Die einem feindlichen
Angriff besonders ausgesetzten schwachen Punkte im SO. und O. von
Utrecht
[* 2] hat man durch einen Fortgürtel
zu verstärken gesucht. Zwischen Lek und Zuidersee sollen die
Inundationen bei günstigstem Wasserstand 4‒5
Tage, beim ungünstigsten
12‒13
Tage erfordern, südlich der Waal bei mittlerm Wasserstand der Maas innerhalb 5‒6Tagen immer
ausführbar sein. Für den Fall nun, daß die Überschwemmungsvorrichtungen nicht tadellos funktionieren sollten, oder daß
die Hauptstellung aus sonst einem
Grunde auf die
Dauer nicht zu halten ist, besteht die
Absicht, in dem «Reduit von
Amsterdam»,
[* 3] das die ganze niederländ.Armee in sich aufzunehmen vermag, sich bis aufs äußerste zu verteidigen.
Diese letzte Zuflucht des konzentrierten Verteidigungssystems mit seinen auf 14‒20 km vorgeschobenen
Forts, ringsum mit
Inundationen versehen, wird zwar mit großer
Energie im
Bau gefördert, doch haben sich so viele Schwierigkeiten, namentlich
in der Überwindung des unsichern
Baugrundes eingestellt, daß die
Arbeiten nicht mit der gehofften
Beschleunigung vorschreiten
und wohl das Ende des Jahrhunderts erst die Vollendung sehen wird.
II. Küstenbefestigungen. Die Anfang der achtziger Jahre in
Angriff genommenen gepanzerten Küstenbefestigungen sind zwar
in
Bezug auf Panzerung und
Armierung nach modernen Grundsätzen hergestellt, entsprechen aber schon nicht mehr den neuesten
Anforderungen der
Deckungen gegen
Brisanzgeschoße.
VonNiederländischesangefangen sind es zur Verteidigung des Zuidersees,
Kanal- und Flußzugänge folgende:
1) An derHelder-Einfahrt in den Zuidersee
Fort op de Harssens auf einer Sandbank mit 2 Kuppeltürmen zu je zwei 30,5 cm-Geschützen.
2) AmEingang des Nordseekanals als Zugang zu
Amsterdam von der Seeseite Panzerfort Ijmuiden mit Frontpanzerbatterie von fünf 24 cm-Geschützen
und einem gegen
Kehle,
Kanal
[* 4] und südl. Ufer gerichteten Panzerturm mit zwei 15 cm-Geschützen, sowie einer freistehenden
gepanzerten Infanteriegalerie.
3) An derMaas-Einfahrt die Nieuwe Maasmond-Befestigung mit 2
Panzerkuppeln zu je zwei 24 cm-Geschützen und 1 zu zwei 15 cm-Geschützen.
Die ganze Länge des aus 23 Stützpunkten bestehenden Gürtels von Edam bis Muiden beträgt (in den Fortsintervallen
gemessen) 95 km, die längs der Küstenfront (in der
Luftlinie) Muiden-Edam 20 km; zusammen giebt das also 115 km befestigte
Linie. Nach
Osten ist vor die Hafeneinfahrt das
Fort Pampus (12 km vom Mittelpunkt) vorgeschoben, ein gegen
Brisanzgranaten
gesichertes Werk mit 4 schweren gepanzerten
Geschützen (24 cm, in
Kuppeln); zu seiner Unterstützung liegt
am nördl. Ufer die Panzerbatterie Durgerdam mit 3, und am südl.
Ufer Diemerdam mit 4 schweren
Geschützen.
Heerwesen. Trotz des in den
Niederlanden ebenso wie in
Belgien,
[* 5] namentlich in militär.
Kreisen, längst
gefühlten Bedürfnisses nach Einführung der persönlichen Dienstpflicht, verharrt das bis heute
noch beim Werbesystem, und alle Versuche einer Änderung, so namentlich die Gesetzvorlage 1891 zur Einführung der persönlichen
Dienstpflicht und numerischen Verstärkung
[* 6] durch
Erhöhung der jährlichen Rekrutenzahl und Verlängerung
[* 7] der aktiven Dienstzeit,
sind bisher gescheitert.
Ⅰ. Landheer. Das niederländ.Heer in Europa
[* 8] setzt sich zusammen aus dem stehenden
Heer und den Schutterijen
(Bürgerwehren). Das
stehende Heer besteht zu einem Drittel aus (auf 6‒8
Jahre) geworbenen Mannschaften
(Freiwilligen), zu
zwei Dritteln durch
Aushebung der durch Gesetz vom organisierten
Miliz. Von dieser
Miliz werden jährlich 11000 Mann
zum Dienst einberufen, wovon 600 Mann der Marine überwiesen werden. Von 1893 bis 1895 ist für die Landmiliz
eine 7jährige, für die Seemiliz eine 5jährige (bisher 5 und 4 Jahre) Dienstzeit vom 20. Lebensjahr an festgesetzt.
Stellvertretung
und Nummertausch bei der Auslosung sind gestattet. Der Dienst bei der Fahne dauert 1 Jahr; ein Siebentel der
Miliz kann nach diesem Jahr noch 4‒6 Wochen bei der Fahne behalten werden. Die jetzige Organisation besteht seit Die
Friedensstärke des stehenden
Heers beträgt 2335 Offiziere und 63391 Mann, von denen jedoch ein großer
Teil der Milizsoldaten
zeitweilig beurlaubt ist.
Die permanenten Friedens-Cadres des stehenden
Heers einschließlich aller Milizurlauber betragen 1895:
Dazu kommen noch 885 Offiziere und 43412
Freiwillige und
Milizen der dienstthuenden und 1409 Offiziere
und 75514
Freiwillige und
Milizen der ruhenden Schutterij.
Im
Kriege werden von den vorstehend aufgeführten Feldtruppenformationen besondere Besatzungstruppen formiert; von jedem
der 9 Infanterieregimenter 1
Bataillon, von 4 Festungsartillerieregimentern 40 Compagnien; das Panzerfortartilleriekorps
tritt ganz hinzu mit 4, das Torpedokorps mit 2 Compagnien, vom
Genie 4 Festungscompagnien.
Die
Stärke der Besatzungstruppen ist zusammen: 362 Offiziere, 16744 Mannschaften; der Depots: 223 Offiziere, 1002
Unteroffiziere.
Zahl der Mannschaften und
Pferde in letztern ist unbestimmt.
Jede Waffengattung besitzt einen eigenen
Stab,
[* 12] an dessen
Spitze Generallieutenants oder Generalmajors als
Inspecteurs stehen.
Die Infanterie ist in 3 Divisionen zu je 3 Regimentern formiert und besteht aus 1 Grenadier- und Jägerregiment
zu 3 Grenadier- und 2 Jägerbataillonen, aus 8 Linienregimentern zu je 5
Bataillonen, 1 Lehrbataillon und 1
Strafcompagnie.
Außerdem bestehen 1 Normalschießschule und 1 Pupillenschule zur Ausbildung von
Knaben für den Militärdienst. Die
Bewaffnung
der Infanterie besteht zum größtenTeil im Gewehr
SystemBeaumont-Vitali, 11,45
mmKaliber, doch ist die
Umbewaffnung mit einem neuen Gewehr von 6,5
mm (Anfertigung in
Steyr) eingeleitet. Die
Kavallerie besteht aus 3
¶
mehr
Husarenregimentern zu je 5 Schwadronen nebst Depot und ist mit schweren Pferden beritten, ferner aus 1 Ordonnanzenschwadron
und einer Reit- und Beschlagschmiedeschule. Die größtenteils berittene Maréchaussée (Gendarmerie) zerfällt in 3 Divisionen
mit im ganzen 12 Distrikten. Die Feldartillerie besteht aus 3 Regimentern von je 6 Batterien (zu 6 Geschützen) und 2 Parkcompagnien
und einem Korps reitender Artillerie von 2 Feldbatterien zu 6 Geschützen und 1 Lehrbatterie.
Die Geschützausrüstung besteht aus 8 cm-Krupp-Geschützen; seit 1896 sind einige Schnellfeuergeschütze zum Versuch eingestellt,
auch ist das rauchschwache Pulver in der Einführung begriffen. Die Festungsartillerie ist wegen der bedeutenden Zahl fester
Plätze verhältnismäßig stark und besteht aus 4 Regimentern zu je 10 Compagnien und 1 Korps Panzerfortartillerie
für die Küsten- und Panzerfortbatterien, 1 Lehrcompagnie, 2 Pontonier-Compagnien, 1 Arbeitercompagnie, 1 Artillerieschießschule.
Die Genietruppe besteht aus 9 Compagnien, wovon 3 Feld-, 4 Festungscompagnien, 1 Telegraphen- und Eisenbahn- und 1 Schul- und
Depotcompagnie. Die Sanitätstruppe besteht aus 3 Offizieren, 693 Unteroffizieren und Mannschaften in 3 Compagnien.
Ferner gehören 2 Torpedocompagnien zur Genietruppe. Zur Anwerbung von Rekruten für die Kolonialarmee (In- und Ausländer)
befindet sich im Mutterlande 1 Kolonialwerbedepot, bestehend aus 1 Stab und den Cadres von 2 Compagnien.
Zur Infanterie gehörig giebt es endlich noch eine Kolonialreserve, bestehend aus Stab und 5 Compagnien,
wovon 1 als Rekonvalescentencompagnie und 1 zur Aufnahme von Artilleristen bestimmt ist. Unterrichtsanstalten sind die höhere
Kriegsschule zu ’sGravenhage für Truppenführung und Generalstabs- sowie Intendantendienst;
Zum Zweck der Remontierung besteht ein Remontedepot mit 450 Pferden.
Die Schutterij ist eine Bürgerwehr und zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes bestimmt; im Kriege kann dieselbe
als Besatzungstruppe verwendet werden und wird bei den ausgedehnten Befestigungen, zu deren Besetzung die vom stehenden Heer
auszuscheidenden Besatzungstruppen nicht ausreichen, herangezogen werden. Die «dienstthuende»
Schutterij besteht zu drei Vierteln aus Leuten, die niemals im Heer gedient haben, nämlich aus allen
Männern zwischen dem 25. und 35. Jahre; diese gehören 5 Jahre der aktiven Schutterij an, und zwar nur in Gemeinden von
wenigstens 2500 Köpfen.
Zur Ausbildung der Mannschaft dienen jährlich 50 Übungsstunden. Die Bewaffnung ist ganz veraltet, und
die Schutterij daher im Kriegsfalle ernstlich nicht in Betracht zu ziehen. Es giebt 212 Compagnien aktive Schutterij zu je
110‒150 Mann, aus Infanterie und Festungsartillerie bestehend, 1894 zusammen 43487 Mann, die gemeindeweise organisiert
sind, auch zuweilen, namentlich bei öffentlichen Aufzügen, im Frieden zusammengestellt werden. Die übrigen fünf Jahrgänge
werden «ruhende Schutterij» genannt und sind ohne jegliche
Organisation; sie zählen etwa 74819 Mann in 89 Bataillonen. Außerdem giebt es einen Landsturm, der ebenfalls nicht militärisch
organisiert ist und aus allen Männern von 19 bis 50 Jahren besteht, die weder dem stehenden Heere noch den Schutterijen angehören,
ferner Schützenvereine
(Weerbaarheids- oder Scherpschutter-Vereenigingen), die sich im Frieden in der
Handhabung des Gewehrs üben und im Kriege der Regierung zur Verfügung stellen. ^[]
Die niederländisch-ostindische Armee wird ausschließlich aus Freiwilligen (Europäern und Inländern) durch Werbung ergänzt
und war 1893: 1437 Offiziere, 29739 Mann stark.
Von den Mannschaften waren 14258 Europäer, 1482 Amboinesen, 13999 Eingeborene. Die Infanterie besteht aus 18 Feld-, 10 Garnisonbataillonen, 5 Garnisoncompagnien, 4 Depotbataillonen, 5 Subsistentencadres, 1 Ergänzungsdepot;
die Kavallerie aus 1 Regiment zu 4 Feldeskadrons, 1 Depoteskadron und 1 Detachement;
die Artillerie aus 8 Feld-
und Bergbatterien und 15 Compagnien Festungsartillerie;
die Genietruppe aus 2 Compagnien. An Kolonialreserve sind vorhanden 5 Compagnien
Schutterijen und bewaffnete ind. Korps (Pradjoerits), Legionen (Barissans) u. s. w., im ganzen 8775 Mann, davon 4780 Eingeborene.
In den westindischen Besitzungen stehen: in Surinam 2 Compagnien Infanterie, 1 Artilleriedetachement, in
Curaçao 1 Compagnie Infanterie.
Ⅱ. Kriegsflotte. Die Flotte ist gegenwärtig von geringer Bedeutung, da sie meist aus veraltetem Material besteht. Jedoch
ist durch einen neuen Flottengründungsplan, der in Kraft
[* 14] trat, mit einem Bauziel von 10 Jahren und Kostenanschlag
von ungefähr 60 Mill. Fl., ein Anlauf
[* 15] zur Herstellung einer aus zeitgemäß gepanzerten und armierten
Schiffen bestehenden Flotte genommen worden. Danach sollen zur Verteidigung des Mutterlandes neu gebaut werden: 6 Panzerschiffe
[* 16] zu je 3400 t, 16‒20 Knoten pro Stunde, 17 Geschütze vom 21 cm- herunter bis zum 3,7 cm-Schnellfeuergeschütz, Rammvorrichtung
und Torpedobewaffnung, 3 davon sind 1894 vom Stapel gelaufen;
6 Schiffe
[* 17] zu je 400 t, 22 Knoten pro Stunde, 6 Schnellfeuergeschütze
und Torpedobewaffnung, für Aufklärung und Avisodienst;
8 Schiffe zu je 200 t, 22 Knoten, mit 2 Schnellfeuer-, 4 Revolverkanonen
und Torpedobewaffnung;
6 Schiffe zu je 100 t, 13‒14 Knoten, 2 Schnellfeuer-, 4 Revolverkanonen;
Bestand der Flotte 1896, einschließlich der Schiffe der ind. Militärmarine: 1 modernes, 2 alte
Panzerschiffe Ⅲ. Klasse, 3 moderne große Küstenpanzerschiffe, 1 modernes, 16 alte kleine Küstenpanzerfahrzeuge, 1 moderner
Kreuzer Ⅳ. Klasse, 56 meist alte Kanonenboote, 10 alte Kreuzer verschiedener Größe, 14 Torpedoboote Ⅱ. Klasse, 28 Torpedoboote
Ⅲ. Klasse, sowie außerdem 16 Schul- und Wachtschiffe, 1 Torpedodepotschiff, 6 Raddampfer, 1 königl.
Jacht, 7 Segelschiffe, 4 Lotsendampfer, 2 Schiffe für den Seefischereischutz. Im Bau sind 3 moderne Kreuzer
Ⅲ. Klasse. Das Marinebudget für 1896 beträgt 15758026 Fl. (gegen 15759030 1895); 16 Schiffe
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