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fassen. Das älteste Beispiel der Renaissance in Belgien [* 2] sind die um 1517 ausgeführten Teile des Tribunals zu Mecheln [* 3] (s. Taf. Ⅱ, [* 1] Fig. 1). In dem Bau des Rathauses zu Antwerpen [* 4] (1560‒66) mit seiner schön entwickelten Hochrenaissance (s. Tafel: Rathäuser Ⅰ, [* 1] Fig. 4) wurde noch einmal das architektonische Können der Nation zusammengefaßt, ehe die große polit. Spaltung die beiden Teile in verschiedene Richtungen drängte. In Holland blieb man der Frührenaissance, die hier mit großer Feinheit und Anmut gehandhabt wurde, lange treu.
Sich mischend mit den antikisierenden Bestrebungen der Zeit erhielt sie hier die glücklichste Anwendung durch die holländ. Architekten Hendrik de Keyser und Jakob van Kampen (gest. 1658); der erstere baute die alte, seitdem niedergerissene Börse in Amsterdam, [* 5] von dem letztern ist das dortige stattliche Rathaus (jetzt königl. Palais), das jedoch schon den Klassicismus bis zur Nüchternheit steigert. In Belgien entstand im 17. Jahrh. unter Rubens’ Führung eine kräftige, phantasiereiche Barockbaukunst, deren Hauptvertreter Francquart und Lucas Faid’herbe waren.
Die Jesuitenkirchen in Brüssel [* 6] und Antwerpen (s. Tafel: Niederländische Kunst [* 7] Ⅱ, [* 1] Fig. 2), die Beguinenkirche in Brüssel und zahlreiche andere Bauten geben Kunde von der großartigen Bauauffassung jener Zeit. Erst seit dem 18. Jahrh. beginnen franz. Einflüsse, getragen durch die Hugenotten, in Holland, später auch in Belgien maßgebend zu werden. Als Vertreter dieser Richtung ist der Maler A. van der Werff zu bezeichnen. In neuerer Zeit sind wie in andern Ländern so auch in den Niederlanden die verschiedenen Bauweisen nebeneinander zur Anwendung gekommen. So bevorzugte der von den franz. Klassicisten beeinflußte Roelandt (gest. 1864) beim Bau der Universität (1826), des Justizpalastes (1846; s. Taf. Ⅱ, [* 1] Fig. 4) und des Theaters zu Gent, [* 8] ebenso Suys der Jüngere beim Bau der neuen Börse zu Brüssel (1868‒73; s. Taf. Ⅱ, [* 1] Fig. 5) die griech.-röm. Architektur; sie gaben den genannten Bauten an der Hauptfaçade einen Portikus von korinth.
Säulen, [* 9] während Poelaert ^[Joseph] den Justizpalast in Brüssel (1883) sogar mit Anlehnung an die assyr. Bauweise und unter stark barocker Behandlung der klassischen Formen aufbaute. Um die Wiedererweckung des got. Stils machte sich Cuypers verdient, der in St. Katharina zu Eindhoven die schönste got. Kirche Hollands in neuerer Zeit schuf und den 1889 in Betrieb genommenen Centralbahnhof in Amsterdam ebenfalls im got. Stil errichtete; hingegen führte er bei dem in letzterer Stadt (1877‒85) erbauten Reichsmuseum (s. Tafel: Museen Ⅱ, [* 1] Fig. 2) den holländ. Renaissancestil, allerdings mit got. und roman. Anklängen durch. Den vläm. Renaissancestil zeigt unter anderm die von Beyaert (gest. 1894) erbaute Nationalbank in Antwerpen (1880). –
Vgl. Schayes, Histoire de l’architecture en Belgique (2. Aufl., 2 Bde., Brüss. 1852);
Gurlitt, Geschichte des Barockstils, des Rokoko und des Klassicismus (Stuttg. 1886‒89);
F. Ewerbeck, Die Renaissance in Belgien und Holland (neue Ausg., Lpz. 1889‒92);
Galland, Geschichte der holländ. Baukunst [* 10] und Bildnerei im Zeitalter der Renaissance, der nationalen Blüte [* 11] und des Klassicismus (Frankf. a. M. 1890);
J. van Ysendyck, Documents classés de l’art dans les Pays-Bas (700 Lichtdrucktafeln, Antw. 1880).
II. Bildnerei. Die niederländ. Bildhauerkunst [* 12] scheint in der roman. Epoche höchstens die Konsolen der Gesimse zur Anbringung von Tiergestalten, Fratzenköpfen und phantastischen [* 1] Figuren benutzt zu haben; denn mit Ausnahme der in einem schweren, harten Stil gearbeiteten Skulpturen am Portal der Kathedrale in Tournai sind keine Steinmetzarbeiten dieser Zeit auf uns gekommen. Dagegen ist in der Bartholomäuskirche zu Lüttich [* 13] noch ein auf zwölf Stieren ruhendes und mit Relieffiguren in roman. Stile geschmücktes Taufbecken in Erzguß (1112) von Lambert Patras in Dinant erhalten, wo sich eine Schule von Metallarbeitern gebildet hatte, die so berühmt wurden, daß man im Mittelalter Kunsterzeugnisse dieser Art schlechthin Dinanderies und die Künstler Dinandiers nannte.
Auch die Steinskulpturen der got. Epoche sind in Holland fast ganz verschwunden und in Belgien selten. Nur Tournai macht hier abermals eine Ausnahme, indem es in der Vorhalle seiner Kathedrale noch zahlreiche got. Bildhauerarbeiten besitzt, unter welchen sich eine kolossale Madonna auszeichnet. Der Mittelpunkt der niederländ. Bildnerei am Ende des 14. und zu Anfang des 15. Jahrh. war Dijon, [* 14] die Residenz der Herzöge von Burgund; hier arbeitete unter andern Claux Sluter aus Holland, dessen noch erhaltenes Werk, der sog. Mosesbrunnen (s. Tafel: Französische Kunst Ⅲ, [* 1] Fig. 1), Freiheit und Sicherheit plastischer Behandlung bei entschiedenem Streben nach Naturwahrheit offenbart. Weit unansehnlicher sind die gleichzeitigen niederländ. Skulpturen. ^[]
Erst gegen Ausgang des 15. Jahrh. trifft man bedeutende Leistungen der niederländ. Plastik; so das in der Liebfrauenkirche zu Brügge errichtete Grabmal (Erzfigur auf Marmorsarkophag) der Maria von Burgund (s. Tafel: Niederländische Kunst Ⅲ, [* 1] Fig. 4), ein fein und naiv im realistischen Stil (1495‒1502) ausgeführtes Werk des Pieter de Beckere aus Brüssel. Als Seitenstück dazu ließ später (1558) Philipp Ⅱ. das Renaissancegrabmal Karls des Kühnen durch den Bildhauer Jongelincx aus Antwerpen hinzufügen. Mit dem Emporkommen antiker Bauformen wuchs auch die Neigung für die Bildnerei, welche im Laufe des 16. Jahrh. zu großem Einfluß auch in Deutschland [* 15] und Italien [* 16] gelangte, zunächst durch den hohen Reiz im Ornament und die zierliche Durchbildung im einzelnen, wie dies z. B. der Mittelbau des Antwerpener Stadthauses und insbesondere die prächtig geschnitzten Chorgestühle in den Kirchen zu Dordrecht [* 17] (s. Taf. Ⅲ, [* 1] Fig. 6) und Enkhuizen (s. Taf. Ⅲ, [* 1] Fig. 5) zeigen; später durch die edle Auffassung der menschlichen Gestalt, ohne daß ein einzelner Bildhauer besonders hervortrat. Dies geschah erst im Auslande, wo Al. Colins, Giovanni da Bologna u. a. die Bildnerei mächtig beeinflußten, zwar ital. Formen hineinbrachten, doch im Sinne einer stilistisch strengen, aber auf Naturbeobachtung beruhenden Kunstauffassung fortbildeten. Als Vertreter dieser Richtung sind im 17. Jahrh. die beiden Brüder François und Jérôme Duquesnoy zu nennen, ferner Artus Quellinus von Antwerpen (gest. 1668) und Rombout Verhulst (gest. 1698), welche die Bildwerke am und im Rathaus zu Amsterdam schufen (s. Taf. Ⅲ, [* 1] Fig. 2), sodann H. de Keyser (s. Taf. Ⅲ, [* 1] Fig. 3). Martin van den Bogaert, aus Breda gebürtig, übertrug die niederländ. Kunstweise nach Paris; [* 18] endlich die mit Vorliebe in Elfenbein arbeitenden Meister Gerard van Opstal aus Antwerpen (gest. 1663) und besonders Francis von Bossuit aus Brüssel, dessen Hauptstärke in anmutigen ¶
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Frauenund Kinderfiguren lag. Die reichen Grabmonumente, Kanzeln (s. Taf. Ⅳ, [* 19] Fig. 1), Altäre des 18. Jahrh., die in den belg. Kirchen errichtet wurden, zeigen ein sich immer mehr steigerndes Barock, während in Holland einfachere, mehr die Menschengestalt individualisierende Bildungen vorherrschend blieben.
Von dem zopfigen Stil suchte um die Wende des 18. Jahrh. der in Rom [* 20] unter Thorwaldsen gebildete Matthias Kessels (gest. 1834) die niederländ. Plastik zu befreien; doch blieb er gleichwohl mit seiner mehr realistischen Kunstweise ziemlich lange in Holland vereinzelt. Auch die Bildnerei um die Mitte des 19. Jahrh. hat es zu keinen bedeutenden Leistungen gebracht; von Monumentalwerken sind zu nennen das Standbild Rubens’ in Antwerpen von W. Geefs (s. Taf. Ⅳ, [* 19] Fig. 2), das Denkmal Egmonds und Hoorns in Brüssel von Fraikin (s. Taf. Ⅳ, [* 19] Fig. 3), das Reiterstandbild Gottfrieds von Bouillon in Brüssel von Simonis (s. Taf. Ⅳ, [* 19] Fig. 4), das Grabmal des Erzbischofs Méan in der Kathedrale zu Mecheln von Jehotte; unter den Genrebildnern haben sich außer den genannten W. Geefs und Fraikin besonders Jos. Geefs und Bouré einen geachteten Namen erworben.
Die jüngsten Erzeugnisse der niederländ., insbesondere belg. Plastik offenbaren eine von Frankreich beeinflußte impressionistische Darstellungsart; die begabtesten Vertreter dieser extremen Kunstweise sind Meunier, Herain, Lambeaux, de Rudder u. a. Daneben haben aber Künstler wie van der Stappen, van den Kerckhove, Dillens u. a. auch Werke strengern Stils geschaffen. –
Vgl. R. Graul, Beiträge zur Geschichte der dekorativen Skulptur in den Niederlanden während der ersten Hälfte des 16. Jahrh. (in den «Beiträgen zur Kunstgeschichte», Neue Folge, Nr. 10, Lpz. 1889).
III. Malerei. Die niederländ. Malerei des Mittelalters ist durch Denkmäler nur sehr dürftig vertreten; dennoch unterliegt es keinem Zweifel, daß auch hier wie in andern Ländern die Kirchen der byzant.-roman. Epoche ihren Wandbilderschmuck hatten, ebenso wie die Tafelmaler von Maastricht [* 21] schon zu Anfang des 13. Jahrh. als geschickte Meister bekannt waren. Aber die Kirchen und Museen in Belgien und Holland enthalten kein auf Holz [* 22] gemaltes Bild, das bis vor 1360 hinaufreicht.
Gegen das Ende des 14. Jahrh. bildeten die niederländ. Maler in größern Städten bereits geschlossene Malergilden, welche nicht bloß Tafelmaler, sondern auch Bücher-, Glas- und Dekorationsmaler in sich begriffen. Ihr Gesamtname «Schilderer» besagt, daß sie meistens nur Schilder bemalten. Das Bestreben nach einer freien, naturgemäßen Darstellung, das in den niederländ. Miniaturen und Tafelbildern seit 1360 als charakteristischer nationaler Zug schüchtern und schülerhaft hervorgetreten war, äußerte sich mit Entschiedenheit und Meisterschaft in der flandr. Schule, die seit dem 15. Jahrh. in Brügge aufblühte. An der Spitze dieser Schule standen die Brüder Hubert und Jan van Eyck (s. d.), von welchen der letztere die bisherige Technik der Ölmalerei bedeutend vervollkommnete. Die namhaften Schüler und Nachfolger der van Eyck sind: in Flandern Gerard van der Meiren, Justus van Gent, Petrus Cristus, Hugo van der Goes, Rogier van der Weyden (s. Taf. Ⅴ, [* 19] Fig. 1) und Hans Memling;
in Holland Dirk Bouts, Albert van Ouwater und Gerrit van Haarlem. [* 23]
Zu Anfang des 16. Jahrh. traten in Brabant und Holland neue Bestrebungen hervor, die eine vollere Entfaltung der Form, eine freiere Bewegung der Gestalten, eine größere Energie und Leichtigkeit des Vortrags bezweckten. Die bedeutendsten und eigentümlichsten unter den hierher gehörigen Meistern sind Quentin Massys (s. Taf. Ⅴ, [* 19] Fig. 2) und Lukas van Leiden [* 24] (s. Taf. Ⅴ, [* 19] Fig. 3). Gleichzeitig mit diesen und bis zur Mitte des 16. Jahrh. wirkte eine Anzahl niederländ. Maler, welche die Mängel der altflandr.
Schule durch das Studium der ital. Renaissancemalerei zu verbessern und beide Kunstweisen miteinander zu verschmelzen suchten. Die vorzüglichsten Künstler dieser Richtung sind: Bernaerd van Orley, Michiel Cocxie ^[heute Coxcie geschrieben], Jan Mabuse, Jan van Scorel, Antonis Mor, Martin van Heemskerk. Von andern namhaften Meistern, deren Blüte in die zweite Hälfte des 16. Jahrh. fällt, wurde diese italienisierende Behandlungsweise in größerer Selbständigkeit und mit besserm Erfolg ausgebildet. Dahin gehören Lambert Lombard und sein Schüler Frans Floris, an den sich eine große Reihe von Schülern anschließt, unter denen die beiden Frans Francken, die beiden Frans Pourbus und Martin de Vos nennenswert sind. Andere Künstler der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., wie Hendrik Goltzius, Cornelis Cornelisz, Abraham Bloemaert, Otto van Veen, widmeten sich ebenfalls der Nachahmung ital. Malerei. ^[]
Diese altertümliche Richtung bekämpfte um den Beginn des 17. Jahrh. eine Schule, welche in die niederländ. Malerei wieder frische Kraft [* 25] und eigenes Leben hineinbrachte. Die Historienmalerei schied sich zunächst in zwei Kunstweisen. Die eine ging von dem span. Teile der Niederlande, [* 26] vornehmlich von Brabant aus, wo die Malerei mehr im Dienste [* 27] der wiederhergestellten kath. Kirche blieb und zugleich in der Wahl der Gegenstände und in der Art der Auffassung noch an ital. Vorbilder anknüpfte, sich durch einen dem niederländ. Wesen entsprechenden Stil der Zeichnung, einen leuchtenden Glanz der Farbe und einen entschiedenen Ausdruck der Seelenstimmung wesentlich und eigentümlich auszeichnete.
Diese Schule hatte ihren Hauptsitz in Antwerpen (daher Antwerpener Malerschule genannt) und ihren Hauptmeister an Rubens (s. d. und die diesem Artikel beigegebene Chromotafel); der bedeutendste unter seinen Schülern war Anton van Dyck (s. d.). Die übrigen Schüler und Nachfolger von Rubens blieben mehr bei den äußerlichen Eigentümlichkeiten des Meisters stehen, bewiesen jedoch teilweise im Farbenton und Vortrag eine große Tüchtigkeit, so Jakob Jordaens, Abraham van Diepenbeeck, Theodor van Thulden.
Die andere Richtung der niederländ. Historienmalerei hatte ihren Ursprung in Holland, das, nachdem es sich von den span. Niederlanden losgerissen, ein eigenes, von prot. und republikanischem Geiste beseeltes und auf dem Princip kirchlicher und staatlicher Freiheit gegründetes Volk bildete. Unter solchem Einfluß erstand im zweiten Viertel des 17. Jahrh. zu Amsterdam eine Schule, die einen ganz unabhängigen Weg der Entwicklung einschlug. Der Stifter dieser Schule war Rembrandt (s. d. und die diesem Artikel beigegebene Chromotafel); doch entlehnten seine zahlreichen Schüler und Nachfolger von ihm nur die äußere Schaffensform, wenngleich mehrere, wie Gerbrand van den Eeckhout, Ferdinand Bol, Govaert Flinck, Jan Lievens, Aert de Gelder, Salomon Koninck (s. d.) einen angesehenen Platz in der Kunstgeschichte einnehmen. Neben diesen beiden ¶