von
Italienern
und Levantinern Cospoli, von den
SlawenZarigrad
(d. i. Kaiserstadt) genannt, Hauptstadt des türk.
Reiches,
liegt unter 41° nördl.
Br. und 28° 59' östl. L. von Greenwich, auf einer Halbinsel, die im S. vom
Marmarameer, im O. vom
Bosporus
[* 5] (s. d.) und im N. vom
GoldenenHorn umspült wird. Es bietet mit seinen Gärten, Moscheen und
Türmen,
amphitheatralisch aus dem
Meere aufsteigend, eins der schönsten Panoramen der Erde.
Das Klima (mittlere Jahrestemperatur 16,3°
C., Januar 5,8° C., Juli 23,5° C.) ist großen Schwankungen ausgesetzt, aber gesund.
Krankheiten
(Wechselfieber), besonders epidemische, treten vorzugsweise im Herbst und
Frühjahr auf. (Hierzu eine Übersichtskarte.)
Bevölkerung.
[* 6]
Stambul im engern
Sinne hat ungefähr 600000 E. Zum Stadtbezirk Konstantinopel gehören auch die am
GoldenenHorn gelegenen
Vororte, wie Ejub, dann
Chasköi (Hasköi), Kassim-Pascha,
Pera, Galata, Pankaldi, Feriköi und die Quartiere
am
BosporusTop-Hane (s. d.), Fündüklü (s. d.)
mit etwa 210000 E.; zum Polizeibezirk Konstantinopel gehören auch die nördlicher am europ.
Bosporusufer gelegenen Orte
Kabatasch,
Dolma-Bagdsche,
Beschik-Tasch,
Jildis-Kiosk mit seinen stark bevölkerten
Dependenzen (s. die Einzelartikel), dann Ortaköi mit der hart am Ufer stehenden schönen Moschee
der Sultanin-Mutter, ferner Arnautköi (Albanesendorf; jetzt fast ausschließlich von Griechen bewohnt),
Kurutschesme
(TrocknerBrunnen),
[* 7]
Bebek (s. d.), Rumeli-Hissar (s.
Balta-Limani), Emirgon, mit Landhaus und
Park des Ex-Chediv Ismail
Pascha;
ferner die Ortschaften am asiat. Bosporusufer mit etwa 155000 E., darunter Kadiköi (s. d.),
Skutari (s. d.) und Beikoz;
rechnet man die am
Marmarameer gelegenen
Sommerfrischen Makriköi und
San Stefano und die Hauptorte
der Prinzeninseln dazu, so ergiebt sich für Konstantinopel mit den
Vororten eine Einwohnerzahl von 1033000 E. Für das eigentliche Konstantinopel ergab
eine Zählung (1885) 384910 türk. Mohammedaner, 152741 Griechen, 149590
gregorianische und 6442 kath. Armenier, 4377
Bulgaren, 44361 Israeliten, 819
Protestanten, 1082 kath.
Türken und 129243 fremde
Unterthanen, darunter 50000 Griechen.
Konstantinopel ist Sitz der höchsten türk. Regierungsbehörden, des Scheich ul-Islam,
des höchsten mohammed. Geistlichen, der Generalkonsulate aller Großstaaten, eines röm.-kath.
Erzbischofs
(Skutari), des griech. und armenischen
Patriarchen und eines Großrabbiners.
Die
Stadt ist überaus ausgedehnt, da die ältern Viertel meist aus einstöckigen Häusern bestehen und
zahllose Gärten und Friedhöfe enthalten; in
Pera entstehen jetzt auch 5–7
Stockwerke hohe Zinshäuser. Die Zahl der
Gebäude
beläuft sich auf über 200000, darunter sind 34200 Kaufläden und
Magazine, 175
Bäder, etwa 320
Paläste undKiosks, 280 Regierungsgebäude, 198
Kasernen
und Kolluks (Wachthäuser), 673 Moscheen und 560 verschiedene türk. Schulgebäude. 146 Seminare
(Medresse-Priesterschulen, meist Dependenzen der Moscheen), 65
Bibliotheken, 230 Derwischklöster, 16 Hospitäler, 169 christl.
Kirchen undSynagogen. Die Anzahl der griech.
Kirchen beläuft sich auf 60, die der armenischen auf 40. Die Katholiken haben 10
Kirchen und 6 Klöster.
Stadtteile. Das eigentliche ältere Konstantinopel,
Stambul, bildet ein Dreieck
[* 9] von der Serailspitze (Serail
Burun) am
GoldenenHorn entlang
bis nach Aiwan Serail und von hier die
Theodosianische Mauer (s. S. 588b) entlang bis nach Jedikule am
Marmarameer. Es hat
meist enge und ganz regellos angelegteStraßen. Von den drei breitern, fast parallel von O. nach W. laufenden
Hauptstraßen ist die bedeutendste diejenige, welche von der
Brücke
[* 10] an der Jeni-Dschami, dann an der
Sophienkirche vorbei
nach dem schönsten Platze
Stambuls, dem Seraskierats- (Kriegsministeriums-) Platze führt.
Von hier aus läuft eine Hauptstraße westlich weiter bis ans
GoldeneThor
(Portaaurea), eine zweite über
das Quartier
Akserai
(Forum
[* 11] Bovis) bis nach
Top-Kapussi
(PortaRomana). Bei
Akserai zweigt eine Linie nach S. ab, nach Jedikule.
Abgesehen von den
Höfen vor den Moscheen, wo sich fast immer ein reges Marktleben entwickelt, sind an Plätzen in
Stambul
nennenswert: der Seraskierats-Platz, derAtmeidan (ehemals
Hippodrom, s. Rennbahn) und der äußere
Hof
[* 12] des alten Serail (s. d.).
An Denkmälern aus vortürk. Zeit ist Konstantinopel arm; zu denselben zählen die Obelisken des
Hippodrom (z. B. der
Theodosius' d. Gr.,
ein granitener
Monolith von 30 m Höhe) und das Bruchstück der bronzenen
Schlangensäule (5,5 m), des platäischen
Weihgeschenks an
Apollon;
[* 13] ferner die
SäuleKonstantins, die sog. verbrannte (türk. Tschemberli-Tasch),
die Gotensäule des
Claudius (?) im äußern
Hofe des alten Serail und die Marciansäule (türk.
Kiß-Tasch). Überbleibsel
aus alter Zeit sind ferner die
Burg der sieben
Türme (in Jedikule); die noch heute benutzte, von den
KaisernValens und Justinian
erbaute Wasserleitung,
[* 14] die Reste des Kaiserpalastes (Hebdomonpalast) der Blachernen (Tekfur Serail),
die berühmte
Kirche des
Klosters St. Johannis
Studios (jetzt
Achor-Moschee), endlich die Ruine des
PalastesHormisdas am
Meere,
unweit der kleinen Agia
Sofia.
Von den Moscheen waren ursprünglich christl.
Kirchen die Agia
Sofia (s.
Sophienkirche), die kleine
Sophienkirche (Kütschük
Agia
Sofia, ehemals
Kirche des Sergius und
Bacchus), die Moschee
Kachrijeh-Dschami am
AdrianopelerThore, einst
byzant. Klosterkirche, mit wertvollen bis 1860 von der Kalkdecke verdeckten Mosaik- und Freskobildern, ferner die Irenenkirche
im äußern Serailhofe (jetzt Zeughaus), die Kilisse-Medschid (ehemalige
Kirche des
Theotokos, s.Tafel:
Byzantinische Kunst,
[* 1]
Fig. 2
u. 6). Aus türk. Zeit stammen die Moscheen Soleimans
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
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mehr
586 (Suleimanieh, erbaut 1550–66), Achmeds I. (1609–14), mit herrlichem Vorhof (Haram) und vielen Nebengebäuden, Mohammeds
II. (1463–69, ein Gewölbebau, s. Tafel: Arabische Kunst I,
[* 15]
Fig. 2), Mahmudijeh, Selims I. (1520–23), Bajazets II. (1497–1505),
die Taubenmoschee genannt, die Nur-i-Osmanie (1755), die Schah-Sade (1543–48), die Valide (1870) und die Jeni-Dschami der
Sultan-Valide (1616–65), mit Mausoleum unweit der NeuenBrücke. Architektonisch wertvoll sind auch viele
öffentliche Brunnen (Sebil), fromme Stiftungen, namentlich der Achmedbrunnen (erbaut 1728) und verschiedene Mausoleen (Turbe),
namentlich das SultanMahmuds des Reformers, ein achteckiger Bau aus weißem Marmor. Zu den bemerkenswerten Gebäuden gehören
auch der GroßeBazar (Böjük Tscharschi), ein riesiges Gewölbe
[* 16] mit vielen Straßen und über 3000 Verkaufsläden,
der ÄgyptischeBazar (Missir-Tscharschi) mit Gewürzwaren, das Gebäude der «HohenPforte» in der Nähe der Agia Sophia und das
alte Serail mit der kaiserl. Schatzkammer. Im äußern Serailhofe stehen der Tschinili-Kiosk mit dem Antikenmuseum und das 1892 vollendete
neue Museum mit den berühmten Sarkophagen (den sog. Alexandersärgen) aus
Sidon, einer Ausstellung türk. Kunstprodukte, architektonischer Modelle, naturhistor.
Sammlungen u.s.w., ferner die Gebäude der Kunstschule (Académiedes beaux-arts). Direktor des Antikenmuseums und der Kunstschule
ist Hamdi Bey (s. d.). Das Janitscharen-Museum beim Atmeidan enthält eine Ausstellung von Kostümen aus der Zeit der Janitscharen.
Die Cisternen, meist großartige unterirdische Bauten zur Ansammlung von Wasservorrat für die Hauptstadt,
stammen meist aus griech. Zeit, so die Cisterne des Philoxenos (heute türk. Bin-bir-direk, d.i. 1001-Säule), Jerebatan-Serail
in der Nähe der Agia Sofia und die der 40 Märtyrer.
Ejub, die einzige auf dem südl. Ufer des GoldenenHorns unmittelbar an Stambul grenzende Vorstadt, erhielt
ihren Namen nach dem Fahnenträger des Propheten, dem der türk. Eroberer K.s hier eine Moschee bauen ließ, welche in ganz
Konstantinopel als die heiligste betrachtet wird und deren Besuch keinem Nichtmohammedaner gestattet ist. Ejub ist
in Europa
[* 17] die bevorzugteste Begräbnisstätte der Mohammedaner. Hier ist die Stätte des alten Kosmidion,
wo die Kreuzfahrer unter Gottfried von Bouillon ihr Lager
[* 18] aufschlugen. In der Ejub-Moschee findet hier beim Regierungsantritt
des Sultans die Ceremonie der
Umgürtung mit dem Schwerte des Osman statt.
Stambul mit Ejub wird von seinen nördl. Vororten durch das Goldene Horn getrennt, einen etwa 7 km langen
und bis zu 60 m tiefen und geschützten Hafen, im AltertumChrysokeras genannt. Am westl. Ende desselben öffnet sich das Thal
[* 19] der «Süßen Wasser (Kiathane-su) Europas» und des Ali-Bey-su (des Kydaros und Barbyses der Alten), ein durch frühere Sultane
bevorzugter und durch Anlagen verschönerter Ort, heute beliebter Ausflugspunkt der Türken. Das Goldene Horn
zerfällt in den nordwestlich von der Alten Brücke gelegenen Kriegshafen und den zwischen jener und der NeuenBrücke befindlichen
Handelshafen. Behufs Einfahrt größerer Schiffe
[* 20] können beide Brücken
[* 21] in der Mitte geöffnet werden. Seit Anfang 1893 baut
man an einem Hafenquai. Die beiden wichtigsten Stadtteile jenseit des GoldenenHorns sind Galata und Pera.
(s. nachstehenden Situationsplan).
Galata ist in Stein erbaut, mit zum Teil in Treppenstufen zum Hafen abfallenden engen Gassen, aber auch neuen geradlinigen Straßen,
zählt 35000 E. und nimmt heute den ganzen Raum zwischen Pera, der von Türken bewohnten Vorstadt Top-Hane und
dem Arsenal ein. Galata ist Hauptsitz der großen Handelsfirmen; hier hat namentlich der Geldverkehr seinen Mittelpunkt.
In der Nähe der NeuenBrücke liegt der Kaviar-Chan und die Börse. Am Meere liegen die Gebäude der Douane, der Schiffsagenturen,
auch die österr.
Post; weiter hinauf die kaiserl. Ottomanische Bank, das deutsche, franz. und engl.
Postamt und das engl. Konsulat. Galata, unter dem Namen Sykai (Feigenort) schon als dreizehnte Region genannt, von Justinian
verschönert und mit Stadtrechten versehen, liegt an einem Hügel, den der von Anastasios Dikoros (um 514) gegründete und später
(1348) von den Genuesen bedeutend erhöhte Christusturm krönt. 717 wird zum erstenmal das sich an den
Turm
[* 22] anschließende «Kastellion des Galatas» erwähnt. Der Name«Pera» (d. h. jenseits, drüben), ursprünglich für das nördl.
Ufer überhaupt gebraucht, beschränkte sich später auf Galata und ging erst nach 1453 auf die neue Ansiedelung nördlich
vom Christusturm über. 1261 wurde den genuesischen Kolonisten, die seit 1149 in und zwar an der Stelle
des Bahnhofs
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
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