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Oberammergau, Dorf im Bezirksamt Gar- misch des bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, im Ammer- gau, rechts an der Ammer (Amber), in einem Thale des Ambergebirges, an der Nebenlinie Murnau- Garmisch-Partenkirchen der Lokalbahn-Aktiengesell- schaft, hat (1890) 1366 kath. E., Posterpedition, Te- legraph, eine Oberförsterei, sowie Fabrikation von Schnitzarbeiten in Elfenbein und Holz. [* 2] Westlich von Ö. auf einem Hügel am Fuße des Sonnen- bergs erhebt sich eine gewaltige Kreuzigungsgruppe (Christus mit Maria und Johannes), ein Werk Halbigs in München [* 3] aus dem I. 1875, ein Ge- schenk König Ludwigs II. Oberbayern ist bekannt durch die dramat. Darstellungen aus der Leidensgeschichte Christi (s. Vauernspiele, Mysterien und Passions- spiele), die seit einem von den Vorfahren bei der Pest von 1634 gethanen Gelübde alle 10 Jahre (zu- letzt 1890) während des Sommers im Freien aufge- führt werden.
Sie beruhen auf der Passion Seb. Wilds (s. d.). Etwa 500 Personen wirken bei der Aufführung mit. Das Theater [* 4] wird am nördl. Ende des Ortes aufgeschlagen. Die Mittclbühne und seit neuester Zeit auch der Zuschauerraum (6000 Per- sonen fassend) sind bedeckt. Die Darstellung dauert 7-8 Stunden, öfters ohne Unterbrechung. Das Ganze ist halb Gottesdienst, halb Volksfest. Auch in den Jahren, die zwischen den Passionsaufführun- gen liegen, werden die Kräfte dafür künstlerisch ge- schult und in jedem Sommer eine Reihe theatralischer Aufführungen veranstaltet, in denen meistens alt- testamentliche Legenden behandelt sind. -
Vgl. E. Devrient, Das Passionsschauspiel in Oberbayern (3. Aufl., Lpz. 1880);
Stern, Die Passionsspiele in Oberbayern (ebd. 1878);
Aug. Hartmann, Das Oberammcrgauer Passionsspiel in seiner ältesten Gestalt zum ersten- mal herausgegeben (ebd. 1880);
H. Holland, Die Entwicklung des deutschen Theaters im Mittelalter und das AmmergauerPassionsspiel (2. Aufl., Münch. 1890);
K. Trautmann, Oberbayern und sein Passionsspicl (3. Aufl., Vamb. 1890);
G. Huyssen, Das Ober- ammergauer Passionsspiel geschichtlich, religiös und ästhetisch beleuchtet, mit Vorwort von Fabri (2. Aufl., Barm. 1890);
Kelber, Das kath. Passtonsspiel in Oberbayern und das prot.
Christusdrama (Stuttg. 1890); Ge- samttext des Oberammergauer Passionsspiels von 1890 (Münch. 1890); D. A. Ludwig, Das Ober- ammergauer Passionsspiel (Davos 1891).
Oberamt, in Württemberg [* 5] das unterste Ver- waltungsorgan; die Oberbayern bilden Amtskorporationen, welche durch die Amtsvcrsammlungen (zusammen- gesetzt aus Repräsentanten der Oberamtsstädte und der übrigen Orte) vertreten werden, mit be- ratenden Funktionen. Zugleich verwalten sie das Vermögen der Korporation; der vorstehende Beamte ist der Oberamtmann. In H oh enz ollern haben der Obcramtmann, die Amtsversammlung und der Amtsausschuß ähnliche Funktionen wie in Preußen [* 6] der Landrat, die Kreisversammlung und der Kreis- ausschuß. In Preußen und einigen kleinern nord- deutschen Staaten werden die Titel Amtmann, Ober- amtmann, Amtsrat an verdiente und angesehene größere Landwirte verliehen, da früher der Amt- mann und Oberamtmann auf der von ihm verwal- teten oder erpachteten Domäne die Polizei ausübte.
Oberamtsbezirk, s. Bezirk. Oberamtsrichter, s. Amtsrichter. Oberamtstierärzte, s. Tierheilkunde. Oberappellationsgericht, Obertribunal, Oberhofgericht, der höchste Gerichtshof für Civil- und Strafsachen in den einzelnen deutschen Staaten. Ein solcher bestand zum Teil schon zur Zeit des alten Deutschen Reichs in denjenigen Staaten, welche von der Rechtsprechung der Reichsgerichte durch ein Privilegium äe non appLiIanclo erimiert waren, teils wurden sie nach Art. 12 der Deutschen Vundes- akte, welcher den einzelnen Ländern die dritte In- stanz garantierte, eingerichtet. Es bestanden das (bis 1848 Geheime) Obertribunal und der, später mit dem Obertribunal vereinigte Rheinische Kassationshof zu Berlin; [* 7] das Oberbayern und der Kassationshof für den Rhein- kreis (später Oberster Gerichtshof) zu München, das Oberbayern zu Dresden, [* 8] das zu Celle, [* 9] das Obertribunal zu Stuttgart, [* 10] das Oberhofgericht zu Maunheim, das Oberbayern zu Cassel, das Oberbayern und der Kassationshof zu Darm- stadt, das Oberbayern zu Wiesbaden, [* 11] das zu Wolfcnbüttel, der Oberste Gerichtshof zu Luxemburg, [* 12] das Oberbayern zu Kiel, [* 13] das zu Oldenburg, [* 14] und für Österreich [* 15] der Oberste Gerichtshof zu Wien. [* 16]
Als gemeinschaftliches Oberbayern für die thüring. Staaten (später auch Anhalt) [* 17] das zu Jena, [* 18] für die beiden Mecklenburg [* 19] das zu Rostock, [* 20] früher zu Parchim, für Anhalt und Schwarzburg [* 21] bis 1848 das zu Zerbst, [* 22] für die vier Freien Städte das zu Lübeck. [* 23] Infolge der Ereignisse des 1.1806 wurde für die preuß. neuen Provinzen zunächst ein Oberbayern zu Berlin errichtet, welches später mit dem Obertribunal vereinigt wurde. Infolge der ins Leben getretenen Iustizgesetze (s. d.) wurden die sämtlichen höchsten Gerichtshöfe der zum Deutschen Reich gehöri- gen Einzelstaaten aufgehoben; nur behielt Bayern [* 24] sein Oberstes Landesgericht für diejenigen Civil- sachen, für welche nicht bereits das Reichsober- handelsgericht (s. d.) zuständig gewesen war.
Eine Auswahl der Entscheidungen ist veröffentlicht, u. a. für das Obertribunal Berlin: Oppenhoff, Recht- Mcchung des Obcrtribunals in Strafsachen (20 Bde., Berl. 1861-79);
Entscheidungen des Obertribu- nals (83 Bde., ebd. 1837-79);
'Striethorst, Archiv für Rechtsfälle aus der Praxis des Obertribunals (100 Bde., ebd. 1851-80);
Rehbein, Die Entschei- dungen des vormals Preußischen Obertribunals (4 Bde., ebd. 1884 - 95; 2. Aufl., ebd. 1896 fg.); vgl. ferner Seuffert, Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (in Civil- sachen; München seit 1847). Oberbaden, Stadt, s. Baden [* 25] (Bd. 2, S.274K). Oberbahnämter, s. Eisendahnbehörden. Oberbarnim, Kreis [* 26] im preuß. Neg.-Bez. Pots- dam, hat 1213,47 likm und 1890: 84018, 1895: 87173 (42951 männl., 44222 weibl.) E., 5 Städte, 97 Landgemeinden und 64 Gutsbezirke. Sitz des Landratsamtes ist Freienwalde a. O. (s. d.). Oberbau, s. Kochbau. Oberbayern, früher Isarkreis, Regierungs- bezirk im Königreich Bayern, besteht aus dem alten Herzogtum Oberbayern, dem Bistum Freising, [* 27] der abgesondert an der Loisach gelegenen Grafschaft Werdenfels, der gefürsteten Propstel Verchtesgaden, der Grafschaft Haag, [* 28] der Herrfchaft Hohen-Waldeck und Teilen des Erzbistums Salzburg, [* 29] und grenzt im O. an Oberösterreich und im S. an Salzburg und Tirol. [* 30] Die Hauptflüsse sind die Isar mit Loisach, Amper und Wurm, [* 31] Inn mit Leitznach (Mangfall), Isen, Alz (Traun) und Salzach, Lech und Donau; die be- deutendsten Seen sind Chiemsee, Wurm- oderStarn- berger See, Tegern-, Königs-, Walchen-, Schlier-, Kochet-, Ammer-, Staffel- und Eibsee. Der nördl. Teil ist Flachland mit torfreichen Mooren bei Dachau, Maisach, Erding und Freising; der ganze Süden ist ¶