Tschetschen oder Tschetschenzen. Sie bewohnen den Nordabhang der andischen Wasserscheide und die vorliegende Ebene, welche
von der Sunscha und deren Zuflüssen bewässert wird. Sie nennen sich selbst Nachtschuoi oder Nachtschi, vom Worte Nach =
Volk. Man teilt die Tschetschenzen in der Regel in Hochländer und Bewohner der Ebene und unterscheidet
fünf Hauptstämme: a. die eigentlichen Tschetschenzen (im Kreis Grosnyj);
b. die Auchower (Kreis Chasaw-Jurt);
c. die Itschkerier;
d. die Inguschen (Kreis Wladikawkas);
ferner die Bergtschetschenzen (Kisten, Tscheberloi, Dsumsoi und Gulgai).
Hierher rechnet
man auch einen Teil der Tuschen. Die Gesamtzahl der Tschetschenzen beträgt 224 131 Köpfe. Sie sind alle ohne Ausnahme Mohammedaner
(Sunniten). 2) Die Lesghier, welche nach ihren noch wenig erforschten Sprachen und nach ihren Wohnsitzen
in den abgeschlossenen Schluchten Dagestans in verschiedene Stämme geteilt werden. Hier sind die Awaren mit über 150 000
Köpfen, mit welchen die Didoier und Chwartiner (etwa 6000) nahe verwandt scheinen. Dann die Darginer (etwa 90 000),
die Kuriner (mit Rutulern und Zachuren, etwa 160 000), die Laken oder Kasi-Kumuchen etwa 35 000, die
Tabasaraner etwa 17 000 und die Udinen am Südabhang des östl. Kaukasus 7273 Seelen. – III. Ferner ist noch zu verzeichnen
eine dritte Gruppe von Völkern mongol. Stammes: 1) Reine Mongolen: die Kalmücken (11 837). Sie sind Buddhisten und teilen
sich in zwei Klassen: «Weiße Knochen», d. i. der Adel, und «Schwarze Knochen», d. i. das gemeine Volk.
2) Türkische Völker: Nogaier (über 70 000), mit ihnen verwandt sind die Kumyken (etwa 80 000), dann die Karatschaier
(20 000) und ihre Verwandten im Oberlauf des Backsan, Tschegem und Tscherek: die Urusbier, Tschegemer, Bolkaren, Bisingier
und Chulamer (etwa 14 000). – Zu den Bergvölkern rechnet man endlich noch von Völkern iranischen
Stammes die Osseten (oder Ironen) etwa 150 000 Köpfe, die Taten (111 000), Talyschiner (etwa 50 000) und Kurden (etwa 82 200),
die beiden letzten im Kleinen Kaukasus. –
Vgl. außer ältern Werken von Klaproth und Güldenstedt: Bodenstedt, Die Völker
des Kaukasus (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1855);
Berger, Die Bergvölker des Kaukasus (in Petermanns «Mitteilungen»,
1860);
von Seidlitz, Ethnographie des Kaukasus in Karte und Tabelle (in Petermanns «Mitteilungen», 1880, Bd. 26),
und Die
Völker des Kaukasus nach ihrer Sprache und topogr.
Verbreitung (in der «Russischen Revue», 1881).
– S. auch die Litteratur bei Kaukasus und Kaukasische Sprachen.
eine ältere systematische Bezeichnung für die Insekten mit kauenden Mundteilen (Orthopteren, Neuropteren,
Käfer und Hymenopteren), denen man die Saugkerfe (Hemipteren, Fliegen und Schmetterlinge) mit saugenden Mundteilen gegenüberstellte.
Aber einmal entspricht diese Anordnung durchaus nicht der natürlichen Verwandtschaft, dann aber giebt es auch Kaukerfe mit saugenden
Mundteilen namentlich unter den Käfern.
Auch die Geradflügler (s. d.) allein werden gegenwärtig gelegentlich
noch als Kaukerfe bezeichnet.
Friedr., Maler, geb. in Arolsen, studierte 1839–45 die Malerei bei seinem Vetter Wilhelm von in
München. Eine seiner ersten Kompositionen war: Adam und Eva bei dem erschlagenen Abel; sodann malte er: Othello
vor der schlafenden Desdemona, und später die Krönung Karls d. Gr. (Maximilianeum
in München). Doch neigte Kaulbach von vornherein
dem Porträtfache zu, worin er Bedeutendes leistete. Er malte die Gräfin Tascher, die Kaiserin von Osterreich und den Kronprinzen
von Preußen, die Großfürstin Alexandrine von Rußland, die Bildhauerin Ney, vorzugsweise aber an den
Höfen von Oldenburg (1854), Schwerin (Großherzogin Alexandrine) und Hannover (1856), wo er sich, zum Hofmaler ernannt, dauernd
niederließ. Kaulbach ist Professor an der Technischen Hochschule in Hannover; außerdem Mitglied der Berliner Akademie der Künste.
Friedr. August von, Maler, Sohn des vorigen, geb. zu München, an der Kunstschule
zu Nürnberg bei Kreling und Raupp vorgebildet, erlangte in München unter Diez seine volle Ausbildung im Studium der ältern
Niederländer. Die glänzenden koloristischen Eigenschaften seiner dem Porträtfache und dem intimen Genre im Stil der deutschen
Renaissance angehörigen Bilder verschafften ihm bald einen angesehenen Namen, den auch Werke wie Kavalier
und Zofe (1873), Die Träumerei (1877), Das Burgfräulein mit dem Pokal
und andere altdeutsche Edelfräulein und Patriciertöchter ebenso verdienen wie der Spaziergang, Familienfest im Mai (1879;
Dresdener Galerie), Das Quartett u. s. w. Von religiösen Bildern schuf er eine heil.
Cäcilia und eine Grablegung Christi (München, Neue Pinakothek).
All das räumt jedoch mehr und mehr der Porträtarbeit das Feld, worin er schon 1876 mit dem Bildnis der
Joh. Lahmeyer einen großen Erfolg erzielt hatte, den er mit der Dame im rosa Kleid (1880), Gemahlin des Künstlers und die
Geschwister (1883), Schwester des Künstlers (1884), Prinzessin
Gisela (1886), Baronin Cramer-Klett (1887),
den Bildnissen des großherzoglich hess. Hauses (1892), wie auch im männlichen Bildnis: Vater des Künstlers (1889) und Prinz-Regent
von Bayern (1889), im Ölbild wie in Pastell stetig steigerte. Kaulbach ist in improvisierten
Werken von packender Frische (Schützenlisl), in graziösen Fächermalereien und in der Karikaturzeichnung (Kneipzeitung
der Allotria) hervorragend. 1886–91 wirkte Kaulbach an Stelle des verstorbenen Karl von Piloty als Direktor der
Münchener Kunstakademie.
Herm., Maler, Sohn Wilhelms von Kaulbach, geb. zu München, war daselbst Schüler Karl von Pilotys. Einige
kleinere Werke, wie Ludwig IX. im Gefängnis zu Peronne (1869), Die Kinderbeichte (1871), lenkten die Aufmerksamkeit auf
ihn, noch mehr die Komposition Der sterbende Mozart (1872). Ihr folgten: Hansl und Gretl bei der Hexe (1873), Aus dem Gelobten
Lande (1874), Seb. Bach bei Friedrich dem Großen (1875), Voltaire als Paris (1876). Inzwischen entstanden die Kompositionen zu
beliebten Opern und die Gustav Freytag-Galerie, die Narrenfreuden und Leiden der Vorzeit.
Andere Gemälde aus den siebziger Jahren sind außer Porträts Heimweh, Die Turmfalken, Stille Andacht, und größere Werke der
neuesten Zeit: Lucrezia Borgia tanzt vor Papst Alexander VI. (1882), Krönung der heil. Elisabeth (1885; Galerie zu Wiesbaden),
An der Grabstätte des Freundes (1888; Neue Pinakothek in München), Die Mondfee (1889), Das Ende vom Lied
(1892; angekauft vom Großherzog von Oldenburg). Kaulbach, seit 1888 königl. Professor, lebt in München.
Wilh. von, Maler, geb. zu Arolsen, besuchte seit 1821 die Akademie zu
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
mehr
Düsseldorf, wo er unter der Leitung von Cornelius seine Studien begann. In diese Zeit fallen vorzugsweise gezeichnete Kompositionen,
deren bedeutendste, das Irrenhaus und die Blätter zum «Verbrecher aus verlorener Ehre», erst in München zur Vollendung kamen. 1826 folgte
er, in den ärmlichsten Verhältnissen lebend, seinem schon 1825 nach München übergesiedelten Meister
nach und sah sich in der Hoffnung nicht getäuscht, dort leichter als in Düsseldorf Aufträge Zu erhalten. Er bewies auch
sofort seine unter den Mitschülern hervorragende Stellung durch die allegorischen
[* ]
Figuren der Bavaria, der Donau und Isar,
des Rhein und Main in den Arkaden des Hofgartens und durch eins der drei Deckengemälde im Odeon, Apollo
unter den Musen darstellend.
Wie diese, so zeigten auch die bald darauf gemalten 16 Wandbilder zur Fabel von Amor und Psyche im Palast des Herzogs Max in München
wie die Scenen aus Klopstocks, Goethes und Wielands Gedichten im neuen Königsbau der Residenz einen Schönheitssinn,
der sich zu der herben Weise seines Meisters in Gegensatz stellte. Inzwischen entwarf er eine Hunnenschlacht, die Graf Raczynski 1837 bestellte
und, nachdem das Bild erst braun in braun untermalt war, unter Verzicht auf die farbige Ausführung seiner Berliner Galerie
einverleibte.
Die allgemeine Anerkennung des schwungvollen Werkes veranlaßte den Künstler zur sofortigen Inangriffnahme
eines zweiten, ähnlichen Umfanges, der Zerstörung Jerusalems. Die Ausführung desselben zog sich jedoch von 1837 an fast
ein Jahrzehnt hin. Denn inzwischen (1839) war der Künstler nach Italien gegangen, hauptsächlich um koloristische Studien
zu machen, und hatte nach seiner Rückkehr die Arbeit durch eine Anzahl kleinerer Werke unterbrochen.
Von diesen ragen hervor: Anakreon mit der Geliebten (Villa Rosenstein bei Stuttgart), Goethes fünfte röm. Elegie (Museum zu
Budapest), Bildnisse des Königs Ludwig I. und der im Kostüm eines Münchener Künstlermaskenfestes dargestellten Maler Monten
und Heinlein (Neue Pinakothek in München). Seine höchste Leistung dieser Zeit aber sind die Zeichnungen zu
«Reineke Fuchs» nach Goethe, in welcher er seinem satir. Humor in der reizendsten Form die Zügel schießen ließ.
Die Zerstörung Jerusalems, für die Fürstin Radziwill begonnen, aber für König Ludwig I. vollendet (1846; Neue Pinakothek;
gestochen von Merz), hatte zu einem Cyklus von sechs großen Wandgemälden für das Treppenhaus des Neuen
Museums zu Berlin die Anregung gegeben, deren Gegenstand die wichtigsten Ereignisse der Weltgeschichte sein sollten. So entstand
1847–63 die berühmte Folge, welche unter Einfügung der beiden schon bestehenden Kompositionen den Turmbau von Babel, die
Blüte Griechenlands, die Zerstörung Jerusalems (Detail s. Tafel: Deutsche Kunst VIII,
[* ]
Fig. 1), die Hunnenschlacht, den Einzug
der Kreuzfahrer in Jerusalem und das Zeitalter der Reformation zum Gegenstande haben.
Diese großen Gemälde werden durch breite, pilasterartige Flächen voneinander getrennt, welche in ihrer obern Hälfte allegorische
[* ]
Figuren der Hauptkulturländer, in ihrer untern aber vier Gesetzgeber (Moses, Solon, Karl d. Gr. und Friedrich d. Gr.) darstellen
und deren Inhalt sich in dem beiderseitigen Grisaillenrahmen entsprechend ergänzt. Besonders geschätzt
nach Form und Inhalt ist sodann der Fries oberhalb der Wandflächen, welcher
in laufendem Arabeskenzuge Kindergestalten zeigt,
in deren Spiel sich die ganze Weltgeschichte heiter-parodistisch abspiegelt. Zum Abschluß des Ganzen gehören außerdem acht
allegorische
[* ]
Figuren der Wissenschaften und Künste. Bei der Riesenarbeit wurde der
Meister von M. Echter und J. Muhr unterstützt.
Für München hatte Kaulbach während dieser Zeit ebenfalls eine bedeutende monumentale Arbeit übernommen: einen Cyklus von Freskogemälden
an den Außenwänden der Neuen Pinakothek, darstellend die Entwicklung der neuern Kunst seit dem Wiederaufblühen zu Anfang
des 19. Jahrh. Kaulbach hat hier nicht unterlassen können, in
diesen Darstellungen, in denen er selbst mitspielt, den ihm fast zur andern Natur gewordenen Sarkasmus walten zu lassen. Für
das Maximilianeum malte in kolossaler Ausdehnung in Öl die Seeschlacht bei Salamis nach einem 1890 für die Nationalgalerie
zu Berlin angekauften Kartongemälde und einer jetzt in der Stuttgarter Galerie befindlichen Farbenskizze.
Aus dem J. 1859 stammt dann das Wandgemälde Kaiser Otto III. in der Gruft Karls d. Gr. zu Aachen, in der Kartäuserkirche
des Germanischen Museums zu Nürnberg.
Das letzte Jahrzehnt seines unermüdlichen Lebens ließ nur einige Gemälde entstehen. So die schöne Caritas (bei Mr. Probasco
in Boston), das Tandaradei nach Walter von der Vogelweide, die Grisaille Peter Arbues, mit welcher er die Heiligsprechung
des blinden Inquisitors beantwortete, und endlich das große Kartongemälde Nero. Mit entschiedener Vorliebe arbeitete er
damals an Kohlezeichnungen, von welchen er die Illustrationen zu Shakespeare (gestochen von C. Eichens, A. Hoffmann,L. Jacoby,
E. E. Schäfer und K. von Gonzenbach) schon 1850 begonnen hatte und welchen er die von einem seltenen
Erfolg gekrönten Frauengestalten Goethes und die Schiller-Galerie folgen ließ.
Aus seinen letzten Jahren stammen die Kohlezeichnungen des heil. deutschen Michael und des Totentanzes, bei welchem letztern
einmal Napoleon I., dann Alex. von Humboldt, der Papst die Hauptfigur bilden. – Von Haus aus mit starkem
Sinn für das Charakteristische und zugleich für das gefällig Schöne ausgestattet, schwankt K.s Stil zwischen beiden Elementen.
Er verliert sich dabei in das Extrem des einen, die Karikatur, und zugleich in das entgegengesetzte, die leere Grazie; selten
nur hat er eine Einheit beider Richtungen erzielt. In seinen großen histor.
Kompositionen verfällt er zu sehr ins Symbolisieren; andererseits beobachtet man bei ihm eine allmähliche Erschlaffung
des Formgefühls, welche den spätern Werken im Vergleich zu den bedeutend charakteristischern der frühern Zeit etwas Konventionelles
giebt. Kaulbach, seit 1837 königlich bayr. Hofmaler, seit 1849 Direktor der Münchener Akademie, war Mitglied aller bedeutenden
Kunstanstalten, wurde geadelt und mit Anerkennung und Ehren überhäuft. Er starb in München
an der Cholera. –
Vgl. seine Biographie von H. Müller (Bd. 1, Berl. 1893);
über sein Verhältnis zur modernen Kunst: Muther,
Geschichte der Malerei im 19. Jahrh. (Münch. 1893).