Evangelienbuch mit
Grammatik und
Glossar heraus (3 Bde., Regensb.
1858–81), eine
Übersetzung des
Otfried
(Prag
[* 2] 1870) und erwies durch zahlreiche Untersuchungen über die
Sprache
[* 3] der Notkerschen
Werke, daß diese nicht von einer Übersetzerschule, sondern von
Notker allein herrühren (u. a. «Die philos.
Kunstausdrücke in
Notkers Werken»,
Münch. 1886; «Die St.Galler deutschen
Schriften und
Notker Labeo», ebd.
1888; «Untersuchungen zur Überlieferung,
Übersetzung,
Grammatik der Psalmen
Notkers», Berl. 1889). Aus solchen Vorarbeiten
erwuchs seine «Geschichte der deutschen Litteratur von der ältesten Zeit bis
zur Mitte des 11. Jahrh.» (Berl. 1892). In die Reihe der
litterar.-histor. Untersuchungen gehört auch
«Über die
Quelle
[* 4] von
EzzosGesang von den Wundern Christi»
(Wien
[* 5] 1893). Seine
«VergleichendeGrammatik der german.
Sprachen» (Bd. 1,
Prag 1863) gehörte zu den ersten Versuchen, die Methode
der vergleichenden
Sprachwissenschaft auf die
deutsche Sprache anzuwenden. Er veröffentlichte ferner Benediktbeurer Predigten
(«Speculum ecclesiae»,
Münch. 1858) und beschrieb im «Serapeum» (1859–68) und in den
«Abhandlungen der böhm. Gesellschaft der Wissenschaften» (1872)
die deutschen und klassischen Handschriften der
PragerBibliotheken.
ein in der Regel unter dem Erdgeschoß gelegener, meist überwölbter Raum eines Hauses, der zur Aufbewahrung
von Vorräten oder als Arbeitsraum dient. Der Fußboden wird mitSteinen gepflastert oder Fliesen,
[* 6] Platten
u. s. w. belegt (s. Fußboden) und muß stets über dem höchsten
Stand des Grundwassers liegen. Behufs Verhinderung des Aufsteigens von Grundfeuchtigkeit versieht man denselben mit einer
Isolierschicht (s. d.). Die Höhe der Keller muß mindestens mannshoch
sein.
Man sorge außerdem für hinreichende
Ventilation; auch vermeide man die zu nahe
Lage an
Abtritt- und
Senkgruben.
Die für Kellerräume in Wohngebäuden geeignetste Gewölbkonstruktion ist das Kappengewölbe, weil dasselbe am wenigsten
Höhe erfordert, sich bequem beleuchten läßt und den meisten nutzbaren Raum gewährt. Bei mangelnder Höhe wölbt man die
Kappen zwischen Eisenträgern oder auch Eisenbahnschienen. Ist der Keller nicht von der Haupt-
oder Kellertreppe aus zugänglich, also ein besonderer überwölbter Zugang nötig, so erhält man einen sog.
Kellerhals. In England und
Amerika
[* 7] unterkellert man auch die an die Häuser anstoßenden
Trottoirs, in die man dann zur
Erleuchtung
Glasplatten
(Drahtglas) einlegt.
Die außerhalb der Wohngebäude angelegten ausgedehnten Kelleranlagen (s. Eiskeller)
[* 8] bedürfen eigener
Vorrichtungen, die zum Lagern von
Wein weniger einer ausreichenden
Beleuchtung
[* 9] als guten
Ventilation; Kartoffel- und Gemüsekeller
ebensowohl trockner
Lage wie guter
Beleuchtung. Berühmt sind die unter den Rathäusern oder Patricierhäusern alter
Städte
befindlichen, zum Weinschank
u. dgl. benutzten Keller, so besonders der
Bremer, Lübecker,
Münchener u. s. w. Ratskeller,
Auerbachs Keller (s. d.) in
Leipzig,
[* 10] der Esterházykeller in
Wien u. a. m. Auch die großen Schanklokale der
MünchenerBrauereien
heißen Keller (Löwenbräukeller, Hofbräukeller u. s. w.).
Adelbert von,
Germanist und Romanist, geb. zu Pleidelsheim im württemb. Oberamte
Marbach, studierte
1830–34 in
Tübingen
[* 11] unter
Uhlands Leitung die abendländ.Litteraturen des Mittelalters, durchforschte
in
Paris
[* 12] die handschriftlichen Schätze der dortigen
Bibliotheken für altfranz. Litteratur, habilitierte sich 1835 zu
Tübingen
für german. und roman. Litteratur, beutete 1840 in
Italien
[* 13] die mittelalterlichen, namentlich altfranz. Handschriften der
vatikanischen und der Markusbibliothek zu
Rom und
[* 14]
Venedig
[* 15] aus («Rômvart», Mannh. 1844),
wurde 1841 außerord. und 1844 ord.
Professor der deutschen Litteratur; bis 1850 war er zugleich Oberbibliothekar in
Tübingen. Seit 1849 präsidierte er dem
Litterarischen
Verein in
Stuttgart.
[* 16] Er starb in
Tübingen. Keller war ein schneller und fleißiger Herausgeber. So veröffentlichte
er u. a. «Li romans des sept sages» (Tüb.
1836),
die «Martina» von
Hugo von Langenstein (ebd. 1855),
«Karlmeinet» (ebd. 1858),
«Alte gute
Schwänke»
(2. Aufl., Heilbr. 1876) und die wichtige Sammlung der
«Fastnachtspiele aus dem 15. Jahrh.» (3 Bde.,
Stuttg. 1853; Nachlese 1858); ferner ließ er neu drucken die
SchriftenGrimmelshausens (4 Bde., ebd. 1854–62),
die
DramenAyrers (5 Bde., ebd. 1865) und die Werke des H.
Sachs (Bd. 1–14, ebd. 1871–82). Er übertrug «Sämtliche
Romane und Novellen» des
Cervantes (mit Notter, 12 Bde., Stuttg.
1839–42),
sammelte «Altfranz. Sagen» (2 Bde.,
Tüb. 1839–40) und einen «Ital.
Novellenschatz» (6
Tle., Lpz. 1851).
Uhlands dramat.
Entwürfe veröffentlichte er in dem
Buche«Uhland als Dramatiker» (Stuttg.
1877). Ein hinterlassenes «Verzeichnis altdeutscher Handschriften» hat
aus K.s Nachlaß E. Sievers herausgegeben (Tüb. 1890).
auch Damenporträte und dem modernen Leben entnommene
Genrescenen gelangen ihm vortrefflich. 1882–83 hatte Keller auch in
Paris einAtelier. In neuester Zeit folgten:
Römisches Bad (Museum in Königsberg),
[* 20] Faustina im
Tempel
[* 21] der Juno zu Präneste, Die Auferweckung der Tochter des Jairus (1886;
München,
NeuePinakothek), Hexenschlaf (1888), Legende der heil. Julia (1892).
Keller lieferte auch koloristisch sehr fein gehaltene Intérieurs und Architekturbilder und gilt für einen der ersten
Koloristen der modernen Schule. Er wurde bei den
Ausstellungen in
München,
Wien,
Berlin
[* 22] und
London
[* 23] und mehrfach
in
Paris ausgezeichnet und ist Ehrenmitglied der
MünchenerAkademie.
Ferd., schweiz. Archäolog, geb. 1800 in Schloß
Marthalen (Kanton
[* 24] Zürich),
studierte in Zürich,
Lausanne
[* 25] und
ParisTheologie und Geschichte, wurde 1826 Hauslehrer bei Lord
Seymour in
London, 1831
Lehrer an der Industrieschule in Zürich;
später privatisierte er. Keller starb in Zürich.
Er erwarb sich große
Bedeutung durch die 1853 durch ihn erfolgte Entdeckung der
Pfahlbauten.
[* 26] Seine zahlreichen für die Pfahlbautenkunde grundlegenden
Abhandlungen sind erschienen in den «Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft»
in Zürich,
Bd. 9–20 (Zür.
1854–79). In denselben «Mitteilungen» sowie im «Anzeiger
für
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
¶
mehr
schweiz. Geschichte und Altertumskunde» (Zür. 1855–68) und im «Anzeiger
für schweiz. Altertumskunde» (ebd. 1868 fg.) veröffentlichte er viele Abhandlungen über die helvet.-röm. und frühmittelalterliche
Periode der Schweizergeschichte. Besonders zu nennen sind noch: «Bauriß des
Klosters St. Gallen von 820» (Zür. 1844) und die «Archäol.
Karte der Ostschweiz» (ebd. 1874).
Ferd., Historienmaler, geb. zu Karlsruhe,
[* 28] lebte in der Jugend mehrere Jahre mit seinem VaterJoseph
Keller (geb. 1804, gest. und seinem ältern BruderFranzKeller-Leuzinger (geb. 1835, gest. die als Ingenieure
zu Straßen- und Brückenbauten nach Rio
[* 29] berufen worden waren, in Brasilien,
[* 30] studierte 1862 an der Karlsruher
Kunstschule zuerst unter Schirmer, in dessen Atelier er brasil. Landschaften malte, dann (seit 1863) unter dem Historienmaler
Canon, dann vier Jahre in Rom und lieferte hierauf eine Reihe von größern Schöpfungen, in welchen er das blühende KoloritCanons womöglich noch zu überbieten suchte.
Auf der Pariser Weltausstellung erregte 1867 sein Tod Philipps II. Aufsehen, welches Bild in Rio de Janeiro
den ersten Ausstellungspreis gewann. Hierauf folgten: Der Brand von Rom unter Nero (1873) und der Sieg des Markgrafen Ludwig
Wilhelm von Baden
[* 31] über die Türken bei Salankemen am (1879; Kunsthalle zu Karlsruhe). In Dresden
[* 32] siegte Keller bei der Konkurrenz für den neuen Vorhang des Theaters, den er 1876 auch ausführte, und malte dann (1880): Hero
findet die Leiche des Leander (in der Galerie der Akademie zu Wien).
Nachdem er sich in Karlsruhe und Heidelberg
[* 33] mit Erfolg auch als Freskomaler versucht hatte, feierte er 1886 mit
einem großen allegorischen Gemälde für die Aula der UniversitätHeidelberg, die Gründung der Universität durch einen Triumphzug
der Pallas Athene
[* 34] mit Studenten und Professoren vor dem von der Stadtgöttin gekrönten Kurfürsten Ruprecht darstellend, einen
Triumph in dekorativer und koloristisch stimmungsvoller Haltung, den er mit der Apotheose: Kaiser Wilhelm
der Siegreiche, Gründer des DeutschenReichs (1888; Nationalgalerie zu Berlin), nicht ganz wieder erreichte. Auch als Porträtmaler
ist Keller gesucht. Der Künstler lebt in Karlsruhe.
Friedr. Ludw.
von, Jurist und Staatsmann, geb. zu Zürich,
studierte zu Berlin und Göttingen,
[* 35] wurde 1825 Professor des Civilrechts
in Zürich,
1826 zugleich Amtsrichter daselbst. Keller wirkte beim Ausbruch der durch die franz. Julirevolution hervorgerufenen Bewegungen
an der Spitze der liberal-radikalen Partei in Zürich,
wurde 1830 in den GroßenRat gewählt und 1831 zum Präsidenten des Obergerichts
ernannt. 1843 folgte er einem Rufe als Professor der Rechte nach Halle,
[* 36] und 1847 siedelte er als Nachfolger
Puchtas nach Berlin über. Als Mitglied der preuß. Zweiten Kammer wie auch im Erfurter Parlament war er ein Hauptwortführer
der konservativen Partei. Bald darauf erfolgte seine Erhebung in den Adelstand unter dem Namen Keller vom Steinbock. Keller starb in
Berlin. Seine Hauptwerke sind: «ÜberLitis-Kontestation und Urteil» (Zür. 1827) und «Der röm.
Civilprozeß und die Aktionen» (Lpz. 1852; 6. Aufl., bearbeitet von A. Wach,
1883);
wertvoll sind auch seine «Semestria ad M. Tullium Ciceronem» (Bd.
1, Buch 1–3, Zür. 1843–51).
Außerdem veröffentlichte er «Monatschronik der Züricher Rechtspflege» (12 Bde.,
ebd. 1833–38),
«Grundriß zu Vorlesungen über Institutionen und Antiquitäten
des röm. Rechts» (Berl. 1854–58) und «Institutionen»
(Lpz. 1861). Friedberg
[* 38] gab K.s «Vorlesungen über die
Pandekten» (Lpz. 1861; 2. Aufl. in 2 Bdn.,
besorgt von Lewis, 1866–67) heraus.
Gottfr., Dichter, geb. zu Zürich,
bildete sich 1840–42
in München in der Malerei aus, kehrte dann nach Zürich
zurück und wandte sich nun litterar. Studien und poet. Versuchen zu. Nach 1848 lebte
Keller längere Zeit in Heidelberg und Berlin und erhielt 1861 das Amt des ersten Staatsschreibers des Kantons Zürich,
das er 1876 niederlegte.
Er starb in Zürich.
Ein Band
[* 39] «Gedichte» (Heidelb. 1846),
die «Neuern Gedichte» (Braunschw. 1851),
endlich die «Gesammelten Gedichte» (Berl. 1883; 3. Aufl.
1888) bekunden ihn als einen eindringenden Beobachter der Natur und des Menschenherzens, der die verschiedensten Seiten des
Lebens in kräftiger, origineller, zuweilen selbst bizarrer Auffassung und doch in künstlerischer Verklärung
wiederzugeben vermag. K.s Bedeutung liegt jedoch auf epischem Gebiet. Sein erster Roman: «Der grüne Heinrich», zunächst 1854 (4
Bde., Braunschw.) erschienen,
in der neuen Ausgabe (Stuttg. 1879–80) wesentlich umgestaltet, verarbeitet eine Masse von Gehörtem und Geschautem in einer
oft losen Form, die noch nicht dem Inhalt ebenbürtig ist, aber überreich an wunderbar wiedergegebenen
Lebensbildern und prächtigen Episoden.
In der jüngern Fassung ist die Technik vollendeter, die Einkleidung glatter und durchsichtiger. Künstlerisch noch bedeutender
sind K.s Erzählungen «Die Leute von Seldwyla» (Braunschw.
1856),
deren hervorragendste Stücke «Romeo und Julie auf dem Dorfe» und «Die
drei gerechten Kammmacher» vielleicht den Höhepunkt K.scher Dichterkraft bezeichnen, sowohl nach
der edel poetischen, wie nach der grotesk humoristischen Seite hin; die Neubearbeitung in vier Teilen (Stuttg. 1873–74; 9. Aufl., 2 Bde.,
Berl. 1891) fügte mehrere meist launige Genrebilder hinzu, die sich würdig den schalkhaft graziösen
«Sieben Legenden» (Stuttg. 1872; 4. Aufl., Berl.
1887) anreihen. Die beiden nächsten Werke wählten die Rahmenerzählung zur Einkleidung und boten gleichfalls Musterstücke
moderner Novellistik: «Züricher Novellen» (2 Bde., Stuttg.
1878; 5. Aufl., Berl. 1889) und «Das
Sinngedicht» (Berl. 1883; 10. Aufl. 1891). Ihnen folgte noch der Roman «Martin Salander» (ebd. 1886; 9. Aufl.
1891), der schon durch sein enges lokales Gepräge und durch die Schwäche der Erfindung und Komposition
hinter jenen frühern Schöpfungen zurücktritt: doch enthält auch er prachtvolle Charaktere und glänzende Details.
Durch sinnliche Energie, durch unerschöpfliche naturwüchsige Gestaltungskraft, durch seinen bald übermütigen, bald behaglichen
Humor ist Keller einer der größten deutschen Novellisten geworden, zumal eine männlich
feste, auch im Spott nie auflösende und im Schmerz nie verzagende Weltanschauung ihn trägt. K.s «Gesammelte Werke»
erschienen in 10 Bdn. (Berl. 1889–90),
dazu Bd. 11: «Nachgelassene Schriften und Dichtungen», darunter ein prachtvolles Trauerspielfragment (1. bis 5. Aufl., ebd.
1893),
hg. von Bächtold. Im Englischen erschien eine Auswahl u. d. T. «G.
Keller. A selection of his tales. Translated with a memoir by Kate Freilig-
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
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