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Das Rückgrat und die Verbindung der einzelnen Länder der Österreichischer M. bildet das Alpensystem im weitern Sinne mit dem größten Teil der Ostalpen (s. d.), den Karpaten (s. d.) und einem Teile der Dinarischen Alpen [* 2] (s. Dinara). Von den mächtigen Senkungsgebieten, die den Innenrand des Systems begrenzen, gehören hierher nur die ungar. Tiefebenen (s. unten). Außerhalb des genannten Systems, davon getrennt durch das tertiäre ober- und niederösterr. Hügelland und die Marchebene, liegt das böhm. Massiv, das Böhmen [* 3] gegen Deutschland [* 4] abschließt, und im S. der Karst (s. d.), mit dem die ähnlich gebaute Halbinsel Istrien [* 5] (s. d.) durch den Tschitschenboden zusammenhängt.
Die größten Ebenen dehnen sich in Ungarn [* 6] aus, wo sich die große ungar. Tiefebene längs der Donau und Theiß über 93600 qkm erstreckt. Durch den Bakonyer Wald und das Vertesgebirge ist von dieser die kleine ungar. Tiefebene geschieden, welche sich längs der Raab [* 7] und Waag ausbreitet, während sich jenseit des Leithagebirges und der Kleinen Karpaten das Wiener Becken und das Tullner Feld sowie die Marchebene hinzieht. Ebenen von geringerer Ausdehnung [* 8] begleiten auch die Elbe, die Weichsel und ihre Zuflüsse sowie den Dnjestr in Galizien, ferner die Drau und die Save an ihrem Unterlaufe in Kroatien und Slawonien. (Hierzu: Physikalische Karte von Österreich-Ungarn.) [* 9]
Geologisches. Sämtliche Formationsgruppen sind in der Österreichischer M. vertreten. A. Die archäischen Formationen bilden teils als Gneis- oder als krystallinische Schiefer die wesentlichste Formation der Centralalpen in ihrem ganzen Zuge von der Schweiz [* 10] bis zum Wechsel und Bachergebirge, ferner abwechselnd mit Granit, Porphyr und andern ältern Massengesteinen das hercynisch-sudetische Gebirgsmassiv, das sich nördlich von der Donau über das ganze südl. Böhmen ausbreitet.
Ferner bilden diese Formationen das Erz-, Fichtelgebirge, die Sudeten, den Böhmisch-Mährischen Höhenzug, in dem Karpatensystem die Tatra, das Ungarische Erzgebirge, den größten Teil der Gebirgsumrandung Siebenbürgens, insbesondere die Transsylvanischen Alpen und das Siebenbürgische Erzgebirge. An vielen andern treten diese Formationen isoliert auf und sind fast überall reich an Erzen und nutzbaren Mineralien. [* 11] B. Von den paläozoischen Formationen sind hervorzuheben:
1) Die Silurformation, welche namentlich in Böhmen (das berühmte Silurbecken zwischen Prag [* 12] und Klattau, 141 km lang, zwischen Přibram und Rakonitz 59 km breit, mit den Blei- und Silbererzlagern von Přibram) als Grauwackenzone in den Nordalpen (der Erzberg bei Eisenerz in Steiermark), [* 13] ferner in den Südalpen in Kärnten und Krain und in Ostgalizien sowie Siebenbürgen vorkommt.
2) Die Devonformation tritt namentlich im Mährischen Gesenke, bei Olmütz [* 14] und bis Lösch bei Brünn [* 15] auf, in den Alpen am Semmering und Wechsel und in der Umgebung von Graz, [* 16] dann in Galizien.
3) Die Steinkohlenformation ist hauptsächlich verbreitet im mittlern und westl. Böhmen (Schlan-Rakonitz-Kladnoer Becken, das Pilsener Becken und die benachbarten Ablagerungen bei Miröschau, Manetin, Radnitz), dem nordöstl. Böhmen (Schatzlar-Schwadowitzer Revier als Teil des preuß. Gleiwitz-Waldenburger Beckens), in Mähren (Rossitzer Revier), Schlesien [* 17] (Ostrau-Karwiner Revier, ein Flügel des großen oberschles. Beckens), in Galizien (bei Jaworzno, Dombrowa und Siersza), Steiermark (bei Turrach), Ungarn (bei Eibenthal im Banat).
4) Die Dyasformation (und zwar das Rotliegende) kommt in Böhmen am Fuße des Riesengebirges (die «versteinerten Wälder» bei Radowenz, s. d.), im Pilsener Becken, bei Budweis, nördlich von Prag, in Mähren zwischen Senftenberg und Krumau, als Verrucano in den Alpen, als rote Sandsteine in den Karpaten vor. C. Mesozoische Formationen.
5) Die Triasformation [* 18] bildet zum größten Teil die mächtigen Kalk- und Dolomitmassen der nördl. und südl. Kalkalpen und enthält die Salzstöcke von Ischl, [* 19] Aussee, Hallstatt, Hallein, Hall [* 20] in Tirol, [* 21] die Blei- und Zinkerze von Bleiberg und Raibl in Kärnten, die Quecksilberlager von Idria in Krain u. s. w. Die Triasgebilde treten auch vielfach in dem Karpatensystem auf und bilden das Plattensee- und Bakonyer Waldgebirge.
6) Die Rhätische Formation ist sehr bedeutend in den nördl. und südl. Alpen, namentlich als Dachsteinkalk im Dachstein, Predil, Mangart, Triglav oder als Hauptdolomit in den Süddolomiten Tirols.
7) Die Juraformation [* 22] tritt in den nördl. Kalkalpen, in Mähren und in den Karpaten, insbesondere im Krakauer Gebiete auf, und in Ungarn, wo die Kohlenlager von Fünfkirchen [* 23] und Steyerdorf (Banat) dem Jura angehören.
8) Die Kreideformation [* 24] kommt in ebendenselben Gebieten, dann in Böhmen und Schlesien vor und bildet zum größten Teile das Karstplateau. Auch gehören ihr der Wiener Sandstein und die kohlenführenden Gosauschichten an. Eine große Verbreitung hat die Kreideformation in Ostgalizien, wo sie mit jener in Rußland zusammenhängt. D. Känozoische Formationen.
9) Die Eocänformation nimmt als Nummulitenkalk und als Flysch großen Anteil an der Gebirgsbildung [* 25] der Nord- und Südalpen, des Karst und der Dinarischen Alpen Dalmatiens sowie der Karpaten (Karpatensandsteine).
10) Die Neogenformation füllt einen großen Teil der Becken zwischen den Gebirgen aus und bildet insbesondere das Becken von Wien. [* 26] Sowohl die Basaltgebirge Böhmens als die Trachyte Ungarns haben diese Formationen an vielen Stellen durchbrochen, welche die altberühmten Gold- und Silberbergbaue bei Kremnitz, Schemnitz, Nagy-Banya, Felsö-Banya und im Siebenbürgischen Erzgebirge enthalten. Dieser Formation gehören auch die Salzlager von Galizien (Wieliczka) und Siebenbürgen und die zahlreichen Braunkohlenablagerungen insbesondere in Böhmen, Steiermark und Ungarn an. 11) Die Diluvial- und Alluvialformation erfüllt die Flußthäler und die bereits oben erwähnten Ebenen der Monarchie.
1) Flüsse. [* 27] Es entspringen in Österreich [* 28] folgende Hauptflüsse Europas: Elbe, Oder, Weichsel, Dnjestr und Etsch. 75 Proz. der Monarchie gehören zum Flußgebiete der Donau. Der Rhein berührt nur an der westl. Grenze Österreich und hat in Vorarlberg ein kleines Flußgebiet. Der Dnjepr hat durch seinen in Ostgalizien entspringenden Zufluß Styr nur geringen Anteil an der Monarchie. Die Donau (s. d.) fließt von Passau [* 29] bis Orsova (1372 km) mitten durch das Reich und nimmt hier ein Flußgebiet von 407418 qkm ein, d. i. fast die Hälfte ihres gesamten Stromgebietes. Die Elbe (s. d.) entwässert Böhmen. Die Oder (s. d.) verläßt bald, nachdem sie vorher die Oppa aufgenommen, das Reich. Die Weichsel bildet den ¶
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Grenzfluß zwischen Galizien und Russisch-Polen, Dnjestr, Pruth und Sereth verlassen nach kurzem Laufe das Reich. In das Adriatische Meer fliehen die Etsch mit dem Eisack aus Südtirol, der Isonzo [* 31] in Görz, [* 32] Kerka, Cetina und Narenta in Dalmatien.
2) Kanäle. An künstlichen Wasserstraßen ist die Monarchie nicht reich. Es sind zu nennen in Ungarn der Bacser und Franzenskanal zwischen Donau und Theiß und der Begakanal zwischen Bega, Temes und Theiß, welche der Schiffahrt, und der Sarviz-, Sió- und Berettyokanal, die zur Entwässerung dienen; in Österreich hat der Wiener-Neustädter-Kanal, der von dort nach Wien führt, und der Schwarzenbergsche Schwemmkanal, der die obere Moldau mit der Mühl, also mit der Donau verbindet, keine Bedeutung für die Schiffahrt. Geplant wird die Erbauung eines Donau-Oder-Kanals, der namentlich für die Zufuhr von Kohle und Eisen [* 33] nach Wien von Wichtigkeit ist. Die Länge der schiffbaren Wasserstraßen betrug (1895) 6585,1 km in Österreich und 4888,0 km in Ungarn. Hiervon waren in ersterm 1378,3 km, in letzterm 3114,3 km von Dampfschiffen befahren. Den größten Anteil hatten in der österr. Reichshälfte Galizien mit 2125,9 km und Böhmen mit 1160,9 km.
3) Seen. Die Alpen enthalten zahlreiche Seen, darunter, abgesehen von dem Boden- und Gardasee, die nur zum Teil der Monarchie angehören, die schönen Seen des Salzkammergutes: Atter-, Gmundener, Hallstätter, Mond-, St. Wolfgangsee, Achensee in Nordtirol, die Kärntner Seen (Wörther, Ossiacher, Millstätter See), Veldessee und der durch sein periodisches Ablaufen bekannte Zirknitzer See in Krain, der Leopoldsteiner See in Steiermark, der Zeller See in Salzburg, [* 34] die Lunzer Seen in Niederösterreich.
Reich an kleinen Gebirgsseen sind auch die Karpaten, darunter die 112 sog. Meeraugen und der große Fischsee der Hohen Tatra; die größten Seen hat Ungarn südlich von der Donau. Der Plattensee (s. d.), «das Ungarische Meer», ist der bedeutendste See Südeuropas. Ihm zunächst steht der Neusiedler See, der durch die periodische Veränderung seines Wasserspiegels, die fast bis zur völligen Austrocknung führte, besonderes Interesse erregt. An ihn schließt sich der große Sumpf Hanság (s. d.) an. Andere Sümpfe sind die große und kleine Berettyó Sarret, der Alibunarmorast in Ungarn, der Morast Blato am Dnjestr in Galizien, die ausgebreiteten Moorgründe im Böhmer Walde (440 qkm), namentlich am Moldauursprung, ferner an der Naarn in Oberösterreich, die Torfmoore (Moos) im Pinzgau in Salzburg, das Laibacher Moor in Krain und das Sumpfgebiet an der Narenta in Dalmatien.
Mineralquellen und Bäder. Kein europ. Staat besitzt so viel Mineralquellen und Gesundbrunnen, im ganzen über 2800, die meisten in Böhmen, Ungarn und Siebenbürgen. Zu den bekanntesten gehören die muriatisch-alkalischen Glaubersalzthermen und Säuerlinge in Karlsbad, die Säuerlinge in Marienbad (glaubersalz- und eisenhaltig), Franzensbad (eisenhaltig und muriatisch-alkalisch), Rohitsch (salinisch-alkalisch), Gleichenberg (muriatisch-alkalisch) und Balaton-Füred (salinisch); die Natronsäuerlinge in Bilin (magnesiahaltig) und Luhatschowitz (jod- und bromhaltig), die Jodquellen zu Hall in Oberösterreich und Lipik in Kroatien, die Bitterwässer von Püllna und Seidschitz in Böhmen, die salinischen Thermen und Bitterwässer in Gran, [* 35] die Thermen (Schwefelquellen und Säuerlinge) und Bitterwässer in Ofen, die Thermen in Wildbad Gastein (indifferent), Johannisbad in Böhmen und Krapina-Töplitz in Kroatien, Teplitz in Böhmen (alkalisch-indifferent) und Mehadia (muriatisch und schweflig), die Schwefelquellen zu Baden, [* 36] Deutsch-Altenburg in Niederösterreich und Pistyan in Ungarn, die Solbäder zu Ischl und Aussee u. s. w.
Klima, [* 37] Flora und Fauna. Das Klima ist im allgemeinen günstig, aber wegen der Ausdehnung, und bei der Abwechselung in Form und Beschaffenheit der Oberfläche sehr verschieden. In der südl. oder wärmsten Region, von 42 bis 46° nördl. Br., reifen in bessern Gegenden Reis, Oliven und Südfrüchte und kommen überall Mais und Wein vor. Die mittlere oder gemäßigte Region, von, 46 bis 49°, welche die größte Ausdehnung und die abwechselndste Bodenbeschaffenheit hat, erzeugt Wein, Mais und Getreide, [* 38] zeigt aber in der mittlern Wärme [* 39] gegen O. eine Abnahme.
In der nördl. oder kühlen Region, über 49° hinaus, mit Ausnahme weniger günstiger Lagen, gedeihen Getreide, Obst, Flachs und Hanf bestens. Die mittlere Jahrestemperatur ist in Ragusa [* 40] 16,8° C., Lesina (Dalmatien) 16,6, Pola [* 41] 15,0, Fiume [* 42] 14,5, Triest [* 43] 14,2, Bozen [* 44] 12,2, Pancsova 11,7, Szegedin [* 45] und Agram [* 46] 11,3, Pettau 10,1, Budapest [* 47] 10,7, Debreczin [* 48] 10,5, Cilli 9,9, Wien 9,7, Laibach [* 49] 9,4, Graz 9,3, Prag 9,2, Brünn 8,9, Hermannstadt [* 50] 8,6, Linz [* 51] 8,5, Bludenz (in Vorarlberg) 8,2, Lemberg, [* 52] Czernowitz [* 53] und Innsbruck [* 54] 8,1, Krakau [* 55] und Salzburg 7,9, Ischl, Lienz (in Tirol) 7,5, Eger, [* 56] Hüttenberg (Kärnten) 7,4, Klagenfurt [* 57] 7,3, Leutschau in Ungarn 7,2, Tarnopol 6,7, Datschitz in Mähren 6,9, Prägarten 4,1, Tamsweg (Salzburg) 3,5, Vent in Tirol 1,0, Sulden (in Tirol) 1,4, Schafberg 1,7° C. Im N. Österreichs sind relativ kalt das Plateau des Erzgebirges und des Fichtelgebirges sowie des böhm.-mähr. Scheidegebirges (Datschitz: Januar -4,0° C.).
Nach O. nimmt in Galizien die Winterkälte (Tarnopol -5,3° C.), aber auch die Sommerwärme bedeutend zu: es beginnt bereits der Einfluß des russ. Steppenklimas. Die nördl. Karpatenthäler haben eine rauhe Witterung, mit kalten Wintern und kühlen Sommern, die Thäler Siebenbürgens hingegen strenge Winter, aber sehr warme Sommer. Die größte Mannigfaltigkeit der Temperaturverhältnisse zeigt das österr. Alpengebiet. Eine sehr große Winterkälte zeigen die Alpenthäler im Salzburger Lungau (Tamsweg, Januar -8,6° C.) mit Kältegraden von -30° C., ferner das Ötzthal (-8,6° C.), das Suldenthal und Klagenfurt (-6,3° C. im Januar, also kälter als der Januar in Hammerfest nahe dem Nordkap). Hingegen hat Südtirol, ebenso wie das südl. Ungarn (Pancsova, Juli 23,0° C.) schon eine subtropische Sommerwärme.
Die Temperaturextreme in Österreich-Ungarn sind nach Hann («Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften» in Wien, Dez. 1881) folgende:
Städte | Maximum +°C. | Minimum -°C. |
---|---|---|
Prag | 32,8 | 16,3 |
Krakau | 30,9 | 21,2 |
Tarnopol | 30,3 | 23,4 |
Czernowitz | 32,9 | 21,8 |
Hermannstadt | 32,4 | 22,6 |
Wien | 33,5 | 14,5 |
Budapest | 33,2 | 12,2 |
Szegedin | 34,4 | 15,2 |
Klagenfurt | 32,2 | 21,7 |
Bozen | 33,0 | 7,7 |
Die regenärmste Gegend ist das mittlere Böhmen (451 mm) mit der Station Minkowitz (358,1 mm), ¶