schwach und unregelmäßig, der Herzschlag oft kaum wahrnehmbar, der ganze Zustand ein dem Tode ähnlicher. Der schwächste
Grad der Ohnmacht ist die Ohnmachtneigung (Schwächeanwandlung, Flauwerden), bei welcher momentan Sinne und Kräfte schwinden, Schwarzwerden
vor den Augen, Schwindel und Ohrensausen eintreten, ohne daß es zum völligen Verlust des Bewußtseins und des
willkürlichen Bewegungsvermögens kommt. Die höchsten Grade der Ohnmacht nennt man Scheintod (s. d.). Die Dauer des Ohnmachtsanfalls
schwankt zwischen wenigen Minuten bis zu mehrern Stunden, ja mitunter selbst Tagen.
Das Erwachen aus der Ohnmacht erfolgt in der Regel unter tiefem Seufzen und Gähnen, Aufstoßen, leichtem Zucken im Gesicht, Rückkehr
der Wärme und der roten Lippen. Die Ohnmacht tritt ein nach heftigen Gemüts- und starken Sinneseindrücken,
körperlichen Überanstrengungen, namentlich nach langem Stehen, ferner nach raschem Temperaturwechsel, Einatmen schlechter
Luft in überfüllten Räumen, heftigen Schmerzen, Blutverlusten u. s. w., ist daher bei den zarter organisierten Individuen
(Frauen, schwächlichen Männern) häufiger als bei kräftigen Personen.
Häufig ist die Ohnmacht auch eine Teilerscheinung von Erkrankungen anderer Art (Herzkrankheiten, Hysterie, Hirnkrankheiten)
oder Vergiftungen. Manchmal geht die Ohnmacht dem Tode vorher, in den meisten Fällen ist sie aber nur ein vorübergehender Zustand,
der entweder aus einer plötzlichen Blutüberfüllung des Gehirns oder auch umgekehrt auf einer schnell eintretenden Blutarmut
desselben beruht. In den gewöhnlichen Fällen kann die Wiederkehr des Bewußtseins beschleunigt werden
durch Erleichterung der Atmung (Entfernung beengender Kleidungsstücke, frische reine Luft), horizontale Lagerung mit tief
gelagertem Kopfe, Hautreize (Bespritzen mit kaltem Wasser, Reiben der Haut, Senfteige) oder Sinnesreize (Riechmittel von Salmiakgeist,
Essig u. s. w.). Nur wenn der Ohnmächtige ein gerötetes Gesicht und rote Lippen zeigt, was auf Blutandrang
nach dem Kopfe deutet, soll man ihn mit dem Kopfe und Oberleib hoch lagern. Nach dem Erwachen aus der Ohnmacht trinke der Patient
etwas kaltes Wasser und verweile noch einige Zeit in horizontaler oder halb sitzender Lage.
[* ] im weitern Sinne das gesamte Gehörorgan, im engern Sinne der äußere Teil desselben, die Ohrmuschel samt dem äußern
Gehörgang. (S. Gehör mit Tafeln: Das Gehörorgan des Menschen I, II).
Dorf im Kreis Danziger Höhe des preuß. Reg.-Bez. Danzig, zwischen Mottlau und Radaune, an der Linie Danzig - Dirschau
der Preuß.
Staatsbahnen, hatte 1890: 6567,1895: 6874 E., darunter 2774 Katholiken, Post, Telegraph, Pferdebahnverbindung
mit Danzig (s.d., Karte), evang. Kirche, Acker- und Gemüsebau und in der Nähe die Knabenerziehungsanstalt Johannishof.
1) Landratsamtsbezirk im Herzogtum Sachsen-Gotha, hat 183,75 qkm, 1830: 32 743 E., darunter 301 Katholiken und 25 Israeliten,
1895: 35 081 (17
087 männl., 17 994 weibl.) E. und 7962 Haushaltungen und
umfaßt die Amtsgerichtsbezirke Ohrdruf, Liebenstein und Zella St. Blasii. - 2) Immediatstadt und Hauptort
der Hohenlohe-Langenburgschen Grafschaft Obergleichen, an der Ohra, am Fuße des Thüringer Waldes und an der Nebenlinie Gotha-Ohrdruf-Gräfenroda
der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Gotha), hatte 1890 mit
Hundsbrunn 5919 E., darunter 67 Katholiken, 1895: 6164 E., Postamt erster Klasse, Telegraph, Schloß, Realschule mit Progymnasium,
Gewerbeschule: Kupferhammerwerke, Fabrikation von Porzellan, Bleiweiß, Spielwaren, Papier, Schuh- und Stahlwaren. In der Nähe
das Hammerwerk Luisenthal, jetzt Bad und Sommerfrische.
linker Nebenfluß der Elbe im preuß. Reg.-Bez. Magdeburg, entspringt bei Wittingen im Hannoverischen,
durchfließt den Drömling (s. d.), berührt Calvörde, Neuhaldensleben und Wolmirstedt und mündet 105 km lang oberhalb Rogätz.
(Plecotus auritus Keys. et Blas., s. Tafel: Fledermäuse II,
[* ]
Fig. 2), eine in Deutschland
häufige Fledermaus von 8,5 cm Körperlänge und von 25 cm Klafterung;
Otiatrik, die wissenschaftliche Behandlung der Ohrenkrankheiten (s. d.), die sich erst seit Beginn
der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. zu einer besondern Disciplin entwickelt
hat.
oder Gehörkrankheiten, zu den häufiger vorkommenden Affektionen gehörige Erkrankungen, die durchaus
einer sorgsamen Pflege und Behandlung bedürfen, da sie bei Vernachlässigung sehr leicht dauernde und schwere Funktionsstörungen
zurücklassen. Die Untersuchung eines erkrankten Gehörorgans erfolgt zunächst vermittelst der Ohrtrichter, kleiner
cylindrischer, verschieden weiter Trichter aus Metall oder Hartgummi, welche zur Geradestreckung des Gehörgangs in den äußern
Gehörgang eingeführt werden.
Wirft man hierauf vermittelst eines in der Mitte durchlöcherten Hohlspiegels (Ohrenspiegels) Tageslicht oder künstliches
Licht in den Gehörgang hinein, so kann man an dem hell beleuchteten Trommelfell selbst die feinsten krankhaften
Veränderungen genau erkennen. Sehr wichtig ist in vielen Fällen auch die Untersuchung der Ohrtrompete mit dem Ohrkatheter,
einer gekrümmten katheterförmigen Röhre aus Metall oder Hartgummi, welche durch die Nase in die Ohrtrompete eingeführt
wird und durch welche Luft oder medikamentöse Flüssigkeiten in die Paukenhöhle gebracht werden können.
Bei Verstopfung der Ohrtrompete bedient man sich auch häufig des Valsalvaschen Versuchs (s. d.)
oder noch besser des sog. Politzerschen Verfahrens, welches darin besteht, daß während eines Schlingaktes die Luft des Nasenrachenraums
durch das Zusammendrücken eines Kautschukballons verdichtet und in die Ohrtrompete eingetrieben wird. Zur Bestimmung der
Hörfähigkeit benutzt man teils das Ticken einer Taschenuhr oder des Politzerschen Hörmessers, teils
die Flüstersprache und die Stimmgabel; vermittelst der letztern gelingt es häufig, den
mehr
Nachweis zu führen, ob die Krankheit vorwiegend das Mittelohr oder das Labyrinth betroffen hat.
Die Ohrenkrankheiten entstehen entweder direkt im Ohr oder werden von krankhaft alterierten Nachbarorganen (äußere Haut, Schleimhaut des
Nasenrachenraums u. a.) auf jenes fortgeleitet; nicht selten sind sie Folge allgemeiner Konstitutionskrankheiten,
insbesondere der Skrofulose, Tuberkulose und Syphilis. Man pflegt sie nach ihrem Sitz in Krankheiten des
äußern, des mittlern und des innern Ohrs einzuteilen; die wichtigsten sind folgende:
1) Die Ohrblutgeschwulst (Othämatom, Haematoma auriculare), eine mehr oder minder große, pralle umschriebene, deutlich schwappende
Geschwulst unter der Haut der Ohrmuschel, die durch einen Bluterguß infolge einer vorausgegangenen Verletzung, mitunter
aber auch aus freien Stücken entsteht und häufig bei Geisteskranken, seltener bei völlig Gesunden beobachtet wird. Sich
selbst überlassen, trocknet das Blut allmählich ein und es bleibt dann eine Verhärtung und Verunstaltung der Ohrmuschel
zurück. Die beste Behandlung besteht in der Entleerung des angesammelten Blutes durch einen Einschnitt und der
Anlegung eines Druckverbandes.
2) Die Verstopfung des äußern Gehörgangs durch angehäuftes und eingetrocknetes Ohrenschmalz, ein sehr häufiges Übel,
welches gewöhnlich Schwerhörigkeit und Ohrensausen, oft auch Kopfschmerzen und Schwindel zur Folge hat. Derartige Ohrenschmalzpfröpfe
müssen durch wiederholte Einträufelungen von schwachen alkalischen Lösungen erweicht und sodann durch vorsichtiges Einspritzen
von lauwarmem Wasser entfernt werden.
3) Die Entzündung des äußern Gehörgangs (Otitis externa) tritt in zwei verschiedenen Formen auf, als umschriebene Entzündung
oder Furunkulose des Gehörgangs und als ausgebreitete Entzündung des ganzen Gehörgangs. Im erstern Fall findet sich der
Gehörgang mit kleinen, bei Berührung intensiv schmerzenden Schwären (Furunkeln) besetzt, welche heftige Ohrenschmerzen, leichte
Schwerhörigkeit und mitunter selbst mäßiges Fieber erzeugen und eine große Neigung zu Rückfällen besitzen; Blutarmut
und Bleichsucht scheinen ihre Entwicklung zu begünstigen. Die Behandlung besteht in feuchtwarmen Überschlägen über das
Ohr, Einlegen von entwässerten Speckstückchen oder schmerzstillenden und antiseptischen Salben in den Gehörgang, bei
sehr heftigen Schmerzen in einem kleinen Einschnitt. - Bei der ausgebreiteten Entzündung des äußern
Gehörgangs ist der letztere in seinem ganzen Verlauf geschwollen und gerötet, dabei bestehen heftige, bohrende, nach Kopf
und Hals ausstrahlende Schmerzen im Ohr und Schwerhörigkeit und nach wenigen Tagen stellt sich ein erst heller, dann schleimiger,
schließlich gelblich eiteriger Ohrenfluß ein.
Die häufigste Ursache dieser Entzündung sind Erkältungen (durch kalte Zugluft, Eindringen von kaltem
Wasser u. s. w.). Behandlung: öfteres Einträufeln von warmem Wasser in den Gehörgang (sog. Ohrbäder), bei heftigen Schmerzen
Blutentziehungen, Bettruhe und Abführmittel;
späterhin Einlegen von Salicylwatte und Einträufelungen von adstringierenden
Lösungen.
Über die im äußern Gehörgang vorkommenden Fremdkörper und die beste Art ihrer Entfernung
s. Fremdkörper.
4) Ohrpolypen, mehr oder minder umfangreiche, rote, kolbige, bald breit aufsitzende,
bald dünn gestielte Schleimhautwucherungen,
die den äußern Gehörgang ausfüllen und hochgradige Schwerhörigkeit sowie übelriechenden eiterigen Ohrenfluß zur Folge
haben. Sie entstehen meist im Verlauf chronischer Ohreiterungen und werden am besten durch Abbinden, Abquetschen
oder durch Ätzmittel entfernt.
5) Die Entzündung des Trommelfells (Myringitis), meist Folge von Erkältung, giebt sich durch heftige reißende Schmerzen in der
Tiefe des Ohrs, durch Schwerhörigkeit und Ohrensausen sowie durch Schwellung und dunkle Rötung des Trommelfells zu erkennen
und führt, sich selbst überlassen, entweder zur Durchbohrung des Trommelfells mit nachfolgender eiteriger
Entzündung der Paukenhöhle oder zur schwieligen Verdickung und Trübung des Trommelfells. Wie bei allen Ohrenkrankheiten ist auch bei der
Trommelfellentzündung eine sorgfältige ärztliche Behandlung unerläßlich. Zerreißungen des Trommelfells können durch
starken Schall (Kanonenschuß), durch einen Schlag auf das Ohr oder durch Einbohren spitzer Gegenstände (Nadeln, Federhalter,
Strohhalme u. dgl.) entstehen und machen unter Umständen das Einlegen eines künstlichen
Trommelfells erforderlich.
6) Die Entzündung oder der Katarrh des Mittelohrs oder der Paukenhöhle (Otitis interna), eins der häufigsten Ohrenleiden,
besteht in einer Schwellung und vermehrten schleimigen oder eiterigen Absonderung der Paukenhöhlenschleimhaut und entsteht
entweder von freien Stücken, nach Erkältungen und Durchnässungen oder durch Fortpflanzung katarrhalischer
Affektionen des Nasenrachenraums durch die Ohrtrompete hindurch nach der Paukenhöhle oder endlich im Verlauf gewisser
Infektionskrankheiten, namentlich von Masern, Scharlach, Pocken, Diphtheritis und Syphilis.
Der akute Mittelohrkatarrh giebt sich durch plötzlich eintretende Schwerhörigkeit, Ohrensausen und heftige Ohrenschmerzen
zu erkennen; bei zweckmäßiger Behandlung erfolgt meist vollständige Genesung, wogegen im andern Fall
die Krankheit leicht in die chronische Form übergeht, welche meist einen sehr langwierigen Verlauf nimmt und die häufigste
Ursache der Schwerhörigkeit und Taubheit ist. Die Ausgänge des chronischen Mittelohrkatarrhs sind Verdickungen und Wulstungen
der Paukenhöhlenschleimhaut, Zerstörung des Trommelfells und der Gehörknöchelchen, chronischer, meist übelriechender
Eiterausfluß aus dem Ohr (Ohrenfluß, Ohreiterung), Verengerung und Verwachsung der Ohrtrompete und ähnliche
Veränderungen, durch welche das Hörvermögen gänzlich vernichtet werden kann; ja bei Vernachlässigung vermag die
eiterige Entzündung des Mittelohrs sogar Knochenfraß des Felsenbeins und durch Fortpflanzung der Eiterung auf die Gehirnhäute
und das Gehirn einen tödlichen Ausgang herbeizuführen.
Daher erfordert die Krankheit durchaus die Beratung eines tüchtigen Ohrenarztes; die wichtigsten Mittel
gegen sie sind Lufteinblasungen durch den Katheter oder das Politzersche Verfahren, Einschnitte in das Trommelfell, um den angesammelten
Schleim oder Eiter aus der Paukenhöhle zu entfernen, sowie Einträufelungen desinfizierender und adstringierender Lösungen.
Mitunter kommt es im Verlauf der chronischen Mittelohreiterung sowie bei Karies des Knochengewebes zur
Ansammlung von Eiter und verkästen Massen im Warzenfortsatz; in solchen Fällen ist, um
mehr
dem gefährlichen Durchbruch des Eiters nach der Schädelhöhle vorzubeugen, eine operative Eröffnung des Warzenfortsatzes
dringend angezeigt, damit dem angesammelten Eiter und den nekrotischen Knochenteilchen ein Weg nach außen gebahnt wird.
7) Die nervöse Schwerhörigkeit und nervöse Taubheit, welche auf Erkrankungen des innern Ohrs oder Labyrinths oder des Gehörnervs
oder seiner Ursprungsstelle im Gehirn beruhen, entstehen am häufigsten nach andauernder Überreizung
der Gehörnerven, nach heftigen Erschütterungen des Ohrs und starken Gemütsbewegungen, mitunter auch nach schweren fieberhaften
Krankheiten, nach der Anwendung von großen Gaben Chinin und Salicylsäure sowie im Verlauf mancher chronischer Nervenleiden
(Hypochondrie, Hysterie). Mitunter leistet gegen dieses Leiden die Anwendung des galvanischen Stroms gute
Dienste. Manche Erkrankungen des Hörnervenapparats sind mit einem eigentümlichen, zuerst von dem franz.
Arzt Menière beschriebenen Symptomenkomplex, bestehend aus Ohrensausen, Schwindel, Erbrechen und Unsicherheit des Ganges, verbunden.
(S. Menièresche Krankheit.)
Litteratur. Hagen, Das Ohr und seine Pflege im gesunden und kranken Zustande (Lpz. 1872);
Erhard, Vorträge
über die Krankheiten des Ohrs (ebd. 1875);
von Tröltsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde (7. Aufl., ebd. 1881);
Politzer, Lehrbuch
der Ohrenheilkunde (3. Aufl., Stuttg. 1893);
Schwartze, Lehrbuch der chirurg. Krankheiten des Ohrs (ebd. 1885);
Urbantschitsch,
Lehrbuch der Ohrenheilkunde (3. Aufl., Wien 1890);
Bing, Vorlesungen über Ohrenheilkunde (ebd. 1890);
Cozzolino, Hygieine des
Ohrs (deutsch von Fink, Hamb. 1891);
Handbuch der Ohrenheilkunde, hg. von Schwartze (2 Bde., Lpz. 1892-93);
Jacobson, Lehrbuch der Ohrenheilkunde sebd. 1893).