Bereits im 18. Jahrh. aber mußte es den größten
Teil seiner nordamerik. Besitzungen infolge unglücklicher
Kriege an England
abtreten und wurde von diesem auch aus
Ostindien
[* 6] verdrängt. Erst im 19. Jahrh. begann wieder eine sehr
energische
Kolonialpolitik. Die Nordküste von
Afrika
[* 7] unterwarf es durch die Eroberung von
Algerien
[* 8] (1830) und die Übernahme
der Schutzherrschaft über
Tunis seinem vorherrschenden Einfluß. An der Westküste dehnte es die alten Besitzungen in
Senegambien
aus, occupierte die ganze
Elfenbeinküste und erwarb Gebietsteile am
Kongo. Neuerdings hat es das Königreich
Dahome seiner Schutzherrschaft unterworfen und 1885 das Protektorat über
Madagaskar
[* 9] übernommen. In Hinterindien
[* 10] erwarb
Frankreich
Cochinchina von
Annam und (1883 und 1884) das Protektorat über ganz
Annam und
Tongking.
[* 11] - England schritt erst im Anfang des 17. Jahrh.
zur Erwerbung von und zwar zuerst in
Ostindien, wo die 1602 mit einem Freibrief versehene
Ostindische Compagnie
die ersten
Niederlassungen begründete.
Schon vorher hatten zwar Besitzergreifungen in Nordamerika
[* 12] stattgefunden, eine
Ansiedelung engl. Auswanderer erfolgte jedoch
erst im Anfange des 17. Jahrh.
Bald faßte es auch in Westindien
[* 13]
(Barbados 1605) und in
Afrika (erste
Niederlassung am
Gambia
1631) festen Fuß und richtete, nachdem es den
Spaniern und
Holländern die Vorherrschaft zur See entrissen
hatte, seine gesamte auswärtige und Wirtschaftspolitik auf die Erwerbung überseeischer Gebiete. Die kriegerischen Verwicklungen
der Kontinentalmächte verstand England stets mit großem polit.
Geschick zur Erweiterung seiner Kolonialmacht zu benutzen. So entriß es den
Spaniern Jamaika (1655), den
HolländernNeu-Amsterdam
(Neuyork
[* 14] 1667), verdrängte die
Franzosen aus
Ostindien und zwang diese Macht im
Pariser Frieden von 1763 zur
Abtretung von
Canada
und
KapBreton. Einen größern
Verlust erlitt England nur durch den
Abfall der später zu den
Vereinigten Staaten
[* 15] zusammengetretenen 13 nordamerik.
Provinzen; es glich diesen
Verlust jedoch bald wieder aus im 19. Jahrh., in welchem der engl.
Kolonialbesitz
[* 16] durch zahlreiche Erwerbungen, von denen nur
Australien
[* 17] mit Neuseeland und
Tasmanien, die Besitzergreifungen
in
Indien und
Afrika und zahlreicher
Inseln in der
Südsee genannt seien, eine solche
Ausdehnung
[* 18] erhalten hat, daß England heute
mit seinen Besitzungen den vierten
Teil der Menschheit beherrscht.
innere, die Ansetzung einer bäuerlichen
Bevölkerung in solchen Gegenden der europ.
Kulturstaaten, in denen noch ungenügend ausgenutztes anbaufähiges Land vorhanden ist, oder wo das übermäßige Vorherrschen
des Großgrundbesitzes socialpolit. Übelstände hervorruft, die durch die Schaffung kleinerer und mittlerer bäuerlicher
Besitzungen gehoben oder gemildert werden können. Früher war mit solchen Kolonisation meistens auch das Herbeiziehen
fremder Einwanderer verbunden, deren
Ansiedelung damals dem
Staate auch aus bevölkerungspolit.
Gründen wünschenswert schien und durch oft bedeutende
Vorteile und
Beihilfen unterstützt wurde. So insbesondere in
Preußen
[* 30] unter dem
Großen Kurfürsten und seinen drei nächsten Nachfolgern. Die letzte Masseneinwanderung war die der 20000
Salzburger
1732, von denen 15000 allein in Ostpreußen
[* 31] und
Litauen angesiedelt wurden. Unter
Friedrich d. Gr. ging
der Zuzug fremder Ansiedler ohne solchen plötzlichen Andrang, aber stetig von statten, und im ganzen wird die Zahl der auf
Grund von Kolonistenbenefizien von 1740 bis 1786 angesetzten
Personen auf 300000 veranschlagt.
Seit dem Anfange des 19. Jahrh. trat wie auf vielen andern Gebieten der
wirtschaftlichen Staatsthätigkeit unter dem Einfluß der individualistischen
Lehren
[* 32] auch für die innere Kolonisation ein gänzlicher
Stillstand ein. Erst in der neuesten Zeit ist sie wieder, wenn auch aus veränderten Motiven, Gegenstand eines lebhaftern
Interesses geworden. Zunächst hat man angesichts der starken
Auswanderung auf die großen Bodenflächen hingewiesen,
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
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mehr
die in Deutschland noch der Kultur gewonnen werden und zahlreichen bäuerlichen Familien einen ausreichenden Unterhalt verschaffen
könnten. So giebt es allein in der Provinz Hannover
[* 34] über 560000 ha Moorflächen, die größtenteils mit Erfolg kultiviert
werden können, wie die blühenden holländ. Moorkolonien und auch mehrere in Deutschland selbst gelungene Unternehmungen dieser
Art beweisen. (S. Fehn- und Moorkolonien.) Mit noch größerm Gewicht aber hat man die socialpolit.
Rücksicht auf die Verbesserung der Grundbesitzverteilung in denjenigen, vornehmlich östlich der Elbe gelegenen Gebieten
geltend gemacht, wo der bäuerliche Grundbesitz neben den großen Gütern nicht genügend vertreten ist. Die hierdurch bedingten
Klassengegensätze mußten in einer Zeit der Entwicklung ähnlicher Gegensätze in den Städten und Industriebezirken
lebhafte Bedenken erregen, um so mehr, als jene ungleichmäßige Bodenbesitzverteilung zweifellos eine der Hauptursachen
für die fortschreitende Entvölkerung der betreffenden Landdistrikte bildet.
In der Absicht, hier helfend einzugreifen, hatte die preuß. Regierung schon in den dreißiger
und vierziger, dann in den siebziger Jahren einige Domänen, namentlich in Neuvorpommern, parzelliert
und in Bauerndörfer verwandelt, übrigens mangels aller Kautelen gegen Zersplitterung und Überschuldung der neuen Stellen
zum Teil mit entschiedenem Mißerfolg. Eine energische Wiederaufnahme der staatlichen Kolonisationsthätigkeit erfolgte erst
mit dem Gesetz vom zur «Beförderung deutscher Ansiedelungen in Posen
[* 35] und Westpreußen» (s. Ansiedelung).
Eine noch größere Bedeutung hat jedoch das für den ganzen Staat geltende Gesetz vom betreffend die Beförderung
der Errichtung von Rentengütern (s. d.). Als Ansiedelungsbehörden fungieren
hier die Generalkommissionen (s. d.). Sie begnügen sich entweder mit einer allgemeinen
Prüfung des von Privaten durchgeführten Ansiedelungswerkes mit Rücksicht auf die gewünschte Kreditgewährung
und die Existenzfähigkeit der neuen Stellen, oder nehmen auf Wunsch auch das ganze zur Rentengutsbildung erforderliche rechtliche
und technische Verfahren in ihre Hand,
[* 36] und letzteres ist thatsächlich zur Regel geworden. Zum Ankauf von zu parzellierenden
Gütern sind die Generalkommissionen nicht befugt, sie vermitteln nur und fördern die Übereignung
von Land an Leute aus dem Arbeiter- und Bauernstand.
Gewaltige Umwälzungen sind in den Besitzverhältnissen der Großgüterdistrikte nach jenem Gesetz angebahnt worden. Schon
im ersten Jahre nach seinem Erlaß sind in den sechs östl. Provinzen nicht weniger als 140-150000 ha Gutsland zur Parzellierung
bei den Generalkommissionen angemeldet worden, genügend, auch wenn davon nur zwei Drittel zur Besiedelung
geeignet sein sollten, für etwa 12000 Bauernfamilien. Der Grund für die bedeutenden Angebote von Land ist teils in der übeln
Lage vieler Großgrundbesitzer, teils darin zu erblicken, daß die Landgüter bei stückweiser Veräußerung höhere Preise
bringen als bei einem Verkauf im ganzen.
Namentlich bedeutet die Abstoßung der meist ohne allen Gewinn bewirtschafteten Außenschläge eine wahre Entlastung für
viele Besitzer. Die Lostrennung dieser Flächen war bisher unmöglich, weil, sofern es sich nicht um ganz kleine Stücke handelte,
dazu die Genehmigung der Hypothekengläubiger oder Fideikommiß-Anwärter gefordert wurde. In dieser
Richtung hat das
«Rentengutsgesetz» vom insofern Abhilfe getroffen, als die Abstoßung auch größerer Trennstücke unter Befreiung
von den auf dem Hauptgut ruhenden Lasten jedesmal gestattet ist, wenn die Generalkommission, bez. bei landschaftlich beliehenen
Gütern die Kreditdirektion, ein Unschädlichkeitsattest erteilt.
Während vor und kurz nach dem Erlaß des Gesetzes vielen die Bildung von bloßen Arbeiterstellen als Hauptaufgabe
erschien, haben neuere Untersuchungen, namentlich die unten citierte Seringsche Schrift, ergeben, daß solche unselbständige
Besitzungen nur dann eine Verbesserung des socialen Zustandes mit sich bringen werden, wenn sie sich in beschränkter, der
Arbeitsnachfrage angepaßter Zahl an bäuerliche Gemeinden angliedern. Seitdem wird allgemein als wesentlichstes
Ziel der Kolonisation die Verstärkung
[* 37] des mittlern Besitzes, die Mehrung und Vergrößerung der bäuerlichen Gemeinwesen angesehen.
Das Gesetz und die Ausführungsanweisungen bestimmen nur, daß die Begründung reiner Häuslerstellen überhaupt unterbleiben
muß; die eigentliche «Grundlage der wirtschaftlichen Existenz» des Ansiedlers
soll in dem Rentengute liegen, die Arbeit außerhalb nur eine Ergänzung der Einnahmen von der Landstelle
bilden. Eine Ausnahme ist jedoch ausdrücklich zugelassen für die Ansetzung von Handwerkern als notwendiger Bestandteile
der zu bildenden Kolonien; außerdem hat man aber auch städtische Arbeiter auf kleinen Rentengütern in der Nähe größerer
Städte (Bromberg,
[* 38] Elbing)
[* 39] unter sehr vorteilhaften Bedingungen angesiedelt.
Bis Ende 1892 waren unter Vermittelung der Generalkommissionen im ganzen 3068 Punktationen und Kaufverträge
über 29619 ha für einen Kaufpreis von etwa 19 Mill. M. abgeschlossen. Solange die Bankrente (s.
Bodenrentenbanken) auf den neuen Stellen haftet, können sie nur mit Genehmigung der Generalkommission parzelliert oder ihrer
wirtschaftlichen Selbständigkeit entkleidet werden.
Außerhalb Preußens
[* 40] hat man schon seit älterer Zeit in Mecklenburg-Schwerin, und zwar in den zum großherzogl.
Domanium gehörigen Dorfschaften, eine planmäßige Mehrung der kleinern Stellen angestrebt. Hauptsächlich um der Auswanderung
entgegenzuwirken sind dort bis Ende 1892 7262 Büdnereien (mit durchschnittlich 4,34 ha) und 7704 Häuslerstellen (mit 0,13
ha Gartenland) errichtet worden, jene zum Teil schon seit Mitte des vorigen Jahrhunderts, diese seit 1846. Während
die Büdnereien im ganzen nicht besonders gedeihen, weil die Größe ihres Besitztums unrichtig bemessen ist, hat sich die
Schaffung der Häuslereien ausgezeichnet bewährt; es ist hier ein Stamm von gut situierten tüchtigen Arbeitern (auch Handwerkern)
entstanden, die am Gemeindeleben einschließlich der Gemeindenutzungen vollen Anteil nehmen und gegenüber
der gewaltigen Flut der Abwanderung vom Lande einen gewissen Halt bieten. Eine durchgreifende Abhilfe würde jedoch nur durch
Begründung von bäuerlichen Gemeinden auch im ritterschaftlichen Gebiete Mecklenburgs zu schaffen sein.
Ähnliche Bestrebungen haben neuerdings in Rußland und England zu bedeutenden legislatorischen Maßnahmen der
innern Kolonisation geführt. In Rußland wurde 1889 ein Gesetz erlassen, welches die Besiedelung der sibir. Domänen erleichtern soll.
Wichtiger und dem Gebiet der eigentlich innern Kolonisation angehörend ist ein Gesetz vom 18. Mai
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
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