Osmanisches Reich (Kultus u. Gerichtswesen. Zeitungen. Litteratur zur Geographie)
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Zöglinge aller Idadieh beträgt jetzt 1500, davon 900 in
Konstantinopel.
[* 2] Hiernach treten die
Schüler in die dreiklassige
Kriegsschule
(Mekteb-i-Harbije) zu
Konstantinopel. Diese Anstalt nimmt 400
Zöglinge auf, die in der Oberklasse lediglich militär. Fachunterricht
erhalten, steht unter einem Divisionsgeneral, dem für die
Verwaltung und als Studiendirektor je ein Generalmajor beigegeben
ist. Aus der Mekteb-i-Harbije gehen jährlich gegen 120 Infanterie- und Kavallerieoffiziere hervor, während gegen 15 für
die
Artillerie bestimmte Offiziere zunächst noch ein Jahr lang die
Artillerie- und Ingenieurschule am
GoldenenHorn besuchen
müssen.
und Gerichtswesen. Die
Ulemâ (s.d.) gliedern sich in drei
Klassen: die Kultusdiener, nämlich
die Scheichs
(Ältesten, die ordentlichen Prediger der Moscheen), die Chatib, die Imâme, die
Muezzin, die
Mufti, denen die
Erteilung der Fetwa obliegt, und die Kâdi. (S. die betreffenden
Artikel.) Wer
Ulemâ werden will, tritt, nachdem er bis zum 10. oder 12. Lebensjahre
eine Elementarschule besucht hat, in eine
Medrese ein und erhält hier als
Softa Unterricht im
Koran und
in der pers. und arab.
Sprache.
[* 5]
Kann er den
Koran vollkommen auswendig, so bekommt er den
Titel Hâfis (der Behaltende). Nun muß er sich für die theol. oder
für die richterliche Laufbahn entscheiden und beginnt das
Studium der
Logik, Rhetorik,
Moral, der
Theologie
und Rechtswissenschaft. Nach bestandener Prüfung kann er als Kadi angestellt werden. Will er zu den höhern Ämtern gelangen,
so ist noch ein siebenjähriges
Studium des moslem.
Rechts erforderlich. Dann wird er Muderris (Professor).
Das geistliche
Recht, Scheriat, beruht auf demKoran, der
Sunna (Überlieferung), den
Entscheidungen der
vier ersten
Chalifen und der Sammlung von Rechtssprüchen der großen Imame. Die von dem Scheich Ibrahim Halebi 1549 verfaßte
Sammlung solcher
Entscheidungen bildet das
Civil- und Kriminalgesetzbuch der
Türkei.
[* 6] Nach diesem
Recht entscheiden die unter
dem Scheich
ul-Islam stehenden geistlichen Gerichte. Der höchste Gerichtshof ist der
Appellhof in
Stambul
mit zwei Kammern, deren Vorsitz die Kadiasker von Rumelien und
Anatolien führen.
Jedes Wilajet hat sein Mekkeme unter einem Oberrichter. Unter diesen stehen die Gerichte der Sandschaks und unter diesen
die der
Kaza. Seit 1847 giebt es neben den geistlichen auch weltliche Gerichtshöfe. Sie bestehen aus
Civilgerichten, Strafgerichten und Handelsgerichten. Sie stehen unter dem Justizminister. Die Handelsgerichte, die sich mit
Streitfragen zwischen einheimischen Parteien sowie zwischen
Osmanen und fremden
Unterthanen beschäftigen, sind aus einem Präsidenten,
zwei
Richtern, einem Sekretär,
[* 7] außerdem aber aus zwei kaufmännischen
Richtern zusammengesetzt, welche von den fremden
Kolonien
erwählt werden. DieEntscheidungen der Handelsgerichte erfolgen nach einem dem
Codede commerce nachgebildeten
Gesetzbuch. Das
Strafgesetz und die Prozeßordnung sind den westeuropäischen ähnlich.
Die erste Zeitung ließ Verninhac, Gesandter der franz. Republik bei
Selim III., 1795 zu
Pera in franz.
Sprache
drucken. 1812 erschienen daselbst die
Bulletins der
GroßenArmee. Der eigentliche Begründer des Journalismus
in der
Türkei wurde
Alex. Blacque, der 1825 zu Smyrna den franz. «Spectateurde l'Orient» begann, welcher unter dem neuen
Titel«Courrier de Smyrne» 1825–28 großen Einfluß während des
griech.
Aufstandes übte. Derselbe begründete 1831 zu
Konstantinopel den «Moniteur ottoman», das offizielle Journal der
Pforte,
das seit auch als «Takim-i-Vakâi» erschien.
In den sechziger Jahren machte sich das Bedürfnis einer unabhängigen Tagespresse fühlbar. Ein Preßgesetz fristete
nur ein kurzes
Dasein; die mißliebige
Sprache der griech.
Blätter zur Zeit des kretischen
Aufstandes (1867) veranlaßte dessen
Suspension und setzte an seine
Stelle die administrative Willkür. Unter der
Aufsicht des Ministeriums der
auswärtigen Angelegenheiten wurde ein
Preßbureau organisiert, das die Tagespresse überwacht, ihr amtliche Mitteilungen
zum
Abdruck und Instruktionen zur Richtschnur übersendet; für Preßvergehen (die nirgends definiert sind) bestehen Verwarnungen,
Suspensionen auf kürzere oder längere Zeit und Unterdrückung.
Die wichtigsten
Blätter erscheinen in
Konstantinopel (s. d., Zeitungen). Unter den Zeitschriften
sind zu erwähnen: «Dscheridê-i-Askeriê», Organ des Kriegsministers;
«Dscheridê-i-Mehakim», Amtsblatt des Justizministers;
«Veka-i-Tabijê», Zeitschrift der kaiserl.
Medizinschule, zweimal wöchentlich;
Monatsschrift. In der Hauptstadt jedes Wilajets soll ein amtliches Organ existieren. Daneben
halten sich unabhängige
Blätter. In
Kairo,
[* 8]
Alexandria und Smyrna befinden sich auch franz. und engl.
Zeitungen.