Titel
Merān.
1) Bezirkshauptmannschaft im österr. Kronland Tirol, [* 2] hat 2397,79 qkm und (1890) 60774 (30057 männl., 30717 weibl.) deutsche E., darunter 1116 Italiener, in 67 Gemeinden mit 121 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Glurns, Lana, St. Leonhard im Passeier, Meran [* 3] und Schlanders. -
2) Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft sowie eines Bezirksgerichts (334,94 qkm, 23849 E.), in 324 m Höhe, am Fuße des weinbepflanzten Küchelberges, an der Mündung des Passeierthals in das Etschthal, in herrlicher Umgebung, an der Bozen-Meraner Eisenbahn (32 km), hat (1890) 7176, mit den südlich daranstoßenden Gemeinden Ober-Mais (2443 E.) und Unter-Mais (3582 E.) 13201 E., got. Pfarrkirche (14. Jahrh.), neue evang. Kirche, neue anglikan. Kirche, russ. Kirche (im Bau), Synagoge, landesfürstl.
Burg (15. Jahrh.), neuerdings restauriert, zahlreiche alte Schlösser (Zenoburg, Schönna, 660 m, mit der got. Grabkapelle des Reichsverwesers Erzherzog Johann, Lebenberg, 530 m, Trauttmansdorff oder Neuberg, Rottenstein, im Besitze des Erzherzogs Karl Ludwig, Fragsburg und Schloß Tirol, 669 m, das dem Lande den Namen gab), ein Obergymnasium, Privatgymnasium, Kapuzinerkloster, Englisches Fräuleinstift, Institut der Barmherzigen Schwestern, Hochquellwasserleitung und städtische Schwimmschule.
Seit 1892 bestehen Volksschauspiele im Freien. Infolge des milden Klimas und der geschützten Lage hat Meran einen europ. Ruf als klimatischer Herbst- und Winterkurort, namentlich für Brustkranke, Blutarme, Rekonvalescenten, Gicht- und Nervenleidende und zur Traubenkur für Unterleibsleidende; die nächste Umgebung wird auch als Sommerfrische viel besucht. Der Morgen pflegt im Winter kalt zu sein (-1 bis 6° C., selten tiefer), aber die Zeit nach Sonnenaufgang bis kurz vor Untergang, der sog. Kurtag, bietet an den im Herbst und Winter die Regel bildenden sonnenhellen Tagen eine milde Temperatur. Im Kurhause befinden sich ein vorzüglicher pneumat. Apparat und Einrichtungen zu Bädern und Inhalationen, ferner bestehen mehrere Kaltwasserheilanstalten, eine große Zahl Logierhäuser für Kurgäste und Hotels sowie schöne Promenaden. In der Umgegend wird ausgezeichnetes Obst und guter Wein gebaut und exportiert. - Schon im 1. Jahrh. n. Chr. wird an der Stelle von Meran ein Castrum Majense erwähnt. In neuester Zeit sind zahlreiche röm. und prähistor.
Baudenkmale, Geräte und Schmucksachen [* 4] ausgegraben worden. 857 wird als Meirania, 1239 als Forum [* 5] Meranum erwähnt; seit 1317 Stadt, war Meran bis zu Anfang des 15. Jahrh. Hauptstadt von Tirol. Im Mittelalter war Meran und das nahe Schloß Tirol Sitz der Grafen von Tirol. Meinhard I. von Görz, [* 6] vermählt mit der Tochter des letzten Tiroler Grafen, vereinigte das Land und hieß Graf von Görz und Tirol. Margarete Maultasch wohnte häufig auf Schloß Tirol und der Zenoburg, bis sie 1363 ihr Land an Osterreich abtrat. Bis zur Eröffnung der untern Brennerstraße ging der Weg aus Deutschland [* 7] nach Italien [* 8] über den Jaufenpaß durch das Passeierthal, und Meran war ein bedeutender Handelsplatz. Später zog sich der Verkehr nach Bozen. [* 9] -
Vgl. Noë, Der Frühling von Meran (Meran 1868);
von Reinsberg-Düringsfeld, Kulturhistor.
Studien aus Meran (Lpz. 1871);
Stampfer, Geschichte der Stadt Meran (Meran 1872);
Schönherr, über die Lage der angeblich verschütteten Römerstadt Maja (Innsbr. 1873);
Kühn, Die Kurmittel von Meran (Meran 1875);
Hausmann, über die Weintraubenkur mit Rücksicht auf Erfahrungen in Meran (4. Aufl. 1882);
Pircher, als klimatischer Kurort (4. Aufl., Wien [* 10] 1884);
Plant, Berg-, Burg- und Thalfahrten bei Meran und Bozen (1885);
Mazegger, Méran-Maïs, station climatérique (2. Aufl., Meran 1887);
Edlinger, Aus deutschem Süden.
Schilderungen aus Meran (2. Aufl., ebd. 1891);
Plant, Neuer Führer durch Meran und dessen Umgebung (5. Aufl., ebd. 1892);
Knoblauch, Meran Führer für Kurgäste und Touristen (9. Aufl., ebd. 1892);
Schönherr, Geschichte und Beschreibung der alten landesfürstl.
Burg in Meran (2. Aufl., ebd. 1892).