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Lagting, ab. Die übrigen Mitglieder bilden das Odelsting, von welchem jede Angelegenheit zuerst behandelt werden muß, ehe sie zur Bestätigung an das Lagting gelangen kann. Der Staatsrat ist die oberste Regierungsbehörde, unter welcher zunächst 20 Amtmänner stehen, denen die Aufsicht über die gesamte Verwaltung der 20 Ämter obliegt. Die in den Bischofssitzen befindlichen heißen Stiftsamtmänner und leiten gemeinschaftlich mit den Bischöfen alle Civil-, geistlichen und kirchlichen Angelegenheiten.
Unter den Amtmännern stehen 60 Vögte (davon 4 Steuervögte), welche die untern Steuer- und Polizeibehörden bilden. Die 81 Sorenskriver (wörtlich: geschworene Schreiber) sind in den 380 Gerichtssprengeln auf dem Lande die Richter erster Instanz, während in den Städten die Stadtvögte, und in den Städten Kristiania, [* 2] Frederikshald, Drammen, Kristiansand, Bergen [* 3] und Throndhjem [* 4] die Bürgermeister als unmittelbare Obrigkeit wirken. Die zweite Rechtsinstanz bilden die vier Stiftsobergerichte (Stifts-Oberretter) in Kristiania, Kristiansand, Bergen und Throndhjem, und die dritte und höchste das Höchste Gericht (Höieste Ret) in Kristiania.
In administrativer Hinsicht ist das Land gegenwärtig in die beiden Städte Kristiania und Bergen und in 18 Ämter geteilt, nämlich: Smålenene, Akershus, Hedemarken, Kristiansamt, Buskerud, Jarlsberg und Laurvik, Bratsberg, Nedenäs, Lister und Mandal, Stavanger, [* 5] Söndre-Bergenhus, Nordre-Bergenhus, Romsdal, Söndre-Throndhjem, Nordre-Throndhjem, Nordland, Tromsö und Finmarken. Die 18 Ämter zerfallen wiederum in 56 Vogteien, welche die naturgemäße Einteilung des Landes bilden.
Über Heer und Flotte s. Norwegisches Heerwesen.
Das Wappen zeigt im roten Felde einen aufgerichteten, gekrönten goldenen Löwen, [* 6] welcher die Hellebarde des heil. Olaf trägt. (S. Schweden.) [* 7] Die Flagge ist rot mit blauem, rechtwinklig stehendem Kreuze, mit weißen Rändern eingefaßt; in der innern obern Abteilung ist die Unionsflagge angebracht. (S. Tafel: Flaggen [* 8] der Seestaaten.)
Die Finanzen haben sich durch das Sparsystem des Stortings aus ihrer frühern Zerrüttung glänzend erhoben. Die Staatsschulden, die bis Anfang 1848 auf etwa 8 Mill. Kronen [* 9] vermindert waren, sind seitdem infolge neuer Anleihen wieder gestiegen und betrugen Juni 1894: 164 Mill. Kronen. Die Einnahmen (namentlich Zölle, Branntweinsteuer) und die Ausgaben sind für 1896 auf 61 Mill. Kronen veranschlagt.
Unterrichtswesen. Für höhere wissenschaftliche Bildung sorgt die Universität zu Kristiania; Mittelschulen, meist für Knaben und Mädchen gemeinsam, sind 17 staatliche, 40 kommunale und 25 private, darunter 23 mit klassischen und mathem. Disciplinen. Zur Heranbildung von Volksschullehrern bestehen 6 Seminare. Die Schulbildung ist sehr verbreitet, und das norweg. Volk zeichnet sich in dieser Beziehung ebenso aus wie das schwedische. In den dünn bevölkerten, entlegenern Gegenden bestehen zwar oft nur sog. Wanderschulen, aber auch diese wirken, namentlich in Verbindung mit dem Unterricht, den die Kinder zugleich zu Hause von den Eltern erhalten, genügend, so daß Analphabeten kaum vorhanden sind.
Unter den Zeitungen wurde die älteste, die «Norske Intelligenz-seddeler», 1763 begründet; von 1807 ab heißt sie «Kristiania Intelligenz-seddeler». Hierzu kamen 1765 noch die «Efterretninger fra Adressecontoiret i Bergen», und 1767 zu Throndhjem die «Throndhjems borgerlige Realskoles privilegierte Adressecontoirs Efterretninger» und 1780 «Christiansandske Ugeblade». Die periodische Litteratur aber war ohne polit. Bedeutung bis zu Anfang der dreißiger Jahre.
Organ der Beamten war seit 1836 «Den Constitutionelle» (bis 1847, folgende Jahre von «Christiania-Posten» gefolgt) neben der seit 1815 bestehenden «Norske Rigstidende». Ihm ging «Vidar» (1832-34) voraus, ein mehr litterar. Blatt, [* 10] das Schweigaard, Birch-Reichenwald und Welhaven den volkstümlichen Bestrebungen Wergelands gegenüber begründet hatten. Das Organ der bäuerlichen Volkspartei war das 1819 begonnene «Morgenbladet». Letzteres, «Dagbladet» (s. d.) und das konservative «Aftenposten» (alle drei in Kristiania),
außerdem etwa noch «Verdens Gang» [* 11] (radikal) sind gegenwärtig die wichtigsten polit. Blätter N.s. Unter den Wochenblättern ist «Almnevennen» das verbreitetste; sonst sind noch «Norsk Folkeblad», 1866-71 redigiert von Björnstjerne Björnson, «Folkevennen», «Menigmands Ven» von A. Bang und «Skilling-Magaznet ^[korrekt: Magazinet]» hervorzuheben. Ein kritisch-humoristisch-satir. Blatt ist «Vikingen». Unter den Zeitschriften nahm 1847-55 die litterar.-kritische «Norsk Tidsskrift for Videnskab og Literatur» eine vorzügliche Stelle ein, ebenso die 1856-60 von P. A. Munch herausgegebene «Norsk Maanedsskrift». Zu Kristiania erscheinen zahlreiche Fachzeitschriften für Medizin, Naturwissenschaften, Theologie u. s. w. Eine übersichtliche Geschichte der norweg. periodischen Litteratur lieferte Botten-Hansen in «La Norvège littéraire» (1868).
Geschichte. Die früheste Geschichte N.s ist durchaus sagenhaft. Erst um 900 mit Harald I. (s. d.) Harfagr und seinen Söhnen gewinnt sie eine festere Gestalt. Drei Hauptpunkte treten daraus hervor: die Seezüge (Vikingsfahrten) der Normannen (s. d.) oder Nordmannen, durch welche diese in Berührung mit dem übrigen Europa [* 12] kamen, auch Island [* 13] und Grönland bevölkerten und von dort im 11. Jahrh. die Küsten des jetzigen Neuschottland entdeckten; sodann als Rückwirkung davon die Einführung des Christentums, die mit dem alten Heidentum auch einen Teil des alten skandinav. Volkstums vernichtete; endlich die Vernichtung der alten Stammhäupter des Landes, die Harald Harfagr begann und deren Kämpfe der Urgeschichte und selbst noch der spätern Geschichte einen wilden Charakter gaben, der auch nach der Einführung des Christentums in den Thronkämpfen fortdauerte.
Olaf (s. d.) der Heilige vollendete die Bekehrung des Landes zum Christentum und unterwarf die kleinen Häuptlinge, die bis dahin im Lande geherrscht hatten. Als Olaf durch Knut (s. d.) d. Gr. von Dänemark [* 14] 1028 vertrieben und in der Schlacht bei Stiklestat unweit Throndhjem 1030 gefallen war, kam Norwegen unter dän. Herrschaft, fiel aber nach Knuts Tode (1035) wieder zurück an Olafs des Heiligen Sohn Magnus. Von dieser Zeit an stand Norwegen unter einheimischen Königen bis 1319. Als in diesem Jahre mit Håkan V. der Mannsstamm der norweg. Könige ausstarb, ging die Krone an Håkans Tochtersohn, den damals erst 3 Jahre alten schwed. König Magnus Eriksson, über. Dessen Sohn Håkan VI., dem der Vater schon bei seinen Lebzeiten Norwegen abgetreten hatte, war vermählt mit Margarete (s. d.), der einzigen Tochter des dän. Königs Waldemar IV. Atterdag, daher dann sein unmündiger ¶
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Sohn Olaf V. bei dem Tode des Großvaters (1375) König von Dänemark und bei dem Tode seines Vaters (1380) auch König von Norwegen wurde. Als aber dieser Olaf schon 1387 ohne Erben starb, hinterließ er seiner Mutter die beiden Kronen, denen sie bald darauf auch die schwedische hinzufügte. Letztere ging zwar nach unausgesetzten Kämpfen (s. Schweden, Geschichte) 1523 für immer verloren, aber Norwegen blieb bis 1814 bei Dänemark, büßte allmählich seine ganze Selbständigkeit ein und wurde durch Statthalter regiert. Zu gleicher Zeit wie in Dänemark wurde in Norwegen durch Christian III. die Reformation eingeführt. Im Frieden zu Brömsebro gingen 1645 Jemtland und Herjeådalen, im Frieden zu Roeskilde 1658 auch Bohuslän an Schweden verloren.
Durch die 1812 und 1813 zwischen Schweden, Rußland und England geschlossenen Verträge war Schweden als Ersatz für das kurz zuvor an Rußland verlorene Finland das Königreich Norwegen, das dem mit Frankreich verbündeten Dänemark entrissen werden sollte, zugesichert worden. Nach der Schlacht bei Leipzig [* 16] wendete sich daher Karl Johann, damals noch Kronprinz von Schweden, mit seinem Heere gegen Dänemark und erzwang nach einigen Gefechten im Holsteinischen im Frieden zu Kiel [* 17] die Abtretung N.s.
Doch der dän. Prinz Christian (s. Christian VIII.), der damals Statthalter in Norwegen war, suchte das norweg. Volk gegen jene Veränderung einzunehmen. Er berief Abgeordnete des Volks auf den Eisenhammer Eidsvold und legte hier diesen den Entwurf zu der gegenwärtig bestehenden Verfassung vor, der auch angenommen und zum Grundgesetze des Staates erhoben wurde, während man den Prinzen zum König von Norwegen erwählte. Nun aber drang im Juli der Kronprinz von Schweden mit einem Heere in Norwegen ein; die norweg. Kriegsmacht mußte weichen und lief schon Gefahr, ganz eingeschlossen zu werden, als zu Moß ein Waffenstillstand und eine Konvention geschlossen wurde auf der Grundlage, daß Norwegen nur mit den nötigsten Änderungen seiner Verfassung als selbständiges Reich mit Schweden sich unter einem Könige vereinigen sollte.
Das in Kristiania wieder versammelte Storting beschloß die Vereinigung mit Schweden, die in Kraft [* 18] trat, nachdem König Karl XIII. das zu Eidsvold gegebene norweg. Grundgesetz mit den Veränderungen und Zusätzen, die den König, die Thronfolge und die Unionsverhältnisse betreffen, angenommen hatte. So teilte denn Norwegen fortan als selbständiges und unabhängiges Königreich mit Schweden die äußere und die dynastische Geschichte. Doch zog sich durch die ganze Regierungszeit Karl XIV.
Johanns ein anhaltender Kampf des norweg. Stortings gegen die königl. Gewalt. Durch dreimaligen Beschluß (1815, 1818 und 1821) setzte es die Aufhebung des Adels durch und verwarf 1821 und 1836 die beantragte Einführung eines absoluten königl. Vetos. Besser gestaltete sich das Verhältnis, als 1844 dessen Sohn Oskar I. auf dem Thron [* 19] folgte. Dieser wußte nicht nur die Eigenliebe der Norweger durch die Bewilligung ihres eigenen Reichswappens, ihrer eigenen Flagge u. s. w. zu befriedigen, sondern gewann auch ihr Vertrauen durch Befolgung der Verfassung, so daß die Opposition allmählich schwand.
Dasselbe gute Verhältnis dauerte fort unter Karl XV. Mit dem schwed. Reichstage aber geriet 1859 das norweg. Storting in Konflikt, indem es das Recht des Königs, zum Statthalter über Norwegen auch einen Schweden ernennen zu dürfen, einseitig aufheben wollte. Das vermittelnde Einschreiten des Königs selbst mäßigte indes den beiderseitigen Eifer. Ein Versuch zu einer Revision der Unionsverhältnisse scheiterte. Andererseits aber wirkte die Einführung der neuen, mehr demokratischen Volksrepräsentation in Schweden (1866) auf die Sympathien der beiden Brudervölker günstig ein. Am folgte Oskar II. seinem Bruder auf dem Throne. 1874 ward ein Gesetz betreffend die Handels- und Schiffahrtsverhältnisse zwischen Schweden und Norwegen festgestellt, wodurch diese wesentlich erleichtert wurden. 1890 wurde es revidiert und erneuert. Mit Schweden und Dänemark wurde 1873 eine Post-, 1875 eine Münzkonvention abgeschlossen.
Einen langjährigen und hartnäckigen Streit veranlaßte die Frage, ob die Minister des Königs, von denen ein Teil bei dem König in Stockholm [* 20] zu verweilen, ein anderer als Regierung in Kristiania zu fungieren hat, den Sitzungen des Stortings auf dessen Verlangen beiwohnen müßten oder nicht. Nachdem das Storting in vier Sessionen nacheinander die Beteiligung verlangt und die Regierung sie viermal verweigert hatte, schritt jenes 1883 zur Anklage des ganzen Ministeriums vor dem Reichsgericht.
Die Regierung berief sich dagegen darauf, daß der König bei organischen, die Verfassung abändernden Gesetzen ein absolutes Veto habe, und da jener Beschluß des Stortings eine Verfassungsänderung in sich schließe, nicht daran gebunden sei. Einen zweiten Streitpunkt zwischen Regierung und Storting bildete die Heeresfrage. Während die Regierung eine Vermehrung der regulären Truppen befürwortete, versagte das Storting die Mittel dazu und beschloß, den freiwilligen Schützenvereinen, die den Kern eines später zu bildenden Parlamentsheers bilden sollten, eine Staatsunterstützung zu bewilligen.
Die Nichtausführung dieses Beschlusses bildete den zweiten Anklagepunkt gegen das Ministerium. Der Prozeß dauerte vom bis Von den angeklagten 11 Ministern und Staatsräten wurde zuerst der Staatsminister (Ministerpräsident) Selmer, dann sieben andere Minister und Staatsräte zur Amtsentsetzung und Geldstrafen, drei Staatsräte nur zu Geldstrafen verurteilt. Der König nahm das Entlassungsgesuch der verurteilten Minister an und berief das konservative Ministerium Schweigaard. Da sich dieses nicht halten konnte, so sah sich der König genötigt, dem radikalen Stortingspräsidenten Johann Sverdrup die Bildung eines neuen Ministeriums zu übertragen.
Dieses, aus fünf radikalen und vier liberalen Mitgliedern bestehend, kam zu stande. Auf Bildung eines Parlamentsheers wurde verzichtet, dagegen genehmigte der König die Teilnahme der Minister an den Stortingsverhandlungen und die Erweiterung des parlamentarischen und kommunalen Wahlrechts. Im übrigen erfüllte die neue radikale Regierung jedoch keineswegs die Hoffnungen, die ihre Partei auf sie gesetzt hatte. Zwar wurde 1885 eine neue, auf allgemeine Wehrpflicht gegründete, aber keineswegs hinreichende Heeresordnung, wie auch ein Gesetz über Einführung von Geschworenengerichten bei Kriminalprozessen angenommen, sonst aber rieb sich die Partei selbst auf durch den zwischen den einzelnen Mitgliedern herrschenden Hader. Unter solchen Umständen ¶