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Bahnhöfe
[* 2] IV,
[* 1]
Fig. 2), letztere drei dicht bei einander, Liverpool-, Fenchurch- und
Broad-Street-Station sowie
London-Bridge-
und
Waterloo-Station auf dem Südufer der
Themse.
(Über die von London
[* 3] ausgehenden Fernlinien s.
Großbritannische Eisenbahnen,
Bd. 8, S. 459.) Diese
Bahnhöfe und im
Kreis
[* 4] von 9,65 km Radius 255, im
Kreis von 19 km nicht weniger als 659
Lokal- und
Vorortsstationen, aus denen (1888) täglich 5921 Züge abgehen und 94067 km zurücklegen, dienen
der täglichen
Völkerwanderung vor allein zu und aus der innern Stadt. Und doch sind die Verkehrsmittel an Festtagen oder
bei besondern Anlässen, wo oft eine
Bahn 200
Sonderzüge einlegte, unzureichend. Man hat berechnet, daß
im Jahre die
Bahnen im Stadtgebiet 200, die
Pferde- und
Straßenbahnen 150, die Omnibusse 120, die
Cabs u. s. w. 30 Mill.
Menschen
befördern; dazu kommen noch die Inhaber von
Zeitkarten und der Dampferverkehr.
Industrie und
Handel. Wenn auch
der Handel vorwiegt, ist
die Industrie doch in allen ihren Zweigen aufs höchste
entwickelt und stellt London
neben und vor die größten Fabrikplätze Englands. Allein der Maschinenbau beschäftigt
(1891) 20416
Menschen, die Möbelindustrie 50000, die Kleiderkonfektion sogar 71800 männliche und weibliche
Arbeiter, die,
zum
Teil hausindustriell thätig, unter dem
Sweating-System (s. d.) leiden. Zu den wichtigsten Zweigen gehören auch
Zuckerraffinerie, Fabrikation von
Chemikalien (9500
Arbeiter), von Zündhölzchen, Seifen,
Patronen, von
Glas
[* 5] und Glaswaren (5600) in künstlerischer Ausführung, von Fayencen (s. Doultonware), von
Papier,
Tapeten und chirurg.
Instrumenten (9000), Wagenbau (13000), Goldschmiedearbeiten (8000),
Uhren- (4300), Lederwaren-
(9000) und Handschuhindustrie.
Hutmacher wurden 4900, Schuhmacher 40000, Stock- und Schirmmacher 4000, Kürschner 2000, Schiffsbauer 4000, Tabakarbeiter 9000 angegeben. In den Gasanstalten und Kohlenwerken sind 12500, im Wege- und Straßenbau 7000, in der gesamten Nahrungsmittelindustrie und dem Vertrieb von Eßwaren 75000 Personen beschäftigt. Ladenbesitzer giebt es 15000, Straßenverkäufer 11500, Eisenbahnangestellte 22500, Kutscher 90500, zur dienenden Klasse gehören 17074 männliche, 238366 weibliche Personen.
Durch Abvermieten ernähren sich 15800, als Pfandleiher 2600
Personen. Bierbrauereien bestehen fast 200,
die größte ist die von
Barclay, Perkins &
Co. (s. d.) in
Southwark. In Druckereien sind 26000, im graphischen
Gewerbe überhaupt 48500
Menschen
thätig. London
ist auch Mittelpunkt des engl.
Buchhandels;
die wichtigsten Firmen sind Blackwood & Sons;
Eyre & Spottiswoode;
Longmans, Green & Co.;
Low, Marston & Co., Limited;
Macmillan & Co.;
John Murray;
Paul (Kegan), Trench, Trübner & Co., Limited;
Williams & Norgate (s. die Einzelartikel).
Das größte Antiquariat besitzt B. Quaritch (s. d.). Die größte Leihbibliothek ist Mudie's Select Library (s. d.).
Für die
Entwicklung des
Handels liegt London
überaus günstig an der innern Grenze der Schiffbarkeit der
Themse, da wo noch Überbrückungen möglich sind, und unter guten Flutverhältnissen. Da London
jedoch Europa
[* 6] zugewandt ist, haben für den amerik.
Handel Liverpool
[* 7] und
Glasgow
[* 8] ihre heutige Bedeutung erringen können. Der
Hafen (The Pool)
erstreckt sich von
London-Bridge 10,5 km oder, wenn inan ihn bis zu den neuesten Dockanlagen flußabwärts
rechnet, 37
km weit bis
Tilbury und Gravesend (s. d.). Die älteste
Anlage ist der St. Katherine's Dock
[* 9] (4 ha) im O. des
Tower;
daneben liegen die
London-Docks mit drei
Bassins mit ihren gewaltigen Kellerräumen für etwa 380000 hl
Wein,
Cognac, Rum und Öle
[* 10] und Lagern für etwa 222000 t
Wolle und
Kolonialwaren u. s. w. An der Themsekrümmung am Südufer
liegen die
Surrey- and Commercial-Docks mit 15
Bassins (8 für Seeschiffe), 32,5 ha Wasser- und 136 ha Landfläche.
Sie dienen dem Getreide- und namentlich dem Holzhandel. In der Halbinsel Isle of Dogs liegen die Millwall-Docks (namentlich für Getreide) [* 11] und die drei parallelen West-India-Docks: das Südbassin (früher ein Kanal), [* 12] das Importbecken namentlich für westind. Farbhölzer und Rum, das für Export, mit gewaltigen Magazinen für Wolllager u. s. w. Die East-India-Docks (12 ha) sind jetzt in ihrer Einrichtung veraltet. Weiter stromabwärts eröffnete man 1880 den Victoria-Dock (36 ha) und den Albert-Dock, die beide mit Trockendocks, Speichern, Eiskellern, hydraulischen Kranen, Bahnanschlüssen, elektrischem Licht [* 13] u. s. w. aufs beste ausgestattet sind. Sie dienen namentlich dem Handel mit Getreide, Tabak, [* 14] Guano, Jute, [* 15] gefrorenem Fleisch aus Australien [* 16] (1893 wurden 171640 Rinderviertel und 3,9 Mill. gefrorene Schafe [* 17] eingeführt). Im ganzen besitzen die 4 Dockgesellschaften 305 ha Wasserfläche und 1,3 Mill. qm Lagerräume. Die Zahl der Arbeiter, die seit dem Streik (1889) organisiert sind, beträgt etwa 17000.
Mehr als ein Drittel der Gesamteinfuhr des Königreichs fällt auf London.
Die Einfuhr betrug 1885: 132,6, 1889:
144,7, 1892: 144,2 Mill. Pfd. St. In erster Reihe steht
Wolle (etwa 1,5 Mill.
Ballen) vom
Kap und aus
Australien,
die in sechswöchentlichen
Auktionen, zu etwa drei Viertel nach dem Kontinent, verkauft wird, dann Getreide (1892: 957 Mill.
kg) aus den
Vereinigten Staaten,
[* 18] aus
Rußland,
Indien und
Australien, namentlich Weizen und Hafer,
[* 19]
Mais und
Reis,
Nahrungsmittel
[* 20] aller Art (Provisions), aus dem
Auslande und noch mehr aus dem Inlande per
Bahn für den
Verbrauch der
Bevölkerung
[* 21] und zur
Ausrüstung der Seeschiffe, Vieh, lebend und gefroren,
Eier,
[* 22]
Früchte, namentlich Orangen und Citronen (2,48 Mill.
Bushel),
Bananen und
Korinthen,
Thee (121 Mill. kg), vornehmlich aus
Ostindien,
[* 23]
Kaffee (40 Mill. kg, viermal wöchentlich
finden
Auktionen statt), Kakao und Zucker
[* 24] (zu zwei Drittel unraffiniert).
Wein (483339 hl), Rum (zwischen 130000 und 300000 hl) und andere hoch besteuerte Spirituosen, ferner Tabak, fast nur roh, Droguen, Farbstoffe, Öle und Thran, Guano und Phosphate (etwa 300000 t), Lumpen und Esparto und Rohstoffe für die Textilindustrie. Unter den Fabrikaten stehen dem Werte nach Baumwollwaren mit 642863 Pfd. St. obenan, es folgen Chemikalien (622040), Wolle (94954), Wollgarne (55288), Farben (47507 Pfd. St.), Papier, Leder (333000 Doppelcentner).
Hölzer (Bretter, Latten, Dielen, 30 Mill. Stück) kommen aus Skandinavien, Rußland, Canada, den Kolonien und Deutschland. [* 25] Kohlen aus den nördl. Grafschaften kamen per Bahn 13,61, zur See 4,34 Mill. t, gegen insgesamt 11,99 Mill. t im J. 1886. Petroleum (2,538 Mill. hl) wird zur Hälfte aus Rußland, zur Hälfte aus Nordamerika [* 26] bezogen. Metalle kommen roh oder als Halbfabrikate zumeist aus den Kolonien. Welche gewaltigen Mengen ausländischer Waren wieder zur Ausfuhr gelangen, erhellt daraus, daß von den 66 Mill. Pfd. St. Durchfuhr im Lande ¶
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überhaupt gegen 60 Proz. auf London
entfallen. Wolle, Baumwolle,
[* 28] Hanf, Jute, Thee, Tabak, Gewürze, Reis, Kaffee, Zucker, Früchte,
Häute, Pelzwaren (s. Hudsonbaicompagnie) sind hier hervorzuheben. Als Ausfuhrplatz engl.
Erzeugnisse steht Liverpool voran. Von der Gesamtausfuhr des Vereinigten Königreichs aber geht etwa ein Fünftel des Wertes
über die Hauptstadt. In der Ausfuhr stehen Erzeugniße der Textilindustrie obenan und zwar Baumwollmanufakturen 1892 für
4,498 Mill. Pfd. St., Garne für 0,395, für andere Baumwollprodukte 0,902, Kleidungsstücke für
3,096 Mill. Pfd. St.;
Wollwaren (Streichgarn- und Kammgarnstoffe, Flanelle und Teppiche, Decken und Garne) 3,760 Mill., Waren, Garne, Säcke aus Jute
0,65 Mill., Leinenwaren und Garne 52128 Pfd. St. Der Wert der Metall- und Metallwarenausfuhr
erreichte (1892) 11,356 Mill. Pfd. St., darunter Eisen
[* 29] in verschiedenen Gattungen für 3,3, Maschinen für 2,104, Schneidewerkzeuge
für 0,725, Telegraphendrähte und Apparate für 0,834 Mill. Pfd. St. Wichtig sind ferner: Papier, Kerzen, Cement (0,8), Lederwaren
(Stiefel für 1,2 Mill. Pfd. St.), Hüte (0,5), Waffen
[* 30] (0,94), Chemikalien (0,76), Glas (0,29), Malerfarben,
Kurzwaren und Bücher (0,687 Mill. Pfd. St.).
Die eigene Handelsmarine zählt (1890) 1360 Dampfer mit 0,97 und 1217 Segler mit 0,36 Mill. t. Im internationalen Verkehr
liefen (1889) 7720 Dampfer und 3010 Segler, im Küstenverkehr 9256 Dampfer und 33549 Segler (meist Kohlenschiffe)
ein, zusammen 53535 Schiffe
[* 31] mit 12,8 Mill. t. 1892 war die Tonnenzahl aller ein- und auslaufenden Fahrzeuge ohne den Küstenverkehr
13,91 Mill. t. Auch mit diesen Ziffern steht London
an der Spitze aller Welthandelsplätze. Als Ausgangspunkt der regelmäßigen
großen Linien der Dampfschiffahrt (s. d.) ist London besonders wichtig;
Southampton, Queenborough, Dover,
[* 32] Harwich dienen als Vorhafen L.s.
Ein großer Teil des Handels mit den in Docks lagernden Waren wird durch Lagerscheine (Dock warrants [s. Warrant]) abgewickelt. Terminhandel findet in großem Umfange statt; für Steinkohlen, Getreide, Metalle bestehen neben der Stock Exchange für Fonds und der allgemeinen Royal Exchange besondere Börsen. Auch im Edelsteinhandel hat London die beherrschende Stellung im Weltmarkt. An der Spitze der Banken steht die Bank of England (s. d.). Im ganzen bestehen 225 große Banken und Bankiers, darunter City Bank, London and County Banking Co., London and Provincial Bank, London and South-Western Bank, London and Westminster Bank, London Joint-Stock Bank, meist mit zahlreichen Filialen in der Stadt, Baring Brothers & Co. (s. Baring), N. M. Rothschild & Sons u. a. Als Abrechnungsstelle dient das Clearing-House (s. d.). Alle Provinzial- und Kolonialbanken haben Agenten in London. Wie das Bankwesen ist auch das Versicherungswesen aufs höchste ausgebildet. Sämtliche Staaten haben in London Generalkonsulate.
Umgebung. Die beliebtesten Plätze der weitern Umgebung sind die Orte an der Themse aufwärts, wie Putney, wo die große Ruderregatta der beiden Universitäten beginnt, Richmond und Kew, Hampton-Court, Henley und Windsor, im N. der Wembleypark (Mai 1894 eröffnet) mit dem Watkinturm (s. d.), Hampstead und Highgate, der Wald von Epping, ferner Epsom am Tage des Derby-Rennens, Sydenham mit dem Krystallpalast, die Rosherville-Gardens bei Gravesend und an der Sea-side die Seebäder von Ramsgate, Margate, Eastbourne und Brighton. (S. die Einzelartikel.)
Geschichtliches. London war schon zur Römerzeit unter den Namen Augusta Trinobantum, Legio secunda Augusti, Lundinium, Londinium eine bedeutende Stadt. Konstantin d. Gr. umgab es mit Mauern von etwa 15 km Umfang. Nach Einführung des Christentums wurde es Sitz eines Bischofs und unter Alfred Hauptstadt seines Reichs. Als Wilhelm England eroberte, fand er bereits viele Privilegien in London (der City) vor, die er bestätigte. König Johann brachte 1210 die Freiheiten der Stadt in eine Verfassung, die, in der Magna Charta erweitert, noch jetzt deren Grundlage bildet.
Seuchen, Pestilenzen, Empörungen, Feuersbrünste haben London mehr denn zwanzigmal verwüstet und entvölkert; aber jedesmal ging es größer aus Asche und Tod hervor. Gegen die span. Armada (1588) konnte es schon 20000 Mann und 38 Schiffe stellen. Die Aufhebung der Klöster, die Erweiterung des Handels z. B. mit Rußland und den neuen Kolonien, Zuwanderung aus Flandern und Frankreich förderten die Entwicklung. Seit der großen Pest von 1665, welche über 68000 Menschen wegraffte, und der Feuersbrunst des folgenden Jahres, die 13200 Häuser zerstörte, stieg es rasch und stetig empor. Anfang des 18. Jahrh. zählte es schon 700000 E. London war 1851 der Schauplatz der ersten Weltausstellung, der 1862 eine zweite folgte (s. Weltausstellungen). In London fanden zahlreiche diplomat. Verhandlungen statt, von denen die wichtigsten sind die Londoner Konferenzen 1829 und 1832 (s. Griechenland, [* 33] Bd. 8, S. 336), 1830-31 und 1838 (s. Belgien, [* 34] Bd. 2, S. 679 u. 680) und die von 1850 und 1852 (s. Dänemark, [* 35] Bd. 4, S. 769).
Vgl. Jesse, London, its celebrated characters and remarkable places (3 Bde., Lond. 1871);
Faucher, Vergleichende Kulturbilder aus vier europ. Millionenstädten: Berlin, [* 36] Wien, [* 37] Paris, [* 38] London (Hannov. 1877);
Fry, London illustrated (Lond. 1883);
Hare, Walks in London (5. Aufl., 2 Bde., ebd. 1883);
Walford, Greater a narrative of its history, its people and its places (2 Bde., ebd. 1883-84);
Loftie, A history of London (2 Bde., ebd. 1884);
Charles Booth, Life and labour of the people (2 Bde., ebd. 1889);
Wheatley, London, past and present (3 Bde., ebd. 1891);
Kemmann, Der Verkehr L.s (2 Bde., Berl. 1892);
Besant, London (englisch, 2 Bde., Lpz. 1893);
Reisehandbuch von Baedeker (10. Aufl., ebd. 1890; englisch, 8. Aufl., ebd. 1892).
Kellys Post Office Directory (Adreßbuch) erscheint jährlich.