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Norddeutschland veranstalteten großen Obstaus- stcllungen und Versammlungen die Kenntnis der besten Obstsorten und Kulturmethoden in immer weitere Kreise [* 2] verbreitete. Außerdem sind zahlreiche andere Landes- und Lokalvereine in gleichein Sinne thätig. Eine große Erweiterung steht dem deutschen Obstbaumpflege durch Abhaltung besonderer Obstmärkte iu Frank- furt a. M., Verlin und andern Städten in Aussicht. -
Vgl. Gressent, Einträglicher Obstbaumpflege (2. Aufl., Verl. 1885);
Lucas, Vollständiges Handbuch der Obst- kultur (2. Aufl., Stuttg. 1887);
Gaucher, Hand- buch der Obstkultnr (2. Aufl., Verl. 1896).
Obstbaumformen, künstlich erzeugte, möglichst der Natur sich nähernde und auch zweckentsprechende Formen der Obstbäumc. Man unterscheidet Hoch- und Halbstämme, sowie Zwergstämme. Der Hoch- und Halb stamm hat einen verlängerten Stamm, der die Krone trügt; dem Hochstamm (s. Tafel: Obstbaumformen, [* 1] Fig. 10) giebt man eine Stammhöhe von 2 bis 3 m, dem Halbstamm [* 1] (Fig. 13 u. 14) eine solche von 1 bis 1^ in. Je nach Bil- dung der Krone unterscheidet man: Pyramiden- bäume [* 1] (Fig. 9 u. 10), Krone mit Mitteltrieb;
die Achse des Baums, der Stamm, verlängert sich bis zur Kronenspitze und trägt die Leitzweige;
Kessel- bäume, Krone ohne Mitteltricb, sie bildet sich aus mehrern, gleichmäßig vom Stamm divergie- renden Hauptleitzweigen, die sich gabeln können; Hochspaliere, zweiseitige Kronenbäume zur Be- kleidung hoher Wände;
dieselben können die ver- schiedensten Epalierformen enthalten.
Die Zwerg- stämme (Franzbäume), die nur wenige aber vor- zügliche Früchte (Franzob st) erzeugen, find Bäume ohne verlängerten Stamm, deren Krone oder Form nahe dem Erdboden beginnt. Dazu gehört:
1) Die Pyramide [* 1] (Fig. 9), ebenso geformt wie die hoch- stämmige, nur ohne Stamm;
die Flügelpyra- mide [* 1] (Fig. 12) mit 4-5 Hauptleitzweigen, die an- fangs horizontal, später wieder der Achse zugebildet werden;
dieselben werden in einer Spitze durch Ab- laktieren vereinigt;
die Säulen- oder Spindel- pyramide [* 1] (Fig. 7) besteht nur aus einer senkrechten Baumachse, die von unten bis oben gleichmäßig mit Fruchtholz [* 3] oder kurzen Fruchtholzträgern gar- niert ist.
2) Der Kesselbaum (Kugelbaum) wird gleichfalls formiert wie der Hochstamm dieses Namens, man zieht ihn aber auch am Drabt in ganz regelmäßiger Form [* 1] (Fig. 11). 3) Der Cor- don, Schnurspalier-oderGuirlandenbaum, die kleinste Obstbaumform, wird am Draht [* 4] gezogen und hat nur einen oder zwei Leitzweige;
man unter- scheidet den Horizontalcordon [* 1] (Fig. 15 - 17), ein- und zweiarmig in 40-50 em Höhe zur Ein- fassung von Rabatten und Obstquartieren;
den V er- [* 1] tikalcordon(Fig.21) zur Bekleidung von Mauern, den schräggezogenen (Ooi-äon odii^uc) und den Schlangencordon [* 1] (Fig. 21);
letztere werden eb en- falls zur Bekleidung ganzer Mauerflächen verwen- det.
Den Übergang zu den eigentlichen Spalieren bildet die sehr beliebte II-Form [* 1] (Fig. 2 u. 3), eben- falls zu den kleinsten Obstbaumpflege gehörend und daher nur auf schwachwüchsigster Unterlage und in geeigneten Sorten zu ziehen.
4) Spaliere sind Obstbaumpflege mit Leit- zweigen verschiedener Anzahl, die gleichmäßig an einer Fläche verteilt sind; die Fächerform [* 1] (Fig. 8) ist die älteste, am leichtesten zu ziehen, aber in Hin- sicht der Raumausnutzung und Erhaltung des Gleichgewichts nicht die zweckentsprechendste; die einfache Palmette [* 5] mit horizontalliegenden Seiten- Brockhaus' Konvcrsations-Lcxikon. 14. Aufl.. XII. zweigen [* 1] (Fig. 4) und mit etwas ansteigenden Zwei- gen, die Kandelaberform mit senkrechten Sei- tenzweigen, bierzu auch die doppelte II-Form [* 1] (Fig. 2) und die Kandelaberpalmette [* 1] (Fig. 5) sind regelmäßige Formen, die sich einer großen Be- liebtheit erfreuen; noch empfehlenswerter ist die Palmette mit schrägen Zweigen [* 1] (Fig. 1), da bei dieser Form infolge Aufgebens der stets zu kräf- tig wachsenden Mittelachse das Gleichgewicht [* 6] zwi- schen obern und untern Spalierteilen vollständig wird.
Auch Strauch-Beerenobst wird spalierartig gezogen, wie es [* 1] Fig. 6 für Himbeere zeigt. Den Weinstock zieht man in Fächerform oder besser als senkrechten Cordon (Herzstamm) und als Winkel- stamm unter Anwendung des kurzen Zapfenschnitts; diese beiden Formen eignen sich besonders zur Be- kleidung von Hausflächen, welche durch Fenster und Thüren unterbrochen sind [* 1] (Fig. 20). Über die For- men des Weinstockes in Weinbergen [* 1] (Fig. 18,19, 22) s. Weinbau. Die Horizontalcordons sind nur für leicht und früh tragende Apfel und Birnen ge- eignet; dasselbe gilt für andere kleine Formen, je- doch zieht man Pfirsiche auch am schrägen Cordon; Kesselkronen eignen sich nur für Apfel, Pflaumen und Aprikosen;
die letztcrn erreichen ihre größte Vollkommenheit nur am Halbstamm, dagegen sind die Pfirsiche tragbarer am Spalier, besonders an der Form [* 1] Fig. 1. Kirschen und Pflaumen geben die höchsten Erträge am Halb- und Hochstamm;
nur die sog. Schattcnmorellen sind lohnend am Spalier, die meisten sauren Kirschen auch an Pyramiden. Obstbaumpflege, die Arbeiten, die zum guten Gedeihen der Odstbäume und Sträucher ausgeführt werden müssen; sie beginnt beim Pflanzen der Obst- gehölze an den Ort, wo sie stehen bleiben sollen. Die besten Pflanzzeiten sind Anfang Herbst kurz nach dem Laubabfall und im Frühjahr kurz vor dem Austrieb der Bäume. Die Pflanzlöcher werden für Frühjahrs- pflanzung im Winter ausgeworfen, für Herbstpflan- zunq 4-6 Wochen vor der Pflanzarbeit. Die Tiefe derööcher richtet sich nach der Mächtigkeit des kultur- fähigen Bodens; in tiefen Erdlöchern bei fchlechtem Untergrund (Kies, Letten u. s. w.) sto-ftcn die Wur- zeln sehr bald auf die undurchlässigen Schichten, verkümmern und verderben.
Bei flacher Erdkrume vermeidet man die Pflanzung von Bäumen mit tiefgehender Wurzel [* 7] (Birnen), macht dafür aber die Pflanzlöcher um so breiter. Vor der Pflanzung füllt man reichlich mit Komposterde das Pflanzloch etwa 14 Tage vor der Pflanzung soweit, daß ge- rade die Wurzel des Baums noch darin Platz hat; ferner sind für Hoch- und Halbstämme kräftige Pfähle, für Zwergobst schwächere Stäbe einzuschla- gen;
die Bäume werden, wenn möglich, erst kurz vor der Pflanzung ansgehoben, die verletzten Wur- zeln glatt geschnitten und zwar so, daß die Schnitt- flächen auf der Erde aufliegen;
die Wurzeln werden gegen das Austrocknen geschützt, am besten durch Eintauchen in einen dickflüssigen Brei von Lehm und Kuhmist;
eine Hauptregel ist, daß der Baum genau so tief eingesetzt wird, wie er vorher gestan- den hat, mit Berücksichtigung des stets nach dem Pflanzen erfolgenden Sinkens (Setzens).
Die Wur- zeln werden gleichmäßig in der Pflanzgrube in etwas abfallender Richtung verteilt und mit lockerer, fruchtbarer Erde zugedeckt; darauf folgt ein Ein- scklämmen (starkes Gießen), [* 8] lockeres Anbinden des Baums an den Pfahl und Bedecken der Pflanzstätte l mit Dung, um ihr Austrocknen zu vermeiden. 33 ¶