forlaufend
657
Die Regierung untersagte jedoch die Fortsetzung der Zeitung und ließ im Mai 1837 Köster, Wesselenyi und mehrere andere zu Ofen gefangen setzen. Die Septemviraltafel verurteilte Köster wegen Kochverrats zu vierjähriger Haft, aus der er 1840 infolge einer allgemeinen Amnestie befreit wurde. Hierauf über- nahm er die Redaktion des «?68ti liirlap», in wel- chem Blatte er fortan sein großes publizistisches Talent entwickelte und die bisherige gemäßigte Opposition durch seine radikale Haltung über- flügelte.
Nachdem er 1844 die Redaktion nieder- gelegt hatte, trat er als Leiter patriotischer Vereine auf, bis er im Nov. 1847 vom Pester Komitat als Deputierter auf den Landtag gesandt ward, wo er bald als Führer der Opposition durch Kühnheit und rhetorische Gaben alles mit sich fortriß. Als Graf L. Vatthyänyi zum Präsidenten des ungar. Ministeriums ernannt war, trat Köster als Finanzminister ein. Nach der Auflösung dieses Ministeriums (September) wurde er Präsi- dent des neuen Landesverteidigungsausschusses. (S. Ungarn.) [* 2] In dieser Stellung organisierte er den Kampf gegen die südslaw. Bewegung und gegen die österr. Centralregierung, trug aber auch durch seine ultramagyar. Richtung viel dazu bei, die übrigen Volksstämme Ungarns und Siebenbürgens der Nationalsache zu entfremden. Die Abdankung Kaiser Ferdinands I. und die Thronbesteigung Franz Josephs bewogen Köster, durch den Numpslandtag in Debreczin [* 3] die Thronentsetzung des Hauses Habsburg-Lothringen und die Unabhängigkeitserklärung Ungarns be- schließen zu lassen. Köster wurde als regierender Prä- sident oder Gouverneur bestellt und nahm seinen Sitz in Pest.
Schon Mitte Juli ging jedoch Pest wieder verloren, und der Gouverneur nebst Regie- rung und Reichstag mußte sich immer weiter nach Süden Zurückziehen. Durch den weitern Verlauf der Ereignisse (s. Ungarn) sah sich Köster zur Abdankung gezwungen und übertrug die Diktatur an Görgey. Am trat er auf türk. Ge- biet über, wo er verhaftet und nach längern Unter- handlungen mit Österreich [* 4] zu Kutahia in Kleinasien interniert wurde (Febr. 1850). Nachdem Köster seine Freiheit wieder erhalten hatte, begab er sich über England nach den Vereinigten Staaten. [* 5]
In der Folge lebte er als Haupt der ungar. Emi- gration in London, [* 6] später in Turin [* 7] und Rocaro, organisierte wiederholt eine ungar. Legion, die unter Garibaldi kämpfte (1859 und 1866), protestierte 1867 gegen den österr.-ungar. Ausgleich, machte von der Amnestie keinen Gebrauch und lehnte den Eid der Treue gegen die Habsburg. Dynastie und die Rück- kehr in die Heimat ab, wiewohl er wiederholt zum Abgeordneten gewählt wurde. Köster starb in Turin, ^eine Leiche wurde 1. April in Budapest [* 8] unter großen Feierlichkeiten beigesetzt. Vorher hatten lebhafte Volkstumulte stattgefunden, um das Aufziehen von Trauerfahnen zu erzwingen. Seine «Schriften aus der Emigration» (deutsch, 3 Bde., Preßb. 1881-82) enthalten wichtige Bei- träge zur Zeitgeschichte. Makray veröffentlichte K.s Briefe an Bem 1849 (Pest 1872). -
Vgl. Frey, und Ungarns neueste Geschichte (3 Bde., Mannh. 1849);
I. E. Horn, Ludwig Köster (Bd. 1, Lpz. 1851); Szemere, Graf L. Batthyänyi, A. Görgey, Lud- wig Köster (3 Tle., Hamb. 1853).
Kost, soviel wie Ernährung (s. d.); auch ein in Wien [* 9] üblicher Vörsenausoruck, wo Kostgeschäft Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. X. soviel wie Reportgeschäft (s. d.), in Köster geben und nehmen soviel wie «hereingeben» und «herein- nehmen» bedeutet (s. Deport und Zeitgeschäfte). Kostajnica (Kostajnitza), selbständige Stadt und Hauptort des Stuhlbezirks Köster (38134 E.) im ungar. Komitat Agram [* 10] in Kroatien, im ehemaligen Vanalregiment der (aufgelösten) kroat.-flawon. Militärgrenze, links an der Una und am Fuße des Zrinjigebirges, an der Linie Sunja-Doberlin der Ungar. Staatsbahnen, [* 11] Sitz eines Bezirksgerichts, bat (1890) 2093 kroat. kath. E., Post, Telegraph, [* 12] eine Bürgerschule, Schuhmacherei und ist ein be- deutender Handelsplatz für Rohprodukte. - Gegen- über liegt Vosnifch - Kostajnica, Markt und Hauptort des Bezirks Köster (36105 E.) im bosn.
Kreis [* 13] Vanjaluka mit (1885) 1375 meist griech.-orient. E. (597 Mohammedaner, 169 Katholiken). Kostake, rumän. Staatsmann, s. Epureanu. Kostal, Kostalgie, s. (^osta. Koftbeere, soviel wie Johannisbeere. ^ostei., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für Vinc. Franz Kosteletzky, Professor dermediz. Botanik zu Prag, [* 14] wo er starb. Er schrieb: " (^vi8 lmlli^tica. in tioi^m Vo1i6i!iiN6 pkanei-oZaiuicÄiu» (Prag 1824) und «Allgemeine mediz.-Pharmaceut. Flora» (6 Bde., ebd. 1831-36). Kostölec nad Labem (spr. -letz), czech. Name von Elbekosteletz (s. d.). - Kostelec nad Orlici, czech. Name von Adlerkosteletz (s. d.). Kosten.
1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Posen, [* 15] hat 606,92 22787 weibl.) E., 3 Städte, 83 Landgemeinden und 50 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis auf einer Obra-Insel im Obrabruche, an der Linie Breslau-Posen der Preuh. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Lissa) [* 16] und einer Landesbauinspektion, hat (1890) 4701E., darunter 957 Evangelische und 196 Israeli- ten, Postamt erster Klasse, Telegraph, höhere Mäd- chenschule, eine Provinzial-Irrenpflegeanstalt in einem ehemaligen Vernhardinerkloster; Eisengießerei [* 17] und Fabrikation von Cigarren, Zucker, [* 18] Strohhülsen, Luruspapierwaren u. s. w. ftion.
Kostenanschlag, s. Bauanschlag [* 19] und Kalkula- Köftendil, Kjustendil oder Kiöstendil, das alte Pautalia, Hauptort des bulgar. Distrikts Köster (4680 cilcm, 162939 E.) im südwestl.Teil des Fürsten- tums,unweitrechts der Struma, an der StraheSosia- Köster, ist Sitz eines Metropoliten, bat (1889) 10689 E., Realschule, Kasernen, ein Zollamt; Obstbau. In der Stadt warme Mineralquellen. Köster, Hans, dramat. Dichter, geb. zu Kritzow bci Wismar, [* 20] studierte in Berlin, [* 21] Bonn [* 22] und München [* 23] Philosophie und lebte dann längere Zeit in Italien [* 24] und Frankreich, später auf seinem Rittergute Schlichow in der Mark und in Berlin (1866-73 als Mitglied des Norddeutschen und des Deutschen Reichstags). Er schrieb: «Schau- spiele» (Lpz. 1842),
«Heinrich IV. Trilogie» (ebd. 1844),
«Luther» (Tragödie, Bresl. 1847),
«Der Große Kurfürst» (Schauspiel, Verl. 1851),
«Ulrich von Hütten» [* 25] (Trauerspiel, ebd. 1865),
«Liebe im Mai» (Lustspiel, Weim. 1866),
«Kaiser und Reich» (Poet.Tagebuch aus Deutschlands [* 26] großerZeit, Verl. 1872),
«Der Maler von Florenz» [* 27] (Drama, 1876), «Hiob. Episches Gedicht» (Lpz. 1885) u. s. w. Seine Gattin Luise, geborene Schlegel, Opern- sängerin, geb. zu Lübeck, [* 28] ging 1838 in Leipzig [* 29] zum Theater, [* 30] wurde 1840 in Schwerin [* 31] 42 ¶