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Gewicht der Lokomotive [* 2] gleichmäßig auf die Radacksen zu verteilen, sind an besondern Hebelverbindungen Federn 8 angebracht, aus denen die ganze Maschine [* 3] ruht. Die Art der Verteilung der Achsen unter der Lokomotive ist je nach dem Zweck derselben verschieden. Bei Güterzuglokomotiven, bei welchen das ganze Gewicht für die Reibung [* 4] und Zugkraft nutzbar ge- macht werden soll, werden alle Räder gekuppelt. Die Räder stehen dann unter dem Kessel zwischen Feuer- büchse und Rauchkammer (Taf. I, [* 1] Fig. 9 u. 10). Man verwendet Güterzuglokomotiven, welche bis zu 10 Rädern haben, von denen 8 gekuppelt sind (Taf. I, [* 1] Fig. 10). Bei der neuen fünfachsigen Lokomotive (Taf. III, [* 1] Fig. 3) für den St. Clair-Tunnel (zwischen Port-Sarnia, Ontario und Port-Huron, Michigan) sind sogar alle fünf Achsen gekuppelt, wodurch die 88,5 t wiegende Maschine im stände ist, in dem 1:50 geneigten Tunnel [* 5] 770 t zu ziehen.
Bei Lokomotive sür ge- mischten Dienst, d. h. solchen Lokomotive, die sowohl zum Bewegen von Güterzügen als von mähig schnell zu befördernden Personenzügen verwendet werden, sind meist nur zwei Achsen gekuppelt, von denen eine hinter dem Fenerkasten liegt, ^chnellzuglokomo- tiven haben nur eine Triebachse, wenn nur mähige Lasten auf Bahnen mit geringen Steigungen bewegt werden sollen. Für schwerere Züge und größere Steigungen baut man solche mit zwei gekuppelten Achsen (Taf. I, [* 1] Fig. 9); die entsprechende preuß. Schnellzuglokomotive hat dieselbe Bauart, wie die Taf. I, [* 1] Fig. 7 abgebildete Personenzuglokomotive.
Zur Mitführung des erforderlichen Brennmate- rials und Wassers wird der Lokomotive ein besonderer vier- bis achträderiger Wagen, der Tender, angehängt. Das Wasser befindet sich auf diesem Wagen in einer meist hufeisenförmigen blechernen Cisterne, die den ganzen obern Raum des Tenders umfaht. Der In- halt dieser Cisternc beträgt etwa 10 cl)ni. In der Öffnung des Hufeisens liegt das Brennmaterial. Um die Zeit zu sparen, welche nötig ist, einen Tender in gewöhnlicher Weise durch die auf den Bahnhöfen angebrachten Wasserkrane mit Wasser zu süllen, bat der Amerikaner Ramsbottom am Tender Füll- schläuche angebracht, durch welche derselbe sich während der Fahrt aus Wasserrinnen, welche an einzelnen Stellen auf der Strecke zwischen den Schie- nen angebracht sind, selbstthätig füllt (Taf. I, [* 1] Fig. 8). Es wird hierdurch möglich gemacht, dah Expreßzüge sehr weite Strecken durchlaufen können, obne anzu- halten. Das Bestreben, das tote (nicht zur Erhöhung der Zugkraft beitragende) Gewicht des Tenders zu beseitigen, hat Veranlassung zum Bau der sog. Tenderlokomotiven (z. B. Tas. III, [* 1] Fig. 4) ge- geben.
Diesen Lokomotive wird kein besonderer Tender an- gehängt, sondern sie führen das Brennmaterial und Wasser selbst mit. Das Wasser befindet sich in Kästen zu beiden Seiten des Kessels, die Kohlen bisweilen in einem Kasten hinter dem Führerstand. Die feucrlosen Lokomotive, die bei Straßenbahnen (s. d.) An- wendung finden, haben keine Vorräte an Wasser und Kohlen mitzuschleppen. Außer den Bremsen [* 6] (s. Eisenbahnbremsen) wird als Mittel, um eine Hemmung in der Bewegung derL. eintreten zu lassen, das Geben von Gegendampf oder das Reversieren angewandt. Da hierbei die heißtrockne unreine Luft des Rauchkastens in die Cylinder gesaugt wird und letztere dadurch ebenso wie Kolben und Schieber stark leiden, so wird dieses Bremsmittcl nur in Notfällen gebraucht. Unschädlich ist das Geben von Gegen- dampf bei Anwendung der von Lechatelier erfun- denen Vorrichtung, bei welcher es mittels eines Hahns oder zweier Ventile möglich ist, Wasser und Dampf [* 7] aus dem Kessel durch ein gemeinschaftliches Rohr in die Cylinder zu führen, wodurch die Rauch- kastenluft abgehalten wird. Dem Lokomotivführer sind von seinem Standorte (Taf. II, [* 1] Fig. 3) hinter dem Feucrkasten alle Vor- richtungen zugänglich, durch welche die Funktionen der Lokomotive geleitet und geprüft werden.
Vor sich hat er den Gnfs des Regulatorhebels 1, der den Dampf- zutritt in die Cylinder öffnet, die Steuerungsvor- richtung t meist zur Rechten. Es befinden sich ferner an der Wand der Feuerbüchse dieProbierhähneu und das Wasserstandsglas v, durch welche der Stand des Wassers im Kessel erkannt wird, das Manometer [* 8] n und ein Hahn, [* 9] dnrch welchen Tamvf aus dem Kessel in den Tender zum Wärmen des Wassers in demselben gelassen werden kann. Vom Führerstande aus sind sodann noch zu hand- baben die Vorrichtungen zur Ingangsetzung der Injektoren sowie die Vorrichtungen zur Regulierung des Lustzugs im Schornstein, Handhaben x, x zum Öffnen und Sckließen des Aschenkastens 7, zum Offnen und Schließen der Hähne an den Cylindern ! ^Zischhähne), durch welche das sich hier ansammelnde , Kondensationswasser abgelassen wird. Zu erwäh- nen ist schließlich noch der Sandkasten 2 (Taf. II, [* 1] Fig. 1), welcher auf dem Kessel angebracht ist und aus welchem man durch das Leitungsrohr Sand vor die Triebräder auf die Schienen streuen kann, wenn die Räder wegen zu großer Schlüpfrigkeit der Schienen nicht greifen.
Auch die Luftdruckbremse, bier nicht vorhanden, wird vom Führerstand aus in
Gang
[* 10] gesetzt. Das Eigengewicht
der Lokomotive, des
Tenders und der darangehängten Wagen heißt das Zuggewicht, die
Massen, welcke transportiert
werden, vilden die
Nutzlast. Der Betrieb gestaltet sich um so günsti- ger, je größer die Nutzlast im Verhältnis zum Zug- gewickt ist.
Eine Pcrsonenzuglokomotive wiegt im
Mittel etwa 30 t, eine Lokomotive für gemischte Züge etwa 40 t, schwere Güterzuglokomotiven
bis zu 50 t (die oben erwähnte Lokomotive für den St. Clair-Tunncl 88,5 t); ein
Tender wiegt im gefüllten Zustand etwa 30 t. Die
Leistung, welche eine Güterzuglokomotive ent- wickelt, variiert zwischen 250 und 450 Pferdestärken,
solche Lokomotive zieben auf ebener Eisenbahn Lasten von 600 bis 1000 t mit einer
Geschwindigkeit bis zu 45 kni in der
Stunde, wobei
sie auf den durchlaufe- nen
Kilometer Bahnlänge 14-23 K3
Steinkohlen verbrauchen und oft über 30001^ Wasser in der l
Stunde
verdampfen.
Die Stärke [* 11] der Schnellzug- ! lokomotive wechfelt zwischen 300 und 500 Pferde- z stärken. Gute Lokomotive dieser Art ziehen Lasten bis 150 t mit einer Geschwindigkeit bis zu 90 ^m in der Stunde. (S. Eiscnbahnstatistik, Bd. 5, ^. 886 d.) Um Bahnstrecken durchfahren zu können, welche Krümmungen mit kleinen Halbmessern haben, werden die Räder der Lokomotive, nicht wie dies gewöhnlich geschieht, steif in gerader Linie im Rahmen vereinigt, sondern es werden die Maschinen so konstruiert, daß das Vorderteil, sür welches ein besonderes Rahmen- stück angeordnet wird, um einen Zapfen [* 12] drehbar ist, so daß sich die Achsen den Krümmungen leichter anschmiegen. Bei solchen Maschinen und Tendern rubcn dann meist je vier Räder vereinigt in einem Rahmenstück. An der Taf. III, [* 1] Fig. 1, dargestellten nordamerik. Schnellzuglokomotive, welche dieses Drehgestell zeigt, ist vorn der sog. Cow catch er ¶
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^s. d.) als Vabnräumer angebracht, der auch zuweilen bei europäischen Lokomotive (Taf. I, [* 13] Fig. 9) anzutreffen ist. Das Drehgestell ist auch bereits bei neuern deutschen Schnellzuglokomotiven angewendet worden. Für Schmalspurbahnen hat man oft vierräderige Lokomotive von der in Taf. I, [* 13] Fig. 11, dargestellten Bauart. Derselbe Typus wird auch für Feldbahnen angewendet. Über Straßenbahnlokomotiven f. Straßenbahnen. Die Zugkraft, welche von einer Lokomotive zur Fortbewe- gung einer Last auf horizontaler Vahn aufgewendet werden muß, welche also die Reibung zwischen den Rädern der angehängten Wagen und den Schienen zu überwinden hat, beträgt nur einen verhältnis- mäßig geringen Bruchteil der zu bewegenden Last, etwa ^/.24o.
Nenn aber die Bahn ansteigt, so ist auch noch Kraft [* 14] zum Heben der Last auf die ent- sprechende Höhe notwendig. Für Bahnen mit star- ker Eteiguug werden deshalb besonders starke und schwere Lokomotive notwendig; so beträgt die Leistung der Doppellokomotive für den Gottharotunnel (f. unten) etwa 700 Pferdestärken. Die stärkste Steigung, welche noch mit gewöhnlichen, durch die Adhäsion zwischen Schienen und Rädern wirkenden Lokomotive be- trieben werden kann, ist etwa 1:20. Für größere Steigungen wandte man früher an den steilsten Stellen stationäre Dampfmaschinen [* 15] an, welche die Züge mittels starker auf Trommeln gewundener Seile cmporzogen (s. Seilebenen). In neuerer Zeit sind für große Steigungen verfchiedene Vergbahn- systeme konstruiert worden (s. Bergbahnen).
Die Bestrebungen der neuesten Zeit, die Lokomotive zu vervollkommnen, sind sowohl auf Verbcsseruug des Kessels wie der Maschine gerichtet. Der Lokomotiv- kesfel, wie er oben beschrieben ist, bestehend aus dem cylindrischen Langkessel, der die Heizröhren, und dem kastenförmigen Vorderkessel, der die Feucrbüchse ent- hält, erfährt seiner zusammengesetzten Bauart wegen im Betriebe große Formänderungen, die durch starke Verankerungen in gewissen Grenzen [* 16] gehalten werden müssen.
Die Herstellung eines Lokomotivkessels ein- facher stabiler Form, so daß die Verankerung ent- behrlich würde, müßte den Betrieb weit sicherer machen. Ein einfacher cylindrischer Außcnkessel ge- stattet jedoch den Einbau der notwendigen großen Feuerungsanlage nicht. Von Interesse ist die von Lentz vorgeschlagene und in Taf. II, [* 13] Fig. 7, dar- gestellte Bauart, wonach der Langkessel aus zwei kegelstumpfförmigen, mit den weitern Seiten ver- bundenen Teilen besteht, deren hinterer, etwas nach vorn ansteigend angeordneter die Feuerbüchse aus Wellrohr enthält.
Die anterlosen Kessel ermöglichen eine weitere Steigerung des Dampfdruckes. Die Bestrebungen, die Lokomotivmaschine zu verbessern, richten sich dahin, den Betrieb ökonomischer zu ge- stalten. Da bei den stationären Dampfmaschinen und Schiffsmaschinen durch die Einführung der Com- poundmaschine (s.Dampfmaschinc) ein so bedeutender Fortschritt in Bezug auf Dampfverbrauch erreicht wurde, lag es nahe, das Compoundsystem auch auf die Lokomotivmaschine anzuwenden.
Seit der Mitte der siebziger Jahre sind die sog.Compoundloko- motiven verschiedener Systeme in Betrieb, mit denen man eine Kohlenersparnis von 20 bis 37,85 Proz. erzielt. Das verbrcitctste und zugleich älteste, schon 1876 von Maller angegebene System ist das der Compoundlokomotive mit zwei Cylin- dern. Es werden dabei für das Anfahren besondere Konstruktionen notwendig; denn da der Kesseldampf während des normalen Ganges erst in den kleinern Cylinder und aus diesem in den größern tritt, beim Anfahren aber beide Cylinder mit Dampf gleich- zeitig versehen werden müssen, macht sich eine Ein- richtuug notwendig, den Kesseldampf mit reduzier- tem Druck dem größern Cylinder direkt zuzuführen.
Solche Anfahrvorrichtungen, deren Offnen und schließen direkt durch Bewegung des Steuerhebels mit erfolgt, sind von Borries, Lindner u. a. kon- struiert worden. Den Querschnitt durch die Dampf- cylindcr einer Malletfchen Compoundlokomotive giebt Taf. II, [* 13] Fig. 5. Taf. II, [* 13] Fig. 0, zeigt Word- sells Verbundfystem (1890) mit innenliegenden Cylindern. Als weiteres System ist das der drei- cylindrigcn Compoundlokomotive zu nen- nen. Lokomotive dieses Systems erhalten nach Webb (1878) zwei außerhalb des Rahmens angebrachte Hochdruck- cylinder, von denen aus die hintere Achse angetrie- ben wird, und einen in der Mitte angeordneten Niederdruckcylinder, dessen Getriebe [* 17] an der gekröpf- ten Mittelachse angreift.
Durch Teilung des Nieder- druckcylinders erhält man die Compoundlokomotive mit zwei Hochdruck- und zwei Niederdruckcylindern, von denen die einen außerhalb des Rahmens liegen können. Endlich sind noch Güterzugmaschinen mit vier Cylindern gebaut worden, bei denen jederseits des Rahmens außen je ein Hoch- und Niederdruck- cylinder hintereinander angebracht sind, wie bei der Doppcllokomotive für die Gotthardbahn (s. unten). lim besonders hohe Leistungen zu erreichen, hat die neueste Zeit namentlich zwei Konstruktionen ge- fördert: die Doppellokomotive und die Lokomotive mit Doppelkessel.
Die erstere, von Fairlie schon 1870 für Schmalspurbahnen konstruiert, ist eine Ver- einigung voll zwei Maschinen zu einem Ganzen, wodurch nur ein Kessel und nur ein Führerstand nötig ist. Von dieser Bauart, und zwar nach dem Compoundsystem, ist die von Maffei in München [* 18] ge- baute Doppel(Dupler-)lokomotive der Gotthardbahn (Taf. III, [* 13] Fig. 4). Sie hat 67 t Leergewicht, 9 t Zug- kraft und eine totale Länge von 13,??n m. Eine Lokomotive mit Doppelkesfel ist die von Salomon & Flaman für die franz. Ostbahn gebaute Lokomotive, bei welcher der Kessel in derHöhenrichtung vergrößert ist, indem über dem untern Siederohrkesscl ein Kessel obne Sicde- röhren angebrachtist, welche Konstruktion zugleich eine Erhöhung der Feucrbüchse erlaubt (Taf. III, [* 13] Fig. 5). Allen Lokomotive mit Dampfmaschinen als Motor haftet der bedeutende Mangel an, daß die sehr rasch hin und her gehenden Teile (Kolben, Kolbenstange, Kreuzlopf) und die außerdem auf und ab gebenden Pleuel- und Kuppelstangen eine Anzahl Massenbewegungen er- zeugen, die für den ruhigen Gang der Maschine von schädlichem Einfluß sind. (E. Störende Bewegungen.) Durch geeignete Verteilung der Massen, Anbringung von Gegengewichten an den Rädern u. s. w. kann man diefe für die Betriebssicherheit sehr nachteiligen Bewegungen wohl herabsetzen, aber nie ganz auf- heben; letzteres würde durch Anwendung rotieren- der Dampfmaschinen (s. d., Bd. 4, S. 743 d) oder Dampfturbinen (s. d.) möglich sein, wenn man den geringen Wirkungsgrad solcher Maschinen mit in den Kauf nehmen wollte. Mehr Aussicht auf Ver- wirklichung in dieser Beziehung hat die Anwendung der ebenfalls keine störenden Bewegungen hervor- rufenden Elektromotoren, die sich bei Straßenbahnen längst bewährt haben. Auf dcr Chicagoer Weltaus- stellung 1893 befand sich eine für Hauptbahnen konstruierte elektrische Lokomotive (Taf. III, [* 13] Fig. 2), bei welcher der Strom den zwei in der Maschine ¶