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des Burgberges, mit 89 in langer Front, wurde im ital. Stil 1616-22 von dem Architekten Jakob Wolff neu erbaut, der nordöstl. Teil 1884-89 unter Leitung von Essenwein und unter Beihilfe von Heinrich Wallraff errichtet. Den großen Saal schmücken große Wandgemälde nach Dürers Entwürfen: Das ungerechte Gericht, Der Pfeiferstuhl, Triumphzug Kaiser Maximilians, und mehrere kleine von Gabriel Weyer, Paul Juvenell, Jobst Harrich und Jörg Gärtner, die Decke [* 2] des Korridors ein Gesellenstechen (Turnier) von Hans und Heinrich Kühn, den Hof [* 3] ein zierlicher Brunnen [* 4] (1557) von Labenwolf und got. Balustraden aus dem Beginn des 16. Jahrh. von Hans Beham.
Sonst sind erwähnenswert die sog. Baumeisterwohnung im Peunthof (1615), das Zeughaus (1688), die Maut, ursprünglich ein Kornhaus (1499) u. a., ferner der Justizpalast (1877) von Solger, das 1893-95 im Garten [* 5] des ehemaligen Katharinenklosters errichtete stattliche Bayrische Gewerbemuseum und zahlreiche Privatgebäude, wie das Albrecht-Dürer-Haus, renoviert von der Dürer-Hausstiftung, das Schlüsselfeldersche, auch Nassauer Haus genannt (1390), das Tuchersche und das Rupprechtsche, das Pellersche (jetzt Eyßersche), das Topplersche (später Sandrartsche) und eine Reihe neuerer Privathäuser, die den Altnürnberger Bauten auf das glücklichste nachgebildet sind.
Verwaltung, Finanzen. Die Stadt wird verwaltet von einem Ersten Bürgermeister (Dr. von Schuh, 15000), Zweiten Bürgermeister (Friedr. Täubler, 10000 M.), 27 Magistratsmitgliedern und 51 Gemeindebevollmächtigten. Für Feuerlöschwesen besteht eine freiwillige Feuerwehr von 421 Mann; ferner hat die Stadt ein Gaswerk, Elektricitätswerk (1896), eine Wasserleitung [* 6] (1886) und einen Vieh- und Schlachthof (1892).
Unterrichts- und Bildungswesen. Nürnberg [* 7] hat ein Altes Gymnasium, 1526 von Melanchthon eingerichtet, Neues Gymnasium (1889), Realgymnasium, zwei höhere Töchterschulen, Industrie-, Kunstgewerbe-, Musik-, Handels- und Baugewerkschule, Taubstummenanstalt, Blindenerziehungsanstalt und ein Waisenhaus. Im alten Dominikaner- oder Predigerkloster befindet sich die bedeutende und bemerkenswerte Stadtbibliothek (etwa 80000 Bände), und das städtische Archiv.
Unter den Sammlungen für Kunst und Wissenschaft nimmt den ersten Platz ein das Germanische Museum (s. d., Direktor Gustav von Bezold), für Industrie und Gewerbe das seit 1871 bestehende, seit 1896 in einem neuen Gebäude befindliche Bayrische Gewerbemuseum mit reichen Sammlungen von Musterarbeiten aller Zeiten und Kulturvölker und kunstgewerblichen Gegenständen. Der Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg pflegt die Ortsgeschichte; für Dichtung und Litteratur besteht der alte 1644 gegründete Pegnesische Blumenorden, für die künstlerischen Interessen wirkt der Albrecht-Dürer-Verein mit permanenter Ausstellung von Gemälden und andern Kunstgegenständen. Nürnberg hat ein Stadttheater, ein Sommertheater, Ateliers für kirchliche Kunst und artistische Anstalten für Holzschnitzereien und Herstellung von Altarwerken, Kanzeln u. s. w., Erzgießerei von Professor Lenz.
In N. erscheinen 10 politische Zeitungen; die wichtigsten sind: «Fränkischer Kurier» (freisinnig),
«Fränkische Morgenzeitung» (nationalliberal) und «Fränkische Tagespost» (socialdemokratisch);
außerdem eine Reihe gewerblicher und wissenschaftlicher Blätter und Zeitschriften, z. B. für Bierbrauerei [* 8] und Hopfenbau, die vom Bayrischen Gewerbemuseum herausgegebene «Bayrische Gewerbezeitung» u. a.
Industrie, Handel. Wichtigste Industriezweige sind die Fabrikation von Kurzwaren und Spielsachen (Nürnberger Waren), die seit langem einen Weltruf genießen, ebenso wie die Nürnberger Lebkuchen, ferner von Metall-, Holz-, Horn- und leonischen Waren, mechan. und optischen Waren, Messingarbeiten, Reißzeugen, Ultramarin, Margarine, Maschinen, Nachtlichtern, Öfen, [* 9] Pinseln und Bürsten, Schuhwaren, Tabak, [* 10] Fahrrädern, Bronze- und Brokatwaren, sowie Abziehbildern (Metachromotypie); bedeutend sind die Erzgießerei, Lithographie, Kunstanstalten, Gold- und Metallschlägerei, die Brauerei und die Bleistiftfabrikation (s. Faber A.W.).
Größere Fabriken sind ferner die Nürnberger Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft, vormals Cramer-Klett, die Zeltnersche Ultramarinfabrik, die Elektricitäts-Aktiengesellschaft, vormals Schuckert & Co. (s. Schuckert), die Aktienbrauerei vormals Henninger, die Kurzsche (J. G. Reif), die Freiherr von Tuchersche Brauerei, die Gebrüder Lederersche (Aktien-) Brauerei und das Brauhaus Nürnberg (Aktienbrauerei). Nürnberg ist Sitz der 1. Sektion der Steinbruchs - und der Süddeutschen Edel- und Unedelmetall-, der 2. Sektion der Süddeutschen Eisen- und Stahl-, der 5. der Brauerei- und Mälzerei, der 15. der Müllerei-, der 27. der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft, der 7. Sektion der Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke, der 8. Sektion der Papierverarbeitungs- und der Berufsgenossenschaft der chem. Industrie und der 10. Sektion der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik, ferner des Vereins für Hebung [* 11] der Fluß- und Kanalschiffahrt in Bayern. [* 12]
Der Handel war schon in frühester Zeit sehr bedeutend; er steigerte sich zum Welthandel. Nürnberg übernahm die Vermittelung zwischen den bedeutendsten südeurop. Staaten und dem nördl. Deutschland; [* 13] seine Kaufleute zogen in die Niederlande, [* 14] nach Polen, Österreich, [* 15] Ungarn, [* 16] Italien, [* 17] Frankreich und in die Schweiz. [* 18] Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. beginnt die Abnahme des Handels, doch hatten noch bis ins 17. Jahrh. ital. Handelshäuser Zweigniederlassungen in Nürnberg. Jetzt umfaßt der Handel hauptsächlich Kolonialwaren und Getreide, [* 19] Mehl, [* 20] Petroleum, Droguen, Eisen- und Metallwaren, Feld- und Gartenerzeugnisse, Holz, [* 21] Wein, sowie Hopfen, [* 22] für den Nürnberg Weltmarkt ist.
Der jährliche Bahnversand von Hopfen beträgt etwa 10000-12500 t in jeder Saison. Der Wert der Jahresumsätze in den etwa 300 Hopfenhandlungshäusern beläuft sich auf 40-80 Mill. M. Der Handel wird unterstützt durch die 1786 gegründete königl. Hauptbank, eine Reichsbankstelle, die Vereinsbank, Filiale der Bayrischen Notenbank, Handelskammer, Hopfenbörse und den Ludwigs-Donau-Main-Kanal (s. d.). Die Nürnberger Lebensversicherungsbank (Aktiengesellschaft) besteht seit 1885.
Verkehrswesen. Auf dem Ludwigs-Donau-Main-Kanal kamen im Hafen von Nürnberg in der Richtung nach der Donau an 762 t;
es gingen ab 2867 t, durch 628 t Güter;
die entsprechenden Ziffern für den Güterverkehr in der Richtung nach dem Main waren 34009, 431 und 22 046 t;
außerdem kamen 145 t Flöße an und gingen 3347 t nach dem Main durch. Nürnberg hat einen Centralbahnhof für die Linien Probstzella-Nürnberg-München, Würzburg-Nürnberg-Passau, Furth i. Wald-Nürnberg-Crailsheim, Eger-Nürnberg (151,4 km) der Bayr. Staatsbahnen [* 23] mit dem Ostbahnhof in der Vorstadt St. Jobst und einen Bahnhof (Ludwigsbahnhof) ¶
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481 für die Linie Nürnberg-Fürth (6 km) der Ludwigsbahn. Der gesamte Eisenbahngüterverkehr betrug (1895) 196588 t. – Straßenbahnen mit elektrischem Betrieb (Nürnberg-Fürther Straßenbahngesellschaft) führen vom Centralbahnhof in die Stadt und von dort nach mehrern Vororten und nach Fürth. [* 25] – Nürnberg hat 2 Postämter, ein Bahnpostamt, 8 Stadtpostexpeditionen, 11 Telegraphenstationen und Fernsprecheinrichtung. Geschichte. Urkundlich kommt Nürnberg erst 1050 vor.
Der Ausgangspunkt seiner Entwicklung war die Burg. Unter den Hohenstaufen wurde die Stadt von den Kaisern besonders begünstigt, Friedrich II. verlieh ihr einen wichtigen Freiheitsbrief (1219). Burggrafen von Nürnberg waren seit Heinrichs VI. Zeit die Grafen von Zollern (s. Hohenzollern); [* 26] sie hatten ihre eigene Burg in Nürnberg, welche 1420 in einer Fehde des Burggrafen Friedrich VI. mit dem Herzog von Bayern-Ingolstadt abgebrannt wurde, worauf der Burggraf, welchen Kaiser Sigismund schon 1415 die Mark Brandenburg verliehen hatte, 1427 die Ruine nebst seinen Waldgerechtsamen, der Vorstadt Wöhrd und einigen Orten bei Nürnberg, mit Ausschluß der Lehen, des Landgerichts, Wildbanns und Geleitrechts, an die Stadt verkaufte. Nürnberg war oft der Sitz der Reichstage.
In das 15. und 16. Jahrh. fällt die Zeit seiner höchsten polit. Bedeutung und seiner Blüte [* 27] in Kunst und Wissenschaft durch das fast gleichzeitige Wirken von Albr. Dürer, Adam Kraft, [* 28] Peter Vischer, Veit Stoß, Hans Sachs, Wilibald Pirkheimer, Lazarus Spengler, Wenzel Jamnitzer u.a.m. 1525 wurde die Reformation in Nürnberg eingeführt und der erste Religionsfriede daselbst abgeschlossen. Im Dreißigjährigen Kriege litt die Stadt sehr; von dieser Zeit an begann ihr Verfall, und als sie auch noch durch die Drangsale der Franzosenkriege heimgesucht wurde, geriet sie in gänzlichen finanziellen Ruin. Durch die Rheinbundsakte (1806) wurde sie dem Königreich Bayern einverleibt und hob sich seitdem wieder mächtig empor. Sie ist jetzt die bedeutendste Industriestadt Bayerns. 1882 fand hier eine große bayr. Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung (s. Tafel: Ausstellungsgebäude [* 29] II, [* 24] Fig. 5), 1885 eine internationale Metallausstellung und 1896 die zweite, sehr bedeutende bayr. Landes-Industrie-, Gewerbe-und Kunstausstellung statt.
Vgl. Lochner, N.s Vorzeit und Gegenwart (Nürnb. 1845);
Riedel, Ursprung und Natur der Burggrafschaft Nürnberg (Berl. 1854);
Chroniken der deutschen Städte, Bd. 1–3, 10 u. 11: Nürnberg (Lpz. 1862–74);
Priem, Nürnberger Sagen und Geschichten (Nürnb. 1870);
Reicke, Geschichte der Reichsstadt Nürnberg (ebd. 1896);
Stockbauer, Nürnbergisches Handwerksrecht des 16. Jahrh. (ebd. 1879);
Kleinschmidt, Augsburg, [* 30] Nürnberg und ihre Handelsfürsten im 15. und 16. Jahrh. (Cass. 1881);
Vocke, Das burggräfl.
Schloß zu Nürnberg (Nürnb. 1882);
Schultheiß, Nürnberg (2. Aufl., ebd. 1882);
Rée, Wanderungen durch das alte Nürnberg (3. Aufl., ebd. 1896);
Mummenhoff, Altnürnberg (Bamb. 1890);
ders., Das Rathaus in Nürnberg (Nürnb. 1892);
ders., Die Burg zu Nürnberg (ebd. 1896);
ders., Führer durch Nürnberg (ebd. 1896);
ders., Führer durch das Rathaus (ebd. 1896);
H. Thode, Die Malerschule von Nürnberg im 14. und 15. Jahrh. (Frankf. a.M. 1891);
Schüßler, Illustrierter Führer durch Nürnberg (2. Aufl., Nürnb. 1893);
Ludewig, Die Politik N.s im Zeitalter der Reformation (Gött. 1893);
Rösel, Altnürnberg (Nürnb. 1895);
Schwanhäußer, Die Nürnberger Bleistiftindustrie (ebd. 1895);
Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg (ebd.).