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mehr oder weniger tiefes Geschwür in der Magenwandung vorfindet. Über die Ursachen dieser Geschwürbildung ist noch nichts
Sicheres ermittelt; nur so viel scheint gewiß, daß das Magengeschwür durch eine Art von Selbstverdauung des Magens, d. h. durch die
Einwirkung des sauren Magensaftes auf solche Stellen der Magenschleimhaut entsteht, in denen die Cirkulation
des Blutes aus irgend welcher Ursache (durch Verstopfung, Krampf der kleinen arteriellen Gefäße u. s. w.) verlangsamt oder
aufgehoben ist. Man pflegt deshalb neuerdings das Magengeschwür geradezu als peptisches Magengeschwür zu
bezeichnen. Das Magengeschwür kommt hauptsächlich im mittlern Lebensalter, doch auch im höhern Alter vor, häufiger beim weiblichen
als beim männlichen Geschlecht und befällt besonders bleichsüchtige, blutarme und schwächliche Individuen.
Die Disposition für das runde Magengeschwür ist eine sehr verbreitete; von je 20 Leichen findet man sicher eine mit einem frischen oder
vernarbten Magengeschwür.
Bisweilen verlaufen selbst größere Magengeschwür ohne jedwede Krankheitserscheinungen; Thatsache ist wenigstens, daß bei Sektionen
mitunter im Magen ausgedehntere, von Magengeschwür herrührende Narben vorgefunden werden, ohne daß während des
Lebens irgend welche Symptome vorhanden waren. In der Regel freilich giebt sich das Vorhandensein eines Magengeschwür durch einen
eigentümlichen dumpfen Wundschmerz in der Magengegend zu erkennen, der durch Druck von außen, durch enganliegende Kleider
und durch die Nahrungszufuhr, insbesondere durch schwer verdauliche und scharfe Speisen und Getränke
gesteigert wird und zeitweilig in heftige, kaum erträgliche Anfälle von Magenkrampf (s. d.) übergeht; daneben besteht gewöhnlich
lästiges Sodbrennen, öfters nach dem Essen erfolgendes Erbrechen, hartnäckige Stuhlverstopfung und Abmagerung.
Verhältnismäßig häufig kommt es im Verlauf des chronischen Magengeschwür durch Anfressung größerer Blutgefäße zu
mehr oder minder erheblichen, bisweilen selbst lebenbedrohenden Magenblutungen, bei welchen das ergossene Blut entweder durch
Erbrechen (s. Blutbrechen) oder durch die Stuhlentleerungen oder auf beiden Wegen zugleich entleert wird. Die Prognose beim
chronischen Magengeschwür, dessen Dauer sich meist über Monate, selbst Jahre erstreckt, ist im allgemeinen günstig, insofern bei sorgsamer
Beachtung und zweckmäßigem diätetischen Verhalten gewöhnlich Heilung erfolgt; gefährlich wird das Magengeschwür, wenn infolge von
Durchbohrung der Magenwände der Mageninhalt in die Bauchhöhle austritt und eine allgemeine meist tödliche Bauchfellentzündung
erzeugt, oder wenn Blutungen eine lebenbedrohende Höhe erreichen.
Hinsichtlich der Behandlung ist als oberster Grundsatz zu betonen, dem Magen möglichste Ruhe zu verschaffen.
Der Kranke darf wochenlang hindurch nur eine flüssige, vollkommen reizlose Kost, und auch diese jedesmal nur in kleinen
Mengen genießen und nur ganz allmählich und vorsichtig mit eintretender Besserung zu einer konsistentern Nahrung übergehen.
Ganz besonders empfiehlt sich eine längere ausschließliche Milch- oder Buttermilchkur; im Anfang genieße
der Kranke die süße, frisch gemolkene oder abgekochte Milch nur eßlöffelweise oder, wenn sie nicht vertragen wird, mit
Zusatz von Kalkwasser oder doppeltkohlensaurem Natrium oder kleinen Mengen Weizenmehl (Milchsuppen).
Auch Leubes Fleischsolution (s. d.) eignet sich vortrefflich für diesen Zweck. Bei sehr
heftigen Schmerzen empfehlen sich längeres Bettliegen, warme Breiumschläge
oder Prießnitzsche Umschläge
auf die Magengegend und im Notfall die narkotischen Mittel. Sehr günstig pflegt auch der kurgemäße Gebrauch der kohlensauren
Alkalien, insbesondere der Mineralwässer von Karlsbad und Marienbad, auf die Vernarbung der Magengeschwür einzuwirken.
Von den Medikamenten werden namentlich der Höllenstein und das basisch salpetersaure Wismutoxyd empfohlen. Gegen eintretende
Magenblutungen ist so zu verfahren, wie unter Blutbrechen (s. d.) ausführlich angegeben. -
Vgl. von Ziemssen,
über die Behandlung des einfachen Magengeschwür (Lpz. 1871);
Hauser, Das chronische Magengeschwür (ebd. 1883).
(Catharrhus ventriculi, Gastritis, Status gastricus, Gastricismus, verdorbener Magen), die katarrhalische
Entzündung der Magenschleimhaut, gehört zu den häufigsten akuten Krankheiten des Kulturmenschen, tritt in verschiedenartigen
Formen und Graden, unter den mannigfaltigsten Symptomen auf und besitzt eine große Neigung, bei Nichtbeachtung
und Vernachlässigung in einen chronischen Zustand überzugehen. Kinder und Greise sowie blutarme, schwächliche und herabgekommene
Personen werden besonders leicht vom Magenkatarrh ergriffen.
Unter den Ursachen der Krankheit stehen die Überfüllung des Magens sowie der Genuß schwer verdaulicher,
namentlich fetter und leicht gärender oder in Zersetzung übergegangener Speisen und Getränke obenan; auch der Genuß übermäßig
heißer oder sehr kalter Nahrungsmittel (Eis, Eiswasser), scharfer Gewürze, insbesondere Senf und Pfeffer, sowie starker alkoholischer
Getränke, ferner unnötiges Medizinieren ruft häufig Magenkatarrh hervor. Ebenso haben Erkältungen, insbesondere
Durchnässungen des erhitzten Körpers sowie Erkältungen der Oberbauchgegend oder der Füße öfters
Magenkatarrh zur Folge; auch kann heftiger Ärger (durch reichlichen Gallenerguß in den Magen) sowie langes Hungern Magenkatarrh verursachen.
Die Veränderungen, welche die Magenschleimhaut beim akuten Magenkatarrh darbietet, bestehen in einer beträchtlichen Rötung, Schwellung
und Auflockerung der Schleimhaut, welche mit einem zähen, glasigen, bisweilen auch blutig gefärbten
Schleim bedeckt ist; dabei ist die Muskelhaut gewöhnlich erschlafft und der Magen durch Gasentwicklung ausgedehnt. Beim chronischen
Magenkatarrh findet sich die Schleimhaut entweder verdünnt, die Magenwand glatt, blutleer, von grauen Pigmentflecken
durchsetzt, oder die Magenschleimhaut ist verdickt, wulstig, uneben, warzig erhaben und auch die Muskelschicht deutlich
hypertrophisch (s. Magenverhärtung).
Die Symptome des Magenkatarrh bieten eine große Mannigfaltigkeit und Abwechselung dar. Der akute
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Magenkatarrh giebt sich in der Regel durch Appetitlosigkeit, selbst Ekel vor allen Speisen, durch Übelkeit, Aufstoßen und Brechneigung,
durch Druck und unangenehme Empfindungen in der Magengegend, ferner durch pappigen, übeln Geschmack und schleimigen Zungenbeleg,
häufig auch durch Sodbrennen, Erbrechen und Verstopfung, zuweilen aber auch durch Durchfall zu erkennen. Daneben bestehen
gewöhnlich große Mattigkeit und Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Schwindel, mitunter selbst mehr oder minder heftiges
Fieber (sog. gastrisches Fieber); dabei ist der Urin meist dunkel gefärbt und scheidet ein ziegelmehlartiges Sediment aus harnsauren
Salzen aus.
Wenn sich der Katarrh nicht bloß auf den Magen, sondern auch auf einen größern Teil des benachbarten
Dünndarms erstreckt, so gesellen sich zu dem beschriebenen Symptomenkomplex noch Leibschmerzen, öfters auch infolge der katarrhalischen
Verschwellung des Gallenausführungsgangs Gelbsucht (s. d.) hinzu. Der akute Magenkatarrh endet nach Tagen oder Wochen mit Genesung oder
er geht allmählich in den chronischen Magenkatarrh über. Die hauptsächlichsten Symptome des letztern sind Auftreibung der
Magengegend, Gefühl von Druck und Vollsein in derselben, Appetitlosigkeit abwechselnd mit Heißhunger, pappiger fader Geschmack
und übler Geruch aus dem Munde, häufiges Aufstoßen und Sodbrennen, hartnäckige Verstopfung und Blähsucht, wozu sich oft
Erbrechen von zähem Schleim sowie leichte Gelbsucht gesellen; besteht die Krankheit längere Zeit, so entsteht in der Regel
Abmagerung, eine fahle graugelbe Gesichtsfarbe und eine düstere hypochondrische Gemütsstimmung, auch zeigen sich vielfach
Herzklopfen, Mattigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und andere nervöse Symptome.
Die Behandlung erfordert vor allem eine sorgfältige und konsequente Regulierung der Diät, ohne welche eine schnelle Heilung
überhaupt nicht zu erwarten ist. Für den akuten Magenkatarrh ist die beste Therapie, nichts zu thun als zu fasten;
je weniger man eingreift und je weniger mediziniert wird, um so schneller verläuft die Krankheit. Nur wenn der Magen mit gärenden
oder in Zersetzung begriffenen Nahrungsmitteln überfüllt ist, sind die Brechmittel oder milde Abführmittel am Platze; im
übrigen beschränke man sich auf eine ganz milde Diät, am besten auf einfache Wassersuppen, und nehme
allenfalls bei übermäßigem Erbrechen einige Eispillen, bei lästiger Säurebildung etwas gebrannte Magnesia oder doppeltkohlensaures
Natrium.
Auch der chronische Magenkatarrh verlangt in erster Linie eine diätetische Behandlung. Der Kranke soll immer nur wenig auf einmal genießen,
alle Speisen auf das sorgfältigste kauen und seinen ohnedies spärlichen Magensaft nicht durch übermäßige
Flüssigkeitszufuhr unnötig verdünnen. Erlaubt sind mageres mürbes Fleisch (am besten junges Geflügel, Wild, Rindfleisch,
Kalbfleisch, nicht fetter Fisch), Milch, weichgekochte Eier, Weißbrot, Biskuit, junge zarte Gemüse, wogegen alle blähenden
Speisen sowie Fette (auch fette Saucen) streng zu vermeiden sind, kalter Braten wird oft besser vertragen
als warmer; beide werden oft leichter nach dem Darreichen von Pepsin und Salzsäure (5-8 Tropfen in einem halben Glas Wasser)
verdaut.
Von Getränken sind Kaffee und alle stärkern alkoholischen Getränke zu verbieten; Wasser mit Rotwein, schwacher chines.
Thee, entölter Kakao sind den meisten Kranken erlaubt; der mäßige Genuß von Sodawasser sowie
der natürlichen
Säuerlinge von Selters, Bilin, Ems, Salzbrunn u. a. ist zu empfehlen. Manchen Magenkranken bekommt eine längere Milch- oder
Buttermilchkur vortrefflich, andern dagegen nicht. Gegen hartnäckige Gärungsvorgänge im Magen erweisen sich kleine Gaben
von Kreosot oder Salicylsäure sowie das öftere Ausspülen des Magens vermittelst der Magendouche nützlich;
gegen die oft hartnäckige Verstopfung sind Klystiere oder leichte Abführmittel zu brauchen. Unter den Brunnenkuren erfreuen
sich gegen den chronischen Magenkatarrh die von Karlsbad, Marienbad, Kissingen, Ems, Tarasp und Vichy eines besondern Rufs. Wenn der
chronische Magenkatarrh auf Blutarmut, Schwäche oder Nervosität beruht, muß die Konstitution durch roborierende
Mittel, durch Seebäder oder längern Aufenthalt im Hochgebirge gekräftigt werden. -
Vgl. Wiel, Tisch für Magenkranke (7.
Aufl., Karlsbad 1892).