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der spontanen Starre durch vorausgegangene anhaltende Thätigkeit des Muskels, durch Wärme, [* 2] welche beim Kaltblüter bei 40°, beim Warmblüter bei 48-50° C. sofort das Myosin gerinnen macht, durch destilliertes Wasser, durch Säuren und viele chemisch verschiedene Substanzen. Mit dem Eintritt der Fäulnis löst sich die Totenstarre wieder, indem die Glieder [* 3] wieder beweglich werden und die saure Reaktion des starren Muskels durch Ammoniakbildung in die alkalische übergeht.
Der physiologisch wichtigste Zustand des Muskels ist sein Übergang in den thätigen Zustand, in welchem er unter Erhöhung des Stoffwechsels eine neue Gestalt annimmt (kürzer und dicker wird). Die Einflüsse, welche diesen Übergang hervorrufen, nennt man Reize, die Überführung selbst Erregung und die Fähigkeit des Muskels, durch Reize erregt werden zu können, seine Erregbarkeit oder Irritabilität. Das Thätigsein des Muskels, bei welchem die eintretende Verkürzung am meisten in die Augen fällt, pflegt man einfach als Zusammenziehung oder Kontraktion des Muskels oder, da die Verkürzung sehr rasch erfolgt und einen zuckenden Charakter besitzt, als Muskelzuckung zu bezeichnen.
Die wichtigsten Reize für den Muskel sind:
1) der normale, vom Nerven [* 4] ausgehende Reiz, der entweder vom nervösen Centralorgan (Willen, Reflex, automatischer Bewegungsimpuls) oder von einem gereizten Punkte der Nervenbahn aus zum Muskel geleitet ist;
2) chemische Reize: verdünnte Säuren und Alkalien, Lösungen von Metallsalzen, Glycerin, Ammoniak, destilliertes Wasser, scharfe Gase und [* 5] Dämpfe;
3) mechanische Reize: Druck, Zerrung, Quetschung und Dehnung des Muskels;
sie rufen Muskelzuckungen hervor;
4) thermische Reize, d. h. Temperaturen über 40° C., besonders weiche, stark erhitzte Körper;
5) elektrische Reize; besonders der Induktionsstrom bedingt eine Muskelzuckung, deren Intensität
von der
Dichtigkeit des
Stroms sowie von der
Erregbarkeit des
Muskels abhängt. (S.
Nervenelektricität.) Eine jede Muskelzuckung
bedarf zu ihrem
Ablauf
[* 6] eines gewissen Zeitabschnittes; trifft eine Reihe von Reizen den
Muskel in sehr kurzen Intervallen,
so daß derselbe während der nur kurzen Pausen nicht Zeit findet, sich wieder auszudehnen, so verharrt
er in einer stoßweise erzitternden Verkürzung, welche man als
Starrkrampf oder
Tetanus bezeichnet. Legt man das
Ohr
[* 7] oder ein
Stethoskop auf
einen in
Tetanus versetzten
Muskel auf
, so hört man ein schwaches
Geräusch, in welchem ein deutlicher
Ton vorherrscht,
das
Muskelgeräusch oder den Muskelton.
Der
Stoffwechsel im thätigen
Muskel besteht hauptsächlich darin, daß der
Muskel während seines Thätigseins
bedeutend mehr
Kohlensäure ausscheidet und mehr Sauerstoff verbraucht als während der Ruhe und daß die neutrale oder schwach
alkalische Reaktion des ruhenden
Muskels mit dessen Thätigkeit in eine saure übergeht, und zwar nimmt der Säuregrad des
Muskels mit der von ihm geleisteten
Arbeit bis zu einer gewissen Grenze zu. Weiterhin enthält der arbeitende
Muskel weniger
Glykogen und
Traubenzucker, dagegen mehr in
Alkohol lösliche Extraktivstoffe.
Wenn der Muskel in anhaltende Thätigkeit versetzt wird, so gelangt er in einen Zustand geringerer Leistungsfähigkeit, die man als Ermüdung bezeichnet und der dem Lebenden durch eine eigentümliche, in den Muskeln [* 8] lokalisierte Gefühlswahrnehmung (Ermüdungsgefühl) sich kundgiebt. Die Ursache der Ermüdung ist die Ansammlung von Umsetzungsprodukten (Ermüdungsprodukten), die sich im thätigen Muskel bildeten, innerhalb des Muskelgewebes; als solche Ermüdungsstoffe hat man besonders die Phosphorsäure, die Milchsäure, Kohlensäure und Kalisalze kennen gelernt.
Der ermüdete Muskel erholt sich wieder, sowie frisches arterielles Blut wieder durch seine Gefäße strömt und die Ermüdungsstoffe wegschafft; ebenso nach dem Durchleiten eines konstanten elektrischen Stroms. Die Muskelthätigkeit ist mit einer nicht unbeträchtlichen Wärmebildung verknüpft; im ausgeschnittenen Froschmuskel beträgt die Temperatursteigerung für jede einzelne Kontraktion 0,001 bis 0,005° C. Daher kommt es, daß bei Schnellläufern die Temperatur über 40° C. steigen kann; die gesteigerte Temperatur nach energischer Muskelthätigkeit gleicht sich erst 1-1½ Stunden nach eingetretener Ruhe wieder aus.
Die tägliche Muskelarbeit
eines kräftigen
Mannes läßt sich bei 8
Stunden Thätigkeit auf
rund 300000
Kilogrammmeter veranschlagen.
Die Kraft
[* 9] mancher Muskeln und die Schnelligkeit ihrer
Bewegungen ist bewundernswert, wenn man bedenkt, welche
Gewichte durch die Muskelkraft ersetzt werden und welche Menge von Zusammenziehungen manche Verrichtungen nötig machen.
So ist zum Zerdrücken eines Pfirsichkerns, den manche
Menschen zerbeißen können, die Kraftwirkung von 150 kg erforderlich,
und wenn nach Hallers Berechnung in einer Minute 1500
Buchstaben in Worten ausgesprochen werden können,
so folgt daraus, daß in derselben Zeit ebenso viele Muskelzusammenziehungen stattfinden müssen.
Über die den Muskeln innewohnende Elektricität s. Muskelelektricität.
Vgl. Du Bois-Reymond, Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel- und Nervenphysik (2 Bde., Lpz. 1875-77);
Rosenthal, Allgemeine Physiologie der Muskeln und Nerven (ebd. 1877);
Otto Fischer, Die Arbeit der Muskeln und die lebendige Kraft des menschlichen Körpers (ebd. 1893).