gegeben wurde zu dem Zweck, diese formell zu beseitigen. Die Nichtigkeit konnte ihren Grund haben im Urteil selbst, namentlich
in seiner mangelhaften Form oder in seinem Inhalt, indem es z. B. zu etwas Unmöglichem oder Unerlaubtem verurteilte oder
gegen den Inhalt der Akten oder gegen einen klaren Rechtssatz offenbar verstieß. Oder sie konnte liegen
in dem Verfahren, auf welches das Urteil sich gründete, so in der ungehörigen Besetzung des Gerichts, in der mangelnden Prozeßfähigkeit
oder gesetzlichen Vertretung der Parteien oder in den Bestandteilen des Verfahrens. Im Civilprozeß insbesondere unterschied
man heilbare und unheilbare Nichtigkeit.
Wegen ersterer (querela nullitatis sanabilis) war Nicander nur innerhalb 10 Tagen nach der Urteilsverkündigung
zulässig, wegen letzterer (querela nullitatis insanabilis) 30 Jahre lang. Der Strafprozeß gewährte Nicander wegen Verletzung
des Gesetzes, sofern ein Rechtssatz nicht oder nicht richtig angewandt war, nach dem Vorbild der franz.
Kassation. Im heutigen deutschen Civil- und Strafprozeß wird die Stelle der Nicander durch die Revision und die
Wiederaufnahme des Verfahrens (s. diese Artikel und Nichtigkeitsklage) vertreten. -
Vgl. Skedl, Die Nicander in ihrer geschichtlichen
Entwicklung (Lpz. 1888).
Im heutigen österr. Strafprozeß ist neben dem Rechtsmittel der Berufung (s. d.) gegen die Urteile der Gerichtshöfe erster
Instanz und der Geschworenengerichte, jedoch nur wegen der in §. 281, Nr. 1-11,
und §. 344, Nr. 1-12, der Strafprozeßordnung einzeln aufgeführten Gesetzesverletzungen,
die Nicander an den Obersten Gerichts- und Kassationshof (s. d.) zulässig.
(Vgl. Österr. Strafprozeßordn. §§. 280-282, 284 fg., 343 fg., 33, 479 und Gesetz vom
die Klage auf Nichtigkeitserklärung eines Rechtsakts. Gegen nichtige Urteile
insbesondere gewährte das frühere Prozeßrecht die Nichtigkeitsbeschwerde (s. d.).
Nach der Deutschen Reichscivilprozeßordnung kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen
Verfahrens durch Nichtigkeitsklage erfolgen, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
ein gesetzlich ausgeschlossener oder wirksam abgelehnter Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, eine Partei in dem
Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war. über das Weitere s. Wiederaufnahme
des Verfahrens. - Bei dem Erfinderpatent wird mit der Nichtigkeitsklage die gänzliche oder teilweise Vernichtung
eines Patents beantragt, weil eine patentfähige Erfindung nicht vorliege, die Erfindung Gegenstand des Patents eines frühern
Anmelders sei, oder weil der wesentliche Inhalt der Anmeldung den Einrichtungen oder dem Verfahren eines
Dritten entnommen sei. Für das Verfahren ist in erster Instanz das kaiserl. Patentamt in Berlin zuständig, im Berufungsverfahren
das Reichsgericht (Patentgesetz vom §§. 10, 28 fg.).
(Nikias), des Niceratus Sohn, athenischer Staatsmann und Feldherr, wurde nach Perikles' Tode
(429 v. Chr.) der Führer der Mittelpartei. Nicias war ein Mann mit bürgerlichen und soldatischen Tugenden, von redlichem Wollen,
doch fehlte ihm der weite polit. Blick und der rasche Entschluß. Durch ihn wurde im Frühjahr 421 v. Chr. der nach ihm benannte
Friede mit Sparta abgeschlossen, der den Peloponnesischen
Krieg für wenige Jahre unterbrach. Der Expedition
der Athener nach Sicilien widersetzte er sich vergeblich. Mit Alcibiades und Lamachus mußte er sogar 415 selbst den Befehl übernehmen
und führte nach Alcibiades' Abberufung und Lamachus' Tod den Kampf gegen Syrakus zunächst mit Glück. Schließlich veranlaßte
seine Unentschlossenheit 413 aber die Gefangennahme und damit den Untergang des athenischen Heers; er selbst wurde in Syrakus
hingerichtet.
(chem. Zeichen Ni; Atomgewicht 58,6), ein Metall, das sich nicht gerade häufig mit Arsen, Schwefel und andern
Substanzen verbunden im Rotnickelkies, Weißnickelkies, Haarkies, Nickelantimonglanz, als kieselsaures Nickeloxydul im Garnierit
und Pimelith findet und außerdem auch in manchen Magnetkiesen und Schwefelkiesen sowie in vielen Kupferkiesen
und als Begleiter der meisten Kobalterze vorkommt. Die wichtigsten Erze sind der Rotnickelkies, Schwefelnickel und Garnierit.
Die Förderung von Nlckelerzen ist für die ganze Erde zu etwa 16000 t im Werte von etwa 2,2 Mill. M.
anzunehmen, von denen auf Europa bis 5000 t entfallen. Hiervon kommt etwa ein Drittel auf Deutschland und zwar auf das Königreich
Sachsen und Westfalen. Die Gewinnung von Nickel (als Metall) beträgt etwa 700 t im Werte von rund 3 Mill. M.,
davon für Europa allein über 500 t. Die Darstellung des metallischen Nickel geht häufig mit der von Kobaltprodukten
parallel und ist sehr langwierig und kompliziert; sie erfolgt entweder ausschließlich auf trocknem Wege, durch Ansammeln
des Nickel, Kobalts und Kupfers in einer Arsen- oder Schwefelverbindung (Speise oder Stein), aus der durch Röstprozesse und reduzierende
Vorgänge endlich das Nickel metallisch gewonnen wird, oder auf nassem Wege durch Auflösen der
nickel- und kobalthaltigen Produkte in Säuren und Trennung der gelösten Metalle durch chem. Agentien.
Die Trennungsmethoden werden von den Fabriken geheimgehalten. Das reine Nickel ist dem Kobalt sehr ähnlich, fast
silberweiß mit einem schwachen Stich ins Gelbliche, strengflüssig, ziemlich hart, sehr dehnbar und politurfähig
und von 8,97 spec. Gewicht. Es läßt sich walzen, schmieden und zu Draht ziehen. In seinem magnetischen Verhalten ist das
Nickel dem Eisen analog, so daß im Telegraphenwesen die Eisenmagnete durch Nickelmagnete ersetzt werden können. Im Handel findet
es sich in Form von Würfeln (Würfelnickel) und Platten. Das Kilogramm von ersterm kostet 4,5-5 M.; von
letzterm 6,5 M.
In seinen Verbindungen ist das Nickel dem Kobalt durchaus ähnlich. Die Nickelsalze sind meist grün gefärbt, werden aber
beim Erhitzen und Entwässern gelb. Die Nickelverbindungen erkennt man bei der Lötrohrprobe an ihrem Verhalten in der Boraxperle
im Reduktionsfeuer. Die Perle wird dabei von ausgeschiedenem Metall grau gefärbt. (S. Nickelchlorür,
Nickelcyanür, Nickeloxyde, Nickelsulfat, Nickelsulfür.)
Bis zur Mitte des 19. Jahrh. beschränkte sich die Verwendung des Nickel, abgesehen
von den eine Zeit lang erfolgten Prägungen griech.-ind. Nickelkupfermünzen (s.
Nickellegierungen), ausschließlich auf die Darstellung des Neusilbers (s. d.) oder Argentans, das in versilbertem Zustande
als Alfénide, Christoflemetall, Chinasilber (s. Alfénide) u. s. w. in den Handel kam. Seitdem wird das Nickel massenhaft verwendet,
nämlich zu Münzen und zur galvanischen Vernickelung. Die Nickelmünzen (Scheidemünzen)
mehr
bestehen in der Schweiz seit 1850 (Neusilber mit etwas Silber; seit Ende 1881 prägt man aber 20-Centimesstücke aus chemisch
reinem Nickel), in den Vereinigten Staaten seit 1857, in Peru seit 1863, in Britisch-Westindien und in Honduras seit 1869, in Chile
und Brasilien seit 1870, im Deutschen Reich seit 1873, in Venezuela seit 1876, in Serbien seit 1879, in Ecuador
seit 1885, in Ägypten seit 1886 und in Österreich-Ungarn seit 1892. Die meisten Länder prägen Münzen aus Nickelkupfer,
und zwar meist zusammengesetzt wie die deutschen.
Die deutschen Nickelmünzen bestehen aus 25 Teilen Nickel und 75 Teilen Kupfer; von denselben wiegen 160 Zwanzig-, 250 Zehn-
und 400 Fünfpfennigstücke je ein Kilogramm. Die Zwanzigpfennigstücke aus Nickelkupfer giebt es seit Febr. 1887. Bis Ende 1893 waren
geprägt 51,586 Mill. M., darunter 5,006 Mill. M. in Zwanzig-, 31,234 Mill. M. in Zehn- und 15,346 Mill. M. in Fünfpfennigstücken.
Neben dem hohen Preise des Nickel sind die große Härte der Münzlegierung und die Schwierigkeiten,
die mit der Verarbeitung desselben verbunden sind, Hauptvorteile der Nickelmünzen; sie bilden die beste Gewähr gegen Nickelgeldfälschungen;
die Härte bringt außerdem noch eine ungemein lange Dauer der Nickelmünzen mit sich und beschränkt daher die Kosten, die
dem Staate aus der Umarbeitung abgenutzter Scheidemünzen erwachsen, auf ein Minimum.
Eine zweite Verwendung des Nickel ist die Vernickelung des Eisens und Stahls auf galvanischem Wege. Man schlägt das Nickel gewöhnlich
aus Doppelsalzen durch den elektrischen Strom nieder, in denen das Nickel als Nickelchlorür oder als schwefelsaures Nickel enthalten
ist. Zuerst bei Feuerwaffen behufs deren Präservierung gegen Rost benutzt, hat die galvanische Vernickelung
bald allgemeine Anwendung gefunden, z. B. als Überzug bei allen dem Anlaufen unterworfenen Maschinenteilen, insbesondere an
Feuerspritzen und Pumpen, bei dem Wagenbau, bei Pferdeketten, Thürbeschlägen, Buchbeschlägen, Werkzeugen, chirurg.
Instrumenten, Schlüsseln u. dgl. In neuester Zeit hat man auch Schalen und Tiegel für chem. Zwecke aus
reinem Nickel hergestellt, die vielfach die kostspieligen Platinapparate ersetzen, ebenso Küchengeräte. (S. auch
Nickellegierungen.)