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Auf einer Anhöhe das Zipser Schloß (magyar. Szepes Káptalan), die spätgot. Domkirche St. Martin (13. bis 15. Jahrh.) mit interessanten Wandgemälden (14. Jahrh.), der Palast des Bischofs und der Domherren und das Seminar.
Auf einer Anhöhe das Zipser Schloß (magyar. Szepes Káptalan), die spätgot. Domkirche St. Martin (13. bis 15. Jahrh.) mit interessanten Wandgemälden (14. Jahrh.), der Palast des Bischofs und der Domherren und das Seminar.
Das mit dem Christentum fast zu allen german. Völkern (mit Ausnahme der Goten) gekommene Wort Kirche (althochdeutsch chirihhâ, auch chilihhâ; alamann. noch jetzt chilche) scheint ursprünglich aus dem Griechischen (kyriakē [oikía], «Herrenhaus») herübergenommen zu sein, hat aber in jeder Beziehung die Bedeutung des aus dem Griechischen ins Lateinische übergegangenen ecclesia (s. d.; daher ital. chiesa; franz. église; span. iglesia) gewonnen: gottesdienstliches Gebäude, religiöse Gemeinde;
organisierte Gesamtheit der Christenheit überhaupt oder in einem Volke oder Lande;
endlich diese Organisation selbst als Institution betrachtet.
Mit dem Aufkommen der beiden letztern Bedeutungen beginnt die belangreiche Geschichte des dogmatischen Begriffs der Kirche Jesus selbst wollte keine Kirche gründen, sondern nur die Ankunft des «göttlichen Reichs», worunter er das zu einer umfassenden sittlich-religiösen Menschengemeinschaft vergeistigte Messiasreich verstand, und die Bedingungen zum Eintritt in dasselbe verkündigen. Erst der Verfasser des Kolosserbriefs bezeichnet mit dem Worte einen die überirdische und irdische Geisteswelt umfassenden Organismus, der in Christus sein Haupt hat.
Dieser ideale Kirchenbegriff aber wurde alsbald direkt auf die irdische christl. Gesamtheit bezogen, woraus sich der kath. Begriff von Kirche ergab. (S. Katholische Kirche.) Die Kirche wird hier als äußere, von Christus selbst gestiftete, von den Aposteln und ihren Nachfolgern, den Bischöfen, regierte, mit wunderbaren Kräften aus der übersinnlichen Welt, mit dem Schatze der reinen und unfehlbaren Lehrüberlieferung und allerlei richterlichen Befugnissen über ihre Angehörigen ausgestattete Heilsanstalt gefaßt und ist bestimmt, diejenigen, die sich ihren Ordnungen gläubig unterwerfen, aus dem «Reiche der Welt» ins Himmelreich hinüberzuretten. Daher: «außer der Kirche ist kein Heil», womit aber nur den absichtlich der Kirche Fernbleibenden das Heil abgesprochen wird.
Diese Idee der «katholischen» Kirche war schon gegen Ende des 2. Jahrh. durch die Streitigkeiten über die echt apostolische Lehrüberlieferung ins Leben gerufen und im wesentlichen abgeschlossen. Das, was die Kirche zusammenhielt, war hiernach nicht der persönliche Glaube oder die subjektive Frömmigkeit ihrer einzelnen Glieder, [* 2] sondern ihre übernatürlich gestifteten Ordnungen, denen die einzelnen unbedingt sich unterwerfen sollten und in diesem Sinne wurde die Kirche Glaubensgegenstand. Im sog. Apostolischen Symbolum (s. d.) heißt es: «Ich glaube an eine heilige katholische (allgemeine);
in dem konstantinopolitanischen: «an eine heilige katholische und apostolische Kirche».
Seine vollkommene Ausbildung hat dieser Kirchenbegriff dann im Mittelalter erhalten. Die Kirche sollte jetzt direkt als die überirdische Ordnung Gottes auf Erden erscheinen, die in Gestalt der hierarchisch organisierten päpstl. Universalmonarchie bestimmt sei, das irdische Menschenleben nach allen seinen Beziehungen hin ebenso zu beherrschen, wie dem Geiste die Herrschaft über das Fleisch gebührt. Aber freilich zeigte sich immer mehr, daß diese irdische Erscheinung der Kirche ihrer Idee sehr wenig entsprach.
Wie die Kirche thatsächlich sich darstellte, war sie eine menschliche Gemeinschaft neben andern, denselben Gesetzen des Werdens und der Entwicklung, dem Irrtume und der Verderbnis gerade so unterworfen wie alles Menschliche überhaupt. Die auf die Kirche übertragenen idealen Prädikate der Einheit, Allgemeinheit (oder Katholicität), Apostolicität und Heiligkeit trafen auf ihre geschichtliche Erscheinung nicht zu, teils wegen ihrer innern Spaltung in mehrere Teilkirchen, teils wegen der immer deutlicher hervorgetretenen Abweichungen von der apostolischen Urgestalt im Laufe der Jahrhunderte, teils und vornehmlich aber wegen des immer greller sich geltend machenden Widerspruchs der eingetretenen Entartung mit dem religiösen Zweck.
So führte die Reformation des 16. Jahrh. zu einer wesentlichen Umgestaltung des bisherigen Kirchenbegriffs. Diese unterschied den religiösen Begriff der Kirche als «Gemeinschaft der Heiligen» aufs schärfste von der Kirche als äußerer, juridisch-polit. Institution. Luther hob an der Kirche eine äußere und eine innere Seite hervor, eine leibliche, äußerliche und eine geistliche, innerliche Christenheit. Letztere ist ihm die durch das Walten des Geistes Gottes in Wort und Sakrament gesammelte Gemeinde der Gläubigen. Demgemäß bestimmte die Augsburgische Konfession (Art. 7) den religiösen Begriff der Kirche als «die Versammlung aller Gläubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut des Evangelii gereicht werden».
Zwingli brachte für den Unterschied jener äußern und innern Kirche den Ausdruck sichtbare und unsichtbare auf; jene ist die Gesamtheit aller Getauften, diese die Gesamtheit aller Gläubigen, was auf reform. Seite durch die Lehre [* 3] von der Prädestination, wonach die wahrhaft Gläubigen nur Gott bekannt sind, erleichtert wurde. Diese Unterscheidung ward allmählich in der prot. Theologie herrschend. Diese machte daher den subjektiven Glauben der Einzelnen oder ihre persönliche Zugehörigkeit zu Christus als das alleinige Merkmal ihrer Zugehörigkeit zur wahren Kirche geltend, die nunmehr als eine rein geistige, keineswegs an diese oder jene äußere Kirchengestalt, sondern nur überhaupt an das Evangelium von Christus gebundene Gemeinschaft beschrieben wurde.
Ihr gegenüber erschien die sichtbare Kirche als die unvollkommene, menschliche Verwirklichung der wahren unsichtbaren Kirche als eine irrtumsfähige, Verderbnissen aller Art ausgesetzte äußere Gemeinschaft und Institution, in der wahrhaft Gläubige oder Glieder der unsichtbaren und Ungläubige oder «Heuchler» durcheinander gemischt seien. Andererseits fuhr man aber doch fort, die Zugehörigkeit der Einzelnen zur unsichtbaren Kirche von der Zugehörigkeit zur äußern auf Christi Wort und Sakrament gegründeten Gemeinschaft abhängig zu machen; daher der konfessionelle Protestantismus in seinem Kirchenbegriffe ein kath. Element noch bewahrt.
Inzwischen hatte der Rationalismus begonnen, nicht bloß an der geschichtlichen Entwicklung, sondern auch schon an der Entstehung der Kirche die menschliche Seite hervorzuheben. Während er aber gegen die kath. und altprot. Vorstellungen von der Kirche eine vielfach zutreffende Kritik richtete, betrachtete er die Kirche seinerseits nur als eine zu rein moralischen Zwecken gegründete Lehr- und Besserungsanstalt, an der daher alles, was nicht rein moralische Bedeutung hatte, als nur vorübergehend notwendige Zuthat immer mehr zu beseitigen sei. Die Beziehung auf «jene Welt» hielt jedoch auch der Ra-
Artitel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen. ¶
tionalismus fest, indem er die moralischen Zwecke der Kirche erst im Jenseits wirklich erreicht werden ließ. Dem gegenüber fand Schleiermacher in der Kirche die Gemeinschaft des von dem urbildlichen Christus ausgehenden vollkommenen religiösen Lebens, in welcher die geistigen Wirkungen dieser Lebensmacht das Unsichtbare, die äußere Erscheinung derselben dagegen das Sichtbare seien. Infolgedessen ward es in der neuern Theologie vielfach herkömmlich, im direkten Gegensatze zu den Neulutheranern, welche die Kirche einfach als Gesamtheit der Getauften fassen, die Kirche wieder als Gemeinschaft der Gläubigen, d. h. als Gemeinde zu betrachten, wobei aber Hegels Schule besonders betonte, daß sie keine «Gesellschaft», sondern «Gemeinschaft» sei, d. h. nicht durch zufälliges Zusammentreten gleichgestimmter Individuen, sondern durch die organisierende Macht einer objektiven «Idee», des «Reiches Gottes», begründet sei.
Klarer wird die Sache durch die Unterscheidung eines religiösen und eines ethisch-socialen Kirchenbegriffs. Nach dem erstern ist die Kirche allerdings ein objektiver, geistiger Organismus vermöge des in ihr sich wirksam erweisenden Geistes Christi, d. h. des geschichtlich durch Christus und durch das Evangelium von Christus bestimmten christl. Gemeingeistes, der sich als ein Gemeinschaft stiftendes und Gemeinschaft erhaltendes Princip erweist, das über den einzelnen Personen steht und sie zu einem geistigen Ganzen zusammenhält. Im ethisch-socialen Sinne dagegen ist die Kirche eine sittliche Gemeinschaftsform, wie «das Volk», «die Familie», «der Staat», die sämtlich nicht willkürlich von dem Menschen gemacht sind, sondern vermöge einer dem Menschenwesen innewohnenden allgemeinen Notwendigkeit sich verwirklichen. Im Unterschiede vom Staate als der Organisation des sittlichen Lebens eines bestimmten Volks ist die Kirche die Organisation des religiösen Gesamtlebens, das der Pflege und Fortpflanzung des christl. Glaubens dient.
Nach diesem ihrem allgemeingültigen Zwecke auf keinen bestimmten Staat und auf keine bestimmte Nationalität beschränkt, ist sie doch als äußere gesellschaftliche Organisation auf die jedesmal vorgefundenen Verhältnisse als ihre Existenzbedingungen angewiesen. Als geschichtlich-sittliche Gemeinschaft ist daher die Kirche niemals etwas fertig Vollendetes und unfehlbar Vollkommenes, sondern sie unterliegt dem Gesetze geschichtlicher Entwicklung vom Unvollkommenern zum Vollkommenern, und zwar in allen ihren Lebensbeziehungen und äußern Ordnungen. Die Entstehung einzelner Teilkirchen, wie der römisch-katholischen, der griechisch-orientalischen, der evangelisch-lutherischen und evangelisch-reformierten, ist durch die innern Gegensätze veranlaßt gewesen, in die das christl.-religiöse Leben geschichtlich auseinanderging.
Was die geschichtliche Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche betrifft, so wurde die Kirche anfangs von der Staatsgewalt bald verfolgt, bald nicht beachtet, seit Konstantin d. Gr. aber erst geduldet (Mailänder Edikt) und bald nachher durch Konstantins Nachfolger im «christl. Staate» selbst zur Staatsanstalt erhoben. Wie die äußere kirchliche Ordnung seitdem von der weltlichen Gewalt unter Zuziehung der Bischöfe als geistlicher Obern geregelt wurde, so handhabte man auch die kirchlichen Dogmen als Staatsgesetze. Im Mittelalter bildete sich allmählich ein Übergewicht der geistlichen über die weltliche Gewalt, und die Kirche stellte sich selbst als Universalmonarchie dar, der alle weltliche Staatsordnung nur dienstbar sei, wie dies in der Bulle Unam Sanctam Bonifacius’ VIII. von 1302 am schärfsten und stärksten ausgesprochen ist.
Als danach im 16. Jahrh. die polit. Interessen sich von den kirchlichen emancipiert hatten, geriet im Protestantismus die Kirche wieder in strenge Abhängigkeit von der Staatsgewalt, wogegen die katholische Kirche vermöge ihrer festen äußern Organisation sich der staatlichen Eingriffe zu erwehren suchte. In Deutschland [* 5] hat der moderne Staat das Verhältnis zur katholischen Kirche bis jetzt noch nie anders zu gestalten vermocht als im Sinne eines mehr oder minder günstigen modus vivendi. Leichter ist das Verhältnis des Staates zur evangelischen Kirche, die niemals als eine über die staatlichen Grenzen [* 6] hinausgehende jurist.-polit. Organisation existiert hat, zu regeln.