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Schulbücher" verbreitet werden. Seit 1879 besteht eine Filiale in Leipzig. [* 2] Die technischen Zweige bestehen aus Buchdruckerei (seit 1874; Gasmotoren und 16 Schnellpressen), Stereotypie, Galvanoplastik [* 3] und Buchbinderei mit zusammen 180 Personen; Sparkasse und Hauskasse (1893 mit 15000 M. begründet). Oldenburg, [* 4] ein zum Deutschen Reiche gehöriges Großherzogtum, besteht aus drei räumlich getrennten Gebietsteilen: dem Herzogtum Oldenburg mit Einschluß der Herrschasten Iever und Kniphauscn, dem Fürsten- tum Lübeck [* 5] (s. d.) und dem Fürstentum Virkenfeld is. d.), die durch gemeinschaftliche Erbfolge und Ver- fassung zu einem unteilbaren Staate vereinigt sind.
Das Großherzogtum hat einen Flächenraum von 6423,5 cikin, wovon auf Lübeck 541,23 qkm und auf Birkenfeld 502,89 Hkm entfallen. Das eigentliche Haupt- und Stammland, das Herzogtum Oldenburg, liegt zwischen 52° 29' und 53° 48' nördt. Br. und 7° 37' 9" und 8° 47' 9" östl. L. von Greenwich und grenzt im N. an die Nordsee, welche mit dem Iadebusen (an dem das 1854 an Preußen [* 6] abge- tretene Iadegebiet mit Wilhelmshaven [* 7] belegen ist) tief in das Land eindringt, im übrigen an die preuß. Provinz Hannover [* 8] und im O. an das Gebiet der Freien Hansestadt Bremen. [* 9]
Oberstächengestaltung, Bewässerung, Klima. [* 10] Das Herzogtum Oldenburg (5379,44 ykni) gehört zu dem westl. Teile der Norddeutschen Tiefebene; es zerfällt in drei Abschnitte: in die au der Nordseeküste und der Flußmündungen der Weser wie der übrigen Wasserläufe sich entlang ziehende Marsch mit ihrem angeschwemmten, gegen die Fluten durch Deiche ge- schützten, von Abzugskanälen durchfurchten, dem Fleiße ergiebigst lohnenden Lande, mit ihrem ernsten, der Herkunft von freien Friesen voll bewußtem Ge- schlecht, und der gegenüber in die höher gelegene, in den Dammer Bergen [* 11] bis zu 100 m ansteigenden ma- gern Geest mit ihren großen, bisher noch der Kul- tur nicht erschlossenen Moor- und Heideländereien und mit ihren mehr heitern Bewohnern sächs. Stam- mes.
Die letztere scheidet sich wieder in oldcnbur- gische Geest, das ursprüngliche Besitztum des alten Grafeiihauses, auf der mit diesem (wie in der Marsch) die evang. Lehre [* 12] zur Geltung gekommen ist, und in die münstersche, vormais geistliches Besitztum, auf dein sich die röm. Kirche erhalten hat, ein Landesteil, der auch sonst und namentlich durch das allgemein ausgebildete sog. Heilerver- hältnis (d. h. ein Verhältnis zwischen dem bäuer- lichen Grundeigentümer und den gegen Wohnung, Land und sonstige Naturalien zu bestimmten Ar- beiten verpflichteten Hcuerleuten) vielfach von der oldenb. Geest absticht.
Die Marsch umfaßt 1148,52, die oldenb. Geest 2085,7? ykm und die münstersche Geest 2145,15 ykm. Das Herzogtum gehört zu den Flußgebieten der Weser und der Ems, [* 13] von denen die erstere im Osten in einer gro- ben Strecke Grenzfluß ist. In dieselbe mündet die .Hunte (s. d.). Außerdem durchziehen den Norden [* 14] des Landes mehrere Flüsse, [* 15] welche ebenso wie die zahlreichen Abzugskanäle (Sieltiefe) mittels künst- licher Schleusen (Siele) durch die Deiche hindurch unmittelbar in die Nordsee und den Iadebusen oder in die Weser münden. Im Stromgebiet der Ems, welche das Herzogtum nicht berührt, liegen die Haase, die Soeste, welche weiter unten den Namen Varßeler Tief annimmt, und die Marka.
Zur Auf- schließung und Kultivierung der umfangreichen Hochmoore, welche gegenwärtig uoch 89000 da ausmachen, wurde 1841 mit der Anlegung von Kanälen begonnen, die gleichzeitig Zur Trocken- legung des durchfurchten Gebietes mitzuwirken hatten. Von dem geplanten Netze (105149 m) sind (1894) etwa 80000 m in schiffbarem Zustande her- gestellt. Die Mehrzahl dieser Wasserstraßen liegt in der südl. Hälfte des Landes. Die bedeutungs- vollste ist der 1855 begonnene Hunte-Ems-Kanal, der auf einer Strecke von 42 km von der ostfries. Grenze bis zur Stadt Oldenburg das Herzogtum durch- schneidet.
Unter den Binnenseen ist das Zwischen- ahner Meer hervorzuheben. Das Klima ist im ganzen gemäßigt. Die klimatischen Verhältnisse der Marsch sind indessen wegen der schädlichen Aus- dünstungen im Sommer minder günstig als auf der höher gelegenen Geest. (S. Karte: Hannover, Schleswig-Holstein, [* 16] Braunschweig [* 17] und Oldenburg, Bd. 8, S. 790, und die Karte zum Artikel [* 18] Fehn- und Moorkolonien, Bd. 6, S. 630.) Bevölkerung. [* 19] Das Herzogtum Oldenburg hatte 1885: 267 711, 1890: 279008,1895: 373739(186183 männl., 187556 weibl.) E., darunter 289620 Evan- gelische, 81492 Katholiken, 1197 andere Christen und 1430 Israeliten.
Das Herzogtum, welches nur 58 E. auf 1 hkm hat, zählt zu den am schwäch- sten bevölkerten Gegenden Deutschlands; [* 20]
auf der münsterschen Geest sinkt die Vevölkerungsdichtigkeit gar bis zu 30 E. herunter.
Die Ungunst der wirt- schaftlichen und zumal der landwirtschaftlichen Ver- hältnisse auf der Geest hat die überseeische Aus- wanderung großgezogen. Früher mehr noch als jetzt machte sich auch die sog. Hollandgängerei (s.d.) fühlbar. Darauf wirkte namentlich auch die bis- herige ungeteilte und geschlossene Vererbung der Bauernstellen ein. Gegenwärtig übt der starke Ab- zug in die benachbarten Städte nachteiligen Einfluß auf die Volksvermehrung aus. Außer der Haupt- und Residenzstadt Oldenburg (s. d.) giebt es keine Stadt mit mehr als 10000 E., so daß auf die Städte und Flecken noch nicht einmal ein Viertel der Gesamt- bevölkerung kommt.
Infolgedessen ist die Bevölke- rungszunahme äußerst gering (1871 - 90 durch- schnittlich jährlich nicht mehr als 0,75 Proz. gegen 1,03 in Preußen). Von 1871 bis 1890 sind durch' schnittlich jährlich 8678 Personen geboren und 5627 gestorben. Die Sterblichkeitsziffer ist im ganzen niedrig, besonders dieKindersterblichteit. Forst- und Landwirtschaft mit Einschluß der Viehzucht [* 21] schließen fast die Hälfte der Bevölke- rung in sich. Es gehören ihnen (1890) 134097 Per- sonen (48,06 Proz.) an. Es treten also die Ge- werbe der Veredelung und des Umsatzes der Güter durchaus zurück.
Von ihnen sind 78 310 Perso- nen (28,07 Proz.) bei den industriellen, 32206 (11,54 Proz.) bei den Handels- und Verkehrsge- werven, außerdem 34395 (12,33 Proz.) bei den sonstigen Verufsarten. Nach der Einschätzung von ! 1892 belief sich das gesamte Einkommen der steuer- ," Pflichtigen Bevölkerung auf 70926 290 M., un- ! gerechnet das 783 760 M. betragende der Aktien- und sonstigen Gesellschaften. Das ergiebt für den einzelnen Bewohner 254 M. Dabei ist aber die Einkommenvcrteilung sehr günstig, so daß Ungleich- heiten im ganzen nicht hervortreten. Der ländliche Grundbesitz stellt sich überwiegend als kleinbäuer- licher Besitz dar. Als größere Besitzungen sind schon solche von 50 lia Flächengehalt anzusehen, die jedoch bereits sehr zurücktreten. Güter von 100 ka und 36" ¶
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darüber finden sich nnr in ganz beschränkter Zahl und vorzugsweise auf der münsterfchen Geest. Am Grundeigentum haben die Privaten mit 425024 Ka (82 Proz.) Anteil, während 47138 ka (9 Proz.) der Krone und dem Staate und 47 002 Ka (9 Proz.) den Körperschaften gehören. Land- und Forstwirtschaft. Etwa drei Fünftel des Landes sind erst land- und forstwirtschaftlicher Kultur zugängig gemacht. 1893 kamen auf Acker- und Gartenland 187 939, Miefen 73154, Weiden und Hutungen 88585, Forsten und Holzungen 67 852 da. Während aber das unkultivierte Land auf der oldenb. Geest bis 44,?i und auf der mün- sterschen selbst bis zu 58,69 Proz. ansteigt, erreicht es in der Marsch bloß 8,13 Proz. Der Ertrags- fähigkeitswert des Grund und Bodens (insgesamt ohne die Gebäude zu 9587563 M., d. h. für je 1 kn. zu 18,48 M. geschätzt) ist denn auch in der Marsch weit erheblicher.
Hier ist der mittlere Ertrag für 1113. zu 45,i, hingegen auf der oldenb. Geest nur zu 13,i und auf der münsterschen zu 9,i M. angenom- men. Der Betrieb der Landwirtschaft ist in der Marsch anders geartet als auf der Geest. Dort überwiegt die Rindvieh- und Pferdezucht [* 23] und die Weidewirtschaft. Außerdem liefert die Marfch für die Ausfuhr Weizen, Gerste, [* 24] Haser, Bohnen und Raps. Auf der Geest dagegen herrfcht der eigent- liche Ackerbau vor. Die Viehzucht spielt nur in An- sehung der Züchtung von Schweinen eine größere Rolle.
Die früher auf den Heideflächen gehaltenen Schafherden (Heidschnucken) mit ihrer groben Wolle sind außerordentlich eingeschränkt worden. Auch die Bienenzucht [* 25] geht zurück. Der Anbau besteht haupt- fächlich in Roggen und daneben in Hafer [* 26] und Buch- weizen, der letztere befonders auf dem Moor. Durch künstliche Düngemittel wie durch die Steigerung der Viehhaltung und die Ausbildung des Molkerei- wesens hat sich die Landwirtschaft der Geesten ge- hoben und sind erhebliche Flächen unkultivierten Landes wirtschaftlich nutzbar gemacht worden.
Die Erntefläche betrug 1895 von Roggen 66 265, Weizen 5850, Gerste 7707, Kartoffeln 15132, Hafer 33018, Buchweizen 6145 und Wiesenheu 75107 da, der Ernteertrag 77414t Roggen, 11231 Weizen, 13015 Gerste, 1290 Menggetrcide, 3337 Buchweizen, 7766 Ackerbohnen, 1143 Mischfrucht, 134394 Kartoffeln, 45115 Hafer, 10466 Runkel-, 14266 weiße und 9701 Kohlrüben, 3580 Mohren, 17 498 Klee (Heu), 1908 Lupinen (Heu), 11958 Grassaat aller Art und 213365 t Wiesenhcu. Die Viehzucht ist weithin be- rühmt, vorzugsweise in der Marsch. 1892 wurden gezählt 32384 Pferde, [* 27] 196825 Stück Rindvieh, 129588 Schafe, [* 28] 113501 Schweine, [* 29] 26677 Ziegen und 23632 Bienenstöcke.
An der Hebung [* 30] der Vieh- zucht haben strenge und einsichtsvoll gehandhabte Körordnungen (s. d.) und staatliche Prämiierungen sowie Züchtungs- und Absatzvcreine einen wesent- lichen Anteil. Die Forstwirtschaft hält sich bei der geringen Ausdehnung [* 31] des Waldbodens in nur bescheidenen Grenzen. [* 32] Etwa zwei Drittel des Waldes ist im Besitz von Privaten, welche demselben vielfach eine wenig pflegliche Behandlung angedeihen lassen. Der Rest gehört beinahe allein dem Staate.
Die Staatswaldungen haben dadurch neuerlich ansehn- lich gewonnen, daß ihnen aus den Markenteilungen namhafte Flächen von Heideland zwecks Auffor- stung zugelegt sind. Für die Beschaffung von Brennmaterial forgen die mächtigen Torfmoore, deren Verwertung durch die Anlegung zahlreicher Kanäle sehr erleichtert ist. Dagegen fehlen Stein- kohlen- und ebenso Erzlager. Industrie und Handel. Der Gewerbefleiß wie der Handel treten gegen die Landwirtschaft zurück.
In der Hauptsache herrscht die handwerksmäßige Form für die örtlichen Bedürfnisse vor. Größere Unternehmungen sind nur in ganz geringer Zahl vorhanden. Betriebe, welche mindestens 6 Hilfs- personen beschäftigen, machen noch keine 3, hingegen die, welche ohne alle fremde Hilfe und motorische Kräfte arbeiten, bereits 62 Proz. aus. Es haben denn auch bloß wenige Orte einen ausgefprochenen industriellen Charakter: obenan steht Delmenhorst durch seine Tabaks- und Korkfabrikation wie durch einzelne große Fabrikanlagen für Iutespinnerei, für Linoleumteppiche, für Wollwäscherei und Kamm- garnspinnerei, dem sich die Residenzstadt Oldenburg nebst dem Vorort Osternburg, ferner durch Cigarren- und Korkfabrikation Lohne, einzelne Weser- und Emsorte wegen des freilich zurückgehenden Schiff- baues, und manche Gegenden, zumal um Varel herum, durch ihren Ziegeleidetrieb anreihen. In Bezug auf Hausindustrie sind hervorzuheben die Leinenindustrie des Ammerlandes, die Strumpf- strickerei im Amte Cloppenburg und die Korkschnei- derei im Amte Delmenhorst.
Der Handel beschränkt sich vorzugsweise auf den Umsatz der Landeserzeug- nisse gegen Kolonialwaren und Fabrikate und ist vielfach noch von der Nachbarstadt Bremen abhängig. Ungewöhnlich hoch sind die Depositen bei den Ban- ken, welche mit Einschluß der Sparkasseneinlagen sich 1890 auf 73731305 beliefen, was für den Kopf der Bevölkerung 264,26 M. ergiebt. Verkehrswesen. Das moderne Verkehrswesen ist erst spät zur Entwicklung gelangt. Der Bau von Chausseen wurde nicht vor Mitte der zwanziger Jahre begonnen, doch erst seit 1855 eifriger betrie- ben und namentlich feit den siebziger Jahren durch die Gemeinden und Amtsverbände kräftig geför- dert.
Das gesamte Chausseenetz hat jetzt eine Länge von 1371 km. Viel ist in jüngster Zeit für Hebung der Wasserstraßen und für Hasenbauten geschehen. Insbesondere ist in Noroenham nahe der Wesermündung ein eisfreier Anlegeplatz für den großen, oceanischen Seeverkehr gefchaffen wor- den. Am fuhren unter oldenb. Flagge 270 Seeschiffe (darunter bloß 10 Dampfschiffe) mit 272167 odm Inhalt und 2094 Mann Besatzung. Der Schiffsverkehr zur See bestand (1886-90) in 2005 angekommenen Schiffen mit 198937 Register- tons und in 2064 abgegangenen mit 173427 Rc- gistertons Ladefähigkeit. - über dieEisenbahnen f. Oldenburgische Eisenbahnen. Verfassung und Verwaltung. Die Thronfolge vererbt im Mannsstamm des Herzogs Peter Fried- rich Ludwig (gest. 1829) nach dem Rechte der Erst- geburt und der Linealfolge; die weibliche Erbfolge ist ausgeschlossen. Im Großherzogtum Oldenburg gilt das revidierte Staatsgrundgesetz vom eine der freisinnigsten Verfassungen in Deutschland. [* 33] Zu dem Landtage des Grohherzogtums, der in einer Kammer tagt, stellen das Herzogtum Oldenburg 26, das Fürstentum Lübeck 3 und das Fürstentum Birken- seld 4 Abgeordnete, die durch Wahlmänner gewählt werden. Stimmberechtigt als Urwähler ist jeder selbständige Staatsbürger, der das 25. Jahr voll- endet hat (Wahlgesetz vom Ordent- liche Landtage sollen alle drei Jahre stattfinden. In ¶