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B. H. Lulofs und Bilderdijks Schüler und Lobredner: Isaak da Costa. Eine Bereicherung brachte Jac. van Lennep [* 2] der niederländ. Litteratur, indem er, angeregt durch Byron und Walter Scott, die Romantik einführte und den falschen franz. Klassicismus durch seine vaterländischen Dichtungen zurückdrängte. Am nächsten stehen ihm A. Bogaers («De Togt van Heemskerk naar Gibraltar», [* 3] 1837; «Balladen en Romancen», 1846 u. s. w.),
H. A. Meyer («De Boekanier», 1840 u. s. w.),
B. ter Haar [* 4] («De St. Paulus Rots», 1847 u. s.w.),
Niederländische [* 5] Beets («José», «Guy de Vlaming» u. a.). Sonst haben sich in der poet. Erzählung und als Lyriker ausgezeichnet: Ten Kate, Potgieter, De Bull, Hofdijk, Alberdingk Thijm und Schaepman. Höchst originell sind die hauptsächlich epigrammatischen Gedichte De Genestets. Im Volks- und Kinderliede leisteten Heije und Goeverneur Vortreffliches. Im Drama haben sich Bilderdijk, Loosjes, Feith und in neuerer Zeit P. T. H. van den Bergh, Schimmel, [* 6] Hofdijk, Jac. van Lennep, D. Dekker, van Heyst, Emants, van Maurik u. a. versucht.
Seit 1880 ist für die niederländ. Poesie eine neue Ära angebrochen. Nachdem die feinsinnige, hoch begabte Hélène Swarth, der früh gestorbene Jacques Perk mit seinen meisterhaften Sonetten und J. Winkler Prins mit seinen Naturschilderungen mit dem Konventionellen gebrochen hatten, wurde von einigen jungen Amsterdamern, wie Kloos, Verwey, Van Eden, Gorter u. s. w., eine neue Zeitschrift «De Nieuwe Gids» gegründet, die sich an die Spitze der neuen Bewegung stellte. Sie suchen neue Bilder, neue Gedanken, neue Worte und haben schon Treffliches geleistet.
Die Prosa wurde zuerst wieder erhoben durch Justus van Effen (gest. 1735) in seinem «Hollandsche Spectator» (1731‒35),
einer belehrenden Wochenschrift nach dem Muster des engl. «Spectator». Gegen Ende des 18. Jahrh. zeichneten sich auf dem Gebiete des Romans aus: Elisabeth Bekker und Agathe Deken, die in ihren Sittenschilderungen viel Talent bekundeten. Der Humorist Arend Fokke Simons (gest. 1812) verspottete im «Modernen Helikon» geistreich die Sentimentalität und parodierte in seiner «Boertige reis door Europa» [* 7] und in «Het hoekje van den haard» witzig die Geschichte von Frankreich und England.
Anfang des 19. Jahrh. machten sich außer manchen der bereits genannten Geschichtschreiber besonders van der Palm, Borger und Siegenbeek um die Prosa verdient. Doch vermochte sich der Stil von einer gewissen schulmäßigen Rhetorik nicht eher loszumachen, bis der freisinnige Humanist Geel ihm zu größerer Freiheit verhalf und van Lennep seine Romane in einer Sprache [* 8] schrieb, die gebildet und volksmäßig zugleich ist. Letzterm stehen als Romanschriftsteller am nächsten: Oltmans (pseudonym van den Hage, gest. 1854), der Verfasser von «Het slot Loevenstein» und «De schaapherder», die begabte Bosboom-Toussaint («Het huis Lauernesse», «Leycester in Nederland», «Het huis te Honselaarsdijk», «Graaf Pepoli» u. a.),
L. Mulder («Jan Faessen») und Adele Opzoomer (pseudonym A. S. C. Wallis), Verfasserin von «In dagen van strijd», «Vorstengunst». Der Dichter Niederländische Beets (pseudonym Hildebrand) lieferte in seiner von Humor und Witz sprudelnden «Camera obscura» [* 9] (1839) eine Reihe von Skizzen und Erzählungen aus dem holländ. Leben. Unter seinen Nachahmern sind bemerkenswert: van Koetsveld («Schetsen nit de pastory te Mastland») und Cremer durch seine «Betuwsche Novellen». Als Humoristen haben sich van Limburg-Brouwer, der, außer seinen Romanen aus dem altgriech. Leben, «Het leesgezelschap te Diepenbeek», ein satirisch-humoristisches Werk, hinterließ, M. P. Lindo (pseudonym De oude Heer Smits) und Vitringa bewährt.
Eine nicht unwichtige Abteilung der neuern niederländ. Litteratur bilden die Skizzen aus dem Leben und den Zuständen in Ostindien, [* 10] die Reiseberichte u. s. w., unter denen «Max Havelaar» von E. D. Dekker (Multatuli) hervorragt. Neben ihm haben Rühmenswertes geleistet: der heitere Erzähler W. A. van Rees («Herinneringen uit de loopbaan van een Indisch officier», 1863 u. s. w.), J. ten Brink, Heering u. a. Sonst haben sich als Prosaisten noch C. W. Opzoomer, S. Gorter, C. Busken Huet, Vosmaer, Vissering, Veth, A. Pierson, G. Keller, der Dichter ter Haar, Knoop und J. Bosscha ausgezeichnet. ^[]
Seit 1880 hat «Jung Holland» sich auch der Prosa bemächtigt und ihr neue Wege eröffnet. Frans Netscher, Alberdingk Thijm (pseudonym L. van Deyssel), J. van Looy, van Groeningen und zumal Louis Couperus haben sich, Zola zum Vorbild nehmend, dem Alltagsleben zugewandt und in malerischem Stil Stimmungsbilder oder psychol. Studien geliefert, die zu dem Besten der neuern niederländ. Litteratur gehören. Zu ihnen rechnet man auch Nouhuys, dessen Dramen jetzt ins Deutsche [* 11] übersetzt werden (z. B. «Goldfischchen»).
Besonders erfolgreich war schon frühzeitig die Thätigkeit der Niederländer auf mehrern Gebieten der wissenschaftlichen Litteratur. Die älteste Schule und für die nördl. Niederlande [* 12] lange Zeit die einzige von Bedeutung, schloß sich an den Bischofssitz zu Utrecht. [* 13] In den südl. Niederlanden zeichnete sich im 9. Jahrh. vornehmlich aus die Klosterschule zu St.Amand oder Elno in Flandern, wo Hucbald (gest. 930), der vermeintliche Verfasser des «Ludwigsliedes», die Harmonie für die mehrstimmige Musik begründete.
Die Kathedralschule St. Lamberti zu Lüttich [* 14] erhob sich besonders nach der Mitte des 11. Jahrh. unter den Bischöfen Ratherius (953‒956), Everallus (959‒972), Notker und Wako (1042‒48) zu hoher Blüte. [* 15] Neben der Kathedralschule blühten zu Lüttich noch die Klosterschulen zu St. Jakob, St. Laurentius und St. Bartholomäus. Überhaupt herrschte während des 11. Jahrh. das regste geistige Leben in den südniederländ. Klosterschulen, wie namentlich zu Laubes oder Lobbes in der Diöcese Cambrai, zu Andain in den Ardennen, zu Stablo unfern Lüttich und zu Gembloux in Brabant. Im 12. Jahrh. blühten noch die Klosterschulen von St. Bertin zu St. Omer und St. Martin zu Tournai, obschon im allgemeinen um diese Zeit Zucht und Schulwesen in den Klöstern bereits verfallen waren. Seit dieser Zeit wurden die Klosterschulen mehr und mehr verdrängt von den Domschulen, die überdies auch den Laien zugänglich waren und besonders vom Adel stark besucht wurden; so die zu Mecheln [* 16] und die zu Doornik.
Die berühmtesten ausländischen Bildungsanstalten wurden so stark besucht, daß die Flanderer eine eigene Nation bildeten an der Rechtsschule zu Bologna und ebenso die Flanderer und Brabanter an der Universität zu Paris. [* 17] Ende des 13. Jahrh. ging nun aus der Bürgerschaft eine Reaktion hervor. Die flandr. Städte zuerst erkämpften sich das Patronatsrecht über die Schulen, das bisher allein in den Händen der Geistlichkeit gelegen hatte, und ¶
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ehelose Leute, meist aus dem Handwerkerstande, traten zu besondern religiösen, halb klösterlichen Vereinen zusammen unter dem Namen der Begharden und Beghinen (s. d.), die sich auch dem bis dahin so gut wie nicht vorhandenen Elementarschulwesen widmeten. In dieser letztern Bestrebung begegneten ihnen die neu entstandenen Bettelorden. Noch bedeutendern Einfluß erlangten in dieser Beziehung seit dem 14. Jahrh. die Brüder des gemeinsamen Lebens (s. d.), die ebensowohl für die Bedürfnisse der Armen, für den Elementarunterricht der Jugend wie für die gelehrte Bildung sorgten.
Eine Reihe der bedeutendsten Gelehrten (wie Rud. Agricola und Erasmus von Rotterdam) [* 19] gingen aus diesen Schulen hervor, verpflanzten das in Italien [* 20] eben erwachte Studium der klassischen Litteratur über die Alpen [* 21] herüber und bahnten der Reformation die Wege. (Vgl. Cramer, Geschichte der Erziehung und des Unterrichts in den Niederlanden während des Mittelalters, Strals. 1843.) Seit dem Reformationszeitalter knüpfte sich auch in den Niederlanden der Fortschritt der Wissenschaften wesentlich an die Universitäten, unter denen die zu Löwen [* 22] und zu Leiden [* 23] den obersten Rang behaupteten. Die Universität zu Löwen zeichnete sich aus durch Pflege der klassischen Litteratur und durch starres Festhalten an den Satzungen der kath. Kirche. Die Universität zu Leiden dagegen (gestiftet teilte mit der Löwener nur die rege Förderung der klassischen Studien, während sie sonst als Vertreterin des holländ.-prot. Geistes zu ihr im schroffsten Gegensatz stand.
Die Geschichtschreibung fand in den Niederlanden eifrige, aber fast ausschließlich auf die Heimat beschränkte Pflege. Der chronikartigen Aufzeichnung entwuchs sie erst mit den Freiheitskriegen. Noch der Übergangszeit gehören an die umfänglichen Werke von Aubertus Miräus (La Mire), Sanders, Butkens, Pontus de Heuter (Heuterus, 1535‒1602), van der Haer (Haräus, gest. 1632) u. a., sämtlich vom kath. oder auch span. Standpunkte aus geschrieben. Höher schon erhebt sich durch Unparteilichkeit und gewandtere Darstellung Burgundius.
In den nördl. Provinzen gingen drei bedeutende Sammler vorauf: Bor, van Meteren und van Reyd. Auf diese Vorarbeiten und eigene Forschungen baute Hoost seine «Nederlandsche historien» (1640),
ein noch jetzt als klassisch geltendes Werk. Diesem zunächst stehen des Hugo Grotius «Annales et historiae de rebus Belgicis» (1657) und die histor. Werke des bedeutendsten Geschichtsforschers der Friesen, Ubbo Emmius. In gefälligem, aber auch breitem Stile schrieb dann Brandt seine «Geschichte der niederländ. Reformation» (4 Bde., Amsterd. 1671‒74),
eine Lebensbeschreibung des Admirals de Ruyter (1687) und zwei ausführliche Biographien von Hooft und Vondel. Valckeniers «Verwirrtes Europa» erzählt in breitester Ausführlichkeit die Ereignisse der J. 1672‒74, und der Friese [* 24] Lieuwe van Aitzema füllte mit der Beschreibung des Zeitraums 1621‒68 gar 14 Quartanten. Ebenfalls nur wenig bedeutende Forscher waren van Loon, der Begründer der niederländ. Münzkunde, van Mieris, Jean Le [* 25] Clercq (Clericus), dessen Sohn Peter und der Belgier van der Vynckt.
Erst Wagenaar lieferte wiederum ein achtungswertes Geschichtswerk: «Vaderlandsche Historie» (21 Bde., 1750 fg.),
ward jedoch noch weit übertroffen durch Stijl, der zuerst mit Glück eine philos. Behandlung der Geschichte versuchte in seinem «Oopkomst en bloei der Vereenigde Nederlanden» (1774). Einzelne Abschnitte der vaterländischen Geschichte bearbeiteten ferner te Water, Meermann, Engelbert und Scheltema. Kluit schrieb außer der gelehrten «Historia critica comitatus Hollandiae et Zeelandiae» (4 Bde., 1777) auch eine tief in die innern Verhältnisse dringende «Historie der Hollandsche staatsregeering» (5 Bde., 1802‒5). Van Kampen erzählte die vaterländische Geschichte in gefälliger Form, Bilderdijk beschrieb sie einseitig, aber selbständig.
Inzwischen hatte der Reichsarchivar H. van Wijn durch seine gründlichen kritischen Forschungen über das mittelalterliche Leben einen neuen Anstoß gegeben, welcher besonders in den mehrfachen, seitdem erschienenen Urkundensammlungen und auf Urkundenforschung gestützten Werken eines J. C. de Jonge, Nijhoff, van den Bergh, Sloet u.a. zu Tage tritt. Besondere Hervorhebung verdient Groen van Prinsterers «Archives, ou correspondance inédite de la maison d’Orange-Naussau» (15 Bde., Leid. und Utr. 1835‒62). Ein Meister der histor.
Kritik war der ebenso gründliche wie vielseitige Reichsarchivar Bakhuizen van den Brink. Ausgezeichnet als Forscher ist R. Fruin, dessen Hauptwerk «Tien jaren uit den Tachtigjarigen Oorlog» (4. Aufl., Haag [* 26] 1889) auch in der Darstellung als musterhaft anerkannt wird. Neben ihm verdienen genannt zu werden Petrus Johannes Blok, Theod. Jorissen, dessen «Historische Bladen» (4 Bde.) nach seinem Tode (1889) außerordentlichen Erfolg hatten, Nuijens, der Verfasser einer vaterländischen Geschichte vom kath. Standpunkte, und D. C. Nijhoff, der die erste polit.
Geschichte der Niederlande verfaßte (2 Bde., Zütphen 1891 fg.). Das bedeutendste Werk über die Niederländer in den Kolonien ist J. K. J. de Jonges «Opkomst van het Nederlandsch gezag in Oost-Indië» (10 Bde., Amsterd. 1862‒78). Stuart schrieb eine röm. Geschichte bis auf Konstantin d. Gr. (30 Bde., Utr. und Amsterd. 1792 fg.),
Dozy eine vortreffliche «Histoire des musulmans d’Espagne» (4 Bde., Leid. 1861), Ysbrand van Hamelsveld eine von Ypey fortgesetzte allgemeine Kirchengeschichte (26 Bde., Haarl. 1799‒1816),
und die Professoren Kist und Royaards begründeten 1829 eine gehaltvolle kirchenhistor. Zeitschrift («Archief voor kerkelijke geschiedenis»). In neuerer Zeit haben sich W. Moll und de Hoop Scheffer in Amsterdam, [* 27] wie auch Acquoy und Wijbrands in Leiden als treffliche Kirchenhistoriker bekundet.
Auch auf dem Gebiete der Biographie und Litteraturgeschichte haben die Niederländer Tüchtiges geleistet, wie schon die Werke von G. J. Voß und das noch heute wertvolle biogr. Lexikon «Onomaticon literarium» (8 Bde., Utr. 1775‒1803) von Saxe zeigen. Auf die Heimat beschränkten sich Andreas («Bibliotheca Belgica», Löwen 1623‒43),
Sweerts «Athenae Belgicae», Antw. 1628),
Foppens («Bibliotheca Belgica», 2 Bde., Brüss. 1739),
Paquot («Mémoires pour servir à l’histoire littéraire des Pays-Bas, de la principauté de Liége et de quelques contrées voisines», 3 Bde., Löwen 1763‒70),
Witsen Geysbeek («Biographisch en critisch woordenboek van Nederlandsche dichters», 6 Bde., Amsterd. 1821‒27),
van der Aa («Nieuw biografisch en critisch woordenboek van Nederlandsche dichters», 3 Bde., ebd. 1844, nebst dem trefflichen «Biographisch woordenboek der Nederlanden», 21 Bde., Haarl. 1851‒78) und das «Biographische woordenboek der Noord- en ¶