770 Kesseldeckeln sowie als
Farbe (als Wasser- wie als
Ölfarbe und Rostschutzmittel); auch wird das
Mennigepflaster (s. d.)
damit hergestellt. Sie wird mit Ziegelmehl nicht selten verfälscht, dient ihrerseits wieder als Verfälschungsmittel des
Zinnobers und unterliegt in der Anwendung denselben Vorsichtsmaßregeln wie andere
Bleiverbindungen, deren giftige Eigenschaften
sie teilt. Durch Behandeln der Mennige mit Salpetersäure erhält man das braune
Bleisuperoxyd, das bei der
Herstellung der Zündrequisiten in großer Menge Anwendung findet. Im
Großhandel kosten (1896) 100 kg 30 Mennige.
Simons,
Stifter der
Mennoniten oder
Taufgesinnten (s. d.), geb. 1492 zu Witmarsum
in
Friesland, wurde 1516 Priester. Nachdem er erst gegen die fanatische Wiedertäuferei auch litterarisch angekämpft hatte,
schloß er sich 1536 den Wiedertäufern an, wurde zu
Leeuwarden getauft und
Lehrer und
Bischof in Groningen.
Sein Hauptbestreben war, die Wiedertäufer in
Deutschland
[* 2] und in den
Niederlanden durch
Ausschluß der schwärmerischen Elemente
zu vereinigen und ihnen Duldung zu verschaffen. Zu diesem Zwecke durchwanderte er
Holland und Norddeutschland, selbst Livland
[* 3] und Gottland; doch blieb
Friesland sein eigentlicher Aufenthalt.
Zuletzt ließ er sich in der Herrschaft Fresenburg bei Oldesloe im Holsteinischen nieder, wo er eine Druckerei zur
Verbreitung
seiner
Schriften errichtete und starb. In Witmarsum wurde ihm 1879 ein
Denkmal errichtet. Seinen Lehrbegriff stellte
er dar in dem «Fundamentbuchvondemrechtenchristl.Glauben» (1539). Die vielen
SchriftenM.s wurden von
seinen Anhängern gesammelt (Amsterd. 1600
u. 1646; am vollständigsten ebd. 1681). –
Vgl. die biogr.
Schriften von Cramer
(Amsterd. 1837);
oder Minorca (Balearisminor), die kleinere der
Balearen (s. d.), zählt auf 760 qkm (1887) 39041 E.
Die
Insel hat, wie Mallorca (s. d.), im N. fast durchgehends hügeligen, im S.
ebenen
Boden, viele
Buchten und
Baien, ist weniger fruchtbar und wasserreich als jene, liefert auch
Wein und Getreide,
[* 5]
Honig,
Kapern, Fische,
[* 6] Schafe,
[* 7] Ziegen, Schweine
[* 8] und sehr gute Kühe.
Der Ackerbau ist vernachlässigt, ebenso
die Industrie. Berühmt
sind die Kalksteinhöhlen. (S.
Tafel:
HöhlenI,
[* 1]
Fig. 1
u. 2.) Die Bewohner, Menorquines, stimmen mit denen
von Mallorca fast völlig überein, sind aber im allgemeinen vorgeschrittener, die Frauen sind schön und graziös. Menorca ist
interessant wegen der vielen Überreste kelt. Bauwerke. Es sind dies aus gehäuften Steinblöcken
gebildete, bis 25 m hohe Pyramiden
(Talayots), viele von
Mauern kyklopischer Bauart umgeben oder länglich
schiffartig gestaltet.
Außerdem findet sich eine Menge ins Gestein gehauener
Höhlen mit Schädeln und Tierknochen. Hauptstadt ist Mahón (s. d.),
wichtig auch Ciudadela (s. d.). Der
Besitz der
Insel ist namentlich wegen des
Handels im Mittelländischen
Meere wichtig; daher
nahmen sie im
Spanischen Erbfolgekriege 1708, angeblich für
Karl III., die Engländer in
Besitz, denen
sie auch 1713 im
Utrechter Frieden verblieb. 1756 eroberten sie die
Franzosen. Im Frieden von 1763 kam sie wieder an England.
Von den vereinigten franz.-span.
Truppen wurde sie 1782 erobert und 1783 förmlich an
Spanien
[* 9] abgetreten, 1798 wieder
von den Engländern besetzt, im Frieden von
Amiens
[* 10] 1802 aber an
Spanien zurückgegeben.
(grch.), die krankhafte Unterdrückung der
Menstruation. ^[= oder monatliche Reinigung (lat. menstrua, menses), auch Regel, Periode, Menorrhöe, Katamenien, ...]
Ciro, ital. Patriot, geb. zu Miglierina
beiCarpi, war Industrieller und versuchte bei
Ausbruch der Revolution im Febr. 1831 mit mehrern Mitverschworenen
dem
HerzogFranz IV. (s. d., Bd.
7, S. 133) von Modena die ital. Königskrone zu verschaffen. Der
Herzog, der sich seiner eigenen Sicherheit wegen von den
Verschwörern zurückgezogen hatte, ließ in Modena festnehmen und zum Galgen verurteilen, welches
Urteil vollzogen
wurde. Seit 1879 steht vor dem herzogl.
Palast in Modena das
StandbildM.s. –
Strandsee im östl. Nildelta, im O. des Damiettearms, nimmt die Wasser auf, welche ehemals
der Mendesische, der Tanitische und der Pelusische
Nil zum
Meere führten, und bedeckt, durchschnittlich 1 m tief, zur Zeit
der Nilschwelle 1200 qkm; zur Trockenzeit tauchen zahlreiche
Inseln und Sandbänke hervor. An der Ostseite
zieht der
Sueskanal
[* 12] hin. Die Verpachtung der Fischerei
[* 13] bringt der Regierung eine jährliche Einnahme von 1½ Mill.
Frs. Der
Mensaleh bedeckt jetzt eine Landschaft, die im
Altertum zu den fruchtbarsten Gegenden
Ägyptens gehörte. Jetzt versucht man ihn
wieder auszutrocknen. An der Einmündung des
Bahr es-Soghir (des Mendesischen
Arms) liegt die StadtMensaleh mit 8450 E.
(HomosapiensL.), der höchstentwickelte lebende Organismus.
1) Naturgeschichtliches. Der Mensch ist nach dem anatom.
Bau und den funktionellen Leistungen seiner Organe von den Wirbeltieren nicht abzutrennen, sondern er muß als auf der
höchsten
Stufe der Säugetiere stehend betrachtet werden. Die ihm in körperlicher
Beziehung am nächsten stehenden
Tiere sind
die
Affen
[* 14] und zwar besonders deren höchste
Abteilung, die
Anthropoiden oder
Menschenaffen (s. d.). Mit ihnen
hat er die Gesamtanlage der Organisation gemein; er unterscheidet sich von ihnen aber in der
Bildung einzelner Organe, namentlich
des
Gehirns, und, hiervon abhängig, des Schädels,
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mehr
sowie der untern Extremitäten, von welchen letztern die Fähigkeit des aufrechten Ganges besonders abhängt. Von den Anthropoiden
hat nur der Gibbon einen aufrechten Gang,
[* 19] der ihm aber nur ermöglicht wird, indem er mit den weit fortgestreckten langen
Oberextremitäten den schwankenden Körper im Gleichgewicht
[* 20] hält. Die andern Anthropoiden gehen nicht vollständig
aufrecht, sondern sie benutzen beim Gehen die Rückenfläche der Hände zur Stütze; somit gehen sie also auf allen Vieren.
Einem allgemeinen Gesetze zufolge liegt in der Teilung derArbeit ein Princip der höhern Vervollkommnung, und es steht deshalb
der Affe,
[* 21] bei dem alle vier Extremitäten in Händen endigen und gleichmäßig sowohl zum Greifen als zur
Ortsbewegung
[* 22] benutzt werden, tiefer als der Mensch, obgleich Hände mit entgegenstellbarem Daumen an und für sich weiter entwickelte
Organe sind als Füße, deren Großzehe mit den übrigen Zehen in derselben Ebene liegt. In zoolog.
Hinsicht ist deshalb die Bildung der Füße für den Mensch charakteristisch und auszeichnendes Merkmal gegenüber
den Affen.
Der menschliche Fuß unterscheidet sich durch die Größe und Dicke der ersten Zehe, die Kürze der übrigen Zehen, die feste
Verbindung der Knochen
[* 23] des Mittelfußes und der Fußwurzel, die ein elastisches Gewölbe
[* 24] bilden, durch die Größe und Ausbildung
des Fersenbeins, das den hintern Stützpunkt des Fußgewölbes abgiebt. Bisweilen ist aber die zweite
Zehe etwas länger als die erste. Mit dieser Bestimmung des Beins als Stütz- und Bewegungsorgan hängt auch zusammen die Größe
und Festigkeit
[* 25] des Schienbeins und namentlich des Schenkelbeins, das beim Mensch allein den längsten Knochen des Skeletts bildet,
während bei den Affen das Oberarmbein den Schenkel an Länge übertrifft oder ihm wenigstens gleichkommt;
ferner die Breite
[* 26] und Ausdehnung
[* 27] des Beckens, besonders der Darmbeine, die großenteils das Gewicht der Eingeweide
[* 28] bei der aufrechten
Stellung zu tragen haben; die doppelt S-förmige Krümmung der Wirbelsäule, sowie in den weichen Teilen namentlich die Konzentration
der Muskeln
[* 29] des Unterschenkels zu einer Wade, des Oberschenkels und des Gesäßes zu abgerundeten Massen.
Weit geringer sind, abgesehen von ihrer weit beträchtlichern Länge und Stärke,
[* 30] die Unterschiede der Arme und Hände; doch
ist bei dem Affen der Daumen weniger ausgebildet und namentlich der Ballenmuskel des Daumens weniger vorstehend, sowie der
Oberarm bei dem Mensch im Verhältnis zu den übrigen Teilen, Vorderarm und Hand,
[* 31] länger. Endlich beruht in der
aufrechten Stellung und der damit zusammenhängenden Balancierung des Kopfes auf der Wirbelsäule die geringere Ausbildung
der Dornen der Halswirbel und des Nackenbandes, das sich einerseits an diese Dornen, andererseits an das Hinterhaupt festsetzt.
Der Unterstützungspunkt des Kopfes ist bei dem Affen an dem Hinterrande der Schädelbasis, bei dem Mensch sehr annähernd in der
Mitte gelegen, was für die aufrechte Haltung des Kopfes beim Mensch von Wichtigkeit ist.
Der Kopf des Mensch unterscheidet sich wesentlich durch die sehr beträchtliche Ausbildung des Gehirnschädels und
des Gehirns im Verhältnis zum Gesicht.
[* 32] Zwar hat der Mensch weder das absolut größte Gehirn
[* 33] in der Tierwelt
(Elefant,
[* 34] Walfisch übertreffen ihn in dieser Hinsicht), noch auch das größte Gehirn im Verhältnis zum Körper (einige kleine
Affen und Singvögel stehen ihm hierin voran), auch steht er nicht in Bezug auf die Ausbildung aller
einzelnen
Teile des Gehirns höher als die übrigen Tiere (der Hund z. B. übertrifft ihn durch die große Ausbildung des Riechlappens);
aber die für die geistigen Funktionen allerwichtigsten Teile des Gehirns, die Großhirnhemisphären, sind in ihrem Verhältnis
zu den übrigen Teilen des Gehirns bedeutend größer als bei allen Tieren, auch übertreffen sie die tierischen
Großhirnhemisphären ganz wesentlich durch bedeutend größere Zahl und Ausbildung der sog.
Gehirnwindungen, und hiermit durch eine erhebliche Vergrößerung der Großhirnrinde und durch eine Vermehrung der in der
letztern liegenden Ganglienzellen.
[* 35]
Die Hinterhauptslappen der Großhirnhemisphären ragen nur bei dem Mensch über die Hemisphären des Kleinhirns hinaus
und verdecken dieselben gänzlich; bei den Tieren bleiben die letztern teilweise unverdeckt, und zwar sind sie um so weniger
verdeckt, je niedriger die Stufe ist, auf welcher die Tierart steht. Man hat sich über die Frage gestritten, ob der Mensch besondere
Hirnteile besitze, die andern Tieren und namentlich auch den menschenähnlichen Affen nicht zukämen, und
es war namentlich der Vogelsporn oder kleine Seepferdefuß (s. Gehirn, Bd. 7, S. 676 a), dessen Anwesenheit für das Affengehirn
geleugnet wurde.
Dieser Streit ist jetzt durch genaue Erörterung der Thatsachen dahin entschieden, daß nur quantitative, aber keine qualitativen
Unterschiede existieren;
daß die Affen alle wesentlichen Hirnteile besitzen, welche der auch hat;
daß
ihre Windungen des Großhirns im ganzen nach demselben Plane angelegt sind;
daß sich der Mensch aber unterscheidet durch die
größere Komplikation der Windungen, durch die Ausbildung der auf dem Augendache ruhenden untern Vorderhirnwindungen und
durch die größere Masse, Höhe und Breite des Großhirns, das überhaupt als Organ der Intelligenz zu
bezeichnen ist.
Dieser Ausbildung des Gehirns entsprechend, ist die knöcherne Kapsel desselben, der Schädel, über das Gesicht
herübergewölbt und namentlich über die Augen herübergeschoben, so daß eine wirkliche, mehr oder minder senkrecht stehende
Stirn gebildet ist, die den Tieren entweder ganz fehlt oder nur eine stark geneigte Fläche darstellt. Die
Schädelkapsel ist dabei rundlich, harmonisch gewölbt, und es sind keine vorspringenden Leisten zur Anheftung der Muskeln
an ihr ausgebildet.
Hiermit in Übereinstimmung sind das Gesicht und ganz besonders die Kiefer weit weniger entwickelt, nicht schnauzenförmig
vorstehend, die Nase
[* 36] dagegen vorragend und auch ein vorspringendes Kinn gebildet, während bei allen Affen
der Unterkiefer von den Schneidezähnen an zurückweicht, ohne eine vordere oder untere Ecke zu bilden, ein Kinn also bei ihnen
nicht zur Entwicklung kommt. Hinsichtlich der Zahl und Bildung der Zähne
[* 37] stimmt der Mensch mit den Affen der Alten Welt überein.
Von allen Affen aber unterscheidet er sich dadurch, daß die Kronen
[* 38] seiner Eckzähne nicht über die der andern Zähne hervorragen
und also auch keine Lücken in der Zahnreihe sich finden, in welche diese vorspringenden Eckzähne eingreifen.
Über das Verhältnis der Ordnung und Gattung Mensch zu den Affen besteht noch immer heftiger Streit. Die Darwinianer
sehen im M. die Vollendung des in den Affen begonnenen Typus und betrachten den Dryopithecus
[* 39] Fontani (s. d.) als das Missing
link, den «Vormenschen» oder Proanthropos. Ganz neuerdings hat Eugen Dubois
in den von ihm in
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