Niksar, auch Niksara oder
Nigissar, Stadt im nordöstl.
Kleinasien, im türk. Wilajet
Siwas, unweit rechts vom Germilü
(dem Lykos der Alten) in 590 m Höhe, hat 9000 E. (ein Viertel
Christen),
Handel mit
Seide
[* 2] und
Reis.
Auf dem Hügelrücken nördlich
von der Stadt ausgedehnte Reste einer
Burg, vielleicht aus der Seldschukenzeit.
N., höchst wahrscheinlich
das antikeKabira (s. d.),
war in der röm. Kaiserzeit als Neocäsarea Hauptstadt des
Pontus Polemoniacus, wo 314 eine große
Kirchenversammlung abgehalten wurde.
(spr. -schitsch), befestigte Stadt in
Montenegro,
[* 3] auf einem isolierten Hügel in der fruchtbaren Ebene der obern
Zeta gelegen, mit 3000 E. Niksic war für die
Türken höchst wichtig, da sich sein Gebiet wie ein
Keil zwischen
den östl. und westl.
TeilMontenegros hineinzog;
es wurde 1877 von den Montenegrinern erobert und verblieb ihnen.
einer der längsten
Ströme der Erde, in
Afrika,
[* 4] der heilige
FlußÄgyptens, kommt aus dem Victoria-Njansa;
als Quellfluß wird jetzt allgemein der
Kagera oder
Alexandra-Nil (s.d.) betrachtet. Aus dem
Victoria-Njansa fließt nach Nil der
Kivira oder
Somerset-Nil, der zunächst die Riponfälle bildet und dann die beiden Seen Gita Nsige und Kodscha durchströmt;
bei Mruli, wo der
Strom bei einer durchschnittlichen
Tiefe von 3 bis 5
m eineBreite
[* 5] von 900 bis 1000 m erlangt
hat, wendet sich derselbe scharf nach Nil und behält 80 km lang, bis Fauvera, diese
Richtung bei.
Hier wendet er sich nach W. und stürzt in einer mit den Karinafällen beginnenden Reihe von zwölfStromschnellen,
deren letzte die 36 m hohen Murchisonfälle sind, die zweite Hochlandstufe zum Albertsee hinab, den er bei Magungo erreicht.
Von S. her führt der Issango oder Semliki dem
Albert-Njansa die
Gewässer des dritten Nilquellsees, des
Albert-Eduard-Sees,
zu. Am Nordende des Albertsees, unter 2,5° nördl.
Br., fließt der 400–1500 m breite
Strom als
Bahrel-Djebel aus dem See nach Nil
In dem ersten
Teile dieser
Strecke bis Dufilé ist er, durch Bergketten eingeengt, schiffbar;
hinter Dufilé beginnt der
Durchbruch durch die Randgebirge der zweiten Hochlandstufe in neun
Stromschnellen, die die Schiffahrt
unmöglich machen; bei
Ladò, der Hauptstadt der ehemaligen
Äquatorialprovinz, tritt der
Strom, nachdem
er von Dufilé 200 m gefallen ist, in das ostsudanische Flachland und verliert seinen Charakter als Bergstrom.
Von Nebenflüssen hat er auf dieser
Strecke den
Assua und eine Reihe von
Bergströmen aufgenommen. In der nur von niedrigen
Erhebungen unterbrochenen Ebene bildet er
Inseln, Nebenarme und
Kanäle; in unzähligen Windungen strömt
er zwischen flachen Ufern träge nordwärts bis 9° 29' nördl.
Br., wo er nach der
Vereinigung mit dem
Bahr el-Ghasal (s.
Gazellenfluß),
der von W. kommt, nach O. umbiegt. Zur Regenzeit verwandelt der mächtig angeschwollene
Strom die Niederung nördlich von
Ghaba-Schambeh in einen bis 100 km breiten See, nach dessen Verschwinden der Nil, durch Grasbarren,
Setts genannt, gezwungen, oft seinen Lauf verändert; das ganze
Terrain zwischen dem Nil und seinem Parallelarm, dem Seraf,
bildet die eigentliche Sumpfregion des obern Nilsystems.
Nach einem 150 km langen, östlich gerichteten Laufe, auf dem er sich wieder mit dem Seraf verbindet,
nimmt der
Strom den ihm fast entgegengerichteten
Sobat
auf, der ihn nach
NO. drängt, und heißt von hier ab
Bahrel-Abiad,d.
i.
WeißerNil (eigentlich klarer Nil), im Gegensatz zum trüben,
Bahrel-Asrak oder
BlauenNil, mit dem sich jener nach einem 845 km
langen, nordwärts gerichteten Laufe bei
Chartum (in 15° 36' nördl.
Br.) verbindet. Dieser entspringt
als
Abaï in 10° 55' nördl.
Br. in
Abessinien in 2800 m Höhe, ergießt sich in den
Tanasee (1755 m), verläßt ihn, 200 m
breit und 3 m tief, an der Südseite, beschreibt einen Halbkreis um das Gebirgsland
Godscham und fließt
vom 10. Breitengrade nach NW.; auf dieser
Strecke nimmt er links den Djemma und Didessa, rechts den 560 km langen Dinder und
den Rahat auf.
Während der
Weiße Nil dem
Strom seine
Dauer giebt und verhindert, daß er im Unterlaufe während des
Sommers versiegt, verdankt
Ägypten
[* 6] dem
Blauen Nil (in Gemeinschaft mit dem
Atbara) jenen fruchtbaren Nilschlamm, auf dessen Vorhandensein
die
Fruchtbarkeit der
Tiefebene beruht, und das jährlich wiederkehrende
Hochwasser, wodurch das Land immer von neuem befruchtet
wird. Nach der
Vereinigung des
Bahr el-Abiad und des
Bahrel-Asrak beginnt der Nil den
Durchbruch durch das durchschnittlich 330 m
hohe Sandsteinplateau der libysch-arab. Wüste.
Der sog. sechste Katarakt oberhalb Schendi vermag selbst bei niedrigem Wasserstande der Schiffahrt
keine ernstlichen Hindernisse zu bereiten; erst jenseit Ed-Damer (17° 40' nördl.
Br.), wo der Nil seinen letzten Nebenfluß,
den 1230 km langen
Atbara, aufnimmt, beginnt die Reihe der
Stromschnellen, die sich bis
Assuan hinziehen
und die Schiffahrt auf 1800 km seines Laufes unterbrechen: die drei Katarakte zwischen Schendi und El-Kab, gewöhnlich als
fünfter Katarakt bezeichnet;
sieben Katarakte, 75 km lang, zwischen der
Insel Mograt und dem
Berge Barkal, genannt die vierten;
neun Katarakte zwischen derInselDal und Wadihalfa, die
man gewöhnlich als den zweiten und großen Katarakt bezeichnet, und endlich der erste Katarakt zwischen der
InselPhilä und
Assuan;
die Niveaudifferenz, die der
Strom auf dieser ganzen
Strecke überwindet, beträgt 250 m;
bei
Assuan fließt der Nil in 101 m
Meereshöhe, so daß auf die letzten 1125 km von hier bis zur Mündung 101 m Gefälle kommen.
Die
Breite
wechselt auf dieser
Strecke häufig; bei Schendi ist er 165 m, oberhalb der Atbaramündung 320 m und unterhalb des fünften
Katarakts 460 m breit; nördlich von Wadihalfa verbreitert er sich und zwischen Esneh und
Kairo
[* 7] ist er
500–2200 m breit. Die
Breite des Flußthales schwankt zwischen
Abu-Hammed und Edfu zwischen 500 und 1000 m; nördlich von
Edfu verbreitert es sich auf 3 km und behält bis
Kairo eine wechselnde
Breite von 4 bis 28 km. In der S-förmigen
Krümmung,
die der Nil bei
Damer beginnt, umfließt er bis Ambukol auf drei Seiten die Bajudasteppe und durchbricht
bis
Korosko die Bergzüge der Nubischen Wüste; die bisweilen scharfen Biegungen des
Stroms oberhalb
Korosko sind durch die
gegenseitigen Lagerungs- und Streichungsverhältnisse des Sandsteins und seiner krystallinischen Unterlage bedingt.
Von 27,5° nördl.
Br. an begleitet den Nil links derJussuf-(Josephs-)Kanal, ein Rest altägypt. Wasserbauten,
mit zahlreichen Verbindungsarmen, und bewässert das zwischen beiden liegende Land; im Norden
[* 8] endet der
Kanal
[* 9] im
Fajum, dessen
Wasserüberfluß der 40 m unter dem Meeresspiegel liegende
Birket¶
mehr
375 el-Kerun aufnimmt. Für die geregelte Wasserverteilung des Nilwassers ist dieses natürliche Reservoir von der größten
Bedeutung. Im NW. von Kairo, 19,7 km davon entfernt, in 10,7 m Meereshöhe, beginnt das am Meere 270 km breite Delta,
[* 11] durch
welches zahllose Wasserarme und Kanäle das Nilwasser zum Meere führen. Der 1000 m breite Strom teilt sich
unterhalb Schubra in verschiedene Arme, deren die Alten sieben zählten (der pelusische, tanitische, mendesische, bukolische
oder phatnitische, sebennytische, bolbitinische und kanopische), während jetzt nur zwei wirkliche flußartige Mündungsarme
vorhanden sind, nämlich der von Rosette oder Raschid und der von Damiette oder Damyat.
Der kanopische und pelusische, ganz am Ost- und Westrande des Deltas mündend, waren im Altertum die Hauptmündungen,
ihre Wasser haben sich aber neue Betten gesucht; der pelusische mündet jetzt durch den phatnitischen bei Damiette, und der
kanopische durch den von Menschenhand gegrabenen bolbitinischen. Der bedeutendste Kanal ist der dem alten kanopischen Laufe
ähnlich gehende Mahmudijehkanal, welcher 77,7 km lang und 30 m breit, den Rosettearm mit Alexandria verbindet;
der kurze Menufkanal (Bahr el-Farunije) verbindet im S. den Rosette- und Damiettearm;
der tanitische Arm ist in den Muis, der pelusische in den Abu el-Menegge-Kanal umgewandelt. Im ganzen wird
das 22194 qkm große Delta von 13440 km langen Kanälen durchzogen, welche die Hochwasser aufnehmen können.
Die Gesamtlänge
des Stroms ist, wenn der Alexandra-Nil als Hauptquellfluß angenommen wird, 5940 km, der direkte Abstand zwischen Quelle
[* 12] und
Mündung 4120 km. Sein Stromgebiet bedeckt 2810300 qkm. (S. die Karten: Deutsch-Ostafrika, Äquatorial-Afrika
[* 13] [beim ArtikelAfrika] und Ägypten.) Die Nilerde (Gef) oder der getrocknete Nilschlamm, welcher in Ägypten überall auf Meeressand,
also dem Boden eines alten Ästuars, ruht, überragt in steilen Uferwänden bei niedrigstem Wasserstande den Fluß in Oberägypten
um 8 m, bei Kairo um 4,5 m. Die Mächtigkeit der Alluvionen beträgt in Ägypten 10–12 m, an der Spitze
des Deltas aber 13–16 m. Die Breite des kulturfähigen Schwemmlandes im eigentlichen Nilthal übersteigt nirgends 15 km.
In postpliocäner Zeit stellte das heutige Nilthal einen weit landeinwärts sich erstreckenden schmalen Meeresgolf dar, dessen
Höhenmarken sich durch Bohrmuschellöcher und Konchylienlager aus jener Zeit in der heutigen Höhenzone
von 70 m ü.d.M. an beiden Rändern der das Nilthal begrenzenden Felsabstürze erhalten haben.
Der Nil überschwemmt nicht direkt seine Thalebene, sondern das kulturfähige Land ist durch Dämme in Bassins zerteilt, in
die das Wasser durch Kanäle geleitet wird; sind sie gefüllt, so wird es zu dem unterdes niedriger gewordenen
Strome oder zu niedriger gelegenen Abteilungen abgelassen. Das für die Kultur günstigste Mittel des höchsten Wasserstandes
(zu Herodots Zeiten 18 Ellen) ist jetzt nach langjährigen Beobachtungen eine Höhe von 7½ bis 8 m am Nilmesser (s. d.) von
Roda, die eintritt, wenn das Maximum der Flußschwelle des Weißen und Blauen Nil zusammenfällt.
An der südlichsten Spitze des Deltas ist der Barrage du Nil gebaut, ein Stauwerk in Form von Brücken
[* 14] über die beiden Nilarme,
von Mougel, dem franz. Ingenieur MehemedAlis, ausgeführt. Dieser jetzt Kanâtir (d. i. Brücken) genannte Bau sollte die Wasser
zu allen Jahreszeiten
[* 15] aus
gleicher Höhe erhalten und die Schöpfmaschinen überflüssig machen. Doch
auch nach der Vollendung durch den Engländer Scott 1890 kann das Bauwerk bei weitem nicht das Verlangte leisten. Deshalb
beschloß die ägypt. Regierung, durch den Bau eines großen Sammelbeckens oberhalb des ersten Katarakts eine Niveauerhöhung
des Nil herbeizuführen; doch scheiterte dieser Plan an dem Einsprüche Deutschlands
[* 16] und Frankreichs.
Der Nil hieß bei den alten Ägyptern in der heiligen Sprache
[* 17] Jeter-o («Der große Fluß»),
koptisch Jero, Jaro, daher auch
hebräisch Jeôr. Der griech. Name Neilos ist wahrscheinlich von dem semit. Nahal («Fluß») durch phöniz. Vermittelung hergeleitet
worden; wenigstens stammt er ebensowenig aus dem Ägyptischen wie die dem Lande gleichnamige Bezeichnung
des FlussesAigyptos bei Homer. Die heutigen Araber nennen ihn Bahr, wie jedes große Wasser, oder auch el-Nil; die anwohnenden
Nubier nennen ihn Tossi oder auch Nil-tossi, worunter vornehmlich der volle, überfließende Strom verstanden wird.
Der Nil wurde von den Ägyptern, später auch von Griechen (Neilos) und Römern (Nilus)
[* 18] göttlich verehrt.
Von den erstern wurde er mannweiblich mit Bart und weiblichen Brüsten dargestellt und von blauer Hautfarbe. Man pflegte den
obern Nil von dem untern durch besondere Blumensymbole zu unterscheiden. Er hatte einen eigenen Tempel
[* 19] zu Nilopolis, und sein
Hauptfest wird unter dem Namen Niloa erwähnt. In der griech.-röm. Kunst ist er in der Gestalt eines
liegenden Flußgottes bekannt, um welchen 16 Kinder spielen, die 16 Ellen der Nilschwelle symbolisch bezeichnend (die berühmte
Kolossalgruppe im Vatikan;
[* 20] s. Flußgötter und Tafel: Griechische Kunst II,
[* 10]
Fig. 10).
Nach der ältesten Nachricht, welche wir durch Eratosthenes (200 v.Chr.) haben, kommt der Nil aus Seen
im S., unter dem Namen Asta-Pus (Weißer Nil);
dieser vereinigt sich mit dem Asta-Sobas (Blauer Nil), und weiterhin fließt ihm
der Asta-Boras (Atbara) zu.
Ptolemäus, ohne Zweifel auf arab. Nachrichten fußend, teilt mit, daß das Wasser aus zwei
Seen komme, welche einige Grade südlich vom Äquator liegen;
die Abflüsse beider vereinigen sich in 2°
nördl. Br. in einem See;
aus diesem fließt der Asta-Pus nach Nil, welcher sich in 12° nördl. Br. mit dem Nil (d. h. offenbar
mit dem Strome aus Abessinien) vereinigt.
Die arab. Geographen des Mittelalters nennen als Quellgegend der Nilwasser
die Komr-Berge. Komr heißt damals die von dem aus Ostasien stammenden Komr-Volke bewohnte, sehr große Komr-Insel, welche
östlich zur Seite Afrikas liegt, ein Name, der noch in dem der Comoren erhalten ist. Dieser Insel gegenüber liegt das Komr-Gebirge,
und zwar in 2,5° südl. Br. zunächst das Almolattham (jetzt Kilima-Ndscharo oder nach Stanley der Ruwenzori).
Die Wasser aus diesen Bergen
[* 21] gehen nach zwei Seen im S. des Äquators; die aus diesen abfließenden vereinigen sich in einem
nördlich vom Äquator gelegenen See, und aus ihm kommt der Nil. Jetzt, wo die Frage nach dem «Haupte
des Nil», die jahrtausendelang Gegenstand des Erforschens gewesen ist, endgültig gelöst
ist, zeigt sich, daß diese ältern Vorstellungen wenig von der Wirklichkeit abweichen, über die neuern Forschungsreisen
und die Lösung des Nilproblems s. Afrika (Bd. 1, S. 190).
Vgl. Klöden, Das Stromsystem des obern Nil (Berl. 1856);