fessionell reform. Standpunkte aus Geschichte geschrieben. Hasse verband den luth. Konfessionalismus
mit Hegelschen Formeln; Reuter stellte seine umfassende Gelehrsamkeit in den Dienst moderner Gläubigkeit. Echt histor.
Geist
atmen wieder die vielseitigen
Arbeiten von
Nippold (s. d.) und die farbenreichen
Darstellungen von
Hausrath (s. d.). Am meisten
ist in neuerer Zeit für die Durchforschung einzelner
Teile der Kirchengeschichte geleistet worden. Aus Neanders Schule
gingen eine Reihe gründlicher monographischer
Arbeiten über hervorragende Persönlichkeiten und deren Zeitverhältnisse,
aus der Baurschen tief eindringende dogmengeschichtliche Untersuchungen und namentlich die mit außerordentlicher Genauigkeit
angestellten Forschungen über die drei ersten Jahrhunderte der
Kirche hervor. Außerdem ist namentlich das Gebiet
der Reformationsgeschichte durch Köstlin (s. d.),
Kawerau (s. d.) u. a. angebaut worden. Die
neuesten Bearbeitungen der Kirchengeschichte sind die Werke von
Möller, Lehrbuch der Kirchengeschichte (2 Bde.,
Freiberg
[* 2] 1889
u. 1891), von
Müller, Grundriß
der Kirchengeschichte (Bd. 1, ebd. 1892) und der Grundriß
von
Sohm (8. Aufl., Lpz. 1893). «Zeittafeln
und Überblicke zur Kirchengeschichte» gab
Weingarten (4. Aufl., Lpz. 1891) heraus. -
Vgl. auch Bratke, Wegweiser zur
Quellen- und Litteraturkunde der Kirchengeschichte (Gotha
[* 3] 1890).
Eine Zeitschrift für die histor.
Theologie erschien früher von Illgen,
Niedner und Kahnis, an deren
Stelle seit 1876 die von
Brieger herausgegebene Zeitschrift für Kirchengeschichte (Bd.
14, Gotha 1893) trat.
Der katholische Standpunkt der Geschichtsauffassung wurde am Anfange des 19. Jahrh. durch
den
GrafenFr. L.Stolberg
[* 4] (s. d.) und Katerkamp im
Geiste schwärmerischer Innigkeit, neuerdings mit reichern wissenschaftlichen
Mitteln, aber auch im schärfer ausgeprägten kirchlichen Interesse durch Ritter, Locherer,
Alzog (s. d.),
Döllinger (s. d.,
in seiner frühern, ultramontanenPeriode), Fr. X.
Kraus (s. d.), Hergenröther (s. d.)
und
Brück (s. d.), in
Frankreich namentlich durch Henrion und Rohrbacher vertreten.
Die Fähigkeit, Rechtsvorschriften (Kirchengesetze) ganz unabhängig vom
Staate zu erzeugen, behauptet
die kath.
Kirche für sich kraft göttlichen
Rechts. Auf dieser Grundlage erhob sich der großartige
Bau des mittelalterlichen
Kirchenrechts, dessen hauptsächlichste
Bestandteile, päpstl. Dekretalen und Konzilienbeschlüsse, beide
den Charakter von Kirchengesetzen hatten. Die äußere Form der Kirchengesetze ist die der
Bullen (s. d.) oder
Breven (s. d.).
Seit der Reformationszeit erkennen auch die kath.
Staaten jene Unabhängigkeit der
Kirche hinsichtlich der Rechtserzeugung
nicht mehr an und haben in verschiedenen Formen die
Mittel gesucht, den Einklang der Kirchengesetze mit
dem staatlichen
Recht zu wahren.
Besonders sind hier zu nennen das präventive Placet (s. d.), welches heute noch
in vielen
Staaten gilt, sowie der repressive recursus ab abusu oder
Appel comme d’abus (s. d.). Die
Kirche hat diese
Staatsaufsicht
absolut und principiell zurückgewiesen als Verletzung ihres göttlichen
Rechts. Einen durchgreifenden
Erfolg haben übrigens auch die
Staaten mit jenen Institutionen nicht zu gewinnen vermocht. Der Gegensatz der Principien ist
unausgleichbar. In der Praxis erfolgt der
Ausgleich in der
Weise, daß der
Staat die
Autonomie (s. d.) der kath.
Kirche im
Rahmen
der Staatsgesetzgebung anerkennt, diejenigen Kirchengesetze aber, welche gegen letztere verstoßen, als
nichtig betrachtet und gegen deren
Durchführung erforderlichen Falls einschreitet.
Für die evangelische
Kirche ist der selbständige
Begriff Kirchengesetze erst neuerdings von Bedeutung geworden.
Bis in die
neueste Zeit erfolgte für die evang.
Kirche auch die innerkirchliche Rechtsbildung nur in den Formen der staatlichen Gesetzgebung,
sei es des konstitutionellen Gesetzes, sei es des landesherrlichen
bez. ministeriellen Verordnungsrechts.
(S. Kirchenordnungen.) Auf
Grund der in den neuern
Staatsverfassungen auch der evang.
Kirche garantierten «Selbständigkeit»
ist jetzt in fast allen evang. Landeskirchen auch eine selbständige Form der kirchlichen
Rechtsbildung geschaffen worden.
Danach werden Kirchengesetze erlassen vom Landesherrn als dem Oberbischof der evang.
Kirche unter Zustimmung der
General- oder Landessynode, also in genauer Nachbildung der konstitutionellen Form der Staatsgesetzgebung.
Publiziert werden die Kirchengesetze in einem besondern kirchlichen Gesetzblatt durch die oberste Kirchenbehörde. Sie dürfen
erst dann dem Landesherrn zur Sanktion unterbreitet werden, wenn sie das staatliche Placet, in
Preußen
[* 5] durch das gesamte
Staatsministerium nach völlig freiem Ermessen («Zweckmäßigkeit»),
empfangen haben. Für gewisse Gegenstände müssen, bevor landeskirchliche Regelung erfolgt, provinzielle Organe (Provinzialsynoden)
befragt werden; in andern
(Gesangbücher, Katechismuserklärungen) hat jede einzelne Gemeinde ein Vetorecht. Für Kirchengesetze,
welche eine über eine bestimmte Grenze reichende
Besteuerung zum Gegenstand haben, ist mehrfach die vorherige Bewilligung
durch ein Staatsgesetz gefordert; ebenso für Änderungen der Kirchenverfassung. Im übrigen hat man
in den verschiedenen neuern Gesetzgebungen den Versuch gemacht, den
Umfang der selbständigen Kirchengesetzgebung durch positive Aufzählung
der einzelnen Materien sicher zu bestimmen; und wenn auch in den hierüber vorhandenen Vorschriften eine erschöpfende Lösung
des schwierigen Problems noch nicht gefunden werden kann, so bietet doch diese Methode jedenfalls eine
weit sicherere
Basis für die Praxis als die vieldeutige frühere Unterscheidung zwischen «äußern»
und «innern» Kirchenangelegenheiten. -
Vgl. Bierling, Das Gesetzgebungsrecht evang. Landeskirchen (Lpz.
1869).
Nach kath.
Lehre
[* 6] ist die
Kirche die von
Christus gestiftete, von ihm und seinen Nachfolgern,
den
Aposteln (weiterhin Papst und
Bischöfen), regierte Anstalt zur
Erlösung der Menschheit. Dazu hat sie die
Vollmacht erhalten,
die
Menschen zu heiligen und zu belehren (potestas ordinis) und zu regieren (potestas jurisdictionis). Die erstere Befugnis
steht in ihrer Fülle den
Bischöfen zu und wird von diesen auf die Priester übertragen. Die zweite steht
Papst und
Bischöfen zu. Die histor.
Entwicklung, welche im
VatikanischenKonzil zum
Abschluß gekommen ist, hat letzteres dahin
modifiziert, daß die in ihrer
Totalität an den Papst gelangt ist und von diesem teils persönlich, teils durch seine
Bischöfe
ausgeübt wird. - Nach der
Lehre der evang.
Kirche besitzt diese die Schlüsselgewalt (ecclesia habet claves),
d. h. die Befugnis einerseits zu predigen und die
Sakramente zu spenden und andererseits die
Sünden zu vergeben und den
Kirchenbann
auszusprechen. Diese Gewalt ist principiell der
Kirche,
d. i. der Gemeinde der Gläubigen, zuständig, Predigt- und Sakramentsverwal-
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
¶
mehr
tung soll aber der Ordnung wegen durch das geistliche Amt ausgeübt werden. Ferner hat die Kirche die Regierungsgewalt (Kirchenregiment).
Diese ist den deutschen Landesherren zugefallen und wird selbst von den kath. Königen von
Sachsen
[* 8] und Bayern
[* 9] mit gewissen Beschränkungen ausgeübt.