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Der Krieg von 1806 gab dem Handel in Leipzig [* 2] eine andere Richtung. Abgesehen von der Beschlagnahme der engl. Waren durch die Franzosen, die mit 7 Mill. Frs. wieder erkauft werden mußten, hoben sich die Messen während der folgenden Jahre bedeutend. Die größten Leiden [* 3] brachte der Französisch-Russische Krieg über Leipzig. Ungeheure Scharen franz. und mit Frankreich verbündeter Kriegsvölker gingen seit März 1812 durch die Stadt, die den Einquartierungen fast erlag. Am wurde sie von russ. Truppen besetzt, die aber, bis auf eine geringe Besatzung, 30. April wieder abzogen, worauf 3. Mai, nach der Schlacht bei Lützen, [* 4] ein Korps Franzosen unter General Lauriston die Stadt besetzte, dem 4. Mai das Korps des Marschalls Ney folgte. Seitdem hatte Leipzig bis zur Völkerschlacht franz. Besatzung. Die Völkerschlacht vom 16. bis 19. Okt. (s. unten) brachte furchtbare Schreckenstage über die Stadt und Umgegend.
Nach 1815 erholte Leipzig sich bald wieder von den Drangsalen. Doch waren unter störenden Einflüssen, namentlich auch unter dem Drucke des neuen preuß. Zollsystems von 1818, das Sachsen [* 5] noch ausschloß, der Handel und der Wohlstand immer mehr zurückgegangen. Im Sommer 1830 kam es zu Auflehnungen und Ruhestörungen, die 4. Sept. in offenen Tumult übergingen. Infolge dieser Ereignisse ward 1831 die bisherige städtische Regierung durch einen neuen Magistrat und durch die neuen Stadtverordneten ersetzt. Seit dem Anschlüsse Sachsens an den Deutschen Zollverein und infolge der Anlegung von Eisenbahnen nahm Leipzig einen höhern Aufschwung als jemals und wurde zugleich der Sitz des «Jungen Deutschland», [* 6] wie eine der hervorragendsten Pflegstätten der deutschen Musik.
Infolge des Verhaltens der Regierung gegen die sog. «Lichtfreunde» kam es bei Anwesenheit des Prinzen Johann zu Unruhen. Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung ist in Leipzig durch die sog. Leipziger Konferenz im Herbst 1847 entworfen worden. Die Bewegungen des J. 1848 berührten auch Leipzig. Neue Unruhen entstanden im Mai 1849. Bei dem Versuche, in der Nacht auf den 7. Mai Barrikaden zu errichten, kam es zu blutigen Zusammenstößen; doch war die Ruhe 7. Mai wiederhergestellt. Vom 3. bis wurde in Leipzig das dritte Deutsche [* 7] Turnfest begangen. Im Krieg von 1866 wurde die Stadt 19. Juni durch preuß. Truppen besetzt, die auch nach dem Frieden noch bis in Leipzig blieben. Eine neue Bedeutung erhielt die Stadt mit der Eröffnung des Reichsoberhandelsgerichts 1869, das sich 1879 in das Reichsgericht verwandelte. 1897 soll eine Sächsisch-Thüringische Gewerbe- und Industrieausstellung abgehalten werden.
Litteratur. Dolz, Versuch einer Geschichte L.s (Lpz. 1818);
Gretschel, Beiträge zur Geschichte L.s (ebd. 1835);
Große, Geschichte der Stadt Leipzig (2 Bde., ebd. 1837-42);
Sparfeld, Chronik der Stadt Leipzig (2. Aufl., ebd. 1851);
Kneschke, Zur Geschichte des Theaters und der Musik in Leipzig (ebd. 1864);
ders., Leipzig seit 100 Jahren (2. Aufl., ebd. 1870);
Urkundenbuch der Stadt Leipzig im «Codex diplomaticus Saxoniae regiae»" Bd. 8, 9, 10 u. 16 (hg. von K. F. von Posern-Klett und J. Förstemann, ebd. 1868 - 96);
Wanderung durch die Geschichte L.s (ebd. 1873);
ders., Chronik der Stadt und ihrer Umgebung (ebd. 1877) und andere Schriften des Verfassers; Wuttke, Geschichte L.s und seiner Umgebung bis zum Ende des 13. Jahrh, (in Bd. 1 der «Schriften des Vereins für die Geschichte L.s», ebd. 1873);
Wustmann, Aus L.s Vergangenheit (ebd. 1885);
ders., Quellen zur Geschichte L.s, Bd. 1 u. 2 (ebd. 1889-95);
ders., Leipzig durch drei Jahrhunderte (ebd. 1891);
G.H. Müller, Das Stadttheater zu Leipzig 1862-87 (ebd. 1887);
Festschrift zur 28. Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Leipzig (1887);
und seine Bauten. Zur 10. Wanderversammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieurvereine (ebd. 1892);
(Gensel), Rückblick auf die 25jährige Thätigkeit der Handelskammer von 1868 bis 1893 (ebd. 1893);
Mitteilungen des Statistischen Amtes der Stadt Leipzig (Heft 1-23, 1868-93);
Hasse, Die Stadt und ihre Umgebung, geographisch und statistisch beschrieben (mit andern, ebd. 1878);
ders., Geschichte der Leipziger Messen (ebd. 1885);
Verwaltungsbericht der Stadt Leipzig 1884-94 (ebd. 1886-96).
Die Schlacht bei Leipzig. Die Gegend von Leipzig ist wiederholt der Schauplatz großer Schlachten [* 8] gewesen. Zwei Schlachten (7. [17.] Sept. 1631 und 2. Nov. [23. Okt. alten Stils] 1642) gehören dem Dreißigjährigen Kriege an (s. Breitenfeld). [* 9] Von der Reihe von Gefechten und Schlachten vom 14. bis bezeichnet man die vom 16. bis 18. Okt. meist als die Völkerschlacht von Leipzig (bataille des geánts bei den Franzosen), (hierzu Karte: Die Völkerschlacht von Leipzig.) Auf die Kunde vom Vorrücken der schles. Armee hinter die Saale, von dem Elbübergang der Nordarmee und dem Hinaustreten der böhm. Hauptarmee aus dem Erzgebirge (s. Russisch-Deutsch-Französischer Krieg von 1812 bis 1815) beschloß Napoleon, der von Dresden [* 10] nach Düben gegangen war, seine Truppen 13. Okt. gegen Leipzig in Marsch zu setzen.
Murat mit drei Armeekorps und dem 4. Artilleriekorps war unterdessen vor der böhm. Armee fechtend zurückgewichen und hatte im S. der Stadt Stellung genommen. Eine Rekognoscierung Wittgensteins ihm gegenüber führte 14. Okt. zu dem für die Verbündeten glücklichen großen Reitergefecht bei Liebertwolkwitz. Napoleon, der 14. Okt. in Leipzig eingetroffen war, ließ seine Truppen in die für die Schlacht bestimmten Stellungen auf der Landwelle Liebertwolkwitz-Wachau-Markleeberg rücken; gegen die schles. Armee stellte er nur das Armeekorps Marmonts im Nordwesten auf.
Fürst Schwarzenberg, der den Oberbefehl über das verbündete Heer führte, traf für den 16. Okt. folgende Anordnungen: Das 3. Korps (Gyulay) sollte von Markranstädt gegen Leipzig vorrücken und mit der Blücherschen Armee Verbindung suchen;
das 2. Korps (Meerveldt) war von Zwenkau her zum Angriff auf Connewitz bestimmt, um von hier die Hauptstellung des Feindes im Rücken zu fassen, gegen welche Wittgenstein mit drei Korps vorgehen sollte.
Die Stärke [* 11] der böhm. Armee betrug, da mehrere Korps noch zurück waren, gegen 134000 Mann. Die schles. Armee, 60000 Mann stark, sollte von Schkeuditz angreifen. Es wurde dabei auf die Mitwirkung der Nordarmee, 50000 Mann, gerechnet; diese hatte aber bei Halle [* 12] Halt gemacht, und der Kronprinz von Schweden [* 13] war wenig zum Schlagen geneigt. Napoleon hoffte noch auf den Sieg über die vereinzelten Heere der Verbündeten. Doch war er in Unkenntnis über seine Gegner, namentlich über die schles. Armee. Der 16. Oktober. Napoleon hatte südlich von Leipzig drei Armeekorps auf der Linie von Connewitz über Markkleeberg und Wachau bis Liebertwolkwitz ¶
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So wütete die Schlacht auf allen Punkten, als Napoleon eintraf. Er versuchte durch einen Massenangriff die Mitte der Verbündeten zu durchbrechen, gleichzeitig aber ihren rechten Flügel zu umgehen; 8000 Reiter wurden unter Murat vereinigt und die Geschützreserve herbeigezogen. Das franz. 11. Korps hatte unterdessen den Kolmberg bei Liebertwolkwitz genommen und weitere Fortschritte gemacht. Gegen den linken Flügel hin gewannen die Verbündeten jedoch durch eine Attacke der österr. Kürassiere Feld. Nun setzte sich die Kavalleriemasse unter Murat in Bewegung, kam in ihrem Ansturm dem Hügel nahe, auf dem die verbündeten Monarchen hielten, ward dann aber geworfen und bis an ihre Batterien zurückgetrieben. Die franz. Angriffe auf Güldengossa und Seifertshain schlugen ebenfalls fehl. Bei Connewitz hatte Meerveldt den Übergang über die Pleiße zu erzwingen gesucht und war gefangen worden.
Unabhängig von diesen Gefechten wurde nördlich von Leipzig die Schlacht von Möckern geschlagen. Marmont mit dem 6. Korps, auf die Mitwirkung des 3. rechnend, hatte bei dem Anmarsch der schles. Armee eine Defensivstellung, den linken Flügel an Möckern und die Elster, [* 15] den rechten an den Rietzschkebach bei Eutritzsch gelehnt, besetzt. Die Schlacht begann um Mittag, Möckern wurde mehrmals genommen und verloren, worauf ein Häuserkampf entbrannte. Das Yorcksche Korps und die Russen rückten indessen gegen die Hauptstellung vor und gewannen durch Bajonettangriffe immer mehr Feld. Mockern wurde endlich erobert. Auf dem andern Flügel schwankte die Schlacht, bis sie durch einige Attacken der preuß. Kavallerie entschieden wurde. Die Franzosen zogen sich, zum Teil in voller Flucht, auf Leipzig zurück; Gohlis und Eutritzsch aber blieben in ihrem Besitz. Das 6. Korps stellte sich bei Schönefeld wieder auf.
Der 17. Oktober (Sonntag) verging ruhig. Napoleon hatte den gefangenen General Meerveldt an den Kaiser von Österreich [* 16] abgeschickt und hoffte auf Unterhandlungen, deren Ausbleiben ihn endlich von der Notwendigkeit des Rückzugs überzeugte. Er ließ daher in der Dunkelheit die Truppen südlich von Leipzig näher an die Stadt heranrücken. Die Verbündeten beabsichtigten, die Ankunft der noch entfernten Teile ihrer Hauptarmee, der russ. Reservearmee und der Nordarmee, abzuwarten, um die Schlacht zu erneuern.
Nur bei der schles. Armee fiel an diesem Tage ein Gefecht vor, in dem Blücher Gohlis und Eutritzsch nahm. Zu dieser Zeit traf das franz. 7. Korps (die Sachsen und eine franz. Division) bei Leipzig ein und stellte sich zwischen Schönefeld und Abtnaundorf hinter der Parthe auf. Auch die Nordarmee langte endlich bei Breitenfeld an. In Leipzig waren weder Anstalten zu kräftiger Verteidigung getroffen, noch für den Rückzug Brücken [* 17] geschlagen. Die franz. Armee hatte aber in der Nacht zum 18. Okt. auf einer weiter nördlich gelegenen Landwelle ihre neue Stellung bezogen, die insofern bedenklich war, als sie im Falle der Niederlage den Rückzug nur durch die enge Stadt auf einer einzigen, mehrfach Brücken überschreitenden Dammstraße nach Lindenau gestattete.
Der 18. Oktober. Schwarzenbergs Heer war zum erneuten Augriff in drei Kolonnen geteilt. Die rechte Flügelkolonne unter Bennigsen brach früh auf, fand den Kolmberg verlassen und vertrieb die Franzosen aus den nur noch schwach besetzten Dorfern. Holzhausen wurde nach tapferer Gegenwehr erst um 2 Ubr nachmittags erstürmt. Die zweite Kolonne unter Barclay de Tolly, welcher die Monarchen folgten, fand Wachau verlassen, drängte die franz. Vortruppen gegen Probstbeida zurück und rückte dann mit der dritten Kolonne unter dem Erbprinzen von Hessen-Homburg weiter vor, wodurch der Kreis [* 18] um Leipzig immer enger wurde.
Bei Lindenau drangen die Franzosen nochmals vor, um die Rückzugslinie zu öffnen, und diese wurde ihnen nicht länger streitig gemacht. Bei Schönefeld, wo das russ. Korps von Langeron gegen Ney kämpfte, trat schon am Vormittag ein Teil der Sachsen, die leichte Reiterbrigade, zu den Verbündeten über, fast gleichzeitig auch die württemb. Kavallerie. Von der schles. Armee erbielt das russ. Korps von Sacken Befehl, Pfaffendorf zu nehmen und gegen das Hallesche Thor von Leipzig vorzurücken; das preuß. Korps von Yorck folgte zur Unterstützung bis Gohlis.
Die Franzosen leisteten auch hier tapfer Widerstand. Gegen 2 Uhr [* 19] nachmittags erschien endlich die Nordarmee von Taucha her und erstürmte Paunsdorf. Zu dieser Zeit trat auch die sächs. Infanterie und Artillerie zu den Verbündeten über. Die entstandene Lücke wurde zwar schnell durch andere Truppen ausgefüllt, aber der Vorgang machte auf die Franzosen tiefen Eindruck. Das von Napoleon selbst verteidigte Probstheida konnte von den verzweifelt kämpfenden Preußen [* 20] und Russen nicht genommen werden. Dagegen wurden Dölitz und Lößnig trotz Poniatowstis heldenmütigen Widerstande erobert. Von der schles. Armee erhielt Yorck Befehl, nach Halle zur Verfolgung ¶