mehr
Null hat, heißt Akline, Nullisokline oder magnetischer Äquator. All diese Linien weichen von denen des astron. Gradnetzes mehr oder weniger ab. Während die Isogonen und die magnetischen Meridiane nach den Magnetpolen der Erde konvergieren, werden diese Punkte von den Isoklinen nach Art der Breitenkreise umschlossen. Bei größerer Annäherung an die Pole neigen sich die Magnetnadeln immer steiler, in den Polen selbst stehen sie schließlich senkrecht. Der magnetische Nordpol ist 1831 von Roß aufgefunden worden in 70° 5,3' nördl. Br. und 96° 45,3' westl. L. von Greenwich auf der Halbinsel Boothia Felix.
Die
Lage des magnetischen
Südpols ist für dieselbe Zeit annähernd berechnet auf 75° 5,0' südl.
Br. und 154° 8,0' östl. L., für die Gegenwart werden beide Punkte angenommen in 70° 30'
nördl.
Br. und 97° 40' westl. L. oder in 73° 39' südl.
Br. und 146° 15' östl.
L. (S. Karte der Nordpolarländer.)
[* 2] Sie
zeigen also in sechs Jahrzehnten eine sehr beträchtliche Lagenveränderung, die
Hand
[* 3] in
Hand geht mit
den säkularen
Veränderungen der Deklination, Inklination und Intensität, die alle
in langen
Perioden langsam und stetig
andere Werte annehmen, ohne daß für diese Verschiebungen eine Gesetzmäßigkeit bis jetzt zu erkennen wäre, wie überhaupt
der Erdmagnetismus bis zur
Stunde eins der wenigst abgeschlossenen und klaren Wissensgebiete bildet. Es
hatte z. B. in
Paris
[* 4] die Deklination 1580 eine östl.
Ausweichung von 9° 30'; 1660 hatte sie den Wert
Null, 1700 war sie 8°
westlich; 1810 hatte sie mit 22° 18' den größten Wert erreicht, seither nimmt sie jährlich um 7,4' ab und beträgt
gegenwärtig noch etwas über 15° westlich.
Ähnliches gilt für alle
Punkte der Erde, ähnliches auch für die Inklination, die z. B.
in
Deutschland
[* 5] gegenwärtig jährlich um 1,2 bis 1,8' abnimmt und für die Intensität, d. h.
die
Stärke,
[* 6] mit der die frei aufgehängte
Magnetnadel durch die ganze Kraftäußerung der Erde angezogen und
in bestimmte
Lage versetzt wird. Diese Totalintensität T, die sich in eine Horizontalkomponente
H und in eine Vertikalkomponente
Z zerlegen läßt, ist, wenn
i den Inklinationswinkel bezeichnet, bestimmt durch die
Beziehungen T = Z:sin i = H:cos i, und
schon hieraus ergiebt sich, daß auch sie säkulare
Veränderungen erleidet, und daß also auch die Linien,
die Punkte gleicher Intensität verbinden, die isodynamischen Linien oder Isodynamen, sich im Laufe der Zeit verschieben.
Die sämtlichen magnetischen Elemente unterliegen daneben auch noch täglichen
Variationen, die mit den Erwärmungsphasen
der Erde in der
Weise zusammenzuhängen scheinen, daß sie größer werden, wenn Sonnendeklination und geogr.
Breite
[* 7] des Beobachtungsortes gleichnamig sind, also z. B. in unserm Nordsommer; dann
giebt es Lunarvariationen und etwa elfjährige
Perioden, offenbar entsprechend derjenigen der
Sonnenflecken; endlich zeigen
sich sehr häufig ganz unregelmäßige, oft sehr heftige
Störungen
(magnetische Gewitter), die nicht selten mit elektrischen
Entladungen und Polarlichtern zusammenfallen.
Auch lokal treten oft an ganz benachbarten Stellen der Erdoberfläche die größten Verschiedenheiten der magnetischen Erscheinungen auf, so z. B. im Harz, im vulkanischen Kaiserstuhl [* 8] der Rheinebene und an andern Orten, wo Punkte, die nur wenige Schritte auseinander liegen, sich magnetisch ganz verschieden verhalten. Zum Studium der magnetischen Erscheinungen, besonders der Deklination, deren Änderung Columbus 1492 entdeckte, diente früher das Deklinatorium von Gambey, das später durch Gauß' Magnetometer [* 9] (s. d.) ersetzt wurde.
Jetzt hat man, hauptsächlich auch für die Zwecke der so dringend notwendigen magnetischen Landesdurchforschungen, ziemlich
einfache, leicht tragbare magnetische Reisetheodolite. Dem
Studium der Inklination dient das Inklinatorium. Trotz vieler und
räumlich weit ausgedehnter Forschungen auf
Land- und Seereisen (z.B. gelegentlich der Chall
enger-Expedition,
auf den internationalen Polarforschungsstationen 1882-83 u. s. w.) ist weder ein Zusammenhang
des Magnetismus
[* 10] der Erde mit der Gesteinshülle noch sonst eine Erklärung der Erscheinungen gewonnen worden, wenn
auch schon 1833 Gauß berechnet hat, daß es zur Hervorbringung der gesamten magnetischen Kraftäußerung auf der Erde
nötig sei, im Innern der Erde 8464
Trillionen je ein Pfund schwerer Magnetstäbe mit parallel
gerichteten magnetischen
Achsen
oder auf je einen Kubikmeter der Erdmasse acht solcher
Stäbe anzunehmen, deren
Achse (1830) von 77° 50' nördl.
Br. und 116°
29' westl. L. nach 77° 50' südl.
Br. und 116° 29' östl. L. gerichtet sein müßte; für die Gegenwart
wäre auch eine Verschiebung dieser
Zahlen anzunehmen.
Vgl. Maxwell, Lehrbuch der Elektricität und des Magnetismus (deutsch von Weinstein, 2 Bde., Berl. 1883);
Kleyer, Lehrbuch des Magnetismus und des Erdmagnetismus (Stuttg. 1885);
Mascart und Joubert, Lehrbuch der Elektricität und des Magnetismus (deutsch von Levy, 2 Bde., Berl. 1886-87);
Vogt, Wesen der Elektricität und des Magnetismus, Tl. 1 (Lpz. 1891);
Joh. Müller, Die Lehre [* 11] von der Elektricität und dem Magnetismus (Mittweida 1893);
Benischke, Magnetismus und Elektricität mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Praxis (Berl. 1896).
Über Erdmagnetismus: Gauß, Intensitas vis magneticae terrestris ad mensuram absolutam revocata (Gött. 1833);
Lamont, Handbuch des Erdmagnetismus (Berl. 1849);
ders., Astronomie [* 12] und Erdmagnetismus (Stuttg. 1851);
Neumayr, Über das gegenwärtig zur Verfügung stehende erd- und weltmagnetische Material (in den «Verhandlungen des 8. Deutschen Geographentags», Berl. 1889);
Eschenhagen, Erdmagnetismus (in der «Anleitung zur deutschen Landes- und Volksforschung», hg. von Kirchhoff, Stuttg. 1889);
Neumayr, Atlas [* 13] des Erdmagnetismus (mit Text, in Berghaus' «Physik. Atlas», Gotha [* 14] 1891).
Seit 1896 erscheint in Chicago vierteljährlich die Zeitschrift Terrestrial magnetism.