ist, hat sich an vielen Orten bis heute erhalten, z. B. die
Bauernspiele in Oberammergau in
Bayern.
[* 2] (S. Oberammergau,
Passionsspiele
und
Lutherfestspiele.) Sammlungen französischer Mysterien veranstalteten Monmerqué und
Michel
(Théâtre français au
moyen âge,
Par. 1840) und Jubinal (2 Bde., ebd.
1837); deutsche Mysterien veröffentlichte Mone,
Altdeutsche Schauspiele (Quedlinb. 1841) und Schauspiele des
Mittelalters (2 Bde., Karlsr. 1846)
und
Kummer,
ErlauerSpieleWien
[* 3] 1882).
Vgl. Hase,
[* 4] Das geistliche Schauspiel (Lpz. 1858);
(grch.). In der
Religion der alten Griechen hießen diejenigen, die in die geheimen Gottesdienste und
deren symbolische Bedeutung (s.
Mysterien) eingeweiht waren,
Mysten, d. h.
Geweihte. Daher stammt der Sprachgebrauch, der mit
Mystik das aller
Religion eigentümliche Bestreben bezeichnet, mit der Gottheit in unmittelbare und wahrnehmbare Berührung zu
gelangen. Dasselbe trägt im
Heidentum vorwiegend einen sinnlich-religiösen Charakter. In der alten christl.
Kirche gab die
Feier der
Sakramente, deren
Sinn und Vollzugsart man vor Nichtchristen geheim hielt,
Anlaß, sie mit den
griech.
Mysterien in
Analogie zu setzen und deren Bezeichnungen auf sie zu übertragen, z. B. die bei der
Taufe in alle christl.
Lehren
[* 8] Eingeweihten
Mysten zu nennen.
Auf griech. Seite hatten inzwischen die Neuplatoniker (s. d.)
eine philosophisch-religiöse Mystik ausgebildet, die als höchste
Stufe der Erkenntnis das unmittelbare geistige
Schauen der Gottheit erstreben lehrte, aber auch den
Glauben an einen ununterbrochenen Verkehr mit der übersinnlichen Welt,
an Orakel, Visionen und an übernatürliche Kundgebungen aller Art begünstigte. Die hieraus hervorgehende spekulativ-mystische
Art zu theologisieren wurde durch die
Schriften des angeblichen Dionysius (s. d.) Areopagita
auch ins
Christentum verpflanzt und kam durch Erigena auch in die abendländ.
Theologie. Doch wirkte der eigenartige Grundzug des
Christentums dem pantheistischen Zuge dieser Mystik stets entgegen, weshalb
sich der in ihr mächtige
Geist inniger
Andacht und religiöser
Kontemplation in der mittelalterlichen
Theologie und
Kirche zu
der Form einer sittlich-religiösen Mystik läuterte. Im Gegensatz zur Scholastik (s. d.)
legte schon
Bernhard (s. d.) von Clairvaux alles Gewicht auf den unmittelbaren
Glauben und die im
Glauben und in der Liebe erlebte
Gottesgemeinschaft des frommen Individuums.
Nach seinem Vorgange entwickelte
Hugo von
Sankt
[* 9] Victor ein förmliches
System der religiösenErhebung, das
Richard von
Sankt
Victor noch weiter ausbildete. In ihren
Spekulationen über die Geheimnisse der Gottheit will diese Mystik doch
vorwiegend eine
Theologie der
Andacht, des Gefühls und der unmittelbaren
Erleuchtung sein und die innere Erfahrung der göttlichen
Liebe im Gemüt sowie als Grundbedingung der Gottesgemeinschaft
Reinigung desHerzens in einer ascetischen
Moral erstreben. Der kirchliche
Verfall rief endlich im 14. Jahrh. eine Reaktion des religiösen Gefühlslebens hervor,
die vielfach an den mystischenSchriften Erigenas und der Victoriner sich nährte, aber doch in der sittlichen Erneuerung
des
Menschen die eigentliche
Frucht aller mystischenErhebung erblickte.
Diese namentlich im Augustinerorden gepflegte Mystik hat auch auf den Bildungsgang
Luthers wesentlich eingewirkt, währendThomasMünzer und die Wiedertäufer in ihrem mystischenTrachten diejenige Form unmittelbarer göttlicher
Erleuchtung
erstrebten, die die kirchliche Überlieferung als besondern Vorzug nur wenigen mit neuen Offenbarungen begnadeten Geistern
vorzubehalten pflegte. Auf
Grund des ihnen zu teil gewordenen «innern Lichts» verwarfen sie den
kirchlichen Gemeinglauben und wollten die ganze bestehende kirchliche und staatliche Ordnung von
Grund aus umstürzen.
Unter der Herrschaft der
Orthodoxie lebte auch die Mystik im deutschen
Protestantismus wieder auf. Während
in den Andachtsbüchern von
JohannArnd,
Christian Scriver u. a. die innigen
Töne der ältern Mystik wieder erklangen, führte die
Verbindung naturphilos.
Spekulationen und alchimistischer Träumereien bei
JakobBöhme,
JohannGichtel u. a. zu einer tiefsinnigen
Theosophie, die die phantastischen Ideen der Schwarmgeister erneuerte. Bis auf die Gegenwart haben
sich Theosophen wie
Swedenborg und seine
Anhänger unmittelbarer Offenbarungen gerühmt.
In der rationalistischen
Periode ward es daher üblich, jedes Geltendmachen des Geheimnisvollen und übernatürlichen in der
Religion als
Mysticismus zu bezeichnen.
In denAnschauungen solcher Mystiker mischen sich oft die tiefsinnigsten religiösen
Ideen unvermittelt mit verworrenen
Phantasien, die tiefsten Erlebnisse des religiösen Gemütslebens mit leeren Träumereien,
die geistige Wahrheit mit dem rohesten Unverstande. Neuerdings hat die Ritschlsche Schule den rationalistischen Widerwillen
gegen alle religiöse Mystik erneuert und jede
Unmittelbarkeit des religiösen Verhältnisses als
Hallucination verdächtigt. Die
Folge davon ist der in neuester Zeit geführte Streit über die in der
Theologie. Auch der
Islam brachte
unter dem
NamenSufismus (s. d.) eine Mystik hervor.
Vgl.
Tholuck, Blütensammlung aus der morgenländischen Mystik (Berl. 1825);
Görres, Die christliche Mystik (4 Bde., Regensb.
1836-42; neue Aufl., 5 Bde., 1879-80);
CharlesSchmidt, Essai sur les mystiques du XIVe siècle (Straßb. 1836);
Helfferich, Die christliche in ihrer
Entwicklung und
¶
Eine Blumenlese aus den deutschen Mystikern
des 14. Jahrh. (4. Aufl., Graz
[* 12] 1895); Julius Köstlin, Die Begründung unserer sittlich-religiösen Überzeugung (Berl. 1893);
Marx, Idee und Grundlinien einer allgemeinen Geschichte der Mystik (Heidelb. 1893).