unter Edzard I., d. Gr.
(1491-1528), der die Häuptlinge von
Harlingerland und von Jever zur Unterwerfung zwang, ein neues
Landrecht schuf und die
Primogenitur einführte, wurde 1527-28 Ostfriesland der
Reformation gewonnen. Im Nov. 1622 besetzte Ernst von
Mansfeld Ostfriesland. Heftige Zwistigkeiten
zwischen dem Fürstenhause und den
Ständen zerrütteten im 17. Jahrh. das Land, so daß die Nachbarstaaten,
darunter auch
Brandenburg
[* 13] seit Kurfürst
Friedrich Wilhelm, in Ostfriesland
Besatzungen hielten. Der letzte Cirksena,
Karl Edzard, starb
und infolge seiner 1694 vom
Kaiser bestätigten
Anwartschaft ergriff
Preußen
[* 14] von
Emden
[* 15] aus
Besitz, bevor Hannover
[* 16] und andere
Prätendenten den
Tod jenes Fürsten erfuhren. Ostfriesland fiel 1807 an
Holland, Juli 1810 an
Frankreich; von
Preußen an Hannover abgetreten, kam es 1866 an ersteres zurück.
Vgl.
Arends, Ostfriesland und Jever (3 Bde.,
Emden 1820);
Friccius, Hinterlassene
Schriften (hg. von
Beitzke, Berl. 1867);
die östl. Gruppe german.
Völker (s.
Germanen) von der ältesten Zeit bis zur Mitte des 1. Jahrh. n. Chr.
Das Hauptvolk der Ostgermanen waren die ursprünglich an der Weichselmündung angesessenen Goten
(s. d.); ihnen eng verwandt waren die
Rugier,
Vandalen, Silingen; etwas ferner standen die im heutigen
Posen
[* 18] und bis zur Weichsel
heimischen
Burgunden (s.
Burgund). Auch die Gepiden gehörten dieser Gruppe an. Im 1. Jahrh. n. Chr.
zerfielen die Ostgermanen in zwei größere
Stämme.
Während das herrschende
Volk im Norden die Goten waren, bestand in
Schlesien
[* 19] der Stammesbund der
Lugier (s. d.). Die besondere
Einheit der ostgerman.
Stämme gegenüber den Westgermanen (s. d.) ist sicher erwiesen durch
Sprache,
Verfassung und
Bewaffnung.
Noch unerledigt ist die Frage, ob die Ostgermanen mit den Nordgermanen (Skandinaviern) zusammen
eine besondere Gruppe bilden. Es läßt sich historisch wahrscheinlich machen, daß die Besiedelung
Skandinaviens in vorchristl.
Zeit durch die Ostgermanen der Ostseeküste erfolgt ist. So findet sich im besondern der
Name Goten auch im südl.
Schweden
[* 20] als Stammesname
wieder. Beide Gruppen werden darum auch vielfach als Ostgermanen bezeichnet.
Über dieSprache der s.
Germanische Sprachen.
ein
Teil des großen german.
Stammes der Goten (s. d.), der im 4. Jahrh.
n. Chr. ein großes
Reich im N. des
SchwarzenMeers gegründet hatte, aber 375 dem Ansturm der Hunnen erlag und nun deren Hoheit
unterstand. Von dieser Zeit an bis auf
Theodorich d. Gr. hatten die Ostgoten bald keinen König, bald zwei oder
drei nebeneinander. 451 leisteten sie
Attila Heeresfolge nach
Gallien. Nach
AttilasTode vernichteten sie mit den Gepiden das
Hunnenreich und wohnten in
Ungarn,
[* 21] von wo sie häufig in das röm. Gebiet einfielen, während andererseits
auch zahlreiche Haufen in röm. Dienst traten. In diesen Verhältnissen ist
Theodorich (s. d.) d. Gr. erwachsen, sein
Vater Theodemir und dessen
Bruder Widemir standen an der
Spitze der Ostgoten und beschlossen, bessere Sitze zu suchen. 473 zog Widemirs
Schar gegen Westen und vereinigte sich in
Gallien mit den Westgoten, Theodemir über die Donau in das
heutige
Serbien.
[* 22]
Nach Theodemirs
Tode wählte das
VolkTheodorich zum Könige; aber große Scharen der Ostgoten standen unter andern Führern, die
bald im Dienst
Roms, bald gegen
Rom
[* 23] miteinander kämpften; indes 488 gelang es
Theodorich, als er gegen den über
Italien
[* 24] herrschenden
Odoaker zog, den größern
Teil unter seiner
Führung zu vereinigen. Auch
Rugier und Haufen anderer verwandter
german.
Stämme schlossen sich an. Nach der Ermordung Odoakers (493) dehnte
Theodorich sein
Reich über ganz
Italien, die
Inseln,
die Alpenländer und
Dalmatien, seit 510 auch über die Provence und das Westgotische
Reich in
Spanien
[* 25] aus.
Nach seinem
Tode (526) verfiel das
Reich unter
Amalasuntha (s. d.) und deren Mitregenten
Theodat (s. d.);
auch die Tapferkeit des Königs Vitiges (536-539) und des großen
Totila (541-552) Kraft
[* 26] und Klugheit vermochten nicht in
dem seit 535 mit dem
ByzantinischenReich ausgebrochenen
Krieg, der von Justinians tüchtigsten Feldherren,
Belisar und Narses,
geführt wurde, trotz vieler einzelnen Erfolge die Oberhand zu gewinnen. Der Übermacht der
Byzantiner,
die von zahlreichen german. Hilfstruppen unterstützt wurden, unterlagen die Ostgoten unter
ihrem Könige
Tejas schließlich in dem Heldenkampf am
Vesuv
[* 27] (552), wo ein großer
Teil des
Volks seinen
Untergang fand; fränk.
Scharen, die angeblich den Goten zu Hilfe kamen, verheerten das
Land und wurden 554 von Narses bei
Capua
besiegt; darauf ergab sich auch die letzte got. Festung
[* 28] Campsa. Die Reste der Ostgoten verschmolzen
mit der ital.
Bevölkerung.
[* 29]
An dem
SchwarzenMeere waren von alters her Ostgoten sitzen geblieben, die sog. Krimgoten oder
Tetraxitischen Goten, in der Krim
[* 30] und am
Kuban, wo sie zu Justinians Zeit mit den uturgurischen Hunnen verbündet erscheinen. Reste von ihnen scheinen sich
in den
Gebirgen der Krim
bis in das 16. Jahrh. erhalten zu haben.
Vgl. Manso, Geschichte des Ostgotischen
Reichs in
Italien (Bresl. 1824);