Seine Feinde suchte er durch List zu trennen; in den
Verträgen von
Conflans und St. Maur (Okt. 1465) fand er seinen
Bruder, den
Herzog von
Berry, mit der
Normandie,
Karl vonBurgund mit Gebieten in der Picardie ab. Während er aber dem erstern
die
Normandie bald wieder entriß, lud er den letztern im Okt. 1468 zu einem friedlichen
Vergleich nach
Péronne ein. Hier wurde er jedoch von
Karl, der nicht ohne
Grund die Aufwiegelung der
Lütticher auf Ludwig XI zurückführte, gefangen
genommen und nur gegen
Abtretung von Flandern und Picardie freigelassen. Da Ludwig XI diesen
Vertrag nicht hielt, geriet er aufs
neue in
Fehde mit
Karl, die bis Dez. 1472 dauerte.
Während der bisherige Ratgeber L.s, der Kardinal La Balue, in
Ungnade fiel, trat jetzt der Geschichtschreiber Comines in
des Königs Dienste
[* 2] und wurde das Hauptwerkzeug seiner Politik. Während nun
Karl der Kühne sich mit Eduard IV. von England
zur Eroberung
Frankreichs verbündete, zog Ludwig XI die
Schweizer und den
Herzog René von Lothringen auf seine
Seite. Eduard IV. erschien 1475 mit einem
Heere in
Frankreich, ließ sich aber, da ihn
Karl nicht unterstützte, im
August den
Frieden von
Amiens
[* 3] gegen eine hohe
Summe von Ludwig XI abkaufen. Nach dem
UntergangKarls 1477 nahm Ludwig XI die burgund.
Städte in der Picardie, in Flandern und
Hennegau und das Herzogtum
Burgund als eröffnetes Mannslehn für sich. Der Hauptteil
des Gebietes
Karls aber, die reichen niederländ.
Provinzen, kamen mit der
Hand
[* 4] seiner Tochter Maria von
Burgund an Maximilian
von Habsburg.
In demKriege, der nun zwischen letzterm und Ludwig XI entbrannte, erlitt Ludwig XI 1479 eine
Niederlage bei
Guinegate; im Frieden von
Arras
[* 5] (Dez. 1482) wurde der Dauphin (später
Karl VIII.) mit der Tochter Maximilians
verlobt, die später
Artois und das eigentliche
Burgund als
Mitgift erhalten sollte.
Eine andere wichtige Erwerbung gelang Ludwig XI, indem er den alten Titularkönig von Neapel,
[* 6] René von
Anjou und Provence, bewog, den kinderlosen
GrafenKarl von Maine zum
Erben einzusetzen. Dieser starb 1481 und hinterließ
die Provence sowie
Anjou-Maine an Ludwig XI. Von Menschenhaß und Todesfurcht gefoltert, starb Ludwig XI in der
Feste Plessis-les-Tours, wo er sich von jeher eingeschlossen hatte. Sein Hauptverdienst ist die
Befreiung
der Monarchie von den feudalen Gewalten, die eine starke Centralgewalt überall hemmten.
Die
Großen verfolgte er grausam und hinterlistig; aber er beförderte
Handel und
Industrie,
Ackerbau und Verkehr und führte
eine sparsame und geordnete
Verwaltung durch, so daß die Einkünfte sich unter ihm verdoppelten. Mit dem
Papste, der ihm den
TitelRex christianissimus gab, hielt er sich im besten Einvernehmen. Er unterstützte Kunst und Wissenschaft,
berief humanistisch gebildete Gelehrte, reformierte die
PariserUniversität und errichtete Buchdruckereien. Ludwig XI war vermählt
mit Margareta von
Schottland, dann seit 1451 mit Charlotte von Savoyen, die ihm den Dauphin
Karl gebar.
Ludwig XI gilt für den Verfasser der
«CentNouvelles», einer Nachahmung des «Decamerone» des
Boccaccio, und des
«Rosier des guerres»,
einer Instruktion für seinen Sohn. Delavigne hat Ludwig XI in einer
Tragödie behandelt,
Walter Scott schuf ein vorzügliches Charakterbild
von ihm in seinem
Roman «Quentin Durward». -
Vgl. Comines'Mémoires (Par. 1523; neue Ausg., 4 Bde.,
1747);
König von
Frankreich (1498-1515), geb. in
Blois, war der Urenkel
Karls V. und der Sohn
des
HerzogsKarl vonOrléans
[* 7] und der Maria von
Cleve
[* 8] (s.
Orléans, Haus). Unter
Karl VIII. setzte er den
Widerstand der großen
Vasallen gegen die Königsmacht fort und mußte dafür dreijähriges Gefängnis (1487-90) erdulden. Nach dem kinderlosen
TodeKarls VIII. bestieg er als dessen nächster Verwandter den
Thron.
[* 9] Als König erwarb er
sich das Andenken eines gerechten und milden
Regenten, den
Namen eines
Vaters desVolks;
die stärkere
Bewegung der kommenden Zeit kündigt sich im langsamen Eindringen
der Renaissance an.
Zum Minister wählte Ludwig den spätern Kardinal und Erzbischof von Rouen,
[* 12]
George d'Amboise. Nachdem er sich
von Johanna (s. d.), der Tochter
Ludwigs XI., hatte scheiden lassen, heiratete er 1499 die
Witwe seines Vorgängers,
Anna von
Bretagne. Im Äußern setzte Ludwig die Renaissancepolitik
Karls VIII. fort. Als Enkel der mailänd. Prinzessin
Valentina machte er
Ansprüche auf Mailand.
[* 13] Er zog den Papst
Alexander VI., die
Schweizer, die
Venetianer und den
Herzog von Savoyen
in sein Interesse und sandte im Aug. 1499 unter
Trivulzio ein
Heer über die
Alpen,
[* 14] das ohne
Widerstand den
Herzog Ludwig
Sforza vertrieb und Mailand in
Besitz nahm. 1501 verband er sich mit Ferdinand von
Aragonien zur Eroberung des
Königreichs Neapel, auf das er von seinem Vorgänger
Ansprüche ererbt zu haben glaubte.
Das Land wurde von span. und franz.
Truppen besetzt, bei der
Teilung aber brach unter den Siegern selbst
Krieg aus, der erst im Okt. 1505 beigelegt wurde, indem sich der siegreiche Ferdinand mit L.s Schwestertochter, Germaine
de Foix, unter der
Bedingung vermählte, daß die
Kinder dieser
Ehe Neapel erhalten sollten. Ludwig setzte das mechan.
Spiel wirrer
Alliancen fort, trat 1508 der Liga von
Cambrai gegen
Venedig
[* 15] bei, besiegte die
Venetianer bei
Agnadello und kam dann mit Papst Julius II., der die Fremden aus
Italien
[* 16] zu vertreiben strebte, in harten
Konflikt, wobei der
König unter der Zustimmung seines
Volks scharf gegen
Rom
[* 17] vorging und 1511 ein
Konzil nach Pisa
[* 18] berief. Er blieb aber gegen
das päpstl.
Laterankonzil im Nachteil, und auch politisch errang Julius II. einen
Vorteil, indem sich die
«Heilige Liga» (Ferdinand der
Katholische,
Venedig, England) 1511 unter ihm gegen Ludwig verband. L.s Feldherr
Gaston de Foix schlug mit franz., schweiz. und
deutschen
Truppen die
Venetianer bei
Brescia, die Päpstlichen 1512 bei Ravenna;
dennoch drängte der Papst
die
Franzosen noch 1512 über die
Alpen;
König von Frankreich (1610-43), geb. in Fontainebleau als der Sohn Heinrichs
IV. (s. d.) und der Maria von Medici (s. d.),
bestieg nach der Ermordung seines Vaters den Thron. Seine Mutter, die mit der Vormundschaft auch die Regentschaft
an sich riß, verließ sogleich das polit. System ihres Gemahls, verband sich mit Spanien
[* 20] und verlobte den
König mit der InfantinAnna und ihre Tochter Elisabeth mit dem Prinzen von Asturien (1612). Diese Politik erregte die Besorgnisse
der Hugenotten.
Die Großen, auf die ständische Reaktion, die von Heinrich IV. bezwungen war, zurückgreifend, verließen den Hof
[* 21] und rüsteten
sich zum Kriege. Nachdem der Hof zu St. Menehould mit ihnen Frieden geschlossen hatte, bestätigte
der König bei seiner Mündigkeitserklärung im September das Edikt von Nantes und berief im Oktober die versprochene Reichsversammlung,
die aber erfolglos auseinander ging. Gegen die großen Herren vertrat am Hofe der Günstling Marias, Concini, Marschall d'Ancre
(s. d.), das Königtum und seine Unumschränktheit.
Der Prinz Heinrich II. von Condé zog deshalb wieder Truppen zusammen. Da auch die Hugenotten, in polit. Mißbrauch ihrer Sonderstellung,
auf die Seite der Großen traten, so suchte die Regierung, nachdem sich der König zu Bordeaux
[* 22] mit Anna von Österreich
[* 23] vermählt hatte, die Parteien durch den zu Loudun geschlossenen Vertrag zu beschwichtigen. Doch
blieb der Hof der Schauplatz von Kabalen. Am ließ sogar Concini den Prinzen Condé in die Bastille bringen; doch
stürzte ihn selber, mit Hilfe seines Günstlings Luynes (s. d.), der junge König.
Mit Vorwissen des Königs wurde Concini niedergeschossen, die Königin-Mutter in Haft genommen,
Luynes wurde zum Pair und Herzog erhoben, und ein königl. Heer zwang die Anhänger der Königin-Mutter zur Unterwerfung; auch
gegen die Protestanten wandte man sich; auf eine neue Erhebung hin verloren sie 1622 fast sämtliche Sicherheitsplätze (s.
Hugenotten, Bd. 9, S. 401). Eine ultramontane
Regierung folgte auf den 1621 gestorbenen Luynes, die in dem ausbrechenden polit.-religiösen Weltkriege (s.
Dreißigjähriger Krieg) Frankreichs Interessen schlecht wahrnahm.
Eine neue Epoche in der Regierung L.s begann nach längern Schwankungen erst 1624, als Richelieu (s. d.)
in das Ministerium trat und bald die Leitung der Geschäfte, die Herrschaft über den König wie über
den Staat ergriff. Im Innern wurden die Hugenotten durch die Wegnahme von La Rochelle bezwungen;
in Italien wurde dem franz.
Hause Nevers die Erbfolge in Mantua
[* 24] durch den Mantuanischen Erbfolgekrieg (1628-31) gesichert;
im Dreißigjährigen Kriege
griff Frankreich immer tiefer und erfolgreicher gegen Habsburg ein;
Die einheimische Opposition erlag währenddes dem Königtum immer vollständiger. L.s Verdienst
ist, daß er allen Machinationen, die Richelieu von den Prinzen, den Seigneurs und vor allem von der Königin-Mutter drohten,
die Spitze abbrach und sich zu dem Minister hielt, der die Größe seines Hauses
und Frankreichs wollte.
So ließ er Richelieu freie Hand gegen seinen Bruder, den HerzogGaston von Orléans, bei der Verschwörung 1631, der Rebellion
1632;
eine höhere persönliche Rolle hat man Ludwig mit Unrecht zuzuschreiben gesucht.
An Richelieus Stelle trat Ende 1642 dessen Schüler Mazarin;
starb Ludwig selbst.
Seine Söhne waren
Ludwig XIV. und Philipp, Stammvater des heutigen Hauses Orléans (s. d.). 1829 wurde ihm zu Paris
[* 25] an Stelle eines 1639 von Richelieu
errichteten, 1792 zerstörten Standbildes ein Reiterstandbild gesetzt. -
Vgl. A. Bazin, Histoire de France sous
Louis XIII (4 Bde., 2. Aufl., Par.
1846);
Topin, Louis XIII et Richelieu (ebd. 1876);
B. Zeller, La minorité de Louis XIII, 1610-12 (ebd. 1892).
XIV. (le Grand), König von Frankreich (1643-1715), wurde als der Sohn Ludwigs XIII. und Annas von Österreich
in St. Germain-en-Laye geboren. Mit dem Tode seines Vaters riß die Mutter die Regentschaft an sich und erhob
Mazarin (s. d.) zu ihrem Minister. Noch während der Unterhandlung des Westfälischen
Friedens begannen die mit dem Parlament verbundenen, von Spanien unterstützten Großen die Unruhen der Fronde (s. d.), die
erst mit der Unterwerfung Condés und dem Pyrenäischen Frieden 1659 völlig endeten.
Unter diesen innern Eindrücken wuchs Ludwig heran; der Friede bezeichnete nach außen die endgültige Verdrängung
Spaniens durch Frankreich. Seine weitere Folge war L.s Vermählung mit der Infantin Maria Theresia, Damals erregte
der junge, den Frauen und üppigen Festen ergebene, in Erziehung und Bildung verwahrloste König keine
großen Erwartungen. Aber kaum war Mazarin gestorben so trat er selbständig als Lenker seines Staates auf. Wohl
zog auch er die Kräfte heran, welche die Regierung hielten, die Colbert, Vauban, die Le
[* 26] Telliers, Lionne; aber einen Minister-Regenten,
wie Richelieu und Mazarin, duldete er nicht mehr, vielmehr war er selbst der Erbe der beiden Kardinäle,
und zwar steigerte er die Lehre
[* 27] von der königl. Allmacht zum halbreligiösen Dogma, das seinen Ausdruck fand in dem, wenn
nicht ganz sicher gesprochenen, so doch durchaus charakteristischen Wort L'état c'est moi. Ludwig bemühte sich ehrlich,
diese Selbstvergötterung durch Erfüllung höchster Königspflichten zu rechtfertigen.
Die Wohlfahrtspolitik des franz. Königtums, einheitliche Staatsbildung, Förderung des arbeitenden
Volks, des Gewerbes und Handels, führte in den zwei ersten Jahrzehnten der große Colbert auf ihren Gipfelpunkt, das Heer ordnete
Louvois im Sinne der Einheitlichkeit und Kraft,
[* 28] und Ludwig machte alsbald diese Macht in der europ.
Politik geltend. Nach dem Tode Philipps IV. von Spanien erhob er Ansprüche auf einen Teil der span. Niederlande
[* 29] und behauptete
sie in dem sog. Devolutionskriege (s. d.). Der am geschlossene Aachener Friede (s. d.) ließ Französisch-Flandern
und eine Reihe Grenzplätze in seinen Händen.
Die Niederlande hatten sich Ludwig jetzt zum leidenschaftlichsten Feind gemacht. Gegensätze der
äußern Politik, der Staatsanschauung, des Handelsinteresses trieben ihn gegen sie; meisterhaft wußte sein Minister Lionne
sie 1668-71 zu isolieren. Nachdem Ludwig 1670 dem Verbündeten der Generalstaaten, HerzogKarl IV. von Lothringen, das Land entrissen
hatte, drang er im Mai 1672 mit Condé und
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