jeder Kettenfaden liegt auf größern Strecken frei als bei der Leinwandbindung. Durch dieses Freiliegen der Fäden erhält
das Gewebe eine weiche, lockere Beschaffenheit, wie sie in vielen Fällen erwünscht ist, indem sie z. B.
den Faltenwurf begünstigt und das für manche Zwecke notwendige Aufsaugen größerer Flüssigkeitsmengen gestattet; außerdem
ist dadurch eine große Mannigfaltigkeit in der Konstruktion der Gewebe ermöglicht. Die Bindungen stoßen
entweder zusammen und bilden so eine fortlaufende Reihe (Köper im engern Sinn), oder sie liegen, wie beim Atlas (s. d.), in größern
Abständen voneinander über die Fläche zerstreut.
Der geringste Köper ist der dreifädige, dreibindige oder dreiteilige, bei welchem zu einer Bindung je drei
Fäden gehören. Da die schräg laufenden parallelen Streifen, welche durch die zwischen den Bindungen frei liegenden Fäden
entstehen, auf der einen Seite durch den Einschlag, auf der andern durch die Kette gebildet werden, sind je nach der Feinheit,
Farbe u. s. w. derselben die beiden Seiten des Stoffs im Aussehen verschieden. Je weiter die Bindungslinien
auseinander, je mehr Fäden mithin frei liegen, desto lockerer, folglich auch desto weniger haltbar wird das Gewebe, weshalb
der eigentliche Köper selten mehr als achtfädig, gewöhnlich nur vier- oder fünffädig erzeugt wird.
Im atlasartigen Köper schieben sich die Fäden über die Bindungen und verdecken diese, wodurch das Gewebe
auf der einen Seite nur Kette, auf der andern nur Einschlag zeigt und aus der erstern, da zu der Kette besseres Garn verwendet
wird, vorzüglich glatt und glänzend erscheint. In der Art des Köper gewebte Zeuge, bei welchen Schuß- und Kettenfadenmaterial
auf beiden Seiten der Ware gleichförmig verteilt sind, werden zweiseitiger oder beidrechter Köper, auch
Doppelköper genannt. Geköperte Stoffe sind z. B. Croisé, Tibet, Merino, Satin, Englisch Leder, Drell, Barchent, Serge, Zanella,
Bombasin; doch werden Köpergewebe aus allen Materialien der Textilindustrie hergestellt.
Nikolaus, oder Coppernicus, wie er sich selbst schrieb, der Begründer der neuern Astronomie,
geb. 19. Febr. 1473 zu Thorn, wo sein Vater Niklas Koppernigk, aus Krakau gebürtig und aus Frankenstein in Schlesien stammend, sich
als Großhändler niedergelassen hatte. Auf der Schule seiner Vaterstadt vorbereitet, studierte Kopernikus seit 1491 in
Krakau, 1495‒1500 in Bologna die Rechte, wurde 1497 in das ermländische Domkapitel aufgenommen und begab
sich 1500 nach Rom, wo er astron.
Vorträge hielt. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Heimat 1501 studierte er noch in Padua Medizin, erwarb sich 1503 zu Ferrara
die Insignien eines Doctor decretorum und lebte seit 1506 sechs Jahre im Schlosse zu Heilsberg als Berater des Bischofs Watzelrode
von Ermland. Hier gelangten seine kosmischen Ideen zu festerer Gestaltung, und damals ließ Kopernikus eine lat.
Übersetzung der Episteln des Theophylactus Simocatta in Krakau erscheinen. Nach dem Tode des Bischofs begab sich Kopernikus nach Frauenburg,
dem Sitze seines Domstifts, wo er den größten Teil seines spätern Lebens zubrachte, mit astron.
Forschungen und der Ausarbeitung seines Systems beschäftigt. Von 1516 bis 1520 wohnte er auf dem Schlosse
zu Allenstein, um die Verwaltung der Ländereien des Domstifts zu leiten, und 1523 wurde er Generaladministrator der Diöcese.
Von 1522 bis 1529 war er zu
den preuß. Landtagen deputiert, um bei der Regulierung des zerrütteten Münzwesens
mitzuwirken; zwei Denkschriften von ihm über die Reform der Landesmünze sind erhalten. Auch war Kopernikus als Arzt thätig. Eine
spät entstandene Sage ist es, daß er Wasserleitungen in Preußen angelegt habe. Kopernikus starb im Mai 1543 und ist in der Domkirche
zu Frauenburg (s. d.) begraben.
Sein berühmtes Werk «De revolutionibus orbium coelestium», durch das die Umgestaltung der frühern Weltanschauung
begründet worden ist, hatte Kopernikus im wesentlichen bereits um 1530 vollendet; er entschloß sich zu dessen Veröffentlichung
jedoch erst kurz vor seinem Tode auf das Zureden seiner Freunde, des gelehrten Bischofs von Culm, Tiedemann Giese, und seines
Schülers, des einstigen Genossen von Melanchthon in Wittenberg, Joachim Rheticus. Letzterer erhielt das
Manuskript, das in Nürnberg unter seiner und Osianders Aufsicht gedruckt wurde; ein ganz unveränderter Abdruck erschien 1566 zu
Basel;
die dritte Ausgabe (Amsterd. 1617) ist mit erläuternden Anmerkungen versehen.
Der zu Warschau 1854 besorgte Abdruck sollte beweisen helfen, daß Kopernikus der poln. Nation
angehöre; es ist ihm deshalb auch eine poln. Übersetzung beigegeben. Die Ausgabe von 1873 (Berlin) wurde zur 3. Säkularfeier
des Geburtstags von Kopernikus von dem Thorner Coppernicus-Verein veranstaltet. Eine deutsche Übersetzung (von C. Menzzer) hat ebenfalls
der Coppernicus-Verein (Thorn 1879) veröffentlicht. Kopernikus entwickelt in seinem Werke mit mathem. Schärfe
die Stellung der Erde im Weltsystem und beweist, daß die Sonne der Mittelpunkt sei, um den sich die Erde, gleich den übrigen
Planeten, drehe (heliocentrisches Weltsystem, im Gegensatz zum geocentrischen des Ptolemäus).
Die bisher verbreitete Annahme, daß Kopernikus seine kosmischen Anschauungen nur in hypothetischer Umhüllung überliefert habe, ist
ein Irrtum, welcher durch die in der editio princeps von Osiander untergeschobene Vorrede hervorgerufen ist, in der allerdings
aus Furcht die damals noch kirchlich anstößige Lehre der Erdbewegung als Hypothese bezeichnet ist. Luther und Melanchthon hatten
sich jederzeit mit großer Entschiedenheit gegen die neue Lehre ausgesprochen.
Die kath. Gelehrten waren geteilt; auch die offenen Gegner unter ihnen
traten nicht entschieden auf, weil das Werk des Kopernikus durch die höchste Autorität gedeckt schien, es war dem Papst Paul Ⅲ.
zugeeignet. Erst bei Gelegenheit der Galilei-Wirren (1616) wurde es auf den Index librorum prohibitorum gesetzt, aus welchem
es 1757 durch einen Beschluß des Heiligen Officiums entfernt wurde; 1822 ward dann der Druck aller Werke,
welche die Bewegung der Erde lehren, erlaubt.
Die erste ausführlichere Biographie von Kopernikus verfaßte, lediglich auf gedruckte Quellen gestützt, P. Gassendi (Par. 1654); sie
blieb zwei Jahrhunderte hindurch die Grundlage aller spätern Lebensbeschreibungen. Erst in der neuesten Zeit
ist durch archivalische Forschung Näheres über die Lebensverhältnisse von Kopernikus ermittelt worden; auf ihnen
beruht die von Leopold Prowe verfaßte Biographie «Nicolaus Coppernicus» (2 Bde.,
Berl. 1883‒84),
deren dritter Band (1884) die Urkunden enthält. Denkmäler wurden Kopernikus 1830 zu Warschau (von Thorwaldsen) und 1853 zu
Thorn (von Tieck) errichtet; das letztere trägt die Inschrift: «Nicolaus Copernicus Terrae Motor, Solis Coelique
Stator»;
auf
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
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mehr
dem Warschauer Denkmal wird die vermeintliche Zugehörigkeit zur poln. Nation von Kopernikus hervorgehoben.
Die Frage nach der Nationalität ist Gegenstand erbitterten Streites geworden; die poln. Ansprüche hat Prowe in der Schrift
«De Copernici patria» (Thorn 1860) und in einer Abhandlung der «Historischen Zeitschrift» (1872)
zurückgewiesen.