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Besoldung der Geistlichkeit übernahm.
Auch ward 1801 eine Kommission niedergesetzt, um einen neuen Civilcodex auszuarbeiten. (S. Code Napoléon.) Im ganzen erhielt das öffentliche Leben Frankreichs immer mehr ein monarchisches Gepräge, wie denn auch der Orden [* 2] der Ehrenlegion gestiftet wurde. Im Mai 1802 ließ sich Napoleon I durch den Senat seine Amtsgewalt auf weitere zehn Jahre verlängern. Am wurde er nach allgemeiner Abstimmung zum lebenslänglichen Konsul ernannt. Der Friede mit England dauerte kaum ein Jahr.
Die brit. Regierung beschwerte sich über die Einmischung N.s in die Verhältnisse Italiens, [* 3] der Schweiz [* 4] und Hollands und weigerte sich, Malta herauszugeben, wie es der Friedensvertrag verlangte.
Nach einem erbitterten Notenwechsel erfolgte die engl. Kriegserklärung worauf Napoleon I das Kurfürstentum Hannover [* 5] besetzte und am Kanal [* 6] ein Heer und eine Flotte zum Zweck einer Landung in England sammelte.
Zugleich entwarf er die Grundzüge des Kontinentalsystems (s. d.), indem er die Einfuhr der brit. Waren untersagte.
Das Londoner Kabinett dagegen suchte Bundesgenossen auf dem Kontinent zu gewinnen und unterstützte insgeheim die Umtriebe und Verschwörungen der franz. Flüchtlinge.
Unmittelbar nach Entdeckung des Komplotts vom Febr. 1804, das von Cadoudal (s. d.) unter Mitwissenschaft Pichegrus und Moreaus angezettelt worden war und durch den Argwohn N.s gegen bourbonische Urheberschaft die Hinrichtung des Prinzen von Enghien (s. d.) im Gefolge hatte, that Napoleon I den entscheidenden Schritt zur Wiederherstellung der erblichen Monarchie.
Durch einen zu St. Cloud überreichten Senatsbeschluß wurde er zur Befestigung des Staates und zur Sicherheit seiner eigenen Person zum erblichen Kaiser erklärt mit dem Titel: Napoleon I. von Gottes Gnaden und durch die Konstitutionen der Republik Kaiser der Franzosen.
Bei einer allgemeinen Abstimmung sanktionierte eine Majorität von 3572329 Stimmen diese neue Ordnung der Dinge. Am 2. Dez. fand die Krönung in der Notre-Dame-Kirche zu Paris [* 7] mit großer Pracht statt.
Papst Pius VII., der zu dieser Feier geladen war, salbte den Kaiser und die Kaiserin Josephine;
dann setzte Napoleon I sich selbst und seiner Gemahlin die Krone auf.
Der neue Thron [* 8] umgab sich mit einem glänzenden Hofstaat durch Schaffung von Großwürdenträgern und Marschällen.
Auch ward bald ein neuer Erbadel (Herzöge, Grafen, Barone, Ritter) errichtet, der auf Majorate basiert werden sollte;
doch blieb die Gleichheit vor dem Gesetz bestehen.
Die republikanischen Einrichtungen und Erinnerungen wurden vollends beseitigt und die Rechte der großen Staatskörperschaften (Senat, Legislative und das nach einigen Jahren ganz beseitigte Tribunat) aufs äußerste beschränkt, so daß nur ein hohler Scheinkonstitutionalismus übrigblieb.
Auch die Italische Republik wurde in ein Königreich Italien [* 9] umgewandelt.
Inzwischen war die dritte Koalition abgeschlossen worden, in der Absicht, Frankreich wieder auf die Grenzen [* 10] von 1792 zu beschränken.
Infolgedessen gab Napoleon I die Pläne gegen England, die vielleicht, soweit es sich um eine Landung handelte, nie ganz ernst gemeint gewesen waren, auf, um dessen Bundesgenossen Osterreich und Rußland anzugreifen.
Vom 24. bis ging er mit der Hauptarmee über den Rhein, worauf Bayern, [* 11] Württemberg [* 12] und Baden [* 13] sich mit ihm verbündeten.
Ein zahlreiches österr.
Heer unter Mack wurde durch geschickte Operationen umzingelt und kapitulierte 17. Okt. bei Ulm; [* 14]
13. Nov. besetzte Napoleon I Wien. [* 15] (S. Französisch-Österreichischer Krieg von 1805.) Die Dreikaiserschlacht bei Austerlitz [* 16] (s. d.) 2. Dez. entschied den Krieg vollends zu Gunsten N.s.
Das russ. Heer kehrte alsbald heim und gab damit die Sache der Koalition auf;
Preußen [* 17] verstand sich zu dem demütigenden Vertrag von Schönbrunn 15. Dez.; Österreich [* 18] verlor im Frieden von Preßburg [* 19] (s. d.), 26. Dez., den letzten Rest seiner ital. Besitzungen sowie Tirol [* 20] und Vorderösterreich. An demselben Tage erklärte Napoleon I zu Schönbrunn die Dynastie von Neapel [* 21] wegen ihrer zweideutigen Haltung während des Krieges für abgesetzt, und binnen wenig Wochen war die ganze ital. Halbinsel von den Franzosen occupiert;
nur auf den Inseln Sicilien und Sardinien [* 22] behaupteten sich die Könige von Neapel und von Piemont unter dem Schutz der engl. Flotte. Am kehrte Napoleon I nach Paris zurück und suchte nun seine vorherrschende Machtstellung in Mitteleuropa durch Begründung eines föderativen Imperiums dauernd zu befestigen.
Zunächst begann er seine Familie mit neuen Thronen auszustatten und deutsche Fürsten durch Verwandtschaftsbande an sich zu fesseln.
Sein Bruder Joseph Bonaparte (s. d.) wurde König von Neapel, sein Bruder Ludwig Bonaparte (s. d.) König von Holland, sein Stiefsohn Eugen Vicekönig von Italien, sein Schwager Joachim Murat (s. d.) Großherzog von Berg;
seine Schwestern erhielten ital. Fürstentümer, Elise (s. Bacciocchi) Lucca [* 23] und Piombino, Pauline (s. Borghese) Guastalla.
Ein kaiserl. Familienstatut vom 30. März erklärte den franz. Kaiser zum Familienhaupt und nötigte sämtlichen Gliedern mit ihren Herrschaften das strengste Vasallentum auf. Am 12. Juli folgte die Unterzeichnung der Rheinbundsakte (s. Rheinbund), worauf sich 6. Aug.das Deutsche Reich [* 24] auflöste. Die Friedensunterhandlungen, die um diese Zeit in Paris mit Rußland und England geführt wurden, blieben erfolglos, und bald darauf kam es auch zum Bruch mit Preußen, das, von Napoleon I vielfach gedemütigt, zuletzt die Räumung Deutschlands [* 25] von franz. Truppen forderte. Napoleon I reiste von Paris nach Bamberg, [* 26] wo er feine Armee konzentrierte und dann nach Thüringen vorrückte.
In der Doppelschlacht bei Jena [* 27] und Auerstedt (s. d.) wurde 14. Okt. die preuß. Hauptmacht vollständig geschlagen. Napoleon I zog 27. Okt. triumphierend in Berlin [* 28] ein, die Dynastien von Braunschweig [* 29] und Kurhessen wurden verjagt, gegen England (21. Nov.) das Dekret der Kontinentalsperre erlassen; dagegen ward Kursachsen in den Rheinbund aufgenommen und erhielt den Königstitel. Inzwischen hatte eine starke russ. Heeresmacht sich mit den Preußen vereinigt. Als aber Napoleon I bei Friedland siegte und am 16. Königsberg [* 30] besetzte, wurden Unterhandlungen eröffnet, die zum Abschluß der Verträge von Tilsit [* 31] 7. und 9. Juli führten. Preußen verlor die Hälfte feiner Provinzen, während mit Rußland ! ein Bündnis geschlossen und diesem Staat sogar noch eine Gebietsvergrößerung zu teil wurde. (S. Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 und 1807.) Aus den eroberten Landen westlich von der Elbe bildete Napoleon I das Königreich Westfalen, [* 32] das er seinem jüngsten Bruder, Jérôme Bonaparte (s. d.), verlieh;
die preuß.-poln. Provinzen aber fielen unter ¶
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dem Namen eines Herzogtums Warschau [* 34] dem König von Sachsen [* 35] zu.
Infolge der erst neuerdings veröffentlichten Abmachungen von Tilsit, bei denen auch eine Teilung der europ. Türkei [* 36] ins Auge [* 37] gefaßt wurde, gab Napoleon I dem Kaiser Alexander I. Schweden [* 38] preis, während sich dieser dem Kampfe gegen England anschloß und zustimmte, daß auch andere Staaten zur Teilnahme gezwungen würden.
Zunächst kam Portugal [* 39] an die Reihe.
Der Pariser «Moniteur» vom 13. Nov. verkündigte die Absetzung der Dynastie Bragança, weil diese immer zu England gehalten habe, und franz. Truppen besetzten das Land. Dann mußte der König von Etrurien (Toscana) abdanken und sein Königreich ward dem franz. Kaisertum einverleibt.
Endlich gab ein Familienzwist im span. Königshause auch hier den Vorwand zur Einmischung.
König Karl IV. und sein Sohn Ferdinand VII. wurden beide genötigt, auf die span. Krone zu verzichten (5. und und Napoleon I setzte seinen Bruder Joseph zum König von Spanien und Indien ein und gab dessen bisheriges Königreich Neapel an Joachim Murat;
das dadurch erledigte Großherzogtum Berg kam unter franz. Verwaltung.
Aber nun begann sofort auf der Pyrenäischen Halbinsel der nationale Freiheitskrieg gegen den fremden Usurpator (s. Französisch-Spanisch-Portugiesischer Krieg von 1807 bis 1814) und wurde von England kräftig unterstützt, so daß ein großer Teil der franz. Armee dort beschäftigt blieb. Um selbst mit Macht eingreifen und die widerstrebende Nation zur Ordnung bringen zu können, sicherte sich Napoleon I gegen Osten, indem er auf einem Kongreß zu Erfurt [* 40] mit Kaiser Alexander I. zusammentraf, wo das in Tilsit begründete Einverständnis zwischen beiden Mächten unter Anwesenheit einer großen Zahl von deutschen Fürsten bestätigt wurde. Unmittelbar darauf (Ende Okt. 1808) ging Napoleon I nach Spanien, und es gelang ihm, für den Augenblick die nationale Erhebung niederzuschlagen.
Auf die Nachricht von großen Rüstungen [* 41] Österreichs kehrte er aber nach Paris zurück, und als die Österreicher 9. April den Krieg erklärten und den Inn überschritten, begab sich Napoleon I auf den Kriegsschauplatz und trieb die Österreicher in fünftägigen Kämpfen nach Böhmen [* 42] zurück;
Hier erfolgte das Dekret vom 17. Mai, das den Kirchenstaat vollends dem franz. Kaisertum einverleibte;
Papst Pius VII. wurde gefangen nach Frankreich abgeführt.
Als aber Napoleon I versuchte, die Donau zu überschreiten (s. Französisch-Österreichischer Krieg von 1809), um das österr.
Heer auf dem Marchfelde anzugreifen, erlitt er 21. und 22. Mai die erste Niederlage in der blutigen Schlacht bei Aspern [* 43] und Eßling (s. d.);
nur mit Mühe brachte er seine Armee auf das südl. Stromufer zurück.
Nach feiner Vereinigung mit dem Vicekönig Eugen ging er aber wieder über die Donau und erfocht nun 5. und 6. Juli den entscheidenden Sieg bei Wagram [* 44] (s. d.), worauf 12. Juli der Waffenstillstand von Znaim unterzeichnet wurde.
'Im Frieden zu Schönbrunn 14. Okt. mußte Österreich 110000 qkm abtreten.
Mitten im Siegesglück ward das Leben N.s zu Schönbrunn durch Friedrich Staps (s. d.) 12. Okt. bedroht;
doch wurde dies Attentat vereitelt. Dem Schönbrunner Frieden folgte ein kurzer Zeitraum der Ruhe, wo Napoleon I auf dem Gipfel seiner Macht und seines Glücks stand.
Nur auf der Pyrenäischen Halbinsel dauerte der Kampf unausgesetzt fort. Um die Zukunft seines Reichs und seiner Dynastie zu sichern, lieh der Kaiser durch Senatsbeschluß vom sich von seiner kinderlosen Gemahlin Josephine scheiden.
Kaiser Franz von Österreich bewilligte ihm die Hand [* 45] seiner Tochter, der Erzherzogin Maria Louise (s. d.);
die Vermählung fand in Paris statt.
Dem Sohne, der aus dieser Ehe geboren ward, verlieh Napoleon I den Titel eines Königs von Rom [* 46] (s. Reichstadt, Herzog von).
Als der König von Holland, Ludwig Bonaparte, nach vielen Reibungen mit Napoleon I seine Krone niederlegte, wurde Holland 9. Juli 1810 dem Kaisertum einverleibt.
Ein gleiches Schicksal betraf die Republik Wallis 12. Nov. und die Hansestädte Hamburg, [* 47] Bremen, [* 48] Lübeck, [* 49] Oldenburg [* 50] und einen Teil von Hannover
So reichte das franz. Kaiserreich von der Nordsee bis jenseit des Tiber und vom Atlantischen Meere bis an die Ostsee und zählte 130 Departements. (S. Historische Karten von Europa [* 51] II, 7.) Paris war die erste, Rom die zweite, Amsterdam [* 52] die dritte Stadt des Reichs.
Die letzten Annexionen Hollands und der Nordseeküsten hatte Napoleon I mit der Notwendigkeit einer strengern Handhabung des Kontinentalsystems zu rechtfertigen gesucht;
auch an die verbündeten Staaten wurden in dieser Hinsicht immer strengere Anforderungen gestellt.
Darüber kam es am Ende zu Zwistigkeiten mit Rußland.
Kaiser Alexander I. verweigerte eine weitere Verschärfung der Kontinentalsperre. Napoleon I glaubte jetzt die Zeit gekommen, auch den letzten ebenbürtigen Gegner auf dem Kontinent niederzuwerfen, und entbot seine Vasallen und Bundesgenossen zur Heeresfolge gegen Rußland;
auch Preußen und Österreich mußten dazu Hilfstruppen stellen. Er reiste von Paris nach Deutschland [* 53] ab, und nachdem er in Dresden [* 54] nochmals die deutschen Könige und Fürsten um sich versammelt hatte, stellte er sich an die Spitze der großen Armee, die an der Weichsel zusammengezogen war und etwa ½ Mill. Soldaten zählte. Napoleon I überschritt 24. Juni den Niemen, vertrieb die Russen aus Smolensk 17. Aug. und schlug sie 7. Sept. bei Borodino an der Moskwa.
Dann zog er 14. Sept. siegreich in Moskau [* 55] ein, wo er den Frieden diktieren zu können hoffte.
Doch der Brand der Stadt und die Festigkeit [* 56] Alexanders I. vereitelten alle Hoffnungen.
Nachdem Napoleon I noch einen ganzen Monat mit nutzlosen Friedensunterhandlungen hingebracht hatte, entschloß er sich, sein durch Marodage, Kämpfe und Entbehrungen bereits sehr gelichtetes Heer zurückzuführen.
Aber die furchtbaren Anstrengungen und Entbehrungen auf dem Rückzüge vollendeten die Auflösung der Großen Armee, von der nur geringe Überreste in die Heimat zurückkehrten. (S. Russisch-Deutsch-Französischer Krieg von 1812 bis 1815.) Mitten auf diesem Rückzüge erhielt Napoleon I die Nachricht von der Verschwörung des Generals Malet (s. d.).
Er übergab 5. Dez. den Oberbefehl an Murat und eilte im strengsten Inkognito mit nur wenigen Begleitern nach Paris zurück, wo er 18. Dez. eintraf. Während die Russen nach Polen und Deutschland vordrangen und Preußen sich erhob, um die franz. Fremdherrschaft abzuschütteln, war Napoleon I mit großartigen Aushebungen und Rüstungen beschäftigt und stellte zum Frühjahr 1813 eine neue zahlreiche Armee ins Feld. Er ging 15. April von Paris nach Mainz, [* 57] übernahm den Oberbefehl und besiegte die vereinigten preuß.-russ. Heere 2. Mai bei Großgörschen (s. Lützen), [* 58] 20. und 21. Mai bei Bautzen [* 59] ¶