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Kontermine, Gegenmine, im Militärwesen, s. Mine.
In der Börsensprache bezeichnet Kontierung die- jenige Spekulationspartei (Baissiers, Fixer) im Zeit- geschäft, welche auf einen bestimmten Termin Waren oder Effekten «in dianco» oder «3. äecouvert» ver- kauft, um sich später zu «decken» stützt ihre Operationen auf die Vermutung, daß bis zur Erfüllung des «Engagements», d. i. in diesem Aalle bis zur Lieferungsverpflichtung bez. zu diesem Zeitpunkt das Angebot größer als die Nachfrage sein wird. Sie spekuliert mithin auf einen Rückgang der Kurse, den sie durch ihre «Abgaben in dianco» sogar mit hervorzurufen sucht und auch als eine wohl zu beachtende Warnung vor Überspekulationen gleich- sam anzuzeigen pflegt.
Andererseits aber schasst sie durch ihr «Deckungsbedürfnis» bei rückläufiger Kurs- bewegung und fallenden Preisen eine Nachfrage nach den durch die Geschäftsstockung entwerteten Waren und Effekten, wodurch sie ganz besonders in Zeiten von Börsen- und Handelskrisen, eines sog. «Krachs», einem übermäßigen Kurssturz der in Frage kommenden Werte vorbeugt.
Sie vermindert hierdurch die Verluste des Publikums und verteilt dieselben gleichmäßiger über Kapitalisten bez. Wa- renbesitzer und Spekulanten.
Ohne die Kontierung würde die Spekulation (s. d.) ihrer wirtschaftlichen Rolle, die Entwicklung der Kurse regelmäßiger zu gestalten, nicht genügen;
ohne sie würde die Börse der ihr ge- stellten Aufgabe, «ein ständiger Markt» zu sein, nicht entsprechen.
Die Möglichkeit, an der Börse in dlanco verkaufen zu können, ist von besonderer Wichtigkeit bei Lic- ferungsgefchäften nach dem Auslande oder beim Import von Waren, um sich gegen den Rückgang der fremden Valuta oder gegen den Rückgang des Warenpreises zu schützen.
Verkauft z. B. ^ in Deutschland [* 2] an L in Rußland Waren, deren Be- zahlung in russ. Währung drei Monate nach Ab- schluß des Kaufs erfolgen soll, so wird ^ Nubel- noten auf Zeit oder einen Dreimonatswcchsel auf einen russ. Börsenplatz verkaufen, wofern er den beim Abschluß des Geschäfts notierten Rubelkurs in seine Kalkulation gezogen hat und in der Valuta nicht «spekulieren» will.
Man sagt, ^ «verkauft» Effekten oder Waren «vor», die er laut Schlußschein erst später erhält.
Treten solche Operationen im größern Umfange auf, so kann am Markte eine Kontierung hervorgerufen werden, ohne daß ein eigentlich spe- kulativer Faktor vorliegt.
Die im Sinne obiger Darstellung wirkende Kontierung hat wirtschaftlich ihre volle Berechtigung;
verwerflich und schädlich ist sie da- gegen, wenn sie als eine Entartung des Spekula- tionswesens aus bloßem Börsenspiel hervorgeht oder durch Verbreitung falscher Nachrichten eine Kursbeeinflussung herbeizuführen sucht. Kontermutter, s. Schrauben. [* 3] Konterorder, s. Gegenorder.
Konterparade, s. Parade (beim Fechten). Konterpartie (frz.), soviel wie Kontrabuch (s. d.);
in der Musik Gegenstimme oder zweite Stimme, im engern Sinne in der franz. Musik so- viel wie Alt. Konterpuits (frz., spr. -püih), Gegenbrun- nen, Gegenschacht, im Minenkriea.6 vorbereitete Minenkammern des Verteidigers, die gegen einen Angriff des Belagerers mit Schachtminen wirksam werden sollen.
An den der Ausführung feindlicher Schachtminen günstigen Stellen über dem Ver- teidigungsminensystem (s. Verteidigungsminen) Artilel, die man unter K verm werden bereits bei der Armierung leere Pulver- kasten eingegraben und mit den darunter liegenden Galerien durch Bohrlöcher in Verbindung gebracht, durch die im Bedarfsfälle von unten her die Ladung eingeführt wird. (^. Bohrminen.) Konterpunzen, Gegenpunzen, ein Werkzeug, das bei der Verfertigung von Punzen (s. d.) zum Einschlagen von Vertiefungen in die Arbeitsfläche derselben dient, die mittels des Grabstichels nicht leicht und schön genug hergestellt werden können. Kontertanz (frz. contle-clanse, auch contre- äan86 fransige), jetzt Bezeichnung für jeden Tanz, dessen Touren die Tänzer wechselnd einander ent- gegen führen und wieder entfernen, so die Anglaise, Ecossaise, Quadrille u. s. w. In Deutschland ver- steht man jedoch unter Kontierung insbesondere die sranz. Form jener Art des Tanzens, die den Namen Franc aise führt.
Diese Francaise oder dieser fran- zösifche Kontierung wird in der Regel von vier (en ciiii'e), bisweilen auch von sechs, acht und mehrern Paaren (6n colonne) getanzt.
Die sehr verschiedenen Tou- ren, die dem Tanze eine große Mannigfaltigkeit ver- leihen, verteilen sich gewöhnlich unter sechs Abtei- lungen (Mi'tißg), die besondere Namen (kantalon, I^t6, ?H8toui'6ii6) ?oul6, 1reni886, I^inHik) führen. Nachdem Nameau 1745 in dem Ballett «1^68 tetes äs?o1)'niiii6» einen Kontierung eingeflochten hatte, der den allgemeinsten Beifall fand, wurde er bald in den Salons heimisch und verbreitete sich auch allmählich in die Tanzlokale des Volks.
Seine gegenwärtige Gestalt erhielt er im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrh. Von Frankreich aus kam er als Francaise nach Deutschland.
Eine Ausartung des ^0ntr6'äkN36 ist der Cancan (s. d.).
Als Komponisten von Kontierung haben sich besonders Musard, Offenbach, [* 4] Joh. Strauß [* 5] und seine Söhne ausgezeichnet. -
Vgl. Krüger, Die all- gemein beliebtesten Kontertanztouren (Berl. 1831).
Kontestieren (lat.), in Abrede stellen, bestreiten, anfechten;
kontestabel, anfechtbar.
Kontöxt (lat.), der zusammenhängende Inhalt eines Schriftstücks;
Kontextur, Verwedung, Ver- bindung, Zusammenhang.
Kontierte Wechsel, Wechsel, deren Valuta durch Verrechnung einer Forderung des Remittenten (Indossatars) an den Trassanten (Indossanten) be- richtigt wird.
Daher im Wechsel oder Indossament die Bemerkung: «Wert in Rechnung» oder «Wert verrechnet».
Kontierung, im Deutschen Zollverein die an- sehnlichen Großhändlern bewilligte Bevorzugung, daß sie den Zoll auf ausländische Waren nicht so- gleich zu bezahlen brauchen, sondern ihn einstweilen auf fortlaufenden Konten belastet (kontiert) er- halten, während die unter Kontrolle ins Ausland zurückgehenden oder nach Städten mit öffentlichen Niederlagen gelangenden Partien ohne Abgaben- erhebung von ihrem Conto wieder abgeschrieben werden.
Diese Begünstigung genießen jene Kauf- leute an allen Handelsplätzen des Zollvereins, in welchen sich Geschäftshäuser befinden, die einen er" heblichen Handel mit fremden Waren nach dem Auslande betreiben (bis 1868 war das nur an den Mehplätzen Leipzig, [* 6] Frankfurt [* 7] a. M. und Braun- schweig der Fall, sog. Meßkontierungen).
Die erforderliche, besondere und widerrufliche Bewil- ligung von Kontierung, für welche Sicherheit geleistet werden muh, erstreckt sich namentlich auf die meisten Manu- sakturwaren und außerdem auf Meßplätzen auf alle ißt, sind unter C aufzusuchen. ¶