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Pestalozzi-62 stiftung (1853 gegründet) mit Erziehungshaus, eine evang. Erziehungs- und Unterrichtsanstalt für Knaben vermögenderer Stände, 4 Armenhäuser, Irren-Siechenhaus, Ermittiertenhaus, Herbergen und zahlreiche Stiftungen zur Unterstützung Kranker und Bedürftiger; ein Volksbrausebad (1894), Volksküchen, Wärmstuben und öffentliche Speiseanstalten. Die städtische Brotbäckerei hat (1891) 303 893 kg Roggenmehl verbacken und daraus 412 648 kg Brot [* 2] erzeugt, das zur Verteilung an Arme und verschiedene Anstalten gelangte.
Industrie und Gewerbe. Die Industrie hat sich neben dem Handel, namentlich in den letzten Jahrzehnten, erheblich entwickelt.
Der Stand der Großindustrie nach der Fabrikenzählung vom 1. Mai 1890: | Betriebe | Dampf kessel | Motoren | Pferde stärken | Männliche Arbeiter | Weibliche Arbeiter | Arbeiter überhaupt |
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Über 21 J. | 16-21 J. | Unter 16 J. | Zu- sammen | Über 21 J. | 16-21 J. | Unter 16 J. | Zu- sammen |
839 | 291 | 527 | 9166 | 17458 | 3952 | 1398 | 22808 | 4480 | 3212 | 762 | 8454 | 31262 | |
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Neu-Leipzig | 642 | 370 | 547 | 17741 | 19400 | 4438 | 1540 | 25378 | 4936 | 3393 | 699 | 9028 | 34406 |
Zusammen | 1481 | 661 | 1074 | 26907 | 36858 | 8390 | 2938 | 48186 | 9416 | 6605 | 1461 | 17482 | 65668 |
Während hiernach die Zahl der Betriebe in Alt-Leipzig (653) um 241 größer als die in den Vororten ist, haben letztere 64 Dampfkessel [* 3] und 7 Motoren mit 6695 Pferdestärken sowie 900 Arbeiter mehr, ein Beweis, daß die Großindustrie sich hauptsächlich in den Vororten konzentriert. Die Industrie umfaßt folgende Hauptzweige: Metallindustrie: Eisengießerei [* 4] (16 Betriebe, 991 Arbeiter), Bau von Maschinen und Apparaten (82; 5677), Dampfkessel- und Dampfmaschinenfabriken (Ph. Ewiderski mit 400 Arbeitern), Metallgießerei, Fabrikation von elektrischen Anlagen, Petroleum- und Gasmotoren, Feuerspritzen, [* 5] Drahtseilbahnen, Maschinen für Buchbinderei und Papierindustrie (Karl Krause, 550 Arbeiter), Gasbeleuchtungs-, Gasheizungs-, Wasserleitungs-, Badeeinrichtungcn, für Obst- und Gemüseverwertung, Holzbearbeitung [* 6] (Kirchner & Comp., 537) und Kerzengießerei, von Schnellpressen für Lithographie , Licht- und Blechdruck und Bronziermaschinen (Schmiers, Werner & Stein), von Handwerkernähmaschinen, Strickmaschinen, landwirtschaftlichen Maschinen und Ackergeräten (Rud. Sack, 725), Werkzeugmaschinen, Eisenkonstruktionen, Wagenfedern, feuerfesten und diebessichern Geldschränken (Carl Kästner), Maßstäben (Ed. Goedel, 350; Gebr. Leistner, 290), Werkzeugen, Eisenmöbeln, Bronzewaren, Blechwaren, Blechemballagen und dekorierten Blechen, Verzinkerei, Vernickelungsanstalten.
Textilindustrie: Kammgarnspinnerei Stöhr & Comp. (1700), Leipziger Baumwollspinuerei (1300), Leipziger Kammgarnspinnerei (864), Leipziger Wollkämmerei (1700), mechanische Jute-, Leinen- und Segeltuch-Weberei, Tränkner und Wür ^[k]er Nachf. (180), Sächsische Wollgarnfabrik vormals Tittel & Krüger (1125). Chemische Industrie: [* 7] Fabrikation von ätherischen Ölen (Schimmel [* 8] & Comp., 120), Leim, Knochenpräparaten, Maschinenölen und Fetten, Lack, Farben, Farbholzextrakten, Essenzen, Chemikalien, Seifen (14 Betriebe, 197 Arbeiter), Parfümerien, Wachs- und Ledertuch (2; 243). Nahrungs- und Genußmittelindustrie: Mühlenwerke, Brauereien (19 Brauereien mit 707 Arbeitern; darunter Leipziger Aktienbrauerei Riebeck & Co., C.W.Naumann, Vereinsbrauerei);
Dampfmühlen für Gewürze, Senf, Safran und Droguen, Fabrikation von Kindernährmitteln, Schokolade (8 Betriebe, 338 Arbeiter), Zuckerraffinerie, Kandis und Zuckerwaren (Sachsenröder & Gottfried), Branntwein, Liqueuren, Mostrich, Roheis, Tabak [* 9] und Cigarren.
Papier- und graphische Industrie: Fabrikation von Tapeten und Rouleaux (1; 63), Kartons, Kartonnagen (77 Betriebe, 3752 Arbeiter, einschließlich der Buchbindereien), präparierten Papieren und Kartons für Chromodruck (Gustav Najork, 260), Bunt- und Luxuspapier (2; 291);
Bunt- und Glanzpappen, Tüten, Briefumschlägen;
ferner Buchbindereien (F.A. Barthel, 256; J. F. Bösenberg, 250; Hofbuchbinderei Gustav Fritzsche, 359; Hübel & Denck, 300; H. Sperling, 350; Vereinigte Dampfbuchbindereien Baumbach & Co., 350), Stein- und Zinkdruckereien (47; 1882) Buch-, Kupfer- und (Stahldruckereien, Noten, ^[-] stechereien und -Druckereien (Oskar Brandstetter, 260; C. G. Röder, 775), Schriftschneidereien und -Gießereien (18 Betriebe, 1098 Arbeiter; Schelter & Giesecke, 435), galvanoplastische, lithographische und Lichtdruckanstalten, geographische und artistische Anstalten sowie zablreiche Großbetriebe, welche die meisten der polygraphischen Gewerbe in sich vereinigen (Bibliographisches Institut Meyer, 550; Breitkopf & Härtel, 508; F. A. Brockhaus, 750; Giesccke & Devrient, 420; Julius Klinkhardt, 650; V. G. Teubner, 375).
Im Buchgewerbe (mit Ausnahme der Anfertigung von Pappen und Papier, mit 734 Personen) waren (1890) 15 067 (11 978 männl., 3089 weibl.) Personen thätig. Endlich ist zu erwähnen die Fabrikation von Treibriemen, Asphalt, Dachpappe und Holzcement (C.F.Weber), Cementwarcn, künstlichen Sandsteinen (Hydrosandstein), Guttapercha und Gummiwaren (8 Betriebe, 669 Arbeiter), künstlichen Blumen und Federn (15; 540), Spitzen (2; 289), Rüschen, Stickereien (8; 764), Papier- und Stoffwäsche (Mey & Edlich, 1081), Celluloidwäsche (Deutsche [* 10] Celluloidfabrik), Korb-, Drechsler- und Schnitzwaren (8 Betriebe, 145 Arbeiter), Spiel- und Holzwaren, Bürsten, Goldleisten und Rahmen (7; 305), Jalousien, Möbeln, Parkett und Fournieren (49; 1039), Korkstopfen und Patentverschlüssen, Sattler- und Riemerwaren (3; 205), Koffer und Lederwaren (Moritz Mädler, 260), Kurz-, Galanterie- und Bijouteriewaren, Stahlfedern und Federhaltern (2; 138), Korsetten, Krawatten und Handschuhen (6; 209), Damenmänteln, Kleidern und Wäsche (32; 2119), Filz und Strohhüten, Schuhwaren (13; 548), mathem., physikal. und chem. Instrumenten (17;841), mechan. Musikinstrumenten, besonders Accordions, Aristons, Monopols, Orchestrions, Pohlyphens, Symphonions (10 Betriebe, 1083 Arbeiter; darunter Fabrik Leipziger Musikwerke, vormals P. Ehrlich & Comp., 350; Fabrik Lochmannscher Musikwerke, 600, wovon 100 auswärts), Turm-, Wand- und Taschenuhren, Kontrollapparaten, Pianofortes (Jul. Blüthner, 500), Klaviaturen und Pianofortemechaniken ¶
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(Morgenstern & Kotrade, 130). Bedeutend ist auch die Rauchwarenzurichterei und -Färberei und die Boafabrikation (19 Betriebe, 707 Arbeiter). Ziegeleien (5 mit 114 Arbeitern) sowie 800 Kunst- und Handelsgärtnereien | (J. E. Hanisch in Leipzig-Reudnitz, Otto Mann in Leipzig-Eutritzsch, Alb. Wagner, Leipzig-Gohlis) befinden sich in den Vororten. |
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Der Umfang der einzelnen Industriezweige, soweit solche durch die Fabrikenzählung getroffen werden (Großbetriebe), war
Industrie- zweige | Betriebe | Dampf kessel | Motoren | Pferde- stärken | Beschäftigte Arbeiter | ||
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Männ- liche | Weib- liche | Zu- sammen | |||||
Steine und Erden | 34 | 10 | 11 | 327 | 1140 | 19 | 1159 |
Metallverarbeitung | 142 | 42 | 84 | 806 | 3203 | 649 | 3852 |
Maschinen,Instrumente, Apparate | 204 | 125 | 220 | 3772 | 11134 | 910 | 12044 |
Chemische Industrie | 44 | 60 | 62 | 749 | 669 | 198 | 867 |
Forstwirtschaftliche Nebenprodukte | 42 | 45 | 65 | 592 | 657 | 55 | 712 |
Textilindustrie | 45 | 60 | 78 | 10473 | 3372 | 5153 | 8525 |
Papier | 106 | 27 | 45 | 985 | 3105 | 3050 | 6155 |
Leder | 37 | 15 | 24 | 575 | 1178 | 566 | 1744 |
Holz- und Schnitzstoffe | 113 | 32 | 63 | 959 | 2445 | 274 | 2719 |
Nahrungs- und Genußmittel | 120 | 90 | 144 | 2558 | 1789 | 662 | 2451 |
Bekleidung u. Reinigung | 128 | 45 | 45 | 547 | 1417 | 2847 | 4264 |
Baugewerbe | 172 | 11 | 26 | 438 | 9603 | 7 | 9610 |
Polygraphische Gewerbe | 235 | 91 | 177 | 2923 | 7484 | 2978 | 10462 |
Künstlerische Gewerbe | 29 | 2 | 6 | 12 | 498 | 3 | 501 |
In Leipzig haben ihren Sitz die Sächsisch-Thüringische Eisen- und Stahl- und die Sächsische Textil-Berufsgenossenschaft, die Deutsche Buchdrucker-Berufsgenossenschaft und ihre 7. Sektion, die Berufsgenossenschaft der | Musikinstrumentenindustrie und ihre 1. Sektion, die 2. Sektionen der Tabak- und der Sächsischen Baugewerks-Berufsgenossenschaft, die 3. Sektion der Norddeutschen Edel- und Unedelmetall-, die 8. Sektion der Brauerei- und Wälzerei-, die 9. Sektion der Speditions-, Speicherei- und Kellerei-, die 30. Sektion der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft, die 5. Sektionen der Berufsgenossenschaft der Schornsteinfegermeister des Deutschen Reichs und der chem. Industrie. |
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Messen, Handel und Bankwesen. Seinen Messen hat Leipzig [* 12] in erster Linie seine Bedeutung als Handelsplatz zu verdanken; obwohl dieselben in den letzten Jahrzehnten infolge der veränderten Verkehrsverhältnisse ihre frühere Gestalt verloren haben, ist Leipzig noch immer nächst Hamburg [* 13] eine der bedeutendsten Handelsstädte des Deutschen Reichs, indem 13,07 Proz. der erwerbsthätigen Bevölkerung [* 14] im Handelsgewerbe thätig sind. Schon in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. (1183) hatte Leipzig privilegierte Märkte, die zu Jubilate und Michaelis abgehalten wurden und im 15. Jahrh. bereits den Charakter von Handelsmessen angenommen hatten.
Friedrich der Sanftmütige schützte die 1458 begründete Neujahrsmesse durch Privilegium vom Kaiser Maximilian I. bestätigte durch Privilegium vom die drei Leipziger «Jahrmärkte» und erweiterte durch Privilegium vom das frühere dahin, daß er der Stadt das Niederlags- und Stapelrecht verlieh und bestimmte, es solle «nun hinfüro kein Jahrmarkt, Messe oder Niederlage inner 15 Meilen gerings um die Stadt Leipzig aufgerichtet und gehalten werden».
Die Städte, welche noch fernerhin mit Leipzig zu wetteifern versuchten, wie Frankfurt [* 15] a. M., Magdeburg, [* 16] Erfurt, [* 17] Merseburg, [* 18] Naumburg [* 19] a. S. u. s. w., vermochten gegen Leipzig nicht mehr aufzukommen. Zwar verlor die Stadt kurz nach dem Siebenjährigen Kriege ihr Stapelrecht, dagegen überflügelte sie in dem letzten Viertel des 18. Jahrh, die Konkurrenz von Frankfurt a. O. Infolge des Beitritts Sachsens zum Deutschen Zollverein 1834 entwickelte sich der Handelsund Meßverkehr außerordentlich.
Wesentlich trugen hierzu die Eisenbahnen, namentlich die Eröffnung der Leipzig-Dresdener Eisenbahn (s. d.) bei. Neuerdings werden erhebliche Anstrengungen zur Neubelebung des Meßverkehrs und zur Abwehr einer versuchten Konkurrenz Berlins, vor allem durch den Meßausschuß der Handelskammer gemacht. Die beiden Hauptmessen sind auf einen frühern Termin verlegt und verkürzt worden, so daß die Michaelismesse von 1894 an jedesmal vom letzten Sonntag im August an in einer Dauer von 22 Tagen bei gleichzeitigem Beginn von Groß- und Kleinhandel stattfindet, die Ostermesse für Groß- und Kleinhandel mit Waren aller Art von 1895 an vom Sonntag Ouasimodogeniti bis mit Einschluß des Sonntags Kantate sich erstreckt.
Die Neujahrsmesse dauert vom 3. bis 16. Jan. Außerdem findet im Frühjahr für die sog. Musterlager-Branchen (Glas-, Porzellan-, Bronze-, Eisen-und Zinkguß-, Metallwaren, Leder-, Draht-, Luxus-, Holz-, Kurz-, Galanterieund Spielwaren) vom 1. Montag im März an eine besondere Vormesse in der Dauer von 14 Tagen statt, für die jedoch Meßprivilegien nicht in Anspruch genommen werden. Von hervorragender Bedeutung sind die Messen auch jetzt noch für den Handel mit Rauchwaren, Tuch, Leder, die keramische Industrie und den Buchhandel (s. S. 64a). Für Rauchwaren ist Leipzig Weltmarkt; große Mengen von amerik. und russ. Pelzwerk [* 20] gelangen in Leipzig zur Einführung und werden gegen zugerichtete und gefärbte Waren umgetauscht. 1894 gelangten beim Hauptzollamt 3041 t Häute und Felle zur Abfertigung. Die Zahl der Engros-Einkäufer und -Verkäufer an den Hauptmessen beträgt nach den neuesten Erhebungen etwa 18000.
Am waren 4435 kaufmännische Firmen beim Amtsgericht in Leipzig im Handels- und Genossenschaftsregister eingetragen.
Beim königl. Hauptzollamt gelangten 1895 zur Abfertigung 122 927 t Waren, darunter Getreide, [* 21] Sämereien 40 585, Petroleum und andere Mineralöle 29 177, Eisen, [* 22] Stahl, Eisen- und Stahlwaren 518, Maschinen 911, Eier [* 23] von Geflügel und Eigelb 7172, roher Kaffee 6100, Öle [* 24] und Fette 3296, Rauchwaren und Häute 4281, Südfrüchte 2282, Reis 2411, Droguerie-, Apotheker- und Farbwaren 2172, Holz- und andere Schnitzstoffe sowie Waren daraus 1052 t und 1159 Festmeter, Wolle und Wollwaren 2207 t, Tabakblätter, -Stengel und -Fabrikate 1816, getrocknetes und gebackenes Obst 1106, Wein, Most und Eider 1069 t u. s. w., sowie 68 839 Taschenuhren und Gehäuse. Auf dem städtischen Lagerhofe gingen 1894 ein 7199 t Waren und aus 7239 t: der Lagerbestand war Ende 1894: 2057 t. Unter den gelagerten Waren befanden sich unter andern: Getreide und Saat 1324 t, Kaffee 977, Tierhaare 166, Rosinen und Korinthen 194, Rauchwaren 69, Felle und Häute 279, Wein 238, Tabak 239, Schafwolle (einschließlich Kammzug) 1745, Öl und Thran 189, Kakao 189 t u. a. Unter den Ausfuhrländer nebmen die Vereinigten Staaten [* 25] einen ¶