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Civilliste geriet der König in Schulden, die mit der immer dentlicher zu Tage tretenden geistigen Über- spanntheit wnchscn. 1886 betrug diese Schuld 13^ Mill. M. Der König forderte die Minister auf, den Landtag zur Übernahme derselben zu bewegen. Am 5. Mai teilten die Minister dem Könige schriftlich (seit Iabren wurde der Verkehr zwischen König und Mi- nistern nur so geführt) mit, daß seinem Ansinnen nicht willfahrt werden tonne.
Die Verhältnisse drängten sie endlich zum Widerstände.
Die Ausregung deo Königs steigerte sich furchtbar. Am 4. Juni endlich erhielt Obermcdizinalrat von Gudden ls. d.) den Auf- trag, den König inHohcnschwangau zu beobachten.
Schon nach drei Tagen gaben er und drei weitere eidlich vernommene Irrenarzte das Gutachten ab: der König sei in sehr weit vorgeschrittenein Grade seelengestört, leide schon seit vielen Jahren an ?ai-^- N019. (Verrücktheit);
dadurch sei seine freie Willens- meinung vollständig ausgeschlossen und er dauernd an der Ausübuug der Regieruug verbindert.
Darauf übernahm Prinz Luitpold 10. Juni die Regentschaft;
an dem gleichen
Tage war eine Staatskommission mit
Ärzten und
Dienern in Schwanstein bei Hoben- schwaugau angelangt, die dem
Könige seine Ab- setzung mitteilen und ihn der Behandlung der Irren- ärzte übergeben sollte. Ludwig
hatte Nachricht
von den Vorgängen erhalten und den Gendarmen seine Verteidigung anbefohlen.
Diese verweigerten der Staatskommission den Eintritt ins Schloß, worauf dieselbe sich nach Hobenschwangau zurückzog.
Bald darauf wurden die Kommissare ans Befehl des Kö- nigs verhaftet. Eo gelang ihnen iedoch, ein Tele- gramm nach München [* 2] zu senden;
umgebend erbielt derBczirksamtmann von Füssen von feiten der neuen Regentschaft aufklärende Nachricht, und die Kom- missare konnten ihr Gefängnis verlassen.
Die Regent- schaft befckloß, den kranken König in Schloß Berg am Ttarnberger See zu internieren. Am 12. Juni erfolgte die Abreise;
der König, der in der Zwischen- zeit wiederholt von Selbstmordversuchen nur mit Mühe zurückgehalten worden war, wurde von Dr. Guddcn, Assistenzarzt Fr. Müller und mehrern Pfle- gern begleitet.
AmPfingstsonntag, 13. Juni, mackte der König, der scheinbar völlig gelassen war, vor- mittags mit Di'.
Gudden einen Spaziergang in dem gegen den See hin offenen Park. Abends 6 Uhr [* 3] wurde der Spaziergang wiederholt;
ein Pfleger wollte sich vorschristsgemäß anschließen, wurde aber von Dr. Gudden selbst zurückgeschickt.
Als die Spaziergänger uach Ablauf [* 4] von mchrern Stunden nicht zurückgekehrt waren, durchsuchte die Dieuerschaft den Part und sah auf den Wellen [* 5] des Sees die zwei deichen treiben.
Aus dem Augcnscbein- protokoll der Gerichtskommission geht mit Sicher- heit nur so viel hervor, daß vor der Katastrophe zwischen den zwei ungewöhnlich starken Männern ein heißer 'Ringkampf stattgefunden haben muß; nur als wahrscheinlich kann bezeicbnet werden, daß der König selbst den Tod gesucht und den Arzt, der ihn zurückhalten wollte, mit sich in die Wellen gezogen hat.
Das Hektionsprotokoll ergab die volle Bestätigung des ärztlichen Gutachtens. Am 19. Juni wurde die Leiche des Königs in der Gruft der Michaelshofkirche zu München beigesetzt.
Den tönigl. Titel erbielt nach L.s Tode Prinz Otto ls. d.), in dessen Namen Prinz Luitpold die Regent- schaft führt. -
Vgl. Lampert, Ludwig
II., König von
Bayern
[* 6]
(Münch. 1890);
Heigel,
König Ludwig
II.
von
Bayern (Stuttg. 1893).
Ludwig, Priuz von Bayern, ältester Sohn des Prinz-Regenten Luitpold, geb. General der Infanterie, vermählte sich mit Erzherzogin MarieTheresia von Österreich- Este.
In der Reichsratskammer und bei andern öffentlichen Gelegenheiten bat sich
Ludwig
vielfach als schlagfertigen und sachkundigen Redner gezeigt. Besonders bethätigte er sein Interesse
an dem
Ge- deihen der
Landwirtschaft und an dem
Ausbau des Kanalsystems, sowie an der
Hebung
[* 7] der deutschen
Fluß- und Kanalschiffahrt.
Im Herbst 1893 nahm er an den großen Manövern im Rcichslande teil. Im
Frühjahr 1896 befand er sich zur
Teilnahme an den
Feierlichkeiten anläßlich der Krönung des russ. Kaiserpaares in
Moskau.
[* 8]
Hier erregte eine Rede Aufsehen, welche er bei Gelegenheit des Stif- tungsfestes des Vereins deutscher Reichsaugehöriger daselbst dielt und worin er nach einem Trmtspruch des Vorsitzenden auf den Prinzen Heinrich von Preußen [* 9] und alle Fürsten, die im Gefolge dieses Vertreters des Deutschen Kaisers erschienen seien, gegen den Ausdruck «Gefolge» Protest eiulegte, da die dcutfchcn Fürsten nicht Gefolge, nicht Vasallen, sondern Verbündete des Deutschen Kaisers seien. Von seinen 1^! Kindern ist der älteste Prinz Nupp- recht, geb. Er wurde für großjährig erklärt, trat als betont"elicutenant in die 1. Compagnie des Infanteric-Leibregiments ein und studierte 1890 in Berlin. [* 10] 1894 bekleidete er den Rang eines Rittmeisters im I. schweren Reiterregiment, 1895 den eines Hauptmanns im Infanterie-Leibregimcnt. Er ist Großprior des Erdens vom heil. Georg. Ludwig der Ä ltere, Markgraf vonVrande n - bürg s1323-51) und Herzog von Bayern (1347- 61), geb. 1315, ältester Sohn Kaiser Ludwigs IV., er- hielt 1323 die Mark Brandenburg, trat aber erst 1330 seine selbständige Regierung de5 Landes an.
Die Feindschaft der Mecklenburger, Pommern, [* 11] Polen und der böhm. Luxemburger überwand er zwar, über- ließ dann aber die Mark fast völlig seinen baltern, besonders als ibm 1342 sein Va^r die Hand [* 12] der Erbin von Tirol, [* 13] Margarete Maultasch, ver- schaffte.
Wegen der Vcrfeindung mit den Luxem- burgern suchte Ludwig
nach
dem
Tode seines
Vaters die
Erhebung
Karls IV. von
Böhmen
[* 14] zum röm. Könige anf alle
Weise zu hindern und trug dazu bei, daß demselben
Günther von Schwarzburg
[* 15] als Gegen- könig entgegengestellt wurde, während
Karl durch den
Falschen Waldemar,
einen angeblichen ^proß des askanischen Hauses, den größten
Teil von
Branden- burg zum Absall von Ludwig
brachte.
Als Günther ab- dantte, hielt es für besser, sich Karl 1349 zu unter- werfen und dadurch die Mark zu retten.
Aber es bedürfte noch langer Kämpfe, ehe der Anhang des falfchenWaldcmar niedergeworfen war, und L.schloß desbalb mit seinem Bruder Ludwig dem Römer [* 16] den Vertrag zu Luckau 1351, wodurch er diesem und dem jüngsten Bruder Otto Brandenburg [* 17] ganz über- ließ und sich mit Bayern und Tirol begnügte.
Auch hier hatte Ludwig
noch wiederholt gegen die Feindschaft
Kaiser
Karls IV. zu
kämpfen/Erst 1359 wurd^L.s Ebe mit Margarete bestätigt. Er starb 18. ^ept. 1361. -
Vgl. von Frcyberg, Beurkundete Geschichte Herzogs Ludwig von Brandenburg lin den «Abhandlungen der hlstor. Klasse der Bayrischen Akademie», II, Münch. 1837);
A. Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Österreich [* 18] (Innsbr. 1864);
Riezler, Ge- schichte Bayerns, Bd. 2, 3 (Gotha [* 19] 1880-39). ¶
Hut-Ludwig
der Römer, Markgraf von Brandenburg (1351-65), geb. 1330, der dritte Sohn Kaiser Ludwigs IV. aus dessen zweiter Ehe mit Margarete von Holland, wurde, weil er nach der Kaiserkrönung seines Vaters geboren war, zum Unterschiede von seinem Bruder Ludwig dem Ältern der Römer genannt. Schon früher als Stellvertreter seines Bruders in den Marken thätig, besonders gegen den Falschen Waldemar und dessen Beschützers setzte er, seitdem er 1351 durch den Vertrag von Luckau mit seinem jüngern Bruder Otto auf Brandenburg allein angewiesen war, die Kämpfe bis 1355 fort, erlangte zwar durch Verträge alle wesentlichen Teile der Mark wieder, aber doch nur dem Namen nach.
Denn er geriet dabei in solche Schulden, daß er fast das ganze Land verpfänden mußte, das 1356 zum Kurfürstentum erhoben wurde. Als Ludwig der Ältere 1361 gestorben war und ein weiterer Bruder Herzog Stephan die brandenb. Brüder um ihr bayr. Erbteil bringen wollte, suchte der kinderlose Ludwig sich den Beistand Karls IV. dadurch zu sichern, daß er 1363 Karl und seinem Sohne Wenzel als Nachfolgern in der Mark huldigen ließ. Er selbst starb schon 1365 und ward im Grauen Kloster in Berlin begraben. -
Vgl. die Litteratur bei Ludwig dem Ältern und P. Scholz, Erwerbung der Mark Brandenburg durch Karl IV. (Bresl. 1874).