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Die gemeinsame Staatsschuld betrug ohne die Staatsnoten 2757,62 Mill. Fl., davon konsolidierte Schuld 2704,45, Schuld der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder (Österreich) [* 2] 1274,07, beide zusammen sonach 4031,74 Mill. Fl. Die Grundentlastungsschuld der Kronländer, für welche der österr. Staat garantiert, ist bis auf den Betrag von 1,03 Mill. Fl. bereits getilgt. Die gemeinsame schwebende Schuld betrug 38,6 Mill. Fl. in Partial-Hypothekaranweisungen (Salinenscheinen) und 303,3 Mill. Fl. in Staatsnoten, zusammen sonach 341,91 Mill. Fl. Die rein ungar. Staatsschuld betrug Anfang 1894: 2302,34 Mill. Fl., worin die ungar. Grundentlastungsschuld von 197,53 Mill. Fl. inbegriffen ist. Die Zinsen der Staatsschuld betragen für Österreich 104,79, für Ungarn [* 3] 120,94 Mill. Fl.
Gerichtswesen. I. Österreich. Die Rechtspflege ist in der Monarchie von der Verwaltung getrennt und wird in Österreich gehandhabt in der ersten Instanz von 930 Bezirksgerichten (Einzelrichter) und 71 Gerichtshöfen (Kollegialgerichte und zwar 15 Landes-, 53 Kreis- und 3 Handelsgerichte), in der zweiten Instanz von 9 Oberlandesgerichten (in Wien, [* 4] Graz, [* 5] Triest, [* 6] Innsbruck, [* 7] Zara, [* 8] Prag, [* 9] Brünn, [* 10] Krakau, [* 11] Lemberg) [* 12] und in dritter Instanz vom Obersten Gerichts- und Kassationshof in Wien.
Außerdem bestehen in Wien noch der Staatsgerichtshof zur Entscheidung von Ministeranklagen auf Grund des Ministerverantwortlichkeitsgesetzes, das Reichsgericht zur Entscheidung von Streitigkeiten öffentlichen Rechts und von Kompetenzkonflikten, und der Verwaltungsgerichtshof zur obersten Entscheidung in Verwaltungssachen. Im Gebiet der gesamten Österreichischer M. gilt das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (s. d.). Das Gefängniswesen steht unter den Staatsanwaltschaften und dem Justizministerium.
II. In Ungarn wird die Rechtspflege gehandhabt in erster Instanz von 65 königl. Gerichtshöfen und den ihnen unterstehenden 385 Bezirksgerichten; in zweiter Instanz von den königl. Gerichtstafeln in Budapest, [* 13] Debreczin, [* 14] Fünfkirchen, [* 15] Großwardein, [* 16] Kaschau, Klausenburg, [* 17] Maros-Vásárhely, Preßburg, [* 18] Raab, [* 19] Szegedin [* 20] und Temesvár; in dritter Instanz von der königl. Kurie in Budapest. Ferner besteht ein Handels- und Wechselgericht in Budapest, ein Seegericht in Fiume, [* 21] ein oberstes Disciplinargericht und ein Centralgrundbuchamt in Budapest.
Über das Gerichtswesen in Kroatien s. d.
Heerwesen. Über Heer, Marine und Festungen s. Österreichisch-Ungarisches Heerwesen und Österreichisch-Ungarisches Festungssystem.
Unterrichtswesen. 1890 konnten von der männlichen Bevölkerung [* 22] in Österreich 27,77, in Ungarn 40,42, von der weiblichen in Österreich 31,08, in Ungarn 50,18 Proz. weder lesen noch schreiben.
Die Zahl der Volksschulen betrug (1894) in Österreich 18182, mit den Privatschulen 19146, in Ungarn und Kroatien (1893) 18310 mit 68038 und 27990 Lehrern sowie 3312530 und 2314831 Schülern (87 und 79,19 Proz. der schulpflichtigen Kinder). Für die Ausbildung der Volksschullehrer und -Lehrerinnen sorgen Lehrerbildungsanstalten (1894: 46 und 56) und Lehrerinnenbildungsanstalten (31 und 17). Neben den Volksschulen gab es (1891) noch 17 und 8 Taubstummenanstalten mit 1494 und 365 Zöglingen sowie 10 und 1 Blindeninstitut mit 771 und 93 Zöglingen.
Ferner gab es 111 und 44 land- und forstwirtschaftliche, 971 und 606 Handels- und Gewerbeschulen, 6 und 3 niedere Bergschulen, 3 nautische Schulen (Österreich), 7 Schulen für Tierheilkunde (Österreich), 15 und 7 Hebammenschulen. Zu den Mittelschulen zählen Gymnasien (155 und 163), Realgymnasien (23 in Österreich), Realschulen (77 und 38) und die Mittelschulen für die weibliche Jugend. Zu den höhern Schulen sind zu rechnen in erster Linie die 11 Universitäten, in Österreich: Czernowitz, [* 23] Graz, Innsbruck, Krakau, Lemberg. Prag (eine deutsche und eine czechische), Wien; in Ungarn: Agram, [* 24] Budapest und Klausenburg.
Technische Hochschulen giebt es in Wien (eine der ältesten Hochschulen), Graz, Prag (eine deutsche und eine czechische), Brünn, Lemberg (polnisch) und Budapest, eine Hochschule für Bodenkultur in Wien, die Akademie der bildenden Künste in Wien, 4 königl., 2 bischöfl. und 4 evang. Rechtsakademien in Ungarn, je eine kath.-theol. Fakultät in Salzburg [* 25] und Olmütz, [* 26] eine evang.-theol. Fakultät in Wien; außerdem folgende höhere Fachschulen: 6 Bergakademien (davon 4 in Ungarn), 3 Tierarzneischulen (davon 1 in Ungarn). 1 Agrikulturakademie in Ungarisch-Altenburg, 6 Handelsakademien in Österreich, 4 in Ungarn, 2 Musikkonservatorien in Österreich, 3 in Ungarn, 3 und 4 Kunstschulen, je 1 Malerakademie in Budapest und Prag.
Endlich zählte man 1894: 506 und 27 Schulen für Musik und Theater, [* 27] 546 Schulen für weibliche Handarbeiten (Österreich) und 588 und 95 sonstige Lehr- und Erziehungsanstalten. Der Aufwand für Schulwesen betrug (1890) in Österreich allein für Hochschulen 4,92, für Mittelschulen 7,53, für Lehrerbildungsanstalten 1,74, für Handels- und Gewerbeschulen 2,06, für land- und forstwirtschaftliche Schulen 1,06 und für Volks- und Bürgerschulen 40,93 Mill. Fl. In Ungarn beträgt der staatliche Aufwand für das Schulwesen nur 5,45 Mill. Fl., weil die meisten Schulen von den Konfessionen [* 28] und Stiftungen erhalten werden.
Kirchenwesen. Die römisch-katholische Kirche hat in Österreich die Erzbistümer Wien, Salzburg (Primas von Deutschland), [* 29] Prag, Olmütz, Lemberg, Görz [* 30] und Zara mit 24 Bistümern; in Ungarn die Gran [* 31] (Primas von Ungarn), Kalocsa, Erlau und Agram mit 17 Bistümern und der Benediktiner-Erzabtei Martinsberg mit bischöfl. Jurisdiktion. Die griechisch-katholische Kirche hat in Österreich das Erzbistum Lemberg mit den Suffraganbistümern Przemysl und Stanislau in Galizien, in Ungarn Alba Julia [* 32] und Fogaras (Sitz in Blasendorf in Siebenbürgen) mit den Bistümern Großwardein, Eperies, Lugos und Szamos-Ujvár, ferner die Bistümer Munkács und Kreutz.
Die armenisch-katholische Kirche hat ein Erzbistum in Lemberg. Die griechisch-orientalische Kirche hat in Österreich einen Erzbischof und Metropoliten in Czernowitz und die Bistümer Zara und Cattaro; in Ungarn die Erzbischöfe und Metropoliten in Karlowitz (Syrmien) und Hermannstadt [* 33] mit 8 Bistümern. Die evangelische Kirche hat in Österreich einen k. und k. Oberkirchenrat für die Augsburger und helvetische Konfession in Wien, und die Augsburger 6, die helvetische Konfession 4 Superintendenzen. In Ungarn hat die erstere 4 Bistümer, die letztere 4 Superintendenzen, in Siebenbürgen die erstere ein Landeskonsistorium und eine Superintendentur, die letztere ein Oberkonsistorium und ein Bistum. Die unitarische Kirche hat in Ungarn eine Synode mit wechselndem ¶
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Sitz und ein Bistum in Klausenburg; die altkatholische Kirche einen Synodalrat in Wien. Die Israeliten besitzen in Österreich 595 Kultusgemeinden, von denen jedoch bisher nur ein Teil auf Grund des Gesetzes vom 21. März neu konstituiert ist; in Ungarn ist ein Gesetz wegen Regelung der Rechtsverhältnisse der israel. Religionsgenossenschaft (Rezeption der Israeliten) 1894 dem Parlament vorgelegt. Die Zahl der Seelsorger betrug in Österreich (1890) bei den Römisch-Katholischen 13646, bei den Griechisch-Katholischen 2425, bei den Griechisch-Orientalischen 451, bei den Evangelischen 267, bei den Israeliten 595. Die Zahl der kath. Klöster betrug in Österreich (1890) 469 mit 7770 Mönchen und 564 mit 13554 Nonnen.
Das Stammvermögen (1890 in Österreich allein) der katholischen bischöfl. Mensen betrug 24,89, der Domkirchen 2,98, der Domkapitel 15,72, der Pfarr- und sonstigen Kirchen 110,77, der Kuratspfründen und Benefizien 103,17, der Stifte und Klöster 87,18, zusammen 344,71 Mill. Fl. In Ungarn betrug die Zahl der Seelsorger (1889) bei den Römisch-Katholischen 4301, den Griechisch-Katholischen 2160, den Griechisch-Orientalischen 2396, den Evangelischen Augsburger Konfession 1174 und denen helvetischer Konfession 1314, den Unitariern 114 und den Israeliten 740. Die Zahl der kath. Klöster betrug 201 mit 2029 Mönchen und 190 mit 2246 Nonnen.
Zeitungswesen. 1488 erschien in Wien, nachdem 1482 daselbst der Typendruck eingeführt war, eine «Hofzeitung» über die Gefangennahme und Befreiung Maximilians I. in Brügge sowie 1493 ein Flugblatt mit der Beschreibung der Leichenfeierlichkeiten für Kaiser Friedrich III. Im Anfang des 15. Jahrh. mehrten sich die in Wien erschienenen «Relationen» oder Flugblätter, insbesondere die sog. «Türkenzeitungen» seit der ersten Türkenbelagerung Wiens. Auch in Prag wurden seit Anfang des 16. Jahrh., in welches die Blütezeit der czech.
Litteratur fiel, solche Flugblätter in czech. Sprache [* 35] gedruckt und verbreitet. Diese fliegenden Zeitungen wurden gegen Ende des 16. Jahrh. periodisch und erhielten fortlaufende Nummern. Daneben kamen geschriebene Zeitungen vor, besonders in Wien und Prag, wo dieselben namentlich während des Dreißigjährigen Krieges große Bedeutung erlangten. Als dritte Abart kamen noch die raisonnierenden Flugschriften hinzu. 1615 erhielt ein Wiener Buchdruckereibesitzer, Matthias Fornica, die Erlaubnis der Universität, die «einlangenden wochentlichen ordinari und extraordinari Zeitungen und was denselben anhängig nachzudrucken», und 1657 wurde dies Privilegium auch einer Prager Druckerei verliehen.
Eine einheimische Originalzeitung «Das Wiener Blättl» begann 1671. Zur Zeit der zweiten Türkenbelagerung Wiens 1683 gab es in Wien bereits drei regelmäßig erscheinende Zeitungen, eine deutsche, eine lateinische und eine «wälsche». 1703 begannen zu erscheinen «Posttäglicher Mercurius» und «Wienerisches Diarium», beide zweimal wöchentlich. Das letztere wurde 1724 Amtsblatt und führte den kaiserl. Adler [* 36] im Schilde. 1780 erhielt es den Titel «Wiener Zeitung», den es noch heute trägt. 1744 erschien die «Prager Oberpostamtszeitung», die noch heute als «Prager Zeitung» das Amtsblatt für Böhmen [* 37] bildet. 1751 ist das Geburtsjahr der «Brünner Zeitung», 1752 jenes der «Linzer Zeitung».
Einer freiern Entfaltung der Presse [* 38] stand die in Österreich zuerst mit Mandat vom eingeführte Censur entgegen, weshalb namentlich im 16. und 17. Jahrh. die geschriebenen Zeitungen, die der Censur zu entgehen wußten, den gedruckten in Österreich so lange erfolgreiche Konkurrenz machen konnten. Ein litterar. Aufschwung erfolgte erst in der letzten Regierungszeit Maria Theresias (seit 1770) und in jener des für den Fortschritt so begeisterten Kaisers Joseph II. Es entstanden die «Gelehrten Anzeigen» (1758),
die von Sonnenfels herausgegebenen «Briefe über die Wienerische Schaubühne» und «Theresia und Leonore», «Das weibliche Orakel», die «Privilegierten Anzeigen» u. s. w. Nächst Wien entfaltete sich die Presse auch in Brünn und Prag. Kaiser Joseph II. schränkte die Censur mit dem denkwürdigen Patente vom außerordentlich ein und hob sie 24. Febr. und nahezu ganz auf. Hierdurch erhielt die Presse die denkbar freieste Bewegung, die jedoch eine bis zur Gegenwart fortwirkende Einschränkung erfuhr durch den mit Hofdekret vom eingeführten Zeitungsstempel.
Als Kaiser Franz I. zur Regierung gelangte, wurde die Freiheit der Presse sofort eingeschränkt und durch die am erlassene «Erneuerte Censur- oder General-Censurordnung» ganz unterdrückt. Bis 1848 gab es außer den Amtsblättern in Wien und in den Provinzen nur zwei selbständige polit. Blätter, den «Österreichischen Beobachter» (seit 1810) und das «Journal des Österreichischen Lloyd» in Triest (seit 1836). Die 1848 errungene Preßfreiheit erzielte zwar ein Anwachsen der Zahl der Blätter von 89 bis 388, war aber nur ephemer, denn mit der Unterdrückung der freien Bewegung erlosch auch die Freiheit der Presse, und 1852 war die Zahl der österr.
Zeitungen wieder auf 172 gesunken. In der Zeit des Absolutismus von 1850 bis 1861 konnte sich die Presse nicht entfalten. Die gelesensten Blätter waren damals die gut redigierten Wiener Journale «Die Presse» und die «Ostdeutsche Post» sowie das «Fremdenblatt» und die «Vorstadtzeitung», in den Provinzen die «Bohemia» in Prag, die «Grazer Tagespost», der «Czas» in Krakau und der «Messagiere Tirolese». Das Princip der freien Presse kam erst unter der Herrschaft des heute noch gültigen Preßgesetzes vom das in Wirksamkeit trat, zur Geltung. Das Preßgesetz erfuhr durch Novellen von 1868, 1869 und 1894 eine Verbesserung im liberalen Sinne. (Vgl. Lienbacher, Österreichische Preßgesetzgebung, 2 Bde., Wien 1863-68.) Die Gerichtsbarkeit in Preßsachen steht, soweit nicht das sog. objektive Verfahren eintritt, wo nicht der Autor oder Redacteur, sondern das Blatt [* 39] selbst das Objekt der Anklage bildet, den Geschworenengerichten zu.
I. In Österreich erschienen (Ende 1895) 2255 Zeitungen in 20 verschiedenen Sprachen, darunter 1443 in deutscher, 76 in italienischer, 437 in czechischer, 146 in polnischer, 37 in slowenischer, 30 in ruthenischer, 21 in serbo-kroatischer, 16 in hebräischer, je 1 in griechischer, spanischer und rumänischer, 3 in ungarischer, 2 in englischer und 4 in lateinischer, 10 in franz. Sprache, 25 in mehrern Sprachen und 1 in Volapük. Von diesen Zeitungen sind 622 politische, 286 volkswirtschaftliche, 227 gewerblich-technische, 151 landwirtschaftliche, 159 amtliche, Anzeige-, 145 belletristische, 123 pädagogische, 163 Theater-, Musik-, 21 Militär-, 79 medizinische, 51 juristische, 75 theologische, Kirchen-, 47 geographisch-statistische, 97 nichtpolit. Lokalblätter und 9 Frauenzeitungen. Täglich erschienen 111 Blätter, mehrmals in der Woche 119, wöchentlich 456, mehrmals im ¶