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Person Unterstützung. Große Summen wendet der County Council jährlich auf, besonders für den Bau von Arbeiterwohnungen und von Asylen. Der Thätigkeit von Korporationen und Privaten bleibt aber ein viel größerer Spielraum gelassen als in Deutschland. [* 2] Hier sind die Bemühungen Barnardos (s. d.), der Heilsarmee (s. d.), der zahllosen Witwen- und Waisenunterstützungsvereine, die Anstalten für Blinde, Taubstumme, Kinderbewahranstalten, die Organisation zur Bekämpfung der Trunksucht u. s. w. hervorzuheben. Im ganzen bestehen 2000 Wohlthätigkeitsanstalten mit einem Jahreseinkommen von 5 Mill. Pfd. St. Auch die Krankenhäuser sind nicht städtisch; die wichtigsten sind: das St. Thomashospital, Westminster gegenüber (1868-71 für 500000 Pfd. St. erbaut), 7 vierstockige Häuser mit 608 Betten umfassend, und St. Bartholomew's in West-Smithfield, das älteste von allen, von Heinrich VIII. neu begründet, mit 767 Betten.
Mit diesen beiden sowie 11 andern, wie St. Mary's, King's College, Westminster- und Middlesex-Hospital, Royal-Free-Hospital (auch für weibliche Studenten), St. George's und Charing-Croß-Hospital, sind mediz. Unterrichtsanstalten verbunden. Von andern allgemeinen Krankenhäusern seien nur genannt: das für Seeleute in Greenwich, das Great-Northern-Central, das North-West-Hospital und das Deutsche [* 3] Hospital in Dalston. 6 Institute sind nur für Brustkranke, 13 nur für Kinder, 7 für Frauen, darunter Woman-Hospital in Euston-Road nur mit weiblichen Ärzten, 3 für Nerven-, 6 für Hautkrankheiten [* 4] u. s. w., 7 dienen den unheilbar Kranken.
Von den Irrenanstalten werden 10 von den Grafschaften unterhalten; berühmt ist das Bethlehem-Royal-Hospital in Lambeth (s. Bedlam) sowie Colney-Hatch und Hanwell. Für Fieber- und Pockenkranke bestehen 11 städtische Asyle. Außerdem sind Sanitätswachen, auch auf der Themse, eingerichtet. Besondere Erwähnung verdienen das Invalidenhaus und das Royal-Military-Asylum für Soldatenkinder in Chelsea sowie das St. Catherine's Hospital am Regent's Park, Royal-Victoria-Patriotic-Asylum in Wandsworth und Guy's Hospital (710 Betten) im S. von London-Bridge. Unter den Armenhäusern ist Charterhouse das bekannteste.
Unterrichts- und Bildungswesen. Für den Volksschulunterricht sorgt der London [* 5] School-Board mit 5-6 Mitgliedern für jeden der 11 Distrikte. Es gab (1893) 1040 Elementarschulen mit 700107 Kindern, 7794 Lehrern und 1460 Pupil-teachers;
für 54301 Kinder waren Bauten im Gange. 412 Schulen sind Board-Schools, 728 konfessionelle Voluntary Schools;
der Unterricht ist frei;
nur 264 der letztern Gattung erheben mäßiges Schulgeld.
Besserungsanstalten (Industrial Schools) mit 18178 Kindern sind teils städtisch, teils konfessionell. 18378 Schüler besuchen Abendschulen. Die Fortschritte seit 1871 sind sehr bedeutend, und doch konnten 1891 3,7 Proz. der Männer und 5 Proz. der Frauen die Eheschließungsurkunde nicht unterschreiben. Sehr zahlreich sind die von Privaten geleiteten Elementarschulen. Für den höhern Unterricht besteht kein einheitliches System. Hier wirken Stiftungen, Gilden und Private.
Lateinschulen (Grammar-Schools) bestehen 35; Colleges mit Abendunterricht 11, darunter das Working-Men's College. Von den höhern Anstalten sind erwähnenswert: Christ Church Hospital (s. d.) in der City, unweit der Hauptpost, das jetzt aufs Land verlegt werden soll, mit seinen altertümlichen Sitten (Blue Coat School), die Merchant-Taylor's School (1561), jetzt in Charterhouse, die von Westminster (1560, für 230 Knaben), St. Paul's in Hammersmith, Dulwich-College, ferner University-College-School, King's College-School (beide auch für Mädchen) und City of London-School.
Für Mädchen bestehen 4 Colleges und mehrere höhere Lehranstalten. Während die Londoner Universität in Burlington-Gardens nur Prüfungsbehörde (52 Examinatoren) ist und Grade (auch an Frauen) verteilt, erteilen in University-College (Gower-Street) 53 Professoren an etwa 1500 Studierende und in King's College (Strand) 74 Professoren philos., rechts- und naturwissenschaftliche sowie mediz. Kurse. Besonders stark besucht sind die Abendunterrichtsstunden. Als Rechtsschulen dienen Lincoln's Inn, Middle und Inner Temple und Gray's Inn. (Näheres s. Inns of Court.) Mit der geolog. Landesaufnahme ist die oberste Bergakademie (Direktor: Sir A. Geikie, s. d.) und ein geolog. Museum (Museum of Practical Geology) verbunden.
Von andern Fachschulen seien hier nur genannt: die Schule für neuere orient. Sprachen, die Royal Academy of Music, das Trinity-College, das Royal College of Music und 5 andere große Musikschulen, das Lehrerseminar in Bloomsbury-Square, Gilchrist Educational-Trust in Westminster, die vier von der City and Guilds Central-Institution unterhaltenen technischen Anstalten, drei Colleges für Elektrotechniker und das Royal College für Tierärzte. Prüfungsanstalten für Mediziner sind: Royal College of Physicians und of Surgeons.
Sehr zahlreich sind auch Anstalten zur Ausbildung von Geistlichen aller Seiten. Der Belehrung der ärmsten Schichten ist der Volkspalast (People's Palace) in Mile-End-Road im äußersten Eastend gewidmet. Der Bau wurde aus Vermächtnissen und freiwilligen Beiträgen ermöglicht und 1887 eröffnet. Hier sind Handels- und technische Kurse, Bibliothek, Lesesäle, Gemäldeausstellungen, Orgelkonzerte, Gartenanlagen u. s. w. vereinigt. Wichtig für die Arbeiterwelt sind noch die Polytechnical Institutes, wie das in Battersea und in Borough-Road, in Clerkenwell, ferner Goldsmith's Institute in New-Croß, das Polytechnic des christl. Vereins junger Männer in Regent-Street, das Birbeck-Institute für Schüler beiderlei Geschlechts und die 1884 von Studenten von Oxford [* 6] und Cambridge begründete Toynbee-Hall in Whitechapel. Populäre Vorträge bietet Gresham-College, eine Stiftung eines Lord-Mayors von 1579, bei Guildhall.
An der Spitze der Museen und Bibliotheken steht das berühmte Britische Museum (s. d.). Das South-Kensington-Museum ist aus einer Sammlung in Marlborough-House hervorgegangen, untersteht dem Science and Art Department, der obersten Unterrichtsbehörde des Landes, und umfaßt eine der schönsten Sammlungen ornamentaler und gewerblicher Kunstgegenstände (über 20000 Nummern), die zum Teil von Privatleuten hier aufgestellt worden sind. Modelle und Gipsabdrücke von Bau- und Skulpturwerken enthält der Architectural-Court; im Südhof sind Gegenstände aus Metall, Elfenbein, Nephrit, Achat, [* 7] Porzellan, Bronze [* 8] (chinesische und japanische) aufgestellt; im Nordhof stehen die besonders wertvollen Terrakotten, [* 9] ital. Majoliken, ferner Möbel [* 10] aller Stile, Teppiche, Glaswaren u. s. w. Das erste Stockwerk enthält in 8 Sälen die National Gallery of British Art, teils aus ¶
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Privatgalerien, teils von der königl. Akademie hergeliehen, meist Gemälde und Aquarelle engl. Meister, außerdem sieben Wandteppiche nach den Raffaelschen Cartons in Arras [* 12] gewebt (früher in Hampton-Court), die Jones-Sammlung franz. kunstgewerblicher Gegenstände aus dem 18. Jahrh., deren Wert auf 250000 Pfd. St. geschätzt wird, eine keramische Ausstellung und eine Fachbibliothek (Dyce and Forster Library, 18000 Bände). Mit dem Museum verbunden ist eine große Kunstschule, eine Kunstbibliothek (70000 Bände und 240000 Stiche) und eine naturwissenschaftliche Bibliothek (73000 Bände), ferner Sammlungen von Maschinenmodellen (Watt, Stephenson, Bell), telegr.
Apparaten u. s. w. Seit 1872 ist in Bethnal-Green im Eastend ein Zweigmuseum eröffnet, in dem neben periodischen Gemäldeausstellungen große Sammlungen animalischer Produkte, Ölgemälde und Aquarelle sowie in den obern Galerien die National-Portrait-Gallery berühmter Briten in histor. Anordnung untergebracht sind, die aber nach dem neuen Gebäude (1896) hinter der Nationalgalerie übergeführt wurden. Unweit des South-Kensington-Museum steht das Museum für Naturkunde, 1873-80 erbaut, mit Terracottaschmuck an der 205 m langen Façade; es enthält neben einer einleitenden Zusammenstellung in musterhafter Anordnung wohl die reichhaltigsten geolog., paläontolog., wie mineralog. Sammlungen, Herbarien, Schädel, Vögel, [* 13] Fische, [* 14] Reptilien u. s. w. Das India-Museum giebt einen umfassenden Überblick über alle Erzeugnisse älterer und moderner ind. Kultur; es bildet jetzt den östl. Flügel des Imperial Institute (s. d.), eines gewaltigen Baues im Renaissancestil. - Unter den Gemäldesammlungen nimmt die Nationalgalerie am Trafalgar-Square die erste Stelle ein.
Sie birgt gegen 1300 Gemälde in 22 Sälen, außer den Meisterwerken der Englischen Kunst (s. d.) vor allem ital. Bilder aller Schulen, darunter Leonardo da Vinci, Fra Angelico da Fiesole, Botticelli, Lippi, Raffael (Vision eines Ritters, Madonna degli Ansidei und Aldobrandini, Papst Julius II.), Tizian, Tintoretto, Bellini, Mantegna, ferner mehrere Bilder von Rembrandt, van Dyck, Rubens, Ruisdael, Hals, Hobbema, Terburg und Memling, Cuyp, Jan Steen, Potter, Teniers, Wouverman, franz. Gemälde von Claude Lorrain, Poussin, spanische von Velasquez, im Souterrain wertvolle Aquarelle. Von andern Gemäldesammlungen seien nur genannt: das Soane-Museum bei Lincoln's Inn-Fields und die Doré-Galerie. Sehr wertvolle Gemälde enthalten die am Hydepark liegenden Paläste engl. Adelsfamilien.
Alljährlich finden Ausstellungen moderner Gemälde statt in der Königlichen Gesellschaft für Aquarellmalerei in der New-Gallery in Regent-Street, in der Grafton-Gallery und in der Royal Academy of Arts (Direktor: Sir F. Leighton, s. d.), in New-Burlington-House, das auch die Universität und die berühmte Royal Society (s. Akademien, Bd. 1, S. 277 b) beherbergt. Andere Sammlungen sind Parkes Museum für Hygieine, das Royal United-Service-Museum in Whiteball für Waffen, [* 15] Trophäen und Modelle, die Blumenausstellungen der Gartenbaugesellschaft und der zoolog. Garten [* 16] im Regent's Park, der reichhaltigste der Erde. Der botan. Garten liegt in Kew (s. d.). Von Bibliotheken seien noch die Allan-Wesleyan-Library mit theol. Werken, die in Guildhall, die in Toynbee-Hall (8000 Bände), die von Dr. Williams (40000 Bände), des London-Institute (100000 Bände), die des Patentamtes sowie die in Lambeth-Palace mit 30000 Bänden erwähnt. Die seit 1880 bestehenden Volksbibliotheken weisen alljährlich 2,5 Mill. Bücherbenutzungen auf. - Überaus entwickelt ist das Vereins- und Klubwesen.
Polit. Klubs sind die konservativen Carlton- und Constitutional-Club, die liberalen National-Liberal-Club in Whitehall-Place und Reform-Club in Pall Mall. Diplomaten verkehren im St. James-Club, Militärs im Army- and Navy-, Naval and Military-, United Service-Club, Schriftsteller und Künstler im Athenäum-, im Burlington Fine Arts- und im Savage-Club, Sportsleute im Badminton-, in Traveller's und in Boodle's Club. Geselligen Zwecken dienen: The German Athenäum in Mortimer-Street (der erste deutsche Klub), Grosvenor-Club, Brooke's und White's Club. Freimaurerlogen bestehen 374.
Über das Zeitungswesen s. Großbritannien [* 17] und Irland (Bd. 8, S. 421-423).
Unter den 65 Theatern ragen hervor: Covent-Garden, für 3500 Personen, jetzt meist ital. Opern und Konzerten dienend; Drury-Lane, wo Kean, Kemble und Mrs. Siddons spielten, das Lyceum (s. Irving, J. H. B.), Haymarket- (unter Beerbohm Tree), St. James-, Daly- und Garrick-Theatre für Schauspiele, Savoy-Theatre für W. Schwenck Gilberts (s. d.) Operetten, Lyric- für komische Opern, Criterion- und Court-Theatre für Lustspiele. Die Mehrzahl, z. B. Toole's Theatre, The Globe, Strand-Theatre, Shaftesbury-Theatre, sind Possen, Burlesken, Volksstücken u. s. w. gewidmet.
Die wichtigsten Konzertsäle sind: Albert-Hall, im S. des Hydeparks, ein Rundbau (245 m Umfang) für 8000 Personen, mit glänzender innerer Ausstattung, St. James' Hall [* 18] mit den philharmonischen Konzerten, Alexandrapalast, Steinway-Hall, der Krystallpalast (s. d.) in Sydenham, mit den Sonnabendkonzerten, und die neue Queen's Hall auf Langham-Place. Viel besucht werden Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett und die großartigen Schaustellungen in Olympia (Kensington) und Carl's Court. Music-Halls bestehen an 400, darunter Empire-Theatre und Alhambra (beide mit Ballett), Oxford-Music-Hall, Tivoli und Pavilion.
Verkehrswesen. Der Verkehr, namentlich in der innern Stadt während der Geschäftszeit, nimmt geradezu ungeheure Dimensionen an. Es giebt gegen 14000 Cabs und Hansoms mit etwa 20000 Pferden (für den Westen wichtig); Omnibuslinien, mit etwa 1300 Wagen und 15000 Pferden, bestehen etwa 200. Pferde- und Straßenbahnen (11 Gesellschaften) konnten nur in wenigen breiten Hauptstraßen oder in der äußern Peripherie angelegt werden. Sie befahren 206 km und besitzen 8223 Pferde. [* 19]
Postkutschen (Coaches) fahren im Sommer nach den Vororten und Vergnügungsplätzen der weitern Umgebung. Das wichtigste Verkehrsmittel des linken Themse-Ufers bildet die Untergrundbahn (The Underground; s. Londoner Untergrundbahnen). Die Victoria-Steamboat-Company vermittelt mit 48 primitiven Dampfern den Verkehr auf dem Fluß selbst (48 Landestellen zwischen Hampton-Court und der Mündung). Die oberirdischen Bahnen haben 15 Hauptbahnhöfe, meist in der innern Stadt und auf ebener Erde gelegen. Die wichtigsten sind: Charing-Croß- und Cannon-Street-, Victoria- und Paddington-Station;