Niederlahnstein - Niederlande (Oberflächengestaltung u. s. w.)
mehr
denen neben der Wiederausfuhr in das
Ausland auch der
Absatz im Zollgebiet gestattet ist. In ein gemischtes
Transitlager darf
auch zollfreies Getreide
[* 2] gebracht werden, ohne daß es seine Eigenschaft als zollfreie Ware verliert, und es behält seinen
Charakter auch, wenn es in dem Lager
[* 3] mit dem ausländischen gemischt wird. –
ÜberNiederlagen in
Frankreich s.
Entrepôt.
Stadt im
Kreis
[* 4] St. Goarshausen des preuß. Reg.-Bez.
Wiesbaden,
[* 5] an der Mündung der
Lahn in den Rhein,
gegenüber von Oberlahnstein, an den Linien
Frankfurt
[* 6] a. M.-Köln und Koblenz-Gießen der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 7] Sitz eines
Amtsgerichts (Landgericht
Wiesbaden), hatte 1890: 3114 E., darunter 362
Evangelische, 1895: 3418 E., Postamt
zweiter
Klasse,
Telegraph,
[* 8] Fernsprecheinrichtung, 2 kath.
Kirchen, darunter die Johanniskirche (9. Jahrh.) am Rhein, Wasserleitung,
[* 9] Gasbeleuchtung,
Krankenhaus;
[* 10] Kornglas-, Papier-,
Drahtgewebe- und Chamottefabrikation, Handelsmühle, Schiffahrt und Obsthandel.
Nahebei die Wallfahrtskapelle zum Allerheiligenberg und das Eisenhüttenwerk Hohenrheiner Eisenhütte.
[* 11] Nederland, Königreich der Niederlande, liegt zwischen 50° 45’ und 53°
30’ nördl.
Br. und 3° 20’ bis 7° 10’ östl. L. von Greenwich und hat ohne die Meeresteile 32538 qkm.
(Hierzu eine Karte: Niederlande.)
Oberflächengestaltung. Fast das ganze Land ist
Tiefland und Fortsetzung der großen deutschen Ebene. Der größte
Meerbusen
an der Nordsee ist der Zuidersee (s. d.), nächst diesem
der Dollart (s. d.) und der Lauwerzee an der Nordküste. Die Hauptflüsse des
Landes sind der Rhein, die Maas und die Schelde. Außerdem ist das Land von zahlreichen Nebenflüssen durchschnitten,
in welche die anliegenden, eingedämmten, durch Entwässerung urbar gemachten Ländereien, die sog.
Polder (s. d.), das zuströmende Wasser durch Abzugsgräben und Schöpfräder
ableiten.
Von den Landseen war das
Haarlemer Meer (s. d.) der größte, ist aber 1848‒53 trocken gelegt worden.
Wegen seiner niedrigen
Lage ist der größte
Teil des
Landes unaufhörlich der Gefahr der
Überschwemmung ausgesetzt, welche
durch jede gewaltige Meeresflut, am meisten aber durch Eisversperrungen in den
Flüssen am Ende der Winterzeit
hervorgerufen wird. Daher die zahlreichen schrecklichen Verheerungen durch das Wasser, welche in der niederländ.
Geschichte verzeichnet sind.
Daher aber auch die zahlreichen trefflichen Deiche und Wasserbauwerke, durch welche die niederländ.
Ingenieure weltberühmt sind und zufolge deren bedeutende
Überschwemmungen denn auch selten geworden sind. (S. die Deichkarte,
Bd. 4, S. 881.) Gegen das
Meer ist das Land durch die Dünen, eine Reihe natürlicher Sandhügel (welche
von Nordfrankreich bis
KapSkagen in
Dänemark
[* 12] sich erstreckt), und, wo diese unterbrochen ist, durch kostspielige Deiche geschützt.
Das südl. Niederland ist eine Fortsetzung der großen sandigen
Heide, die sich von der Ostsee durch
Brandenburg,
[* 13]Lüneburg
[* 14] und Westfalen
[* 15] bis an die Schelde erstreckt, nur durch die fruchtbare
Betuwe, das zwischen der Waal und dem eigentlichen Rhein
gelegene
Land der alten
Bataver, unterbrochen wird und sich dann über Nordbrabant ausdehnt. Südwärts erstreckt sich das
aus
Heide, Sand und Morast bestehende Peel- oder
Kempenland bis tief in das ehemalige
BistumLüttich.
[* 16]
Das Klima ist in den höher liegenden südöstl. Gegenden sowie auch
in Geldern,
Utrecht,
[* 17] Oberyssel und Drenthe gesund, während
in Seeland,
Holland und
Friesland die Unbeständigkeit der Witterung und die stehenden
Gewässer Fieberkrankheiten verursachen.
Den meisten
Landbau haben Seeland und Groningen; schöne Wiesen und Viehweiden giebt es besonders in
Holland
und
Friesland. Die wilde
Flora ist fast ganz die des nordwestl.
Deutschlands,
[* 18] aber durch intensive Kultur sehr zurückgedrängt.
Bevölkerung.
[* 19] Die Niederlande haben (1892) 4609576 (2309547 männl., 2360029 weibl.)
E.,
d. i. 141 E. auf 1 qkm, darunter 2728125
Protestanten, 1596482 Katholiken und 97324 Israeliten. Die ländlicheBevölkerung
beträgt 32,2, die städtische (in den 21 Orten mit mehr als 20000 E., namentlich in
Holland) 67,8 Proz. Am dichtesten besiedelt
sind die beiden
Holland, dann
Utrecht, Groningen, Limburg;
[* 20] am schwächsten Drenthe. Die Bewohner sind german.
Stammes:
Franken,
Sachsen
[* 21] und Friesen.
Eine Berufszählung fehlt. Im
Ausland geboren waren (1890) 47888
Personen, darunter 28767 in
Deutschland
[* 22] und 13697 in
Belgien.
[* 23] Der Überschuß der
Geburten betrug (1894) 66752; Inländer wanderten aus 1146 (nur nach Nordamerika),
[* 24] im ganzen aber aus holländ. Häfen 15138. Die prot.
Bevölkerung gehört zum allergrößten
Teile der reform.
Kirche an;
Lutheraner,
Arminianer,
Mennoniten, Herrnhuter und andere kleine Religionsparteien zählen zusammen an 533000 Seelen.
Die Angelegenheiten der
Reformierten erhalten durch die
AllgemeineSynode, unter welcher 10
Provinzial-Kirchenregierungen und 1347 Kirchspiele
stehen, ihre oberste Leitung. Die Katholiken, die in
Brabant und Limburg vorwiegen und selbst noch in Nordholland, Geldern,
Südholland und Oberyssel ansehnliche
Teile der
Bevölkerung bilden, machen eine einzige «kirchliche
Provinz»
aus, die seit 1853 in fünf Diöcesen zerfällt: das Erzbistum
Utrecht und die
BistümerHaarlem,
[* 25]
Herzogenbusch,
Breda und Roermond.
Außerdem haben noch die Altkatholiken (Jansenisten, s. d.) ein eigenes Kirchenwesen,
dem ein Erzbischof zu
Utrecht und zwei
Bischöfe zu
Haarlem und Deventer vorstehen, obgleich die Zahl derselben in 26 Gemeinden
nur 7687 beträgt. Die Israeliten haben im ganzen 178 Gotteshäuser.
Kolonien. Die Niederlande sind als Besitzerin der ostind. Inselwelt eine der wichtigsten Kolonialmächte der Erde,
doch ist das Mutterland nicht im stande, seinen
Besitz auch wirtschaftlich zu beherrschen. Die ostind. Besitzungen (Näheres
s.
Niederländisch-Ostindien) bedecken 1,873 Mill. qkm mit rund 36 Mill. E. Westindien
[* 26] besteht aus dem
Gouvernement Curaçao mit
Aruba,
Bonaire, St. Martin, Saba und St. Eustatius und aus
Niederländisch-Guayana (s. Guayana),
d.
i. das Gouvernement
Surinam mit insgesamt 130230 qkm und 120000 E.
Landwirtschaft und Fischerei.
[* 27] In einem nach Flächeninhalt so beschränkten und doch stark bevölkerten Küstenlande,
das seine Hauptrichtung auf den Seehandel genommen hat, kann die Landeskultur nicht bedeutend sein, dennoch
hat sie große
Anerkennung erworben. Die Landschaft von
Haarlem nach
Amsterdam
[* 28] und von
Amsterdam nach
Utrecht gleicht einem unermeßlichen
Garten.
[* 29] Die schönsten
Teile von Nordholland waren bis zum Anfang des 17. Jahrh. Seen, sind aber in
fruchtbares Land verwandelt worden. Noch sind weite
Flächen, die als Ried,
Moor u. s. w. daliegen (etwa 21 Proz. der Bodenoberfläche),
der
Landwirtschaft¶
mehr
bisher nicht nutzbar geworden, namentlich in Drenthe und der Veluwe. Es giebt 582485 Grundbesitzer mit einem Gesamtbesitz
von 3299992 ha, darunter aber 412267 mit Grundstücken, wofür die Grundsteuer weniger als 25 Fl. beträgt. Von den übrigen
bezahlen 6882: 1000‒5000 Fl., nur 407 über 5000 Fl. 1891 hatten 96288 Besitzer ihren Boden in eigenem
Betrieb, darunter 83405 mit Grundstücken kleiner, 12883 mit Grundstücken größer als 20 ha, dagegen gab es 70145 Pächter, 57594 mit
Grundstücken kleiner, 12551 mit Grundstücken größer als 25 ha. Besitzer, welche über 100 ha in Betrieb hatten, gab es
126, Pächter 80. Es werden zwar alle Getreidearten, doch nicht in hinreichender Menge gewonnen.
Diese nahmen 1893 eine Fläche von 441051 ha ein, während für die Kultur von Kartoffeln 151970, von Buchweizen 38099, Bohnen
38914, Erbsen 24161, Ölfrüchten 7354, Flachs 13529, Runkelrüben 28379, Tabak
[* 31] 617 und Krapp 792 ha in Anspruch genommen wurden.
Auch die sehr wichtige Blumenzwiebelkultur erstreckt sich besonders südlich von Haarlem über eine bedeutende
Fläche. Die fruchtbarsten Gegenden des Landes aber, die Marschen, eignen sich mehr zur Viehzucht
[* 32] als zum Feldbau; 34,5 Proz.
des Landes werden durch Wiesen eingenommen, 26,2 Proz. sind Ackerland.
Die Viehzucht und vorzugsweise die Rindviehzucht (1½ Mill. Rinder)
[* 33] befriedigt nicht nur sehr reichlich
den Bedarf des Landes, sondern gestattet auch eine sehr bedeutende Ausfuhr an Schlachtvieh (jährlich über 200000 Stück)
und besonders an Butter (jährlich etwa 10 Mill. kg) und Käse (jährlich 29 Mill. kg). Pferde
[* 34] gab es (1891) 271900; besonders
die in Friesland zeichnen sich durch Größe, Stärke
[* 35] und Ausdauer aus. Die Schafzucht (810600 Stück) ist
nur in den sandigen Gegenden von Gelderland und Drenthe, vorzüglich auf der InselTexel, beträchtlich.
Schweinezucht wird stark betrieben (987900 Stück). In den Seedünen halten sich zahllose verwilderte Kaninchen
[* 36] auf. Hasen,
wildes und zahmes Geflügel sind im Überfluß vorhanden, besonders verschiedene Wad- und Schwimmvögel.
[* 37] An der Mündung der Maas brütet der Löffelreiher, die in Deutschland fast ausgerottete Bartmeise ist nicht selten. Die Bienenzucht
[* 38] ist auf den Heiden in Geldern und besonders Drenthe nicht unbeträchtlich. Austern, Muscheln,
[* 39] Garneelen, alle Sorten See- und
Flußfische, namentlich Kabeljau, Schellfisch, Stint, Butten, Schollen, Lachs, Aal, Anchovis und Heringe, sind
in Menge an den Küsten, in den Flüssen und Binnengewässern vorhanden.
Sehr wichtig ist daher die Fischerei, in der im J. 1894: 5151 Boote mit 17286 Mann beschäftigt waren. Allein der Heringsfang
hatte 5,6 Mill. Fl. Wert. Austern wurden 18,6 Mill. Stück gewonnen. Auf Flüssen ist besonders bedeutend der Lachsfang;
auf dem Markt zu Kralingen bei Rotterdam
[* 40] wurden (1892) 65481 Lachse verkauft. Ausgeführt wurden 1892 an frischem Fisch 3571000
kg (2410000 nach Belgien, 540000 kg nach Deutschland), 333107 Tonnen gesalzene Heringe (276353 nach Deutschland), gesalzene Kabeljaus
83000, gedörrte Stockfische 18 Mill., Garneelen 2,3 Mill. (nach England 2,1 Mill.), Austern 1 Mill. (1890
sogar 4,2 Mill.), Anchovis etwa 70 Mill. Stück. – Den Mangel an Holz
[* 41] ersetzt der Torf, welcher namentlich in Holland, Friesland
und Drenthe in Menge gegraben wird. Die wichtigsten Mineralien
[* 42] sind Seesalz, Thon und Pfeifenerde. Der Pietersberg bei Maastricht
[* 43] versorgt das Land mit Bausteinen. ^[]
Industrie.
Außer in einigen Gruben zu Limburg finden sich keine Steinkohlen. Besonders wegen dieses Mangels
ist die Industrie nicht sehr bedeutend und sogar nicht im stande, die eigenen Kolonien zu versorgen. Berühmt sind die Segeltuchfabriken
und die Werkstätten für Tauwerk in Rotterdam, Amsterdam, Gouda. Vorzügliche Leinenwaren werden in Leiden
[* 44] und Brabant fabriziert.
In der Tuchfabrikation, mit deren Erzeugnissen die Niederlande einst das stärkste Geschäft in Europa
[* 45] machten,
sind dieselben von Belgien längst überflügelt; doch liefern Leiden, Delft, Utrecht, Tilburg, Maastricht und Roermond immer
noch ausgezeichnete Waren.
Auch die Baumwollmanufaktur hat sich seit 1830 mehr entwickelt, namentlich in Nord- und Südholland, Brabant und besonders
in Oberyssel. Altberühmt ist die Lederfabrikation, und vorzüglich liefern Amsterdam und Maastricht das beste Sohlenleder.
Ansehnlich ist die Seifenfabrikation (91 Betriebe). Porzellan liefert nur Amsterdam, Delft dagegen hat gute Fayencefabriken,
und Gouda ist noch immer bekannt durch seine, freilich in der jüngern Zeit von der Cigarre stark aus dem Gebrauche
zurückgedrängten holländ. Thonpfeifen.
Papiermühlen bestehen besonders bei Zaandam und in der Veluwe. Auf dem Betriebe des Seehandels beruht hauptsächlich
der starke Absatz der 514 Branntwein-, namentlich der Wacholder- oder Geneverbrennereien; Schiedam allein hat deren über 300,
doch ist hier diese Industrie in der letzten Zeit stark zurückgegangen. Außerdem sind mit dem Seehandel
verknüpft die großen Tabakfabriken, besonders zu Amsterdam und Rotterdam, die Stearinkerzenfabriken zu Gouda, Amsterdam und
Schiedam und die 30 Zuckerfabriken. Großen Aufschwung nimmt die Kakaofabrikation. Brauereien bestehen 514.
Handel. Seit fünf Jahrhunderten findet die Industrie der Niederlande ihren Mittelpunkt im Seehandel. Zur Beförderung dieses Zwecks
wurde für den ind. Handel 1824 die königl. Niederländische
[* 46] Handelsgesellschaft (Matschappij) gestiftet,
welche als ausschließlicher Agent der Regierung alle Produkte der Regierungskulturen (s. Java) in Indien auf den europ. Märkten
zu verkaufen hat. Andere große Aktiengesellschaften sind die Deli-Gesellschaft, welche in Deli (Ostsumatra) höchst bedeutende
Tabakpflanzungen hat, die Billiton-Gesellschaft, welche die Zinnbergwerke Billitons in Betrieb hat, die
Afrikanische Gesellschaft u. s. w. Außer zahlreichen Versicherungsgesellschaften befördert die Niederländische Bank (s. d.),
eine der wichtigsten Kreditanstalten Europas, den Verkehr.
Die Niederlande haben Freihandel; es bestehen nur einige niedrige Zölle fiskalischen Charakters. Man berechnet den Wert der Einfuhr
zum Verbrauch auf (1894) 1461, den derAusfuhr eigener Erzeugnisse auf 1115 Mill. Fl.; sehr bedeutend ist
auch die Durchfuhr von und nach Belgien und Westdeutschland. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind Getreide und Mehl
[* 47] (für 260 Mill.
Fl.), Spezereien (203), Eisen
[* 48] und Stahl (135), Textilwaren (85), Kupfer
[* 49] (48), Kohlen (44), Zucker
[* 50] (41), Reis (36), Kaffee (34),
Holz (33), Sämereien (27) und Margarine (für 21 Mill. Fl.). In der Ausfuhr stehen obenan Spezereien (für 133 Mill.
Fl.), Getreide u. s. w. (133), Eisen und Stahl (92), Textilwaren (86), Margarine (50), Kupfer (46), Zucker (44), Gemüse (22),
Papier (21) und Felle (für 18 Mill. Fl.). Die wichtigsten Verkehrsländer (Werte in Millionen Gulden) zeigt folgende Tabelle
(1894):
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