In der asiatischenTürkei
(Kleinasien) hatten die im Betriebe befindlichen Eisenbahnen eine
Länge von 2264 km, wovon 521 km auf die
Aidin-, 266 km auf die Smyrna-Kassaba-Bahn, 73 km auf die
Bahn von Mersina nach
Adana, 1022 km
auf die
Anatolische Eisenbahn, 42 km auf die Linie
Mudania-Brussa, 87 km auf die
BahnJaffa-Jerusalem, 106 km auf
die .Hauranbahn und der Rest auf die Schmalspurbahn
Beirut-Damaskus entfielen. Auf je 100 qkm Flächengröße kamen 0,1 km
und auf je 10000 Einwohner 1,5 km Eisenbahnen.
Die normalspurige Aidinbahn, die älteste der vorbezeichneten Linien, ist in ihrer Anfangstrecke von Smyrna nach
Aidin (140
km) 1856 einer engl. Gesellschaft genehmigt; später wurde sie durch den
Ausbau der Hauptlinie bis Diner und durch verschiedene kleinere Zweiglinien, wie Torbali-Tireh, Baïndir-Ödemisch, bedeutend
erweitert. – Die normalspurige Smyrna-Kassaba-Bahn wurde 1863 ebenfalls einer engl. Gesellschaft
genehmigt und mit der 94 km langen Anfangsstrecke bis Kassaba 1866 eröffnet.
Später baute die türk. Regierung auf eigene Kosten die Fortsetzung bis
Alaschehr (76 km) und überließ den Betrieb derselben vom ab der Gesellschaft. Demnächst kamen noch die Zweigbahnen
Manissa-Soma (92 km) und Smyrna-Burnabad hinzu. Im Okt. 1892 wurde eine weitere Fortsetzung von
Alaschehr nach
Afiun-Karahissar
(250 km) zum Anschluß an die
Strecke Eskischehr-Konia der
AnatolischenBahn unter Gewährung von Staatsunterstützung
genehmigt. – Die ebenfalls normalspurige
Bahn von Mersina (Golf von
Alexandrette, jetzt
Iskanderun genannt) nach
Adana verdankt
ihre Entstehung ebenso wie die zwei vorhergehenden dem Vorgehen der Engländer. – Die wichtigste unter den kleinasiat.
Bahnen ist die
Anatolische Eisenbahn, die nach und nach bis
Bagdad fortgesetzt werden soll, wodurch eine
unmittelbare
Verbindung zwischen
Konstantinopel
[* 3] und dem
PersischenMeerbusen geschaffen würde.
Ihre Entstehung reicht bis 1870 zurück, wo der
Bau der 93 km langen normalspurigen
Strecke von Haidar Pascha, einer am asiat.
Ufer gelegenen Vorstadt
Konstantinopels, bis Ismid von der türk. Regierung ausgeführt wurde. Einige Jahre später
wurde die
Bahn an eine engl. Gesellschaft verpachtet. Am erhielt die
Deutsche Bank
[* 4] zu
Berlin
[* 5] auf 99 Jahre die Genehmigung
zum
Bau und Betrieb der Fortsetzung von Ismid über Eskischehr bis
Angora (485 km), zugleich wurde ihr die Stammstrecke Haidar-Pascha-Ismid
gegen
Zahlung von 6 Mill.
Frs. überlassen. Im April 1889 wurde mit den Bauarbeiten begonnen und schon konnte
die ganze Linie bis
Angora eröffnet werden.
Der
Bau ist von der
Deutschen Gesellschaft für den
Bau der kleinasiat.
Bahnen zu
Frankfurt
[* 6] a. M. ausgeführt. Das Grundkapital
der Gesellschaft besteht aus 45 Mill.
Frs. = 36720000 M.Aktien und 80 Mill.
Frs. 5prozentige
Obligationen
= 65280000 M. Durch kaiserl. Ferman vom ist der
Deutschen Bank die weitere Fortführung der
AnatolischenBahn von
Angora nach Kaisarie (425 km) und zugleich für eine Zweigbahn von Eskischehr nach Konia (444 km) genehmigt worden,
so
daß sich das Gesamtnetz demnächst auf 1447 km stellen würde.
Von der Zweigbahn nach Konia ist die Reststrecke bereits eröffnet worden. Die türk.
Regierung hat für die Linien der
Anatolischen Eisenbahn eine jährliche Bruttoeinnahme für das
Kilometer gewährleistet und
zwar für die
Strecke Haidar-Pascha-Ismid von 10700
Frs.,
Ismid-Angora von 15000
Frs.,
Angora-Kaisarie von 17800
Frs.
und Eskischehr-Konia von 13800
Frs. – Die von
Mudania am
Marmarameer nach
Brussa führende
Bahn (1,1 m
Spurweite) ist 1891 genehmigt;
sie soll demnächst bis zu dem 48 km entfernten Tschitli fortgesetzt werden. –
Über die schon in
Syrien gelegene
Jaffa-Jerusalemer Eisenbahn
s. d. – Von den übrigen syr.
Bahnen ist zu erwähnen, daß die 147 km lange Schmalspurbahn
Beirut-Damaskus (1,05 m) eröffnet wurde, während
die ihre Fortsetzung bildende Hauranbahn (106 km) bereits seit im Betriebe war.
An der 1891 genehmigten
BahnAkka-Haifa-Damaskus ruhen die
Arbeiten seit Jahren; nur 8 km sind fertig gestellt.
Das bedeutendste Projekt unter den syr.
Bahnen ist die ungefähr 800 km lange normalspurige Linie von Damaskus über
Homs,
Hamah und Haleb nach
Biredschik am Euphrat, zum Anschluß an die neuerdings beabsichtigte Weiterführung von Konia über
Biredschik
und Diarbekr nach
Bagdad. Für die
Bahn bisBiredschik ist bereits die Genehmigung erteilt und ähnlich
wie bei der
AnatolischenBahn eine jährliche Bruttoeinnahme für das
Kilometer (12500
Frs.) gewährleistet.
Auf der
InselCypern
[* 7] wird neuerdings mit dem
Bau von Eisenbahnen ernstlich vorgegangen; in Aussicht genommen ist zunächst
eine Linie von Larnaka nach Levkosia. Auch das kleine FürstentumSamos will eine 32 km lange Schienenverbindung
zwischen dem Hauptorte
Vathy und dem bedeutendsten Handelsplatze der
Insel, Karlovasi, sowie eine 8–10 km lange
Nebenlinie
nach
Chora herstellen.
MaßeundGewichte. An die
Stelle des frühern Längenmaßes, des
Pik Hâlebi (s.
Pik) = 0,686 m, und der frühern Gewichtseinheit,
der
Oka (s. d.) = 400
Dramm = 1,282 kg, sind seit 1874 offiziell die metrischen
Maße getreten; doch werden die ältern
Maße
noch immer angewandt, Ländereien auch vielfach noch nach
Donum (s. d.) gemessen. Seit ist die
ausschließliche Anwendung des metrischen
Maß- und Gewichtssystems eingeführt.
und
Verwaltung. Die
Türkei ist kein einheitliches
Reich, kein organisches Staatswesen. Auch das Bestreben,
die
Verwaltung bureaukratisch zu centralisieren, vermochte die
Teile des weit ausgedehnten
Reichs nicht enger zu
verknüpfen. Die alte
Einteilung in Rumelien (europ.
Türkei) und
Anatolien (asiat. Besitzungen) findet ihren
Ausdruck nur noch
in der Ernennung je eines Kasiasker (Heerrichter) für beide Gebiete. Man unterscheidet:
2) tributpflichtige Vasallenstaaten. Die unmittelbarenBesitzungen der
Türkei werden in Wilajets (Generalgouvernements) geteilt,
die wiederum in Sandschaks oder
Liwas (Regierungsbezirke) gegliedert sind. Das Sandschak zerfällt in
Kaza
(Kreise),
[* 13] welche von einem Kaimakam
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mehr
676 (Kreishauptmann) verwaltet werden, und jeder Kaza besteht aus Nahije (Kantonen), die von Mudirs geleitet werden. Unter
dem Mudir stehen die Muchtâr (Dorfschulzen). Die Stadt Konstantinopel ist ein besonderer Verwaltungsbezirk. Die 7 europ. Wilajets
mit ihren Sandschaks sind:
Das O. R. ist eine orient. Despotie, wenngleich
eine Verfassung verkündigt wurde. Der Herrscher,
Sultan oder Padischah (Großherr), vereinigt die höchste weltliche mit der höchsten geistlichen Gewalt, dem Chalifat. Die Thronfolge
ist in der männlichen Linie des Hauses Osman erblich, und zwar geht die Souveränität jedesmal auf den ältesten Prinzen
über. Die Unterthanen besitzen Freiheit der Person, das Recht der Zulassung zu allen öffentlichen Ämtern,
falls sie der türk. Sprache
[* 15] mächtig sind, und Gleichheit vor dem Gesetz. Staatsreligion ist der Islam, doch dürfen die anerkannten
Kulte frei ausgeübt werden. Preßfreiheit besteht dem Namen nach. Das Parlament, ein Senat, dessen Mitglieder vom Sultan auf
Lebenszeit ernannt werden, und ein Abgeordnetenhaus, zu welchem je 50000 Osmanen einen Deputierten auf 4 Jahre
mittels geheimer Abstimmung wählen sollen, wurde nach zwei Sitzungen aufgelöst und ist nicht wieder berufen worden.
In der Regierung steht dem Sultan ein Ministerrat zur Seite, dessen Chef den Titel Großwesir (Sadrasam) führt. Seit 1878 wurde
diese Benennung mit Premierminister (Basch-Wekil) vertauscht, aber seit 1882 für Said Pascha wieder
eingeführt. Gleichen Rang besitzt der Scheich ul-Islam, der oberste Chef der moslem. Geistlichkeit und der Gesetzeskundigen,
obwohl er selbst weder Priester noch Richter ist. An der Spitze derVerwaltung stehen außerdem die Staatsminister. Zu diesen
gehören: der Minister des Innern, der Kriegsminister, der Minister der auswärtigen Angelegenheiten,
der Minister der Marine, der Präsident des Staatsrats, einer seit 1868 nach franz. Muster gebildeten Behörde, der Minister
der Justiz und des Kultus, der Minister der frommen Stiftungen, der des öffentlichen Unterrichts, der der Finanzen, der der
öffentlichen Arbeiten, der des Handels, Ackerbaues und der Minen.
Daneben besteht noch ein Ministerium der Civilliste mit einer Kommission für die Verwaltung der kaiserl.
Domänen, das Polizeiministerium und die Präfektur der Hauptstadt, Generaldirektion der Zölle und des Grundbuchwesens. Der
Ministerrat (Diwan) versammelt sich wöchentlich im Gebäude der HohenPforte (Bab-i-Ali); fast alle Minister bedienen sich des
Beirats eines Musteschar (Unterstaatssekretärs). Mit jedem Ministerium sind Kollegien mit beschlußfassender
Befugnis verbunden; sie haben Vorlagen vorzubereiten und zu begutachten, bilden aber mehr ein Hindernis als ein Förderungsmittel
der Reformen.
a. Diener des Gesetzes und des Kultus, die gelehrten Ausleger des Korans, welche Ulema genannt werden; b. die Beamten
der Feder, d. i. des Verwaltungsfachs, und c. die Beamten des Säbels, d. i. des Heers und der Marine. Rang und Titel sind unabhängig
vom Amte. Jede der drei Beamtenklassen und das Militär besitzt ihre besondere Rangordnung. Der Paschatitel ist mit einigen
hohen Ämtern ohne weiteres verbunden. Dagegen ist der Scheich ul-Islam niemals Pascha, sondern Efendi.
Im allgemeinen führt der Beamte den Titel Efendi, der Subalternbeamte und Unteroffizier den TitelAga.
Doch gebührt der letztere auch den Palastbeamten. Unter diesen nimmt der Kyzlar-Agassy, der Chef der schwarzen Eunuchen,
den höchsten Rang, den eines Muschirs, ein. Das Beamtenpersonal ging früher aus dem Übersetzungsbureau
der HohenPforte hervor. Erst 1884 bestimmte Abd ul-Hamid II., daß nur solche Beamte künftig angestellt werden sollten, welche
in der Mekteb-i-milkijê (Civilhochschule) oder der Rechtshochschule ihre Vorbildung erlangt hätten. Neuerdings ist eine
École des langues eröffnet worden zur Ausbildung in den fremden Sprachen. Die allgemeine Bildung hat
sich durch Gründung von Schulen nach franz. Muster gehoben. Auch Mädchenschulen sind errichtet worden.
Das türk. Reichswappen ist ein roter Schild
[* 16] mit wachsendem Sichelmond und Stern zwischen den Hörnern in Silber. An Stelle
dieses Wappens
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